Im Gespräch mit Felix Rachor
Die beeindruckenden Arbeiten von Felix Rachor verfolge ich schon seit einigen Jahren. Außer, dass er sich vor Kurzem im Bereich der Fashion- und People-Fotografie erfolgreich selbstständig gemacht hat, wusste ich wenig über ihn.
Die perfekte Gelegenheit also, um den äußerst talentierten, jungen Fotografen mal näher kennenzulernen. Zu erfahren, welche Geschichten und Ideen hinter den atemberaubenden Fotografien stecken und wie sich der Alltag anfühlt, nachdem man sich den Traum von der Selbstständigkeit erfüllt hat.
Hallo Felix. Schön, dass du uns für ein Interview zur Verfügung stehst. Zuerst natürlich: Erzähl uns doch mal etwas über dich. Wer bist du, was machst du?
Hallo. Ich bin ein junger Fotograf aus Berlin mit Wurzeln im mittleren Europa. In Frankreich, Österreich, der Schweiz und Deutschland an verschiedenen Orten aufgewachsen, bin ich durch alternative Lebensweise und viel Kultur erzogen worden.
Ich habe viel Zeit auf Almhütten beim Schafehüten und auf den Feldern verbracht, viel Blödsinn gemacht und hatte es vermutlich deshalb später etwas schwerer in der Schule in Deutschland. Als ich ans Musikgymnasium in Demmin (Mecklenburg) kam, ist meine kreative Ader wieder geweckt worden und ich habe viel Musik gemacht.
Fotografiert habe ich da natürlich auch schon gerne. Als es ernster wurde, habe ich eine Ausbildung im Bereich Mediendesign absolviert und mich anschließend selbstständig gemacht. Dieser Schritt war wohl der mutigste von allen, denn ich hatte nur eine Canon 30D, zwei Outfits zum Anziehen und ein Billy-Regal.
Nachdem ich mir ausgerechnet hatte, dass sechs Monate mir 6000€ Schulden verursachen, war es an mir, genau diese Schulden in den nächsten sechs Monaten zu bekämpfen und mir und anderen zu beweisen, dass ich es schaffen kann, als Fotograf zu überleben.
Ich wollte einfach nur in dem Bereich arbeiten und damit glücklich sein. Das erste Mal im Studio war auch direkt ein Job, daraufhin kam ein Folgejob mit dem gleichen Auftraggeber: Ein Plakat für Oliver Pocher. Seitdem ging’s steil aufwärts. Das Ganze ist jetzt drei Jahre her.
Jetzt arbeite ich überall, vorwiegend in Europa, habe mein Studio und mein drei- bis vierköpfiges Team in Berlin. Ich arbeite vorwiegend im Mode-, Beauty- und Promibereich und bin soweit glücklich. Natürlich muss ich ständig neue Herausforderungen haben, deswegen wird es bestimmt auch nie still werden um uns hier.
Vor einer Weile habe ich auch noch die Fotomafia.org ins Leben gerufen, die ständig Workshops mit Anspruch ausschreibt. In denen holen wir mit tollen Modellen, Make-Up-Künstlern, Stylisten und guten Referenten die Teilnehmer in eine andere Welt.
Wow, das ist ja ein beeindruckender Werdegang für dein Alter. Fangen wir fotografisch doch mal ganz vorn an: Wie kam es überhaupt dazu, dass du eine Kamera in die Hand genommen und sozusagen nicht mehr weggelegt hast?
Ich habe mit 14 Jahren eine Exa 2 von meinem Vater bekommen. Dabei musste ich aber ewig auf die Bilder warten, deswegen habe ich da vielleicht zehn Filme geschossen und mich dann erst einmal der Musik gewidmet. Im Abitur kam dann die erste Canon 300D dazu, mit der ich angefangen habe, Konzerte und Freunde zu fotografieren.
Weil die Bilder gut ankamen, hat das natürlich motiviert. Da hat die Fotografie mich gefesselt, dazu kam die digitale Bildbearbeitung und ab dem Zeitpunkt wollte ich die nächsten Bilder immer zehn mal besser machen als die davor. Das ist auch immer noch so.
Welche Gedanken hast du dir denn damals zur Fotografie gemacht? Technik und positives Feedback sind ja nicht alles – was hat dich vom Kopf und Bauch her dazu bewegt, diese Richtung weiter einzuschlagen?
Ich habe schon immer sehr viel Kreatives gemacht. Was soll man sonst machen, wenn man kein TV schauen darf und in den Bergen sitzt. Ich wollte auch mal Friseur werden oder Koch. Aber wenn, dann so, dass ich an der Spitze mitspielen kann. Ich mag Perfektion gepaart mit Leichtigkeit.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mit Fotografie wirklich meinen Lebensunterhalt bestreiten kann, aber ich habe darauf hingearbeitet. Ich finde es genial: Sein eigener Chef zu sein, kommen und gehen wann man will und vor allem, dass Kunden kommen, die von vorn herein von den Arbeiten überzeugt sind – sonst würden sie ja nicht zu mir kommen.
Das Schöne ist: Ich habe ständig mit spannenden Menschen zu tun. Wenn ich Koch geworden wäre, hätte ich das vermutlich nicht so sehr. Ich habe bislang eben Glück! ;)
Das klingt, als könntest du dich bei deinen Aufträgen richtig austoben. Ist das so oder musst du manchmal auch Kompromisse zwischen deinen Vorstellungen und den Kundenwünschen eingehen? Wie gehst du mit diesem klassischen Konflikt der Berufsfotografie um?
Mal so, mal so. In den meisten Fällen kann ich mich richtig austoben, allerdings gehe ich zielgruppenorientiert an die Aufträge heran und denke auch an das Ziel der Kampagne. Demnächst muss ich zum Beispiel wieder ein Shooting machen, bei dem alles sehr strikt vorgegeben ist und es auch genau deswegen nicht leicht wird, weil die Lockerheit im Foto dennoch rüberkommen muss!
Man muss sich eben früh überlegen, in welche Richtung man gehen möchte. Ich wollte schon immer die großen Kampagnen und Editorials erwischen. Dann muss man auch kreativ arbeiten können und immer im Hinterkopf behalten, dass der kommerzielle Gedanke beziehungsweise das Ziel nicht aus den Augen gerät.
Machst du zwischendurch auch noch freie Projekte? Wie balancierst du das alles aus?
Ich denke, jeder Fotograf macht auch mal freie Projekte, allerdings sind es nur noch wenige. Wenn ich welche mache, steckt immer eine Menge Arbeit, Geld und Schweiß dahinter. Es soll sich ja richtig lohnen und vor allem am Ende auch noch brauchbar sein für PR oder Werbung.
Eine Sache, die ich immer ganz frei mache, ist die „Rachor-Aufgabe“, bei der Anhänger der Fotomafia.org mir Aufgaben stellen, die ich dann bewältige – das Ganze wird dann gefilmt.
Das Wichtigste ist, dass man nicht vergisst, hier und da auch mal einen oder mehrere Tage frei zu nehmen. Das ist gar nicht so einfach, aber notwendig, um im Gleichgewicht zu bleiben. Ich muss gestehen, dass auch in meiner Freizeit kaum Zeit vergeht, ohne dass ich irgendwelche Projekte im Kopf habe oder neue Ideen entwickle.
Du hast dich ja ziemlich jung selbstständig gemacht. Dass du einen großen Ehrgeiz mitgebracht hast, wissen wir schon – was braucht man noch, damit es klappt?
Ich hatte nur eine 30D mit Kit-Objektiv, ein Billy-Regal und was zum Anziehen. Keine finanzielle Unterstützung oder ähnliches. Ich denke, zum Ehrgeiz braucht man noch eine „große Schnauze“ und was dahinter.
Dann stolpert man sicher über den einen oder anderen Stein, der einem in den Weg gelegt wird. Wenn man aber nicht aufgibt, wird man auch die Erfolge nach Hause fahren. Jede Erfolgsgeschichte ist einzigartig und deshalb muss man seine eigene finden. Den Mutigen gehört die Welt.
Wenn man sich also auf die eigenen zwei Füße gestellt hat, wie kommen die ersten Aufträge zustande?
Ich hatte einfach diverse Firmen gefragt und mich angekündigt. Ein paar Magazine haben über mich geschrieben und der Rest war vor allem Mundpropaganda. Viel machen hilft viel. Wenn man nichts macht, passiert nichts.
Das klingt in der Tat vernünftig. Du hast ja schon die Fotomafia erwähnt – erzähl doch mal, was das genau ist und was ihr macht.
Die Fotomafia.org hatte ich gegründet als ich in der Ausbildung war. Damals war das nur mein Netzwerk. Als dann einige nach Workshops gefragt haben, hatte ich darüber ein paar ausgeschrieben. Das hat einen regelrechten Boom bei mir ausgelöst, sodass ich die Fotomafia.org so ausgeweitet habe, dass auch andere Leute Workshops über diese Plattform geben.
Wichtig dabei ist uns immer die Hochwertigkeit des Teams und des Themas. Wir arbeiten immer mit top Make-Up-Künstlern, Modellen und Stylisten zusammen, sodass die Workshop-Teilnehmer auch etwas Realistisches der Fashionbranche vor die Linse bekommen.
Auf dem Blog der Fotomafia.org findet man auch immer wieder spannende Making-Of-Videos, kleine Tipps und auch Shootingaktionen. Darüber hinaus gibt’s auch Fotografentreffen mit Programm und vieles mehr.
Die Fotomafia.org hat sich im Bereich hochwertiger Workshops gut etabliert und wächst stetig. Mittlerweile läuft sie unabhängig von meiner Arbeit als Fotograf.
Ich sehe, in den Workshops kann man so einiges lernen.
Was ist dir bei deinen eigenen Fotos, deinem eigenen Stil wichtig?
Workshops machen viel Spaß, auf jeden Fall. Mir ist nur wichtig, dass dennoch 80% reale Jobs bleiben, so kann man auch realistischer vermitteln. Da ich Kunden bediene, wehre ich mich gerne – aber erfolglos – dagegen, einen eigenen Stil zu haben.
Mir ist hohes Nivau gepaart mit immer wieder neuer Kreativität wichtig. Ich freue mich immer, wenn ich durch meine Bilder andere inspirieren konnte. Ich lege viel Wert auf Fashion-Styling, Set-Styling, Haare und Make-Up. Aber das Wichtigste ist der Esprit des Shootings.
Natürlich liebe ich es auch, Bilder zu bearbeiten und gebe dem Foto da gerne noch eine eigene Note. Ich denke, mein Stil ist gemischt, aber stets aufgeräumt, selbst wenn es im Foto um Chaos geht.
Was hast du als nächstes vor, was sind deine Ziele? Oder hast du schon alles erreicht und legst jetzt die Füße hoch?
Ich habe noch immer den Traum eines fünfköpfigen Teams, in dem jeder seinen Bereich hat: Akquise & Werbung, Buchhaltung & Recht, Postproduction & Videoschnitt, Assistent, Fotograf. Ich halte den Haufen zusammen und wir tingeln um die Welt. Jetzt sind wir immer drei bis vier Leute, wobei ich immer noch ein oder zwei ständig einschulen muss.
Ich bin sehr bodenständig. Ich versuche, mir meinen Alltag für später etwas stressfreier zu sichern. Außerdem ändert sich bei mir alle drei bis vier Monate alles so drastisch, dass man so viel gar nicht im Voraus sagen kann.
Es wäre ja auch langweilig, wenn man genau wüsste, was kommt. Felix, vielen Dank für dieses Interview und wir wünschen dir weiterhin viel Spaß bei deinen fotografischen Abenteuern! :)