Checkliste für scharfe Landschaftsfotos
Ich bin ein Fan von knackig scharfen Landschaftsfotos. Besonders, wenn ich mir gedruckte Fotos weiter Landschaften ansehe, reicht es mir nicht, die Bilder aus der Ferne zu betrachten. Ich untersuche gerne die Details, gehe sehr nah an das Bild heran und freue mich beispielsweise, wenn ich auf den Hügeln in der Ferne noch die einzelnen Bäume erkennen kann.
Auch für meine eigenen Fotos strebe ich ein Ergebnis an, das einem genauen Blick standhält. Während bei Fotos mit längeren Brennweiten ein weiches Bokeh durchaus schmeichelhaft sein kann, möchte ich, dass bei meinen Weitwinkelaufnahmen vom Vordergrund bis zum Horizont alles scharf abgebildet ist.
Aber was ist nötig, um diese Fülle an Details in ein Landschaftsfoto zu bekommen? Es gibt einige Techniken, die dabei helfen. Ich möchte diese hier in einer Art Checkliste mit Euch teilen.
Die Aufnahme
Zunächst einmal ist ein stabiles Stativ hilfreich und bei längeren Belichtungen sogar unverzichtbar für verwacklungsfreie Fotos. Wenn ich mit Stativ arbeite, benutze ich außerdem einen Kabelauslöser oder den 2-Sekunden-Selbstauslöser der Kamera.
Bei starkem Wind versuche ich, das Stativ windgeschützt zu positionieren und ich beschwere es zusätzlich. Dazu haben manche Stative an der Mittelsäule einen Haken, an den ich zum Beispiel meinen Kamerarucksack hängen kann.
Hilft das noch nicht genug, versuche ich, das Stativ kompakt aufzubauen, also die Beine eingezogen zu lassen. Ich bin dann zwar mit der Kamera näher am Boden und in den Kompositionsmöglichkeiten eingeschränkt, jedoch kann ich mich nun selbst auf das Stativ stützen und so für zusätzliche Stabilität während der Aufnahme sorgen.
Um Vibrationen durch das Herunterklappen des Spiegels zu vermeiden, könnte ich die Spiegelvorauslösung nutzen. Da ich jedoch meist mit Live-View arbeite, ist das nicht nötig.
Vorsicht ist bei Objektiven mit Bildstabilisator geboten. Bei Aufnahmen mit Stativ stelle ich sicher, dass dieser deaktiviert ist. Bei den längeren Belichtungszeiten, die ich oft nutze, versucht der Stabilisator sonst, etwas auszugleichen, was gar nicht vorhanden ist und sorgt so selbst für Vibrationen.
Eine kleine Blende sorgt für eine größere Schärfentiefe und somit für schärfere Fotos. Nicht ganz: Es gibt einen Punkt, ab dem weiteres Abblenden dazu führt, dass das einfallende Licht an der Blendenöffnung sichtbar gebeugt wird. Mit sichtbar meine ich hier, dass ich im Foto später einen merklichen Schärfeverlust feststellen kann. Ich fotografiere deshalb fast ausschließlich bei Blenden zwischen f/8 und f/13, was bei meinen Objektiven die besten Ergebnisse liefert. Ich empfehle jedem, das für seine Objektive selbst zu testen, es gibt mitunter starke Abweichungen.
Für eine große Schärfentiefe ist Abblenden also keine Option für mich. In der Weitwinkelfotografie reichen aber oft schon kleine Blendenwerte für eine Schärfentiefe, die von wenigen Metern bis unendlich reicht. Mit Kenntnis der Hyperfokaldistanz kann ich den Fokus so einstellen, dass alles von der halben Hyperfokaldistanz bis unendlich scharf abgebildet wird – theoretisch. Denn was heißt scharf? Je nach Anspruch an die Schärfe im Foto gibt es erhebliche Unterschiede bei der Berechnung der Hyperfokaldistanz. Mit dem Rechner auf dieser Seite kann man das ganz gut ausprobieren.
Am Ende bleibt nur, selbst auszuprobieren, welcher Fokus für welchen Bereich eine außreichende Schärfe liefert.
Mir selbst ist die Hyperfokaldistanz nur ein erster Anhaltspunkt. Ich habe nie ein gutes Gefühl, wenn ich mich gänzlich darauf verlasse. Lieber gehe ich auf Nummer sicher und mache mindestens zwei Aufnahmen einer Szene. Zunächst fokussiere ich auf ein Objekt im Hintergrund oder einfach auf fast unendlich. Darauf folgt eine Aufnahme mit dem Fokus im Bereich zwischen ein und zwei Metern.
Ich kann dann später bequem am PC entscheiden, ob mir eine der beiden Aufnahmen schon genug Schärfentiefe liefert, oder ob ich beide überblende. Focus Stacking ist das Stichwort für dieses Verfahren.
Für volle Kontrolle fokussiere ich mit dem Weitwinkel ausschließlich manuell unter Zuhilfenahme des Live-Views. Bei 10-facher Vergrößerung kann ich den Fokus so sehr genau bestimmen.
Ihr seht, schon während der Aufnahme kann ich einiges für ein scharfes Ergebnis tun. Mittlerweile passiert das schon fast automatisch. Vor allem das Aufnehmen zweier Fotos mit unterschiedlichem Fokus ist eine enorme Erleichterung. Ich muss mir keine Gedanken machen, wo ich den Fokus platzieren muss, um später ein komplett scharfes Foto zu haben.
Wohlgemerkt lässt sich dieses Vorgehen nicht 1:1 auf die Analogfotografie übertragen. Focus Stacking und Live-View würden wegfallen. Das Gleiche gilt, wenn es schnell gehen muss. Dann versuche ich mit einer Aufnahme und ohne Live-View auszukommen. Es hilft also in jedem Fall, die Hyperfokaldistanz zu kennen und zu verstehen.
Die Bearbeitung
Habe ich die Fotos dann zuhause auf den Rechner übertragen, gibt es mindestens noch einmal genauso viel zu beachten.
In Lightroom bereite ich die Fotos für weitere Bearbeitungen in Photoshop vor. Zu dieser Vorbereitung gehört die Objektivkorrektur. Das Entfernen von chromatischer Aberration ist dabei besonders wichtig. Zu den Rändern hin kann ein Foto durch die Verschiebung der einzelnen Farbkanäle relativ zueinander sonst unscharf wirken.
Unter Objektivkorrektur in Lightroom fällt auch das Entfernen von Verzerrungen. Bei Landschaftsfotos stört diese jedoch meistens nicht und so setzte ich die Stärke hier auf Null. Beim Entzerren wird das Bild besonders in den Randbereichen gestreckt, was sich negativ auf die Schärfe auswirken kann.
Direkt aus der Kamera sind die Bilder trotz all dem Aufwand immer noch nicht sehr scharf. Deshalb schärfe ich die Fotos in Lightroom vor. Eine Stärke von 80 bei einem Radius von 0.8 liefert mir gute Ergebnisse. Es kann sich hier auch lohnen, das Bild zweimal zu schärfen, besonders bei feinen Strukturen im Bild, zum Beispiel bei Sand.
Ich schärfe dann einmal bei genannter Stärke und Radius mit minimaler Maskierung und exportiere das Ergebnis. Dann nehme ich die Schärfe zurück und erhöhe die Maskierung auf 50 und exportiere das Ergebnis erneut. Das ist nötig, da im ersten Fall auch das Rauschen im Bild geschärft wird. In Photoshop überblende ich dann beide Bilder und picke die besten Bereiche heraus.
Den Regler für Klarheit setze ich auf einen Wert zwischen 10 und 30 und erhöhe so den Mikrokontrast im Bild. In Photoshop erhöhe ich den Mikorkontrast weiter. Dazu verwende ich gerne die Freaky-Details-Technik von Calvin Hollywood. Jedoch nur selektiv durch eine Maske, da der Effekt sonst für Landschaftsfotos zu stark ist.
Auch Kontrastanpassungen mit Gradationskurven können das Bild am Ende detailreicher wirken lassen.
Am Ende der Bearbeitung in Photoshop steht das Schärfen für das jeweilige Ausgabemedium. Einmal schärfe ich die Fotos fürs Web, wobei ich eine Technik verwende, die von Marc Adamus und einigen amerikanischen Fotografen bekannt gemacht wurde: Ich skaliere das Bild zunächst auf das 1,667-Fache der finalen Auflösung. Hier schärfe ich das Bild sehr stark, zum Beispiel durch zweimalige Anwendung des Filters Scharfzeichnen. Danach wird das Bild auf die Zielgröße skaliert. Wichtig ist dabei, in Photoshop die Einstellung bikubisch zu verwenden und nicht bikubisch schärfer. Danach kann ich die Schärfeebene für ein optimales Ergebnis noch mit einer Maske anpassen.
Für den Druck schärfe ich anders: Hier geht es mir nicht darum, dass das Foto auf dem Bildschirm gut aussieht. Im Gegenteil, am Bildschirm wirkt es oft sogar überschärft. Aber das ist nötig, um einen scharfen Druck zu erhalten. Ihr findet ein Video, in dem ich meine Technik genauer beschreibe auf meinem Youtube-Kanal.
Wichtig ist auch hierbei, selbst auszuprobieren, was die gewünschten Ergebnisse liefert. Jeder Mensch hat unterschiedliche Präferenzen. Was für mich scharf ist, kann für einen anderen Betrachter überschärft wirken oder nicht scharf genug sein.
Ihr habt nun einen Einblick bekommen in meine Herangehensweise, um technisch hochwertige Fotos zu erhalten. Selbst wenn man mit Bokeh arbeitet und nur einzelne Bereiche im Foto scharf haben möchte, kann man einige der eingesetzten Techniken verwenden.