18. Juli 2011 Lesezeit: ~14 Minuten

Crashkurs Analog Teil 1: Filme entwickeln

Viele würden ihre Analogfilme gern selbst entwickeln, trauen sich aber nicht, weil sie denken, dass es ihnen zu kompliziert oder teuer ist. Daher möchte ich Euch heute einen Überblick über die Ausstattung, Kosten und Abläufe der Filmentwicklung geben, die man für einen erfolgreichen Start braucht.

Die Ausrüstung

Um Filme selbst entwickeln zu können, muss man einige Gerätschaften und Chemikalien anschaffen, ein paar Sachen finden sich auch im Haushalt. Im Folgenden beziehe ich mich nur auf die Entwicklung eines Schwarzweiß-Kleinbildfilms – etwas zu Rollfilmen und Farbe am Ende.

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Utensilien

Chemikalien

  • Entwickler
  • Fixierer
  • Stoppbad
  • Netzmittel

Einige dieser Dinge besitzt man ohnehin oder sie können (zumindest für die ersten Versuche) improvisiert werden. So haben viele Handys eine Stoppuhr-Funktion, kann man eine Filmdose auch mit einem normalen Flaschenöffner öffnen und können Wäscheklammern/Bastelklammern auch zum Aufhängen genutzt werden.

Anstelle des Wechselsacks kann man auch einen Raum ordentlich abdunkeln. Geeignet sind Keller, fensterlose Badezimmer oder Räume mit Rollladen. Ein, zwei Decken vorm Türschlitz und ein abgeklebtes Schlüsselloch sperren weiteres Licht aus. Wenn es dann noch zu hell ist (mal zehn Minuten in der Dunkelheit verharren, dann haben die Augen sich dran gewöhnt), kann man zusätzlich unter der Bettdecke einspulen.

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Ergebnis eines selbst entwickelten Films

Die Kosten

Dass Filmentwicklung nicht nur Spaß macht, sondern auch laufende Kosten verursacht, ist kein Geheimnis. Damit jeder selbst entscheiden kann, ob ihm dieser Spaß das Geld wert ist, habe ich einmal die Kosten exemplarisch zusammengestellt.

Realistische einmalige Kosten für die Anschaffung der benötigten Utensilien (ohne Schere, Edding, Stoppuhr, Wechselsack, Kanister) belaufen sich auf etwa 50€. Dazu kann man mit z.B. 28€ für die erste Ladung Chemie rechnen, wenn man Chemie von ADOX kauft, wie ich sie verwende.

Die laufenden Kosten für die Chemikalien sind nicht nur abhängig davon, welche Marke man benutzt, sondern auch, in welcher Verdünnung man sie anwendet. Ich arbeite z.B. mit der mittleren der auf den Chemikalien angegeben möglichen Verdünnungen. So kostet mich die Chemie pro Schwarzweiß-Kleinbildfilm gerade einmal 0,15€.

Möchte man weniger Geld auszugeben, kann man diese Kosten natürlich weiter senken, indem man günstigere Chemie verwendet, Utensilien improvisiert oder sie umsonst/günstiger gebraucht besorgt. Gerade auf Ebay kann man mit etwas Geduld immer wieder Schnäppchen machen.

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Ergebnis eines selbst entwickelten Films

Die Vorbereitung

Ansätze von Fixierer und Stoppbad können öfter verwendet werden, dafür sind die zwei 0,5l-Flaschen vorgesehen. In denen mischt man jeweils einen Ansatz von Fixierer und Stoppbad entsprechend den Herstellerangaben. Mit dem Edding wird auf den Flaschen vermerkt, was drin ist und in welcher Verdünnung.

Wichtig ist, für die Chemikalien keine Flaschen zu verwenden, die sonst für Lebensmittel üblich sind, weil Verwechslungsgefahr besteht! Zusätzlich sind alle Chemikalien so aufzubewahren, dass sie insb. für Kinder nicht zu erreichen sind. Fotochemikalien sind nicht hochgiftig, aber auf jeden Fall nicht ungefährlich!

Das Einspulen des Films in die Entwicklerspule sollte man vor dem Entwickeln des ersten Filmes auf jeden Fall üben. Dafür kauft man am besten einen der billigsten Filme, die man in der Drogerie finden kann. Das Einspulen übt man dann mehrmals bei Licht, anschließend mit geschlossenen Augen und auch mal in der Dunkelheit, bis es klappt.

Bevor man sich an die Entwicklung eines Films macht, sollte man genug Zeit einplanen. Die einzelnen Schritte brauchen jeweils nur ein paar Minuten, aber insgesamt sind ein bis zwei Stunden gut, damit man nicht in Zeitnot gerät, falls es etwas länger dauert.

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Ergebnis eines selbst entwickelten Films

Sorgt auch dafür, dass Euch in dieser Zeit niemand stört oder plötzlich die Tür zum abgedunkelten Badezimmer öffnet und so den Film zerstört, den Ihr gerade einspult. Mitbewohner informieren und große, eindeutige Zettel an Türen sind hilfreich. Telefon- und Türklingeln sollte man in der gesamten Zeit einfach ignorieren und plötzlich aufleuchtende Uhren, Handys etc. bleiben draußen, wenn der Film eingespult wird.

Zum Entwickeln stellt man die Chemikalien, Messbecher, Thermometer, Stoppuhr, Filmklammern, Seife und ein Handtuch (das am besten ausschließlich beim Entwickeln benutzt wird) neben dem Waschbecken, an dem man arbeiten möchte, bereit. Etwas Arbeitsfläche für diese Utensilien und Standfläche für den Entwicklertank sollten auch vorhanden sein.

An dem stockdunklen Ort, an dem der Film eingespult wird, legt man Entwicklertank (vollständig, mit Deckel!), Entwicklerspule, Filmdosenöffner, Schere und den Film bereit, sodass man alles im Dunkeln findet. Zu guter Letzt zieht man sich noch Kleidung an, die schmutzig werden kann, denn Flecken z.B. vom Entwickler gehen nie wieder raus. Wer mag, kann auch Handschuhe verwenden.

Film einspulen

In der Dunkelheit: Mit dem Filmdosenöffner hebelt man (wie bei einer Flasche den Kronkorken) einen der beiden Deckel der Filmdose ab. Ich nehme immer den oberen, dann kann ich anschließend den Film vorsichtig ein Stück herausziehen, bis ich die Lasche finde. Diese ziehe ich durch die Öffnung der Filmdose und schiebe den Film dann wieder in die Dose zurück.

So kann ich die Filmdose in der rechten Hand halten und den Film durch die Öffnung herausziehen, ohne dass der Film die ganze Zeit in meiner Hand liegt und dort vielleicht Fingerabdrücke bekommt. Je nach Geschmack kann man das aber auch machen oder im Stehen den Film einfach der Länge nach herunterhängen lassen.

Crashkurs, Analoge Fotografie, Filme entwickeln

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Als erstes wird die Lasche des Films gerade abgeschnitten. Ich knicke dazu die Lasche einmal um (dafür legt man die Filmränder genau übereinander) und schneide mit der Schere am entstandenen Knick entlang. So wird der Schnitt auch in der Dunkelheit wirklich ganz gerade.

Je nach verwendeter Spule funktioniert das Einspulen etwas anders, aber das Grundprinzip ist bei den meisten gleich: Das Filmende wird in der Mitte der Spule eingehakt oder geklemmt und der Film dann der Länge nach in die Windungen gespult. Da ich die Filmdose in der rechten Hand halte, habe ich die Spule in der linken.

Wichtig hierbei ist insbesondere der Anfang in der Mitte der Spule. Hängt der Film dort schief, setzt sich der Fehler immer weiter fort. Man kann die Spule so in der Hand halten, dass man einen Finger frei hat, der ganz locker(!) auf dem Film liegt und so testen, ob die Oberfläche plan hineinläuft.

Mit der anderen Hand drückt man den Film ganz leicht(!) zusammen, sodass er fast von selbst zwischen die Windungen läuft. Das Testen dieses Vorgangs bei Licht hilft, für alle Handgriffe das richtige Maß zu finden und die beiden Hände mit der Spule und dem Film zu koordinieren, bis man es blind kann.

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Ist der Film komplett eingespult, wird die verbleibende Plastikachse abgeschnitten. Außerdem sollte man mit den Händen das Ende des Films auf der Spule kontrollieren. Ist die letzte Windung der Spule nicht genutzt, liegt der Film in der Spule irgendwo doppelt und muss neu eingespult werden. Anschließend kommt die Spule in den Tank und der Deckel wird fest(!) verschlossen.

Sollte man in der Dunkelheit einmal die Nerven verlieren, weil sich der Film partout nicht richtig einspulen lässt, kann man den Film im Entwicklertank lichtdicht verstauen und es später in Ruhe noch einmal angehen. Es empfiehlt sich natürlich, den Tank mit einer eindeutigen Warnung zu versehen, falls sich ein unentwickelter Film darin befindet, damit er nicht bei Licht geöffnet wird!

Entwickeln und Stoppen

Alle folgenden Schritte werden am Waschbecken bei Licht ausgeführt, denn der Film ist im Tank lichtsicher verstaut. Spätestens jetzt sollte man herausfinden, wie lange man den Film entwickeln muss. Dies hängt vom Film, der verwendeten Empfindlichkeit, dem Entwickler und der anstrebten Entwickler-Verdünnung ab. Digitaltruth bietet dafür umfassende Tabellen, sonst hilft Google.

Im großen Messbecher füllt man nun die passende Menge Wasser in der für die Entwicklung benötigten Temperatur ab. Bei einem Kleinbildfilm sind das meist 250ml (vorher mit Tank und Spirale einmal die Wassermenge bestimmen!) mit 20°C. Bis das Leitungswasser die richtige Temperatur hat, kann es etwas dauern. Wer mag, kann das (meist zu warme) Wasser in einem Eimer sammeln und später für die Wässerung nutzen, damit es nicht ungenutzt wieder in den Abfluss geht.

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Hat das Wasser die richtige Temperatur, misst man entsprechend der Verdünnung und der Wassermenge einige ml des Entwicklerkonzentrats genau(!) im kleinen Messbecher ab und mischt sie anschließend im großen Messbecher mit dem Wasser. Verrühren, z.B. mit dem Thermometer, und dann direkt zügig in den Entwicklertank füllen.

Jetzt wird auch die Stoppuhr gestartet! Alle 30 Sekunden wird der Entwicklertank „gekippt“, also in der Hand gehalten, dreimal auf den Kopf gedreht und wieder aufgerichtet, danach bis zum nächsten Kippen abgestellt. Nach dem Einfüllen des Entwicklers sollte man das die ersten 30 Sekunden durchgehend machen und mit einer kräftigen Armbewegung, um Luftbläschen am Film zu lösen.

Danach wird der verbrauchte Entwickler in einem der Kanister (deutlich kennzeichnen: einer für Entwickler, einer für Fixierer) gesammelt. Anschließend wird das angesetzte Stoppbad eingefüllt, 30-60 Sekunden lang einwirken gelassen und danach zurück in seine Flasche gegossen. Dies unterbricht den chemischen Prozess des Entwicklers und bindet Reste, die sonst den Fixierer verunreinigen würden.

Fixieren

Der angesetzte Fixierer wird in den Entwicklungstank gegossen und die Stoppuhr gestartet. Gleichzeitig baded man in einem Messbecher auch die abgeschnittene Filmlasche in etwas Fixierer. Diese ist anfangs undurchstig, wird dann milchig und irgendwann klar. Die Zeit, bis die Lasche klar ist, nennt man „Klärzeit“.

Als Faustregel fixiert man den Film mit der doppelten Klärzeit. Währenddessen wird der Tank wieder alle 30 Sekunden gekippt. Anschließend kommt der benutzte Fixierer zurück in seine Flasche. Auf dieser führt man nach jeder Anwendung eine Strichliste fort, damit man weiß, wie oft der aktuelle Inhalt schon genutzt wurde.

Wässern

Zum Schluss öffnet man den Tank, füllt für circa fünf Minuten immer wieder frisches Wasser ein und kippt es aus, um die Reste der Chemikalien auszuspülen. Überschüssiges Wasser vom Anfang kann hier noch einmal genutzt werden. In die letzte Füllung gibt man etwas Netzmittel und lässt es gemäß Anleitung einwirken.

Trocknen

Der Film auf der Spule ist nun nass, überschüssiges Wasser kann man mit kräftigen Bewegungen ins Waschbecken ausschütteln (oder den Film auf der Spule in einer eigenen(!) Salatschleuder schleudern). Zum Trocknen wird der Film nun an einen möglichst staubfreien und unbesuchten Ort gehängt. Badezimmer, Keller und andere teppichfreie Orte sind gut geeignet.

Ob man dafür eine Wäscheleine spannt oder die Filmklammern mit Haken an einer Deckenlampe einhakt, ist der eigenen Fantasie überlassen. Nur hoch genug sollte die Aufhängung sein, denn der ausgerollte Film ist etwa 1,6m lang. An das untere Ende kommt ebenfalls eine Filmklammer (oder ähnliches) mit etwas Gewicht, damit der nasse Film sich nicht aufrollt.

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Größere Wassermengen auf der (glatten) Trägerseite kann man mit einem Taschentuch vorsichtig am Rand aufsaugen, damit keine Wasserflecken entstehen. Aber nicht abreiben, das gibt Kratzer und Fusseln. Die (matte) Schichtseite ist tabu, sie ist insb. im nassen Zustand äußerst empfindlich.

Fönen sollte man einen nassen Film auf keinen Fall, das wirbelt viel Staub auf, den man nicht mehr vom Film entfernen kann, wenn er einmal darauf getrocknet ist! Ist der Film vollkommen durchgetrocknet, kann man ihn in handliche Streifen (meist à 6 Bilder) schneiden, digitalisieren/abziehen und in Negativhüllen aufbewahren.

Wie geht’s weiter?

Benutzten Entwickler und aufgebrauchten Fixierer-Ansatz gibt man bei der lokalen Schadstoff-Sammelstelle ab. Informiert Euch am besten vorher, wo, wann und in welchen Mengen Fotochemikalien entgegengenommen werden. Stoppbad, das Wasser zum Schlusswässern und das Netzmittel sind unschädlich bzw. enthalten kaum Chemie, sodass sie in den Abfluss können.

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Rollfilme kann man genauso entwickeln, benötigt aber eine andere Entwicklerspule in der passenden Größe. Wer beide Formate benutzt, kauft am besten direkt einen Entwicklungstank, in den wahlweise zwei Kleinbild-Spulen oder eine Rollfilm-Spule passen.

Rollfilme einzuspulen ist etwas schwieriger, weil sie breiter sind, aber auch hier macht Übung den Meister. Im Dunkeln achtet man vor allem darauf, das Krepp, mit dem der Film am Papier befestigt ist, vorsichtig(!) und vollständig zu entfernen, ggf. an beiden Enden des Films. Und bitte den Film und nicht das Papier einspulen. ;)

Zur Entwicklung von Farbfilmen benötigt man spezielle Chemie für den jeweiligen Prozess (C-41, E-6, …) anstatt der hier genannten Schwarzweiß-Chemie. Außerdem muss die Chemie sowie das zum Entwickeln verwendete Wasser immer eine sehr exakte Temperatur (bei C-41: 37,8 °C) haben.

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Zum Schluss

Ich hoffe, diese detaillierte Anleitung ermutigt den ein oder anderen, der mit dem Gedanken gespielt hat, dazu, es einmal selbst auszuprobieren. Keine Angst auch vor der Fülle der Informationen: Die meisten gehen einem sofort in Fleisch und Blut über – für alles andere (Entwicklerzeiten, Mischverhältnisse, …) klebt man sich einfach Merkzettel zur Ausrüstung.

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