24. Oktober 2012 Lesezeit: ~18 Minuten

kwerfeldein diskutiert: Bildkritik

Liebe Leser, wir haben uns mal wieder etwas Neues ausgedacht. Im Folgenden werdet Ihr eine Dikussion zu lesen bekommen, die vier Redakteure – Martin, Holger, Aileen und Sebastian – untereinander zum Thema Bildkritik geführt haben.

Nun ist die Sache mit der Bildkritik nicht so leicht abzuhandeln, wie Euch zu erklären, wie die Blende funktioniert. Bildkritik ist komplex und es gibt viele Einflüsse, die darauf einwirken, ob und wie die Kritik angenommen wird und zu einer positiven Veränderung seitens des Kritisierten führt, wie Ihr in den folgenden Zeilen erfahren werdet.

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Holger: Ja die Sache mit der Kritik. Mich nervt eigentlich eine Sache am meisten: Viele Leute meinen, dass sie aufgefordert sind, eine Kritik abzugeben, nur weil ein Foto veröffentlicht worden ist. Wenn ich mal von mir ausgehe, frage ich Leute direkt nach Kritik. Ich schicke beispielsweise einen Link an Aileen und frage direkt, ob sie etwas anders machen würde. Dann ist Kritik natürlich erwünscht und in solchen Fällen kommt eigentlich auch immer vernünftige, konstruktive Kritik zurück. Was bei anonymer Kritik leider selten der Fall ist.

Martin: Da würde ich Dir gleich mal widersprechen. Denn: Wenn Du keine Kritik möchtest, kannst Du ja die Kommentarfunktion ausschalten. Ein Stück weit provoziert eine Publikation im Netz die Rückmeldung. Ob und wie die ausfällt, kommt darauf an, wer sie formuliert und wo sie formuliert wird.

Auf einigen Plattformen wirst Du fast keine Kritik finden (zum Beispiel bei Instagram und Flickr), wohingegen Blogs einen wesentlich persönlicheren Bezug schaffen, worauf auch Leser persönlicher reagieren. Dass die Qualität der Feedbacks oft sehr unterschiedlich und nicht gewinnbringend formuliert ist, da stimme ich Dir zu.

Sebastian: Das mit der Kommentarfunktion sehe ich genau so. Will ich keine Kritik, dann schalte ich sie ab. Ich würde aber sogar noch einen Schritt weiter gehen: Für mich selbst finde ich sogar die negativste Kritik immer am besten – denn daraus kann man in vielen Fällen tatsächlich etwas lernen und mitnehmen, solange es nicht nur Pöbelei ist.

Das kommt natürlich darauf an, wie sensibel man selbst im Bezug auf seine Arbeit ist, aber am Ende geht es ja meist nur um ein einzelnes Foto, da kann man schon mal verkraften, wenn einem jemand klar macht, dass das jetzt eigentlich nur ein gewöhnliches Urlaubsbildchen oder Haustierfoto ist. Jedenfalls ist es mir tausend Mal lieber, jemand findet ein Bild mit Begründung richtig scheiße, als dass jemand nur „Tolles Foto!!1“ drunterschreibt.

Martin: Du sprichst einen guten Punkt an, Sebastian: Distanz und Nähe zum Geschaffenen. Beides ist meiner Meinung nach wichtig – und zwar in einem ausgewogenen Verhältnis. Wer jede Kritik als persönlichen Angriff wertet, wird es schwer haben, Kritik gewinnbringend verwerten zu können.

Wen es im Gegensatz dazu gar nicht interessiert, was das Gegenüber kommentiert, hat einfach nichts davon. Auch das macht die Kommunikationsschleife überflüssig. Und das sagt einer (ich), der Kritik jahrelang sehr persönlich genommen hat und heute eher auf der anderen Seite vom Pferde fällt.

Aileen: Ich finde es schwer, alle Menschen und Fotos bei dem Thema über einen Kamm zu scheren und so allgemeine Aussagen wie „wer Kommentare zulässt, der muss auch die Kritik annehmen“ zu treffen. Ob ich Kommentare möchte, welcher Art sie sein dürfen und welche Distanz ich zu einem veröffentlichten Foto habe, ist doch oft eine sehr vielschichtige Frage meiner grundlegenden Persönlichkeit, meiner allgemeinen Stimmungslage, den Faktoren, unter denen ein Foto entstanden ist und nicht zuletzt, in welcher Phase meiner fotografischen Entwicklung ich mich befinde.

Meiner Meinung nach ist es zu engstirnig, zu sagen: Kommentare offen = Kritik erwünscht. Teilweise können Kommentare nicht einmal abgeschaltet werden. Darf ich meine Fotos auf Facebook nicht veröffentlichen, wenn ich sie nur zeigen möchte? Warum sollte ich nur die Wahl haben zwischen gar keinen Kommentaren oder allen, die ich gar nicht will? Das ist mir zu schwarzweiß.

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Martin: Was ist eigentlich eine gute Kritik? Was meint Ihr? Oder lässt sich das so gar nicht festlegen?

Aileen: Meistens wird darunter ja konstruktive Kritik verstanden, also Stärken der Aufnahme benennen, aber auch Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen, wo man sie sieht. Das kann sich auf die technische, aber auch auf die konzeptionelle Seite beziehen. Es wird nur, wie ich angedeutet hatte, zu oft vernachlässigt, was der Fotograf überhaupt möchte. Gut möglich, dass man gar keine für beide Seiten „gute“ Kritik abgeben kann, weil der Fotograf gar keine möchte.

Holger: Genau das meine ich ja. Ich bin eigentlich in den meisten Fällen von den Fotos, die ich veröffentliche, überzeugt. Das soll allerdings nicht heißen, dass ich mich für den tollsten Fotografen halte. Aber mich interessiert es eigentlich nicht besonders, was XY anders oder in seinen/ihren Augen besser machen würde. Wenn ich mir bei einem Foto nicht sicher bin, dann frage ich, wie gesagt, jemanden. Von daher ist für mich eine gute Kritik nur möglich, wenn auch darum gebeten wurde.

Sebastian: Eine gute Kritik ist für mich immer eine, die mir eine neue Perspektive auf meine eigene Arbeit bringt, würde ich sagen. Deswegen denke ich auch, dass eine Kritik, die von einer Person kommt, die etwas ganz anderes macht als ich und die ich gar nicht kenne, durchaus ein Gewinn sein kann. Weil ich dadurch eventuell einen ganz neuen Blick auf meine eigenen Sachen bekomme, den ich selbst vielleicht gar nicht bekommen kann, selbst wenn ich mich anstrenge.

Ob und wie man diese Kritik dann annimmt und umsetzt, ist ja dann wieder noch mal eine ganz andere Geschichte. Ganz persönlich eher langweilig finde ich rein technische Kritik, aber auch aus der kann man durchaus oft etwas lernen.

Martin: Das mit der neuen Perspektive gefällt mir, Sebastian. Rückblickend darf ich sagen, das die härtesten Kritiker meiner Bilder im Netz mich auch am weitesten gebracht haben. Auch, wenn der Moment erstmal schmerzhaft und komisch ist und ich (fast jedes Mal) dachte: „Was für ein Penner.“ So mancher Kotzbrocken verhalf mir dazu, mich dann dennoch insgeheim zu fragen, ob vielleicht doch etwas dran ist.

Zwar macht ein harter Kommentar nicht gleich einen guten aus, aber irgendwann habe ich angefangen, drüber nachzudenken. Doch auch der polemischste Kommentar hatte meist ein Argument und wenn das bei mir ins Schwarze traf, habe ich mich hinterfragt. Und das verhalf mir zu neuen Sichtweisen. Mittlerweile nehme ich Kommentare nur noch sehr selten persönlich und das hilft mir ungemein, den verwertbaren Inhalt herauszufiltern und den Rest einfach stehenzulassen.

Aileen: Was können wir nun eigentlich mitnehmen, außer der Erkenntnis, dass es ganz unterschiedliche Erwartungshaltungen an Kritik gibt, die noch dazu meistens nicht ersichtlich sind, weil weder der ausstellende Fotograf noch der kritisierende Leser eine Gebrauchsanweisung mitgeben?

Sebastian: Das ist ein ganz guter Punkt, Aileen, den ich bisher auch noch nicht so gesehen habe. Da jede Community und jedes Blog andere Regeln für die Bildkritik hat, jeder einzelne Fotograf und jeder einzelne Kritiker ganz andere Erwartungen und Interpretationen, ist es vielleicht wirklich so, dass man am Ende nur mitnehmen kann: „Feste Regeln gibt es nicht.“

Für mich ist jede Kritik eine gute Kritik, danach und davon abgelöst kommt dann erst die Frage: Nehme ich das an, was der Kritiker schreibt oder geht es an meiner eigenen Intention für dieses Bild total vorbei? Wenn man die zwei Sachen trennt, dann ist man vielleicht auch nicht persönlich angegriffen von einer eher negativen Kritik.

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Martin: Drehen wir den Spieß doch mal um: Habt Ihr schon einmal eine Bildkritik im Netz geschrieben? Und wenn ja: (Wie) wurde diese angenommen?

Holger: Gute Frage! Wenn ich es mir so recht überlege, kommentiere ich meistens nur, wenn mir ein Bild gut gefällt und meist auch nur bei Leuten, die ich kenne und bei denen ich mir ungefähr denken kann, wo sie mit dem Bild hin wollten. Ich kritisiere eigentlich nur, wenn ich auch gefragt werde.

Das könnte man jetzt natürlich so auslegen, dass ich damit nur meinen Standpunkt untermauern möchte. Mir ist das aber erst jetzt gerade bewusst geworden. Frei nach: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Martin: Ich antworte mir mal selbst: Bisher habe ich nur bei Leuten ihre Bilder kritisiert, wenn ich wie Du, Holger, darum gebeten wurde oder wusste, dass es in Ordnung geht. Für mich ist es wichtig, dass die Zeit, die ich mir nehme, auch wirklich lohnenswert ist. Meist wurde die Kritik positiv aufgenommen oder auch nicht darauf reagiert.

Hier ist es auch interessant, wo ich das getan habe: Auf Instagram noch nie, auf Flickr ab und an und auf Blogs des Öfteren. Dazu kommt: Die Fotografen, die ich doof finde (und die ich eigentlich kritisierenswert finde), habe ich nicht wirklich in Sichtweite.

Die Fotos von einem sehr bekannten Fotografen gefallen mir beispielsweise (inhaltlich und vom Stil her) gar nicht, aber exakt aus diesem Grund verfolge ich seine Arbeiten auch nicht, was wiederum verhindert, dass ich eine Beziehung zu ihm aufbaue, in der Kritik von meiner Seite erwünscht oder respektiert würde. Ein Teufelkreis. Wen kritisierst Du, Aileen?

Aileen: Als ich vor ein paar Jahren anfing, mich mit Fotografie zu beschäftigen, war ich in einer kleinen deutschen Community für Fotografie unterwegs, in der ausgiebig jeder jedem konstruktive Kritik schrieb. Um die Grundregeln zu lernen, war das super, wenn einen jemand darauf hinwies, dass das Wasser gleich aus dem Bild fließt, weil der Horizont schief ist und was man sonst so am Anfang falsch macht, weil man den Blick dafür noch nicht entwickelt hat.

Da habe ich später selbst auch sehr viele ausführliche Kritiken geschrieben, weil der Rahmen dort stimmte. Leider kam aber vermehrt zurück, dass konstruktive Kritik nicht gewünscht ist – „Ich wollte das so.“ – und auch ich selbst habe immer mehr Bilder gemacht, bei denen oft Dinge beinahe reflexartig kritisiert wurden, die ich aber absichtlich eingesetzt habe oder die ich als Geschmackssache bezeichnen würde. Man wollte unbedingt etwas kritisieren und hat dadurch Bilder auch mal „totgeschaut“ und kaputt-analysiert.

Inzwischen kritisiere ich kaum noch so ausführlich. Nur, wenn ich das Gefühl habe, dass die Kritik auch ankommt oder jemand explizit welche wünscht. Und ich sehe auch immer weniger Bilder, die einer Kritik bedürfen, weil ich – wie du schon sagtest, Martin – heute viel stärker filtere, was ich überhaupt zu sehen bekomme.

Sebastian: Die Frage finde ich superwichtig, um zu gucken, wie und wo man Schwerpunkte bei der Bildkritik setzt. Einfach mal bei seinen eigenen Kritiken anfangen. Wie viele andere war ich auch einige Zeit in einem großen Fotoforum unterwegs, als ich anfing, mich mit ernsthafterer (Digital-)Fotografie auseinanderzusetzen. Und ich habe viel kritisiert und viele ausführliche Kritiken an den Stellen geschrieben, an denen die auch „eigentlich“ gewünscht wurde.

Aber ich habe relativ schnell gemerkt, dass zwar andere Leute, die mitgelesen haben, meine Kritiken sehr gut fanden, aber selten der jeweilige Fotograf. Der fühlte sich direkt angegriffen und stellte auf „Verteidigungsmodus“, wenn man tatsächlich etwas anderes sagte, als dass man die Fotos richtig super findet. Deswegen habe ich es dann irgendwann komplett gelassen, was ich eigentlich schade fand, weil es doch interessant ist, sich mit Fotografien in verschieden Aspekten tiefer auseinanderzusetzen.

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Martin: Gehen wir mal davon aus, dass der Rahmen stimmt. Jemand schreibt mir oder Dir, dass er gern eine Meinung zu einem Bild haben möchte und auch bereit ist, jegliche Kritik über sich ergehen zu lassen. Wie geht Ihr vor?

Holger: Ich glaube, vernünftig kritisieren kann man eigentlich nur, wenn man sich auch mit dem Fotografen ernsthaft beschäftigt. Am besten im Dialog. Was nützt es, wenn ich Dinge kritisiere, die der Fotograf exakt so gewollt hat? Ich muss die Intention und das Umfeld des Fotografen kennen.

Ein gutes Beispiel ist der Kommentar von Brigitte zu meinem Artikel „Am Ende des Sommers“. Im Prinzip hätte ich gar nicht darauf antworten müssen, aber ich fand es dermaßen daneben, dass sie sich Dinge über mich ausgedacht und daraus eine Kritik abgeleitet hat, mich am Ende sogar belehren wollte, dass ich einfach etwas dazu schreiben musste.

Um auf Deine Frage zu antworten: Es erfordert natürlich etwas Mühe, aber man sollte mit dem Fotografen, der kritisiert werden möchte, in einen Dialog treten und erst einmal herausfinden, was er denn überhaupt wollte. Dann kann man gemeinsam darüber sprechen, ob sein Ziel erreicht wurde oder nicht.

Aileen: Ich gehe meistens nicht vor, wie Holger es vorschlägt, sondern finde es oft genug auch spannend, eine Kritik von einem außenstehenden Standpunkt zu verfassen. Diese ist beileibe nicht neutral, kann dem Fotografen aber auch interessante Einblicke darin geben, wie seine Arbeit von jemandem gesehen wird, der sich nicht in seine anderen Bilder reingefühlt hat.

Ich sehe das aber eindeutig nur als Puzzleteil neben Meinungen von persönlich bekannten Menschen und anderen, die mit der restlichen Arbeit vertraut sind. Und nicht immer ist so eine Art Kritik sinnvoll, das ist mir bewusst, kann aber Impulse geben.

Bei der inhaltlichen Seite der Kritik schreibe ich erst einmal alles auf, was mir auffällt, formuliere es dann aus, ordne gegebenenfalls nach verschiedenen Gesichtspunkten wie Komposition/Konzept oder der Wichtigkeit. Beim Schreiben fällt mir dann oft noch etwas auf oder mir werden Zusammenhänge im Bild klar, dann formuliere ich wieder um. Wichtig finde ich, sich ernsthaft länger mit einem Bild zu beschäftigen und sorgfältig zu formulieren, um möglichst umfassend zu sein und nicht nur einen Aspekt „hinzurotzen“, der einem als erstes auffällt.

Holger: Ja, das ernsthafte und ordentliche Auseinandersetzten mit einem Bild finde ich ganz besonders wichtig. Natürlich hat man einen ersten Impuls: Gefällt mir. Gefällt mir nicht. Aber darum geht es ja bei Kritik eigentlich überhaupt nicht. Und ich denke, durch das längere Auseinandersetzten mit einem Bild kann man auch besser über den eigenen Geschmack hinwegsehen.

Sebastian: Sehe ich genauso, auch wenn ich den ersten Impuls nicht unter den Tisch kehren würde. Der kann ein Hinweis auf den eigenen, subjektiven Geschmack sein. Wenn man das Bilder aber „objektiv“ bewerten will (falls es so etwas in der Kritik denn überhaupt gibt), dann sollte man sich ein bisschen mit dem Fotografen auseinandersetzen, sofern die Möglichkeit dazu da ist.

Also gucken: Was macht der denn sonst für Bilder? Ist das ein Bild, das in einer Reihe auftaucht? Was ist sein sonstiger Stil? Welchen Ansatz der Fotografie verfolgt er? Je nach Kontext kann eine Arbeit schon eine ganz andere Wirkung oder Ästhetik haben, das sieht man ja auch in der Kunstgeschichte: Ich nenne nur mal das bekannte Stichwort „Ready-mades“, bei denen eher der Kontext und der theoretische Hintergrund die Kunst ausmacht.

Das ist natürlich ein Extrembeispiel, aber ich finde schon, dass der konzeptuelle Ansatz mindestens die Hälfte eines guten Bildes ausmacht. Die andere Hälfte ist dann die technische Umsetzung. Wobei sich die beiden natürlich aufeinander auswirken, also nicht wirklich 50/50. Ein billiges Tittenfoto bleibt ein billiges Tittenfoto, auch wenn es technisch herausragend ist und ein super Konzept wird leider doch nichts, wenn die technische Umsetzung richtig unterirdisch ist.

Was ich mich aber manchmal frage: Beeinflusst die Kritik der anderen Leute meine eigene Wahrnehmung? Wenn jetzt ein Foto auf Facebook 2000 Likes hat und der Fotograf ein Superstar ist: Gucke ich das dann mit anderen Augen an?

Martin: Das kommt darauf an, welches Gewicht Du den 2000 Likes beimisst und der Frage, ob jemand Superstar ist. Das kann dann theoretisch in beide Richtungen gehen: Die Fans finden jedes Foto ihres Sternchens awesomer als alles andere. Und Leute, die Stars und Likes nicht ausstehen können, finden so ein Foto grundsätzlich bemeckernswert, gerade weil es ihr Interesse (nicht: ihre Meinung zum Bild) ist, einen Gegenpol zum kreischenden Mob zu bilden. Daraus ergibt sich dann oft ein Interessenkonflikt, der sich ganz und gar nicht mehr um die Fotos dreht, sondern darum, ob der geneigte Betrachter jetzt dafür oder dagegen ist.

Grundsätzlich finde ich es gut, Likes und Bekanntheitsgrad eines Fotografen frech auszublenden und sich nur das Bild (und auch die anderen Werke) anzusehen. Dann stellt sich die Frage, die hier schon aufgeworfen wurde: Was möchte die fotografierende Person konzeptuell kommunizieren? Und wie Du, Sebastian, schon angerissen hast, hängen oft Konzept und Ausführung eng verzahnt zusammen. Ich muss jedoch sagen, dass mir selten ein richtig gutes Konzept mit einer richtig beschissenen Umsetzung begegnet ist oder umgekehrt. Eine gute Konzeptionierung setzt bereits voraus, dass der Fotograf sein Handwerkszeug kennt und es einzusetzen weiß.

Was mir, um den Bogen wieder zur Sicht des Fotografen zu spannen ein-, beziehungsweise auffällt, ist der gute alte Watzlawick: „Mann kann nicht nicht kommunizieren.“ Das gilt auch für die Fotografie. Jedes Bild sendet eine Botschaft. Natürlich sendet sie nicht eine Botschaft, sondern viele, aber jedes Bild spricht.

Somit ist es nicht verwunderlich, dass Menschen „zurücksprechen“ und in Dialog treten. Da man mit Fotos nicht reden kann, sprechen die Menschen mit demjenigen, der das Bild gemacht hat. Dass das manchmal ordentlich in die Hose geht, steht außer Frage. Aber das passiert täglich auch dort, wo keine Rechner stehen und Hans-Theo meint, dass ihm der Pullover von Else aus irgendeinem Grunde nicht gefällt.

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