Buchrezension: The Silence of Dogs in Cars
Es ist immer wieder erfreulich, wenn man mitbekommt, wie ein erfolgreich finanziertes Crowdfunding-Projekt auch in ein überaus ansprechendes Ergebnis umgesetzt wird.
Martin Usbornes „The Silence of Dogs in Cars“ ist ein Beispiel dafür. Das 2012 im Kehrer Verlag erschienene Buch wirkt in seinem gut hälftig mit grauem Stoff bespannten Hardcover klassisch schön.
Wie es der Titel des Buches bereits verrät, sind die Hauptdarsteller Hunde, genauer gesagt in Autos allein gelassene Hunde. Durchweg im Dunkeln und in der Dämmerung aufgenommen, haftet den Bildern eine traumgleiche, etwas bange Stimmung an.
Zuerst, so Usborne, habe er auf Parkplätzen vor Supermärkten nach eingeschlossenen Hunden Ausschau gehalten. Als diese Herangehensweise jedoch keine Früchte trug, verabschiedete er sich schnell von dem dokumentarischen Anspruch an die Arbeit.
Um die Bilder zu bekommen, die er suchte, beschloss der Fotograf, die Szenen zu arrangieren und speziell auszuleuchten. Daher der zuweilen filmische Charakter der Bilder, die vielleicht entfernt auch an die Szenen eines Gregory Crewdson erinnern.
Martin Usborne sagt selbst, die Frage, die er sich nach einem Foto immer stelle, sei nicht: Sieht es gut aus?, sondern Fühlt es sich richtig an?
Auf bestimmte Hunderassen kann man Klischees über ihre Besitzer projizieren. Mitunter lässt sich dem Hund selbst im besten Sinne gar so etwas wie eine Persönlichkeit unterstellen. Die Gemeinsamkeit zu Autos besteht hierbei darin, dass auch sie sich mitunter als charakterliche Projektionsfläche eignen.
Das subtile Zusammenspiel dieser beiden Elemente – Hund und Auto – ist etwas, das beim Betrachten der Bilder immer wieder auffällt.
Wie humorvoll das zuweilen sein kann, zeigt das Bild mit Greyhound „Maus“, der seinen stromlinienförmigen Kopf aufmerksam in Fahrtrichtung streckt.
Oder auch die Dalmatinerhündin „Margaux“, die ob ihrer Körpergröße auf dem Rücksitz eines Citroen 2CV etwas eingeklemmt wirkt und in ihrem Profil eine entfernte Ähnlichkeit zu dem des Autos erkennen lässt.
So schön diese Harmonisierung zwischen Hund und Fahrzeug ist, dient sie doch bloß als ästhetisches Mittel für die künstlerische Auseinandersetzung mit einem übergeordneten Thema: Der Angst des Alleingelassenwerdens.
Der Fotograf thematisiert mit dieser Arbeit ein Gefühl, das ihn in sehr jungen Jahren einmal beschäftigte, auch wenn er selbst in einer sehr liebevollen Atmosphäre aufgewachsen sei, so Usborne.
Die Angst, ausgesetzt oder verlassen zu werden, ist etwas, das für ein von der Fürsorge seiner Eltern abhängiges Kind sehr präsent sein kann.
Durch die lange gemeinsame Geschichte von Mensch und Hund bis hin zu einer Form emotionaler Symbiose dienen diese Tiere seither natürlich als optimale Projektionsfläche für eine ganze Palette an menschlichen Gefühlsregungen.
Und wie gut das funktioniert, beweist einmal mehr dieses Buch.
„The Silence of Dogs in Cars“* ist im Kehrer Verlag erschienen, hat 120 Seiten und kostet neu 39,90 Euro.
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