22. Juli 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Fotofieber

Kann es sein, dass so quer durch die Bank der Fotopublikationen öfter über Kreativkrisen gesprochen wird, als darüber, wenn es einfach läuft? Wenn alles passt und einen das Fotofieber gepackt hat? Kann sein. Muss aber nicht. Ich jedenfalls will heute darüber reden. Denn: Ich bin gerade mittendrin.

Und zwar seit ein paar Wochen. Bisher lief es einfach ganz gut, aber jetzt gerade? Supergeil.

Zuerst das Wichtigste: Seitdem ich der Landschaftsfotografie abgesagt und mich ganz der Straßenfotografie zugewandt habe, gab es noch keine einzige Fotoblockade bei mir. Dadurch, dass ich mein Genre mittlerweile gefunden habe und das technische Lernen der Grundlagen zu Beginn mehr oder minder abgehakt ist, fühle ich mich so richtig wohl in meiner Haut.

Als ich mich vor Jahren noch der Landschaftsfotografie verpflichtet gefühlt hatte, war da stets so ein Druck da – kennt Ihr das? Ich hatte meist ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht fotografierte und musste mich oft zwingen, rauszugehen.

Doch seitdem ich das alles hinterfragt und mein Genre (für’s Erste) gefunden habe, passt alles. Und dann kommen wir schon zum nächsten Punkt: Ich bin gerade jeden Tag mindestens einmal in der Stadt und fotografiere. Dazu muss ich mich nicht zwingen, sondern ich will raus. Es zieht mich hin und es fehlt mir etwas, wenn ich es nicht tue.

Meist sogar so stark, dass ich schon um 6 Uhr morgens hibbelig werde und unbedingt raus möchte.

Was das Fotofieber aber erst richtig zum Glühen brachte, war, dass ich mir vor ein paar Wochen sämtliche Martin-Parr-Videos auf Youtube ansah, die ich finden konnte. Und das sind so einige, inklusive dem letzten Workshop von und mit ihm auf Vimeo.

Ich kann gar nicht genau sagen, warum, aber die Videos haben mich einfach angefixt. Seitdem schaue ich gern auch mal abends zum Entspannen ein kurzes (oder langes Video) über Fotografen an, statt mir einen Actionfilm reinzuziehen. Und da bei Magnum einige meiner fotografischen Vorbilder sind, über die es reichlich Videomaterial gibt, wird mir dieses auch so schnell nicht ausgehen.

Der letzte Motivations-Schub kam und kommt von – Ihr wisst es schon – Bildbänden. Seitdem ich gute Bildbände für mich entdeckt habe, schlägt mein Herz noch ein bisschen höher für die Fotografie. Das Anfassen, Riechen, ja sogar das Spüren der Fotos ist intensiver, als Fotos „nur“ am Monitor anzugucken.

Und Bildbände haben einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie zeigen (je nach Format) oft eine Serie oder ein ganzes Portfolio, für das ich am Rechner meist nicht die Ruhe finde. Aber in den Sessel fallen lassen, am Kaffee schlürfen und eine ganze Stunde durch einen Bildband blättern? Unbezahlbar.

Ich behaupte einmal, dass Fotobände eine Art Intimität zu den Bildern ermöglichen, die mir am Monitor verwehrt bleibt. Wer seine eigenen Fotos schon einmal in der Hand hatte, weiß vielleicht, wovon ich spreche. Und bei anderen Fotografen ist es für mich ähnlich.

Manche Leser mögen fragen, was das denn nun für Konsequenzen im Bezug zum Fotografieren bringt – oder ob das alles nur emotionales Geblubber ist. Nun, natürlich wirkt sich das alles auf’s Fotografieren aus.

Wie genau? Nun, es fotografiert sich ganz anders, wenn ich mich darauf freue, als wenn ich mich dazu zwingen muss. Ich finde schneller in meinen Rhythmus, mache mir weniger Gedanken und genieße es einfach, das bunte Leben in der Stadt zu fotografieren.

Ich habe länger Ausdauer, fühle mich hinterher nicht ausgelaugt, sondern eher bekräftigt. Es ist eine Art Schneeballeffekt, der insbesondere auf die Qualität meiner Bilder Einfluss nimmt.

Fotografiere ich gern, fotografiere ich besser. Fotografiere ich besser, fotografiere ich lieber. Fotografiere ich lieber, fotografiere ich öfter. Fotografiere ich öfter, fotografiere ich besser.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich fotografieren werde – mit und ohne Fotofieber. Aber es ist schön, wenn es einfach mal läuft und passt und gut ist. Das wollte ich heute mal festhalten.

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