… im Mund und im Herzen
„Honig & Galle“ ist eine Serie des Berliner Fotografen Dominic Packulat. Dies fand ich jedoch erst nach einiger Recherche heraus, denn angefangen hatte alles mit einem einzigen Bild, das ausgestellt zwischen allerlei Kunstkitsch bei einem Neuköllner Kunstfestival in Berlin meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Die Serie vereint das Schöne mit dem Tragischen und ist eine Geschichte, die Stück für Stück entsteht. Zunächst nur im Kopf des Fotografen – beim Musikhören, in der Bahn, bei langen Nächten mit Freunden, an grauen, regenbegleiteten Tagen, wie er sagt.
Die erdachten Bilder sind eng verknüpft mit dem Schaffenden, gleich einem Schriftsteller, der sich mit Stift und Buch Notizen macht über seine Charaktere, die Geschichte, seinen Verlauf. So zeichnet er sein Leben, seine Begegnungen in den Bildern auf, schenkt seinen Charakteren Teile seines Selbst und anderer Menschen, denen er begegnet.
Warum er seine Serie so nennt, wollte ich wissen.
Der Titel „Honig & Galle“ ist tatsächlich ein römisches Sprichwort, welches besagt, dass die Menschen den Honig auf der Zunge tragen und die Galle im Herzen. Jeder kennt: „Honig um den Mund schmieren.“
Zudem ähneln sich Honig und Galle sehr in ihrer Substanz, nur dass die Galle eben bitter und der Honig süß schmeckt. Zum einen kann Honig als ein Heilmittel verwendet werden, jeder kennt seinen Tee mit Honig oder zum einschlafen heiße Milch mit Honig, aber im Umkehrschluss regt Honig die Gallenproduktion an.
Die Menschen auf seinen Bildern sind schön, wirken sphärisch und überirdisch. Doch schafft er es, ohne viel Tamtam eine Serie zu gestalten, die durch ihre Klarheit an eine alte Sage erinnert, in der Menschen sich in Tiere verwandeln oder den Krieg auf ihren Schultern tragen.
Das Aufregendste, was ihm bisher für die Serie widerfahren ist, war der Besuch bei einem Pferdeschlachter, um einen Brustkorb zu holen.
Ich verbachte einige Zeit in dieser Schlachterei, sah ganze Pferdekörper ausbluten. Mit einem Kofferraum voller Knochen ging es dann in Richtung der Location. Aber es musste noch „geputzt“ werden, sämtliche Fettüberreste mussten weggeschnitten werden.
Natürlich will er mit solchen Requisiten provozieren, mahnen, zum Nachdenken anregen. Den schmalen Grat zwischen Honig und Galle, Lust und Bitterkeit sichtbar machen, das Schöne umkleiden, jedoch ohne dabei kitschig zu wirken.
Die Geschichte von Honig und Galle ist noch nicht zu Ende. Sie wird Szene um Szene fortgesetzt. Dafür benötigt er weitere Requisiten, Modelle und Freiwillige, die ihm helfen. Er macht Pläne, sucht nach Plätzen, kalkuliert und koordiniert.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt und außerdem auch froh, ihn damals beim Neuköllner Kunstfest entdeckt zu haben.
Weitere Arbeiten von Dominic Packulat kannst Du auf seiner Webseite betrachten oder ihm bei Facebook folgen.