Analog – nennt man auch Käse, der keiner ist
Der Begriff „Analog“ für die Fotografie mit Film existiert nur, weil es die digitale Technik gibt. Ohne sie wäre es immer noch das Fotografieren mit Film, Fotografie eben. Aber das soll hier überhaupt keine Grundsatzdiskussion über Begrifflichkeiten werden. Oder was denkst Du?
Ich bin jedenfalls ein Fotografie-Junkie, also jemand, der mit Film arbeitet. Ohne geht nicht und mit digital geht überhaupt nicht. Ich habe es aber tatsächlich mal versucht. Eine Woche lang. Die digitale Kamera und ich kamen einfach nicht zusammen. Wir hatten kein Händchen füreinander, kein einander Begreifen, wir werden uns für immer fremd sein.
aufgenommen mit der Kowa Six, einer Mittelformatkamera aus Japan
Ich muss die Dinge anfassen können, um sie zu verstehen. Verständnis für die Kamera, mit der ich arbeite, gehört ebenso dazu wie das Negativ, das ich in den Händen halten und bewerten kann.
Das Verstehen der Mechanik meiner Kamera, das Ausklappen des Spiegels, der Hebel zum Weiterspulen. Das Negativ, in seiner Beschaffenheit und Größe, mit seinen dunklen und hellen Stellen. In mir wird es ein Ganzes.
Erinnerungen an Vergänglichkeit
Ein selbst ausbelichteter Abzug ist für mich mehr wert als ein Druck über diverse Anbieter. Da steckt nämlich Herzblut drin und Nerven, das kann ich Euch versichern. Natürlich habe ich an meiner Wand auch digitale Abzüge hängen und ich verschenke sie ebenso sehr gerne.
Aber noch viel lieber sitze, stehe oder liege ich Stunden in der Dunkelkammer und warte jauchzend oder mürrisch auf das entstehende Bild im Entwicklerbad. Für mich gehören diese Dinge einfach zusammen.
Fotografie ist meine Leidenschaft, nicht nur das Bild selbst, sondern auch, wie dieses Bild entsteht. Es ist eine Liebe, langsam gewachsen.
Lieblingsbilder werden später auf Papier abgezogen und an den Menschen auf dem Bild verschenkt
Es gibt auch schlechte Tage. Wenn nichts funktioniert. Wenn der blöde Mittelformatfilm nicht in die Spule der Entwicklerdose möchte. Wenn ich einen Film entwickeln muss und eigentlich Kopfschmerzen habe, aber der Mensch, der darauf abgebildet ist, sehnsüchtig auf Ergebnisse wartet. Diese Dinge gehören dazu.
Ich habe eben eine Schwäche für Handarbeiten. Dinge, die der Mensch mit den Händen erschafft. Ob einen Tisch, ein Kleidungsstück oder einen Abzug. Es ist handwerkliches Geschick nötig und das Erhalten von Wissen über dieses Handwerk.
Ich gebe den Dingen damit um mich herum einen Wert. Der Mensch, der Augenblick des Auslösens, die Umstände, das Material, das Licht, meine Stimmung. Alles erhält eine silbrige Wertigkeit.
Filmenden wie rechts im Bild sammle ich mittlerweile
Der geneigte Leser fragt sich, warum ich all das aufschreibe und vermutlich habe ich den einen oder anderen damit schon ein wenig erbost. Aber Letzteres liegt nicht in meiner Absicht und Ersteres ist leicht zu beantworten.
Ich beziehe Stellung einerseits, und anderseits möchte ich den KWERFELDEIN-Lesern diese Leidenschaft etwas näher bringen. Vielleicht den einen oder anderen darin ermutigen, sich diesem Bereich der Fotografie zu nähern.
mit jemandem die gleiche Leidenschaft teilen
Stellungbeziehen tut übrigens gut. Es befreit fotografisch und gedanklich. Sich zu positionieren bedeutet nämlich auch, eine Entscheidung zu treffen und einer Sache dienlich zu sein. Man macht sich damit zwar angreifbar, aber das ist egal. Ich möchte dieses Handwerk begreifen, es mir zu Eigen machen und eines Tages gut darin sein.
Ich bin nicht fanatisch oder besessen. Ich mag Dinge mit einer langen Lebensdauer. Ich fotografiere mit Film, weil es eben nicht anders geht.