Verloren gegangen
„Wir können keinen Eintrag finden.“
Mein Mund ist trocken und die Worte, die vorher noch so schön zurecht gelegt waren, nett gefaltet wie Gästehandtücher für den Besuch, bleiben einfach irgendwo in mir drin hängen.
„Das kann nicht sein!“, erwidere ich stoisch. Auf weiteres Drängen gibt er mir die Nummer eines anderen Labors. Aber auch dort die gleiche Antwort. Ich lege den Hörer beiseite, schüttle den Kopf. Hatte ich es mir vielleicht nur eingebildet, gab es diese beiden Filme überhaupt?
Aber natürlich, es gab sie. Ich hatte die Zettel in der Hand, die Nummern, die ich nun schon auswendig konnte. Kundennummer, Autragsnummer, ja, genau, hinten eine 5. Aber da war nichts. Kein Computer hatte es erfasst, kein Mensch hatte diese Ziffern in irgendein Formular eingetragen. Sie blieben unauffindbar.
Ich schüttelte wieder und wieder den Kopf. Die Erinnerungen rauschten an mir vorbei. Ich sehe die Frau vor mir, das schöne glatte Haar, ihre Haut, die Bewegungen. Ich sehe die Farben, blassgrün die Kissen, das Licht zartes Nachmittagslicht. Langzeitbelichtungen auf dem einen und ihr Körper detailliert aufgezeichnet auf dem anderen Film.
Ich erinnere mich an das Lächeln, an das Zurechtlegen der Haarsträhne, an meine Frage, ob das in Ordnung ist, wenn ich das mache, aus Angst Grenzen zu überschreiten, wo vielleicht nicht einmal eine ist.
Die Aufzeichnung eines Tages, eines Gesprächs. Flackern in den Augen, Runzeln der Stirn, Nicken. Leise gesprochene Worte, Erkenntnisse, während draußen die Amseln auf der Mauer sitzen und hereinschauen.
Ich wähle noch einmal die Nummer des Labors, frage noch einmal nach. Dieses Mal mit mehr Nachdruck. Ich ließ mich nicht abwimmeln wie bem ersten Mal und dann sagt er es endlich: Sie hätten gerade Probleme mit der Software, es könnte sein, dass er erfasst ist, aber nicht angezeigt wird. Allerdings hätten sie auch gerade Probleme mit der Annahme analogen Materials. Ich solle noch eine Woche warten und dann einen Antrag stellen, die Filme zu suchen.
„Aha“, sage ich und ein zerknirschtes Danke hinterher. Ich lege auf.
Die Filme sind noch immer nicht aufgetaucht. Jeden Tag gebe ich die Ziffern in die Suchmaske des Labors ein, jedes Mal flammt kurz Hoffnung auf.
Was ich daraus lerne, willst Du wissen? Mir ein besseres Labor suchen natürlich. Man bringt seine Kinder ja auch nicht irgendwo hin, nur weil es da billiger ist. „Selbst Schuld!“, raunt das schlechte Gewissen. Oft genug ist es ja gut gegangen bei diesem Großlabor.
„Masse statt Klasse, aber schön günstig, wo doch die Fime schon soviel kosten“, versuche ich kleinlaut dem schlechten Gewissen etwas entgegen zu setzen. Und außerdem kann ich Farbdiafilme einfach nicht selbst entwickeln, verdammt. Oder doch?
Das Gefühl ist jedenfalls elendig. Zwei verloren gegangen Filme.
„Und außerdem kann ich Farbdiafilme einfach nicht selbst entwickeln, verdammt. Oder doch?“
Doch, kannst du! :-)
Habe die Woche gerade das erste Mal C-41 selbst entwickelt, lief (abgesehen vom Chaos hinterher) richtig gut. Diafilm (also E-6) hab ich noch nicht gemacht, aber der Prozess scheint ja mehr oder weniger der gleiche zu sein. Also los!
Aber wie hälst du die ganze Zeit 38 Grad? Und hast du den verkürzten Prozess oder den Original Prozess angewendet?
Und wie sind die Farben?
Fragen über Fragen :-)
PS: Kannst du Ergebnisse zeigen?
Die Farben sind relativ originalgetreu, ich habe beim Scannen nur bei einigen Bildern leichte Farbkorrekturen vornehmen müssen. Allerdings waren leider diverse Fotos überbelichtet. Ich habe für den Film meine (über 50 Jahre alte) Kodak Retinette genommen, da sind die Verschlusszeiten scheinbar nicht mehr so hundertprozentig.
Ein Beispiel hatte ich bei flickr reingestellt: http://www.flickr.com/photos/dblanken/9954997506/
Zur Technik:
Das war der verkürzte Prozess. Ich habe das Tetenal Colortec C-41 Rapid Negative Kit verwendet. Das ist zwar eigentlich für Rotationsentwicklung gedacht, funzt aber auch mit ganz normalen Entwicklungstanks.
In Sachen Temperatur habe ich mir ein Wasserbad angesetzt, dass darf dann auch ruhig einige Grad mehr als die berühmten 38 haben. Darin habe ich den Entwickler und Bleichfixierer vorgewärmt .
Außerdem – wichtig – den Entwicklungstank mit vorwärmen, damit die Temperatur auch gehalten wird, wenn der Entwickler nachher im Tank ist.
Sobald der Entwickler 38,5 Grad hat (ich benutze für diese Messungen ein kleines Digitalthermometer, wird bei Amazon unter dem Namen Sunartis E514 verkauft) geht das Zeug in den Tank. Den Bleichfixierer habe ich zu diesem Zeitpunkt auch schon aus dem Wasserbad genommen, der hat eine Temperaturtoleranz von +/- 5 Grad, und die verliert das Zeug während der kurzen Entwicklungszeit nur in kalten Räumen.
Die Entwicklungszeit ist 3:15, dabei habe ich den Tank die ersten 15 Sekunden ständig bewegt und danach gab’s alle 15 Sekunden zwei „Umdrehungen“. Zwischendurch den Tank immer wieder ins Wasserbad gestellt.
Nach Ablauf der Entwicklung kippe ich den Entwickler raus. Dann kommen 6 Minuten Bleichfixierer. Da sollte man natürlich auch ab und zu den Tank bewegen, ich würde ihn aber nicht auf den Kopf stellen – diese Lösung entwickelt beim Arbeiten nämlich Gase, und durch den Überdruck kommt die Suppe beim auf den Kopf stellen gerne mal aus dem Tank getropft. Ist weder besonders lecker noch besonders gesund…
Danach ist die temperaturkritische Phase eigentlich schon vorbei. Das Wasser zum wässern darf zwischen 30 und 40 Grad haben (bei mir war’s eher noch kühler) und das Stabibad arbeitet laut Tetenal selbst bei 20 Grad noch vernünftig.
Am Schluss würde ich den Film noch etwas wässern. Ist zwar, nach allem was ich gelesen habe, nicht unbedingt nötig. Aber ohne Wässerung bleiben halt ein paar Chemiereste drauf, und selbst wenn die dem Film nicht schaden, riechen tun die allemal…
Danke für die ausführliche Erklärung! Mal sehen ob ich es wage oder doch zu einem guten Labor gehe.
Szenerie. Portraits und Körperlandschaften. Bilder gespannt, gebannt auf Positivfilm.
Aus der Hand gegeben um sichtbar zu machen was zu sehen war. Für alle.
Und dann doch verloren. Weil nicht zurückgekommen . Aus der Fabrik.
Wenn Bilder sprechen. Erzählen sie eine Geschichte. Deine.
Gefühle. Gehen nie verloren. Bilder kommen immer wieder.
…
PS: Mir wurde die Kamera gestohlen. Begehrlichkeiten geweckt.
Meine Nachlässigkeit hat sie gestillt. Man kann es auch positiv sehen
oha, die Kamera geklaut bekommen ist übel. Obwohl ich solch üble Gedanken bei der Hasselblad habe, aber sie natürlich nicht ausführe.
Wenn das mal nicht ein weiteres Argument für digitale Fotos ist…
Hi,
mein Beileid, das wäre ne Katastrophe. Stichwort besseres Labor:
Für C41 kann ich das FINDLab, USA (http://thefindlab.com/) empfehlen. Ausgezeichnete Qualität der Scans zu deutlich günstigeren Preisen (auch wenn man Porto und ggf. Steuer & Zoll bei Rücksendung der Negative mit veranschlagt = 15€/Film) als ein deutsches Fachlabor, zudem sind die Scans farbkorrigiert. Das Labor hebt 5 Aufträge auf und versendet erst dann zurück was Porto minimiert.
Check it out, Beispiele auf meinem Tumblr.
Gruß Rolf
Oh, danke für den Tipp. Aber meine Negative auf ein solch große und gefährliche Reise geben?
Ich erinnere mich, dass ich in den 50ern meine Leica am Tresen in Paris gelassen hatte (wir hatten damals gut einem im Tee) und völlig erschrocken am Sonntagmorgen feststellte, was geschehen war. Als ich dort ankam, war sie zwar boch da, aber wollte die Reinigungskraft den Apparath gerade entsorgen und ich musste ihr dann aufs Allerdeutlichste meine Pein erklären. Schlussendlich wurde ich ein paar Moneten los und hatte mein Goldschätzchen wieder.
Ihre
Inge Pasi
Liebe Ingeborg,
ihre Erzählung ließ mich ein wenig schmunzeln. Danke für Ihre Geschichte. Heute würde das wohl nicht mehr passieren, eine Leica würde sofort zum nächsten Fotohändler gebracht und zu Geld gemacht oder aber ein junger Fotograf würde sein Glück nicht glauben wollen.
Fotografieren sie denn heute noch. Die Bilder von damals würden mich sehr interessieren.
liebe Grüße,
Marit
Hallo Marit,
in der Hauptstadt gibt’s doch fotoimpex – noch nichts schlechtes gehört und bestellen klappt top.
Stimmt, die sind auch gut, wenn das in der Schlange warten nicht immer so nervig wäre ;) Außerdem dachte ich, die entwickeln nur S/W und das kann ich ja selbst.
Für Wien kann ich das Fotofachlabor Wolczak in der Kaiserstraße empfehlen. Der Film wird meist innerhalb eines Tages (oder sogar innerhalb weniger Stunden) entwickelt und das für nicht mal 5 Euro pro Film. Ausserdem kann man sich ganz nebenbei exzellent von Herr Wolczak beraten lassen: Welcher Film muss bei welcher Lichtsituation für den Scan oder analogen Print wie belichtet werden – großartig!
Das klingt in der Tat sehr sympathisch. Den Namen werd ich mir aufjedenfall merken. Danke.
Ich schicke die Filme zu viertel vor 8 (www.vv8.de) nach Berlin. Die rufen mich auch zurück, wenn sie Fragen zu meinem Auftrag haben.
leider ist der direkte kundenumgang bei viertel vo 8 nicht gerade der freundlichste. wenn man aber nur indirekt mit ihnen zu tun hat, machen die sicher gute sachen.
Ich drück dir die Daumen, dass du deine Filme wieder bekommst.
Das sind halt auch nur Menschen und Fehler können überall passieren. Ärgerlich ist, dass die Bilder, wenn sie weg sind, unwiederbringlich weg sind…
Aber ich glaube – nein, ich bin mir sicher – dubekommst deine Bildet…
Viele Grüße Jürgen
Mir ist zum Glück noch nie ein Film im Labor verloren gegangen aber durchgeschnittene Negative hatte ich schon ein paar Mal.
Auch nicht schön.
Ich nehme an pixelgrain in Mitte, zwischen Hackeschen Markt und Alex, kennst du?
Für mich das Labor mit den besten Ergebnissen und super Service.
Die wissen wirklich was sie tun.
Ich war aber auch immer mit vv8 sehr zufrieden und wurde von den Damen dort immer sehr freundlich behandelt.