19. Oktober 2012 Lesezeit: ~3 Minuten

Idyll

Früher habe ich mich viel fotografieren lassen und viel daraus gelernt. Ich habe verschiedenste großartige Fotografen kennengelernt und mich oft gefragt: Warum fotografiert dieser gerade mich?

Ich bin jedem sehr dankbar, mit dem ich arbeiten durfte und stöbere nun in alten Bilderordnern. Ich betrachte alte Portraits von mir und durch den zeitlichen Abstand nehme ich viele neu und anders wahr. Bei einer Serie von Sven Korejtko bleibe ich lange hängen. Es sind nicht die schönsten Bilder von mir, aber vielleicht die ehrlichsten.

Ein Hinterhof, Tristesse und ich in meinem damaligen Lieblingskleid. Die Bilder wirken nostalgisch und ich versuche, mich an dieses Shooting zurückzuerinnern. Es war im Sommer 2010 und ich weiß noch, dass wir mit den geplanten Fotos im Wald längst fertig waren. Zum Abschluss streiften wir durch Siegburg und Sven fand diesen besonderen Platz.

Ich fühlte mich an die alten Neubaublocks in der Nähe von Chemnitz erinnert, in denen ich lange lebte. Die Wäscheleinen direkt vor dem Haus, an denen wir als Kinder kletterten. Einmal beim Fangenspielen rannte ich in eine dieser Wäscheleinen, die als Schlinge herunterhing und sich um meinen Hals zog. Der Arzt war nicht sicher, ob eine Narbe bleiben würde.

Es blieb keine, aber diese Erinnerung. Etwas süßlich, sentimental. Ich mochte meine Kindheit dort, auch wenn es nicht immer leicht war. Ich weiß nicht, ob Sven wusste, wie dieser Ort auf mich wirkte, welche Erinnerungen er wach rief; ob er selbst vielleicht ähnlich fühlte. Er hielt mein Gefühl auf jeden Fall wunderbar in diesen Bildern fest.

Mit Sven zu arbeiten war für mich immer etwas Besonderes. Er ist sehr ruhig, sagt oft, dass er auch nicht genau weiß, was er vorhat und gibt dann dennoch sehr genaue Anweisungen. Manchmal habe ich den Eindruck, die Bilder entstehen in seinem Kopf, während er den Ort um sich oder ein Gesicht etwas länger betrachtet. Dann fällt ihm irgendetwas Kleines auf und schon macht es kurz klick.

Bei dieser Bilderserie, die ich selbst „Idyll“ nenne, war ich absolut nicht sicher, wie die Ergebnisse nach dem Klick wohl aussehen würden. Ich wusste nicht, ob der etwas trostlose, einfache Ort mehr als nur trostlos wirken könnte, ob meine gefühlte Nostalgie zu sehen sein würde. Da ich bereits mit Sven gearbeitet hatte und um seine Fotos wusste, ließ ich mich jedoch auf das Experiment ein. Und ich bin sehr froh darum.