Frau hinter einem Vorhang.
02. März 2015 Lesezeit: ~10 Minuten

Die Suche nach Anerkennung

kwerfeldein publiziert eine mehrteilige Serie über „Betrachtungen zur Fotografie“. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: Warum machen wir bestimmte Bilder? Welche Bilder machen wir nicht und warum? Was motiviert Menschen dazu, sich mit Fotografie zu beschäftigen? Und was ist eigentlich gute Kunst? In unserem ersten Teil beschäftige ich mich damit, was es mit der wachsenden Bilderflut auf sich haben könnte, ob Fotografie ein Mittel zum Ausgleich eines Anerkennungsdefizits sein kann und welche Folgen die Suche nach Anerkennung für die Fotografie hat.

Wir leben in einer Zeit, in der der Durst nach sozialer Anerkennung groß ist. Selbstdarstellungsshows boomen auf allen Kanälen, soziale Netzwerke leben von einer „Like-Sammelleidenschaft“, im Internet platzen Bilderfluten aus allen Ecken und Nischen. Welche psychologischen Prozesse stecken dahinter? Der Wunsch nach Anerkennung ist ein Schlüssel, um diese Frage zu beantworten.

Was bedeutet eigentlich Anerkennung?

Soziale Anerkennung beinhaltet Rückmeldungen in Form von Lob, Respekt und Wertschätzung. Der Wunsch nach Anerkennung ist per se nichts Schlechtes, sondern ein Grundbedürfnis aller Menschen. Durch die Wahrnehmung und Spiegelung der anderen entwickeln Menschen ein Gefühl dafür, wer sie sind.

Studien haben gezeigt, dass soziale Anerkennung zu gesteigerter Motivation und positiver Stimmung führt, während ein Anerkennungsmangel krank machen kann. Insbesondere dann, wenn große Anstrengung keine oder zu wenig Rückmeldung erfährt, resultiert Unzufriedenheit.

Das heißt, wir wollen und müssen wahrgenommen, gespiegelt und bestätigt werden. Soziale Anerkennung zu erhalten, ist so wichtig wie die tägliche Nahrungsaufnahme. Der Wunsch nach Anerkennung ist ganz normal und gesund.

Der Sozialphilosoph Axel Honneth* begreift den Kampf um Anerkennung als Prinzip jeder gesellschaftlichen Dynamik. Nach Honneth ist die gesellschaftliche Entwicklung immer eine Geschichte des Kampfes um Anerkennung gewesen. Die Suche nach Anerkennung ist also nicht neu.

Wann wird die Suche nach Anerkennung problematisch?

Kapitalismuskritiker geben Antwort darauf. Sie weisen darauf hin, dass in einer Gesellschaft, in der das Konkurrenz- und das Autonomieprinzip zum Motor sozialen Handelns auserkoren wurden, der Zugriff auf traditionelle Anerkennungsquellen verborgen bleibt.

Was heißt das im Klartext? Zu den traditionelleren Anerkennungsquellen zählten vor einigen Jahrzehnten vor allem der Wert von Familie und Beziehungen. Nach der Soziologin Eva Illouz* drängte sich der Wunsch nach Anerkennung in früheren Generationen weniger stark auf, da die soziale Stellung des Individuums, eben die Abhängigkeit von familiären Bindungen und die Erwartung an generative Reproduktion (Nachwuchs), weniger verhandelbar war.

Im 21. Jahrhundert hingegen sind Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit wichtige Merkmale, die das soziale Leben prägen. Unsere Auswahl- und Entwicklungsmöglichkeiten sind immens. Im Vergleich zu früheren Generationen stehen uns heute mehr Wege offen, uns frei zu entfalten und selbst zu verwirklichen. Und an diesem Punkt wird die Geschichte unserer kulturellen Entwicklung problematisch.

Was sind die Folgen der Anerkennungssucht?

Der Nutzen von Selbstverwirklichung und Autonomie hat Kehrseiten, die Alain Ehrenberg als das von Depressionen geplagte „erschöpfte Selbst“ bezeichnet. Ein Spannungsfeld zwischen dem Anspruch an Autonomie, steigenden Ansprüchen und der unausweichlichen Abhängigkeit von der Anerkennung anderer produziert Unsicherheiten, die vor allem jüngere Generationen prägen. Langfristig führt dies, so Ehrenberg, zur emotionalen Erschöpfung, also z. B. Depression.

Im Rahmen dieser gesellschaftlichen Veränderungen sind auch soziale Beziehungen instabiler geworden. In Deutschland wird derzeitig jede zweite Ehe geschieden. Freundschaften halten dem Anspruch an räumliche Flexibilität, die durch den Arbeitsmarkt gefordert wird, häufig nicht stand.

Da der Rückgriff auf soziale Beziehungen als Quelle der Anerkennung nicht mehr gelingt, müssen alternative Anerkennungsquellen angezapft werden, damit wir uns gut fühlen. Diese alternativen Anerkennungsquellen sind vor allem Status, Karriere und Erfolg.

Anerkennung durch Leistung ist nicht neu. Neu ist jedoch die Bedeutung von Leistung und Wettbewerb auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Wir bewegen uns auf einem Drahtseil: Wir wollen nicht von anderen abhängig sein und sind es doch. Wir wollen frei entscheiden und sind von den Auswahlmöglichkeiten überfordert. Wir wollen anerkannt werden, andere Menschen wertzuschätzen, fällt uns aber zunehmend schwerer, weil dies dem Konkurrenzprinzip widerspricht. Wir wollen geliebt werden, wie wir sind, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der der Markt um Ressourcen für ein gutes Leben hart umkämpft ist.

Fotografie und Anerkennung – eine Bestandsaufnahme

Aber was hat das denn nun mit Fotografie zu tun? Ich denke, dass die Fotografie ein Spiegelbild dieser gesellschaftlichen Veränderungen ist, in der die Suche nach Anerkennung zum Hauptmotivator des eigenen Handelns auserkoren wurde. Dies ist eine gewagte Hypothese, aber sie lässt sich mit empirischen Studien zumindestens teilweise untermauern.

Langzeitstudien haben gezeigt, dass Ego-Zentrismus („Ich-Bezogenheit“) innerhalb der Gesellschaft ansteigt. Twenge und Campbell haben dieses Phänomen „The Narcissism Epidemic“* genannt. Meines Erachtens ist der Buchtitel „narzisstische Epidemie“ eine simple (und leicht überzogene) Vermarktungsstrategie, über die sich aber wunderbar streiten lässt.

In solchen Streitfällen ziehe ich immer gern empirische Studien heran. Die „narzisstische Epidemie“ zeigt sich laut Twenge und Campbell in selbstbezogenen Verhaltensweisen der jüngeren Generationen (z. B. Selfies). Empirische Studien zeigen tatsächlich, dass narzisstische Menschen eine größere Anzahl an Bildern im Internet (z. B. auf Facebook) teilen als andere. Wer nach schneller Zustimmung sucht, findet sie im Internet.

Es ist zudem einfacher geworden, eine Kamera zu besitzen und sich die technischen Kniffe im Selbststudium beizubringen. Wer heute eine Kamera im Schrank stehen hat, kann sich „FotografIn“ nennen und findet eine beeindruckende Auswahl an medialen Selbstdarstellungsoptionen vor.

Anerkennung – ein Geschäftsmodell

Viele Bildportale verwandeln die Suche nach Anerkennung in ein cleveres Geschäftsmodell. Portale, die Möglichkeiten zum Erhalt von Anerkennung bieten, expandieren. Nach Angaben von Flickr wurden im Jahr 2014 mehr als zehn Milliarden Fotos von über 100 Millionen Nutzern hochgeladen. Das Wachstum von Tumblr lag im zweiten Quartal 2014 bei über 120 %, vergleichbar hohe Zahlen verzeichnen auch Instagram und Pinterest.

Bevor sich entrüstete Stimmen erheben, möchte ich gern einen wichtigen Aspekt klarstellen: Ich meine nicht, dass alle Personen, die Fotoportale nutzen, unter einem chronischen Anerkennungsdefizit leiden. Neben dem Wunsch, anerkannt zu werden, können auch andere Motive wirksam sein, etwa der Wunsch nach Kommunikation oder die Notwendigkeit der Selbstvermarktung für Berufsfotografen.

Der Besitz einer Kamera scheint jedoch nicht selten eine Legitimation zu sein, sich KünstlerIn zu nennen. Bei engagierten HobbykünstlerInnen dürfen eine Facebook-Page mit der Bezeichnung „Max Müller Photography“, ein Flickr-Profil und eine eigene Webseite nicht fehlen. Besonders engagierte FotografInnen melden sich zusätzlich bei Ello, Tumblr, Instagram, DeviantArt, 500px, Xing, LinkedIn und IchbinKünstler2.0 an.

Die Fotografie und die Kunst sind Medien, die den Wunsch nach Anerkennung in besonderem Maße bedienen. Bildportale funktionieren über psychologische Verstärkermechanismen, die im Gehirn so berauschend wirken wie Drogen. Der Wunsch nach medialer Anerkennung kann süchtig machen.

Welche langfristigen Folgen haben diese Entwicklungen für die Fotografie?

Die Bilderproduktion wächst exponentiell und damit reduziert sich auch der Preis, der für ein Foto gezahlt wird. Das ist eine Entwicklung der letzten Jahre, die nicht mehr aufzuhalten ist.

Die Formel zum Erhalt vieler Likes ist durchschau- und leicht erlernbar: Schnelle Anerkennung der Masse ist zum Beispiel dem relativ sicher, der ein junges, den Schönheitsidealen entsprechendes, weibliches Modell adäquat abzulichten vermag. Extrapunkte erhält man für eine Pose, die einen Hauch von Intellektualität und Tiefe verspricht.

Mit Photoshop kann man das Endprodukt abrunden, um es anschließend breit im Netz zu streuen. Dieses Rezept wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf hohe Resonanz stoßen, denn es ist problemlos umsetzbar und kollektiv rezipierbar.

Je einfacher der Gedanke einer Bildsprache ist, desto eher ist die Chance da, dass ein Bild vor allem im Internet eine schnelle und hohe Resonanzwelle schlägt. Schwieriger ist es, eine Bildintention mit abstrakteren, weniger plakativen Mitteln abzubilden.

Wer sich auf leicht rezipierbaren Ebenen bewegt, tut etwas, was die Gesellschaft bereits kennt und wird sie daher nicht weiterbringen. Deshalb wird die anfängliche Resonanz über eine längere Zeit hinweg verblassen und das zurecht.

Was langfristig gesehen vor allem auf der Strecke bleibt, ist eine echte Auseinandersetzung mit Inhalten, die bewusst oder unbewusst formuliert ein Kriterium von hervorragender Kunst sein können. Das wichtigste Merkmal von Kunst ist ein schlaues Konzept, das nicht nur berührt, sondern auch informiert.

Welche Auswege gibt es aus der Anerkennungssucht?

Auffällig erscheint mir, dass viele junge FotografInnen zu einer Haltung der Bildungsverweigerung und Negierung alternativer, historisch tradierter Perspektiven tendieren, die es nicht ermöglicht, Fotografiegeschichte und Vordenker ausreichend zu würdigen.

Ich möchte ein Beispiel anführen: Neulich berichtete mir ein Fotograf, dass er keine Fotobände und Ausstellungen bekannter FotografInnen anschaue, weil das „alte Hüte“ seien. Diese Selbstüberschätzung passt in eine Zeit, in der das Prinzip Copy-Paste zum dominantesten Merkmal fotografischer Tätigkeit geworden ist. Neugier und Interesse an anderen hingegen sind wichtige Voraussetzungen für Austausch und wechselseitige Entwicklung.

Wer Mut zur Entwicklung einer eigenen Bildsprache und zur Auseinandersetzung mit Bildinhalten hat, verdient Respekt. Merke: Die Anzahl der gesammelten Daumen bei Facebook hat wenig damit zu tun, wie gut Dein Bild ist. Gute Kunst findet immer ihre Fans und wenn es nur zwei sind. Dann kommt es aber im besten Fall zu etwas Wunderbarem: Anregende Gespräche über die Kunst, von denen man lernen kann.

Einige Fragen bleiben offen: Wieviel Prozent der FotografInnen würden noch die Kamera in die Hand nehmen, wenn es diese Selbstdarstellungsoptionen nicht gäbe? Wenn die einzige Option das Sammeln und Aufbewahren in Fotoalben wäre? Wie viele Wochen würdest Du noch fotografieren, wenn keiner mehr Dein Bild likt?

* Das ist ein Affiliate-Link zu Amazon. Wenn Ihr darüber etwas kauft, erhält kwerfeldein eine kleine Provision, Ihr zahlt aber keinen Cent mehr.

82 Kommentare

Die Kommentare dieses Artikels sind geschlossen. ~ Die Redaktion

  1. Sehr interessanter und lesenswerter Artikel !

    „If a man does not keep pace with his companions, perhaps it is because he hears a different drummer. Let him step to the music which he hears, however measured or far away.“
    Henry David Thoreau

  2. Die im letzten Absatz gestellten Fragen, sind in der Tat sehr spannend. Stelle ich mir gerade und finde noch keine Antwort.

  3. Danke. Super Artikel und genau mein Thema.

    Ich erwische mich immer noch manchmal bei dem Gedanken, wenn ich irgendwo ein gutes Motiv, oder eine interessante Lichtsituation sehe, dass das jetzt als Foto bestimmt ganz vielen Leuten gefallen würde. Ich fotografiere dann bewusst nicht.

    Denn viel wichtiger als das was man fotografiert, ist das warum man was fotografiert. Eben mit einem, wie du sagst, „schlauen Konzept“

    Ich freu mich auf den Rest der Serie.

  4. Toller Artikel! Er beschreibt genau das, was ich selbst schon oft auszudrücken versuchte, super!

    Allerdings:
    „Nach Angaben von Flickr wurden im Jahr 2014 mehr als zehn Milliarden Fotos von über 100 Milliarden Nutzern hochgeladen.“

    Die Anzahl Fotos kann ich mir vorstellen, aber woher holt Flickr die über 100 Milliarden Nutzer, bei 7,2 Milliarden Menschen die auf der Erde leben? ;)

  5. Klar ist doch toll wenn vielen Leuten die Bilder gefallen und man dadurch „gebauchpinselt“ wird.
    Lob und Anerkennung mag jeder.
    Aber aufgrund dessen Fotos machen oder seinen Stil verändern nur um den Leuten zu gefallen ist völlig sinnfrei.

  6. Mir gefällt vor allem der letzte Absatz mit der Anekdote über den Fotografen, welcher sich keine Fotobänder anderer Fotografen kauft.

    Genau zu diesem Punkt wollte ich auch schon mal einen Blog-Artikel schreiben, weil mir das auch schon aufgefallen ist. Immer mehr Leute halten immer mehr von sich selbst und glauben sie hätten anderes nicht nötig.
    „Wie?! Geld für einen Fotoband irgendeines Fotografen ausgeben, wo ich doch selbst noch keinen Cent für meine geilen Bilder bekommen habe? Das was der in dem Buch zeigt, hätte ich auch hinbekommen, mir fehlt es nur noch am Marketing usw…“

    So schon gehört und in Foren gelesen. Kann man aber auch auf andere Dinge ausweiten. Dank des Internets ist jeder selbst der beste „Fotograf, Klemptner, Koch…“

    • Das Geld, das man für seine technische Ausrüstung ausgibt, sollte in gleicher Höhe in Bilder (Fotobücher, Ausstellungen, Prints) wandern.

      So mache ich das.

  7. Die Thematik ist auf jeden Fall interessant!

    Ich sehe hier aber noch ein anderes Problem, nämlich, dass man „gezwungen“ wird, bestimmte Bilder auf bestimmte Art zu machen, wenn man Anerkennung (im Internet) möchte.
    Damit verändert sich die Fotografie insofern, als man evtl. nicht mehr seinen eigenen Interessen folgt und verlernt, seine Bilder selbst zu bewerten, sondern sich stattdessen nach Kriterien wildfremder Leute richtet.

    Zur Frage im letzten Absatz:
    Ich selbst fotografierte schon als Kind analog (gab nichts anderes ;-)) und zeigte meine Bilder wenigen Leuten, einfach, weil das Motiv wenige Leute interessiert hätte. Ich habe aber einige dieser Bilder bis heute aufgehoben, obwohl das Motiv immer noch keinen interessieren würde.
    Früher war meine Motivation, bestimmte Bilder zu machen, die ich in Büchern sah oder Bewegungen meiner Haustiere so festzuhalten, wie ich sie mit eigenen Augen nicht sehen würde. Das Betrachten der Bilder reichte als Anreiz aus (sowie natürlich die Suche nach dem richtigen Motiv und Augenblick).

    Meine ersten Fotoforenerfahrungen führten dann zum Lesen diverser Artikel über „Bildkritik“ und mein Fazit war, dass man nicht einfach Bilder ins Netzt stellt, die man toll findet und seine Freude darüber mit anderen teilt, sondern dass „der Hobbyfotograf“ getrieben wird vom Wunsch nach Verbesserung, also Kritik im Sinne einer Aufzählung möglicher Fehler.
    Aus meiner Sicht mindert diese Haltung die Freude an der Fotografie und die Unbefangenheit beim Fotografieren.
    Nachdem ich mich einige Zeit in dieser Art Community aufgehalten hatte, stellte ich erschrocken fest, dass ich nun im Gegensatz zu früher meine Bilder mit der Frage betrachtete, welche Fehler noch sichtbar wären, ob ich ein Bild mal hochladen könnte oder ob es Kritik hageln würde. Die Folge war, dass ich lange ausschließlich Fehler in meinen Bildern fand.

    Zu meiner analogen Zeit hätte ich mich gefreut, eine Community zu finden, mit der ich mich austauschen konnte, ich hätte mir das so vorgestellt, dass man sich gegenseitig Bilder zeigt, die man toll findet, an deren Aufnahme man besonderen Spaß hatte und erklärt, warum das Bild für einen selbst besonders ist – und seine Freude darüber mit anderen teilt. Natürlich hätte man dabei auch noch ein bisschen von den anderen gelernt und sich nach und nach verbessert bzw. neue Anregungen bekommen.
    Diesen Traum habe ich nach einem Jahr Fotoforenerfahrung begraben:
    Das ist nicht die Art, wie die meisten Internet-Hobbyfotografen kommunizieren wollen.
    Hier steht Perfektion im Vordergrund, und Perfektion bedeutet, dass man erst mal alle Fehler sucht und ausmerzt und erst nach langem Üben Bilder veröffentlicht, von denen man weiß/ hofft, dass sie „perfekt“ sind. Oder man fragt gezielt nach Kritik um sich zu verbessern.
    Am strebt also immer nach Perfektion.
    Nicht das Erlebnis beim Fotografieren (gerade in der Natur) oder die Freude über ein gelungenes Bild steht im Vordergrund, sondern in ferner Zukunft ein „perfektes“ Bild abzuliefern: Perfekt in den Augen der Community.
    Am besten noch ein einzigartiges, nie dagewesenes Bild, um der Kritik „kennt man schon, ist nichts Besonderes“ zu entrinnen.
    Damit scheint ein Großteil der Fotocommunities gut leben zu können.

    Mir persönlich hat es die Freude an der Fotografie erst zurück gegeben, als ich meine Haltung geändert hatte und einfach in bestimmten Communities nichts mehr veröffentliche und in meinem Tempo nach meinen Kriterien an der Verbesserung meiner Bilder „arbeite“. Eigentlich sollte das Hobby ja nicht in Arbeit ausarten. Gezieltes Feedback, Verbesserungsvorschläge, die man wirklich haben möchte, bekommt man selten, stattdessen werden oft die Aspekte des Bildes bemängelt, die einem selbst ursprünglich gefielen.

    Ich würde das Thema auf den Kopf stellen und schlussfolgern, dass es gut und wohltuend ist, die eigene Begeisterung über bestimmte Bilder, die man nach eigenen Kriterien aus eigenem Antrieb gemacht hat, mit anderen zu teilen.
    Umgekehrt finde ich es schlecht und stressig, Bilder nach den Kriterien anderer zu machen in der Hoffnung, von diesen dann irgendwann mal nach langem Üben Anerkennung zu erhalten.
    Wenn das der Fall ist, sollte man mMn die Notbremse ziehen und seine Bilder nicht mehr diesen Leuten zeigen, aber trotzdem weiter fotografieren! Und sich nicht schämen, dass man selbst vielleicht eine größere „Fehlertoleranz“ als die Community hat oder schlicht unter einem „guten Bild“ etwas ganz anderes versteht als die Mehrheit der Community.

    Über Anerkennung für ein fremdgesteuert erstelltes Bild, das ich mit Rücksicht auf die Wünsche irgendwelcher „User“ gemacht habe, freue ich mich nicht. Im besten Fall wäre ich erleichtert, keine Kritik (in Form von aufgezeigten Fehlern) zu erhalten, aber Erleichterung nach Stress ist kein guter Grund, ein Hobby aufrecht zu erhalten. Dies wäre ja noch nicht mal Anerkennung MEINER Bilder sondern der Bilder, von denen ich hoffe, dass sie anderen gefallen.

    Über geteilte Begeisterung für ein Bild, auf das ich aus diversen Gründen stolz bin, freue ich mich dafür um so mehr.
    Nur muss ich mir vorher sehr gut überlegen, wo ich dieses Bild zeige und ob ich es überhaupt tue.

    • Danke für diese aufgeworfenen Fragen! Ich kann im Wesentlichen Fidi sehr beipflichten, möchte aber noch eine Erfahrung mit Communities hinzufügen. Was habe ich mich nicht schon geärgert über flickr, bin dann aber doch hängen geblieben, mit zum Teil langen Pausen. Mittlerweile und durch Geduld habe ich einen kleinen aber schönen Kreis von Kontakten beisammen, der mir genau das gibt, was ich erhofft hatte: eine echten Austausch auf einer etwas differenzierteren Ebene. Man muss das für sich selbst filtern und sortieren und die Eitelkeiten am besten ignorieren. Wenn man dann noch auf die eigene innere Stimme hört und sich auch Upload-Pausen gestattet, kann so eine Plattform eine gute Möglichkeit sein, etwas einfach mal zu zeigen.

      • Stimmt, Voinovitch! Flickr ist eine Möglichkeit, Bilder zeigen und Rückmeldung zu bekommen. Ich persönlich mag Flickr nicht besonders, ich bin von der Menge an Bildern schlichtweg überfordert. Aus Diskussionen mit Freunden über Fotografie und bei Bildbesprechungen in der Gruppe hab ich eigentlich immer mehr gelernt.

  8. « The day and the age of digital cameras has given rise to a wild herd of ‚photographers‘ that are skilled in doing but not seeing. »
    – inconnu –

  9. Guter Artikel

    „Wer sich auf leicht rezipierbaren Ebenen bewegt, tut etwas, was die Gesellschaft bereits kennt und wird sie daher nicht weiterbringen. Deshalb wird die anfängliche Resonanz über eine längere Zeit hinweg verblassen und das zurecht“.

    Das ist wahr. Wer nur im Mainstream mitschwimmt, wird darin ertrinken.
    Lg,
    Werner

  10. Vor ungefähr 10-15 Jahren war ich es leid, irgendwelche Drucke und Poster in meiner Wohnung als Deko zu verwenden. Damals war ich wild entschlossen, mir meine eigene Kunst zu gestalten. Am Anfang waren es abstrakte, naive Acrylgemälde. Vor ein paar Jahren dann fiel mir eine Lumix in die Finger und ich entdeckte das Foto als mein Medium.
    Seither fotografiere ich hauptsächlich für meine Wohnung. Bei Flickr lade ich zwar hoch, 500px auch, aber nur für den Vergleich zwischen meinen Fotos und anderen.
    Ich habe keinen bestimmten Stil oder Technik, aber es hat sich herauskristallisiert, daß die kleinen unscheinbaren Ecken der Städte interessant sind.

    Ob meine Fotos jemandem gefallen, interessiert nicht. Ob ich gestalterische Fehler gemacht habe, interessiert auch nicht. Mir persönlich gefallen sie und fertig.
    Wenn ich mir so einiges an „Pseudo-Künstlern“ in der Fotoszene anschaue, dann graust es mich nur noch…..

    • Joe, danke für Deine persönliche Rückmeldung. Deine Beschreibung weist eigentlich auf einen wichtigen Aspekt hin. Es ist eine Herausforderung, wirklich zu erkunden und zu entdecken, wer man ist und was man will, relativ unabhängig von der Meinung der Anderen. Und wenns dann doch gefällt: umso besser!

  11. Ich für meinen Teil suche nicht nach Anerkennung, ich freue mich aber wenn sie kommt. Ich habe es mir zum Ziel gemacht, das zu machen was ich möchte und wenn das anderen auch gefällt, ist das auch gut so. Wenn ich so meinen Erfolg bekomme, werde ich am Ende Glücklicher sein als wenn ich der Anerkennung nachlaufe, und Trends folge, die nicht dem Entspricht, was mich Glücklich macht, was ich fotografieren möchte.

    Bleibt der Erfolg aus, gibt es aber den persönlichen Erfolg. Es gibt Fotos die mich Glücklich machen, weil sie mich ansprechen. Und das ist mir persönlich mehr Wert, als wenn mir jemand anderer sagt: „Tolles Foto!“, obwohl ich selbst damit nicht zufrieden bin.

  12. „Einige Fragen bleiben offen: Wieviel Prozent der FotografInnen würden noch die Kamera in die Hand nehmen, wenn es diese Selbstdarstellungsoptionen nicht gäbe? Wenn die einzige Option das Sammeln und Aufbewahren in Fotoalben wäre? Wie viele Wochen würdest Du noch fotografieren, wenn keiner mehr Dein Bild likt?“

    Sehr treffend.
    Dazu passend fällt mir die BUNTE-eigene Werbung ein: „Ohne BUNTE“ wäre es nur eine Insel (Sylt)“ oder auch „Ohne BUNTE hätte sie sich wärmer angezogen“, und man sieht das dünn bekleidete Promi-Sternchen auf dem roten Teppich vor dutzenden Fotografen.

    Was wären die ganzen A/B/C-Promis ohne BUNTE und GALA, bzw. die ganzen Online-Pendants? Wer würde sie dann noch „liken“?

  13. Ein interessanter Artikel und interessante Kommentare dazu. Wobei das Phänomen social media-Flut ja nicht nur die Fotografie betrifft. Hier fällt es uns nur besonders auf, weil wir uns selbst damit beschäftigen. Ich denke, es gibt z.B. auch genügend private DIY-Seiten im Internet, Gartenblogs, Modellbaublogs usw.. Das Streben nach Selbstverwirklichung und Anerkennung steckt in jedem Menschen (Bedürfnispyramide nach Maslow) und ist keine Erfindung der Neuzeit. Heute hat man nur die Möglichkeit, dieses Bedürfnis über das Internet auszuleben, es rückt also mehr ins Sichtfeld. Ich finde das auch gar nicht schlimm. Man sollte nur aufpassen, dass man sich treu bleibt und sich nicht für die „Community“ verbiegt.

    • Hallo Steffi, Du hast recht – das „Phänomen“ lässt sich auch auf andere Internetthemen übertragen. Danke für Deinen Kommentar!

  14. Ein sehr guter Artikel.
    Jedem Menchen gefällt es wenn er gelobt wir, und das ist ja auch gut so,
    aber diese „Fishing For Compliment“ Mentalität in den Communities geht einem
    schon ganz schön auf den Keks.
    Ich selbst habe mich weitgehenst von diesen verabschiedet.
    Auch fotografiere ich keine Sonnenuntergänge etc. mehr.
    Das haben Abermillionen Fotografen besser wie ich gemacht, da muß ich mich als der Millionsteund1ste nicht mit einreihen.

    Ich mach meine Bilder für mich, habe einen kleinen Kreis an Menschen die sich für mich und meine Freizeitgestaltung (ich möchte jetzt nicht von Kunst reden) interesieren, mit denen ich mich austauschen kann.
    Wenn dann ein Aussenstehender sagt:“ Das ist aber schön.“, freue ich mich trotzdem.

    Gruß Elmar

    • Hallo Elmar, ich stimme Dir voll zu. Und ich denke, dass ein persönlicherer Austausch (face-to-face) eine ganz andere Qualität hat. Leute, die einen schon lange kennen, können oftmals ganz andere Hinweise zu den eigenen Bildern geben. Da kann man sich auch eher mal trauen, auf Basis der Kenntnis des Anderen, sanfte Kritik zu äussern. Und weißt Du, es ist auch nicht so schlimm, wenn man eine Vorliebe für Sonnenuntergänge hat. Es ist eher die Frage, welche Bedeutung man den Sonnenuntergängen und dem eigenen fotografischen Wirken zuweist.

      • Hallo Kat Kapo,
        der Sonnenuntergang, auch wenn ich das Ernst gemeint habe, steht natürlich stellvertretend für aller Art Kalenderbildchen. Das heißt natürlich nicht das mann seine Liebsten, seine Haustiere etc. nicht fotografieren darf. Ich selbst habe 2 Katzen und ab und zu kommen die auch aufs Bild, aber sowas sind Bilder für mich und meine Erinnerung und nicht fürs Volk.
        Ich denke da betreiten wir den selben Weg.

        Gruß Elmar

  15. Ein sehr anregender Artikel. Gleichwohl möchte ich die dargestellten Thesen auch hinterfragen. Ich habe Zweifel, ob es DEN kausalen Zusammenhang zwischen der Masse an (veröffentlichten) Fotografien und Anerkennungssucht tatsächlich gibt. Dabei will ich allerdings nicht in Abrede stellen, dass es das wohl auch in nennenswertem Umfang gibt.

    Ich würde zunächst mal zwischen dem Fotografieren als solchem und der anschließenden Veröffentlichung unterscheiden. Tut man dies, dann muss man feststellen, dass der Zugang zur Fotografie auch schon vor deren Digitalisierung für eine breite Masse möglich war. Wesentlicher Unterschied zu heute sind die Möglichkeiten der Veröffentlichung, die es erst mit dem Internet und deren vielzähligen Plattformen gibt. Für mich ist deshalb eben ein nicht unwesentlicher Aspekt der veränderten Fotografie-Landschaft der, dass die Menschen das tun, wozu sie nun die Möglichkeit haben, einfach, weil es diese Möglichkeit heute gibt.

    Für mich haben diese Diskussionen irgendwie immer auch den Beigeschmack von Abschottung, von PLatzhirschgehabe. „Echter“ Künstler und Fotograf kann man nur sein, wenn man eine entsprechende Ausbildung hat. Dabei ist doch diese (nur) Mittel zum Zweck. Was nun, wenn es Menschen gibt, die tolle Fotos machen (was auch immer ein tolles Foto ausmacht), ohne einen beruflichen, akademischen Hintergrund zu haben, ja selbst ohne sich für andere Fotografen / Künstler zu interessieren … . Der Artikel hat insofern auch etwas Diskreditierendes, weil es den Zusammenhang von Fotografie und Anerkennungssucht so unzweifelhaft darstellt.

    Und am Ende kommt man für mich dann zu dem entscheidenden Punkt, nämlich zu der Frage nach der Qualität der Bilder und diese liegt wohl im Auge des Betrachters.

    Ich habe keine Ausbildung als Fotograf. Wenn ich gefragt werde ob ich Fotograf bin, dann antworte ich meistens „Wenn jemand der Fotos macht ein Fotograf ist, dann bin ich es es wohl …“ . Allerdings nicht ohne den fehlenden beruflichen Hintergrund hinterherzuschieben.

    • Hallo Jörg,

      danke für Deinen Kommentar, der mich zur Richtigstellung einläd. Es stimmt, dass man Kausalzusammenhänge zwischen der Anzahl der Bilder und dem Wunsch nach Anerkennung nicht unkritisch formulieren kann. Ich stimme Dir zu, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen können. Dies findet sich im Absatz: „… Bevor sich entrüstete Stimmen erheben, möchte ich gern einen wichtigen Aspekt klarstellen: Ich meine nicht, dass alle Personen, die Fotoportale nutzen, unter einem chronischen Anerkennungsdefizit leiden. Neben dem Wunsch, anerkannt zu werden, können auch andere Motive wirksam sein, […].“ Deine Skepsis ist hier angebracht.

      Dass es aber zumindestens korrelative Zusammenhänge zwischen der Anzahl der Bilder/Art der Nutzung von Netzportalen und Persönlichkeitseigenschaften gibt, zeigen verschiedene Studien. Ich bin im Text nicht auf die einzelnen Befunde eingegangen, da es keine wissenschaftliche Abhandlung sein sollte, sondern eher eine Art Übersichtsartikel. Falls Du mal näher nachschauen magst, klicke mal hier:

      * Studie zu Narzissmus und Selbstdarstellung im Internet:
      http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0191886914007259

      * Studie zu Selbstdarstellung von Paaren bei Facebook:
      http://psp.sagepub.com/content/early/2014/09/15/0146167214549944?papetoc

      * Studie zur Frage, wer Facebook benutzt:
      http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0747563211000379

      Das Thema ist sehr breit. Vielleicht gibt es mehr Details im nächsten Beitrag. :-)

      Viele Grüße,
      Kat

  16. Danke für den Artikel und die spannende Diskussion!
    Die Suche nach Anerkennung steckt in uns allen. Das Kind , geht aufs Töpfchen, krabbelt, malt ein Bild…. und lernt sich über das Lob der Eltern zu freuen. Das ist legtim und gut, aber durch das Internet hat sich Verbreitungsmöglichkeit extrem erweitert. Der journalistische Filter der „alten“ Medien, wie Zeitschriften, Bücher, etc. entfällt und jeder bekommt Zugang zu einer größeren „Communty“. Damit müssen wir lernen, umzugehen. Ob mit Daumen hoch oder mit Trollen. Man kann auch auf Veröffentlichungen im Netz ganz verzichten, aber eigentlich zeigen wir doch gern, was wir machen. Zwei Dinge helfen mir im Umgang damit:

    1. Sich zu hinterfragen, warum man das Foto so machen möchte.
    Immer wieder hinterfragen. Niemals nur um zu gefallen. Als Beispiel HDR: Kommt meistens gut an auf Plattformen (ich mags meist nicht): macht man HDR, nur für likes oder will man es selbst. Aber auch umgekehrt: Matte Landschaftsaufnahmen (die „analog“ wirken wollen) können, aber müssen nicht gut sein. Wer abseits des Mainstream unterwegs ist, nur weil er aus der Masse herausstechen will, ist genauso abhängig. Vielleicht ist mein Bild technisch nicht perfekt, aber genau meine Erinnerung oder Komposition, die ich so haben will: Daher immer wieder fragen: „Was will ich“ und „Was kann ich machen, um mich steigern“

    2. Komplimente und Kritik filtern.
    Letztlich ist es auch im Internet nicht anders als im Leben. Wichtig ist, von wem Lob/Kritik kommt, und in welcher Art und Weise. Das suchen nach vielen „Likes“ wird nicht befriedigen.
    Die meisten Leute im Netz sind mir eigentlich egal, wieso sollte ich denen gefallen wollen?
    Wenn mir derjenige aber wichtig ist oder ich beispielsweise ain einer Communty die Fotos von einer Person selbst sehr schätze, kann mir deren Lob wichtig sein.

    Wenn ich also beim fotografieren 1. beachte und in Communitys 2. im Hinterkopf habe, dann kann ich den Kof frei bekommen und wirklich kreativ sein (der Kunstbegriff ist ein ganz anderes Thema, da gehört dann schon viel mehr dazu, als die meisten so glauben).

  17. Liebe Kat, wieder mal ein sehr schlauer und lesenswerter Artikel, mach bitte weiter und ich freue mich in einigen jahren dann auf das erste gesammelte Buch. Du tappst in keine der üblichen Fallen, wie z.B. seifies mit dem klassischen künstlerischen Genre des Selbstportraits zu verwechseln. Selbstdarstellung von Künstlern war nie nur reiner Narzismuss, sondern im übertragenen Sinne immer auch ein Erkennen des Selbst im Spiegel der eigenen Betrachtung. Zitieren wir da gedanklich mal einen anderen Gray, als den momentan so derart überschätzten. Sehr schön Dein Kommentar zur Bildungsverweigerung, Einiges kommt mir da aus eigener Unterrichtserfahrung bekannt vor. Nur eine Anmerkung, und : ein gedanklicher Fehler ist mir aufgefallen. Ich vertraue der Empirik und Statistik nur bedingt, siehe angebliches Durschnitteinkommen im Vergleich zur Armutsstatistik in Deutschland. Und: Die Kunst ist ein Medium, was den Wunsch nach Anerkennung im besonderen Maße bedient. DAS war leider nie wahr und ist es auch heute nicht, sondern lediglich ein Vorstellungs-Klischee. Da schnappt die Falle der Medien zu, in denen Kunst meist ider Rolle des neuen „we want to entertain you“ mainstreams missverstanden wird. Gerade von vielen Jungen Menschen. Künstler ( und ich meine damit die Berufskünstler) waren in der Geschichte und sind es auch heute immer noch soziale, wie finanzielle Aussenseiter (in Bezug auf Deine Kapitalismusanspielung). Lediglich 5 % haben nach Statistik (da ist sie wieder) Kapitalerfolg und soziale Anerkennung. Also 95% nicht. Viele werden erst zum Ende Ihres Lebens oder nach Ihrem Tod bekannt, eben weil sie entweder nicht gesellschaftlichen Strömungen konform waren oder ihrer Zeit voraus. Daher haben viele Ihre späte Anerkennung nie erlebt. Das gilt auch für den Großteil der zeitgenössischen Kunst heute, womit nicht das allgemeine Hobbydasein in diesem Bereich oder der schnelle Marktshootingstar gemeint ist, der wie Du gut beschrieben hast, nach drei vier Jahren eh verbraucht und verschwunden sein wird. Das wirkliche Kunst diesen Wunsch also in irgendeiner Weise garantiert, oder vor allem schnell bedient, ist nur ein Klischee. Wenn auch gerade ein sehr modernes und gut gezüchtetes. LG Ol.

    • Lieber Oliver,

      danke für Deinen Kommentar. Ich hatte gute Lehrer. ;-) Du hast recht, dass vielen Künstlern die monetäre Anerkennung fehlt, als Ursachen sind hier eher Marktstrukturen (statt Qualitätsmerkmale) zu nennen.

      Aber weißt Du, ich denke, dass schon die Bezeichnung „KünstlerIn“ an sich eine Art Anerkennung mit sich bringt. Ich glaube, dass viele Menschen Künstlern positive Alleinstellungsmerkmale zuschreiben. Und auch die Widrigkeiten dieses Berufsfeldes können positiv umgedeutet werden (man ist eben „anders als andere“, man schwimmt nicht mit dem Strom, man leistet einen wichtigen gestalterischen Beitrag zur Gesellschaft, etc.). Solche und andere positiven Zuschreibungen und der Wunsch „besonders“ oder „einzigartig“ treibt meiner Einschätzung nach manche (aber Achtung: nicht alle!) in die Kunst. Oder verführt dazu, sich unreflektiert KünstlerIn zu nennen. Und das könnte auch ein Grund sein, warum die Fotografieforen (aber nicht thematisch andere Foren/Internetportale) explodieren.

      Lieben Gruß,
      Kat

  18. „Das wichtigste Merkmal von Kunst ist ein schlaues Konzept, das nicht nur berührt, sondern auch informiert.“

    Das muss einfach mal kritisch hinterfragt werden. Kann man so stehen lassen, dass Kunst einen Propagandaaspekt für einen bestimmten Informationsgehalt zu besitzen hat? Ich denke nicht, denn wir wissen ja: plakative Kunst, das ist schlechte Kunst. Zumal man sich auch die Frage stellen kann, ob unter diesem Anspruch nicht riesige Bandbreiten von Künstlern ignoriert werden, deren Werke von Natur aus keinen direkten Informationsgehalt als Abgrenzung zur direkten Emotion besitzen, denn inwiefern Tachisten, Surrealisten, Dadaisten oder Minimalisten überhaupt eine Form von Information weitergeben wollen und können, welche jenseits des Berührens liegt, ist doch mehr als fraglich. Sonst ist der Artikel nicht schlecht, aber dieser Satz ist doch weit an der Realität vorbei, welche sich eher so darstellt: zuerst kommt der emotionale Gehalt, dann die intellektuelle Reflektion über womögliche Inhalte. Aber während Ersteres direkt wirkt und nicht umgangen werden kann, ist Letzteres doch mehr als fraglich und bleibt selbstverständlich oftmals außen vor.

    • Hallo EC,

      danke für den Kommentar. Über die Bedeutung und Ausprägungsformen von „Inhalt“ kann man sich streiten. Ich persönlich habe da schon eine starke Haltung, die gern durchblitzen darf. Ich akzeptiere aber auch, wenn andere Leute eine andere Meinung haben. Manchmal lasse ich mich, wie durch Deinen Kommentar, auch gern kurzfristig umstimmen! ;-)

      Viele Grüße,
      Kat

  19. Man weiß eigentlich kaum wo man hier anfangen soll zu kritisieren.

    Zunächst einmal: Wer derart leichtfertig und überzogen Vergleiche zu Drogen und Sucht herstellt, musste sich wohl bislang (trotz Psychologiestudium?) bislang nie ernsthaft mit Betroffenen von Substanzabhängigkeit befassen. Aussagen wie: „Bildportale funktionieren über psychologische Verstärkermechanismen, die im Gehirn so berauschend wirken wie Drogen.“ sind nicht nur schlicht falsch (weil die Wirkung von 500px eben nicht der von sagen wir mal DMT entspricht, auch wenn an beidem irgendwelche Neurotransmitter beteiligt sein mögen), sondern erinnert auch arg an Diskussionen um „Schundromane“ oder Rock-Musik. Hilfe Kulturverfall, rettet die Jugend!

    Dann die wohlfeile Kritik an der Massenkultur, die kennt man auch schon von Horkheimer/Adorno, analysiert als Vorstufe des Faschismus. Allein, elitär war dieser Standpunkt schon damals, denn was als Kunst gelten darf machen kulturelles Establishment und Avantgarde unter sich aus. Sicher kann man sich über den ästhetischen Gehalt der „Mainstream“-Fotografie trefflich streiten, wie das eben so ist bei Geschmacksfragen. Nur sollte man eben auch die Klarheit haben zu sehen, dass der Distinktions-Diskurs der „Kunst“-Fotografie auch nichts anderes will als Anerkennung, nur eben von den „richtigen“ Leuten während man vom „Mainstream“ bitte lieber unverstanden bleiben möchte weil das den eigenen Status in Frage stellen würde.

    Ähnlich bequem und falsch ist die Kritik an Verbilligung und Digitalisierung der Fotoproduktion. Das ist zunächst einmal die Demokratisierung eines Mediums und eine Form von Ermächtigung. Daraus Ansprüche abzuleiten was das für die von irgendwem gesetzten Qualitätsansprüche zu heißen hat, entspringt einer paternalistischen Anmaßung zu wissen was die Menschen zu wollen haben. Und wenn diese Menschen Photoshop benutzen um damit mittelmäßige Aktfotografie zu produzieren, ist das ebensowenig die Schuld von Photoshop wie es die Schuld eines Pinsels wenn er zum anstreichen benutzt wird, anstatt das nächste Meisterwerk zu schaffen.

    Richtig erkannt wird immerhin, dass „wir in einer Gesellschaft leben, in der der Markt um Ressourcen für ein gutes Leben hart umkämpft ist“. Nur leider scheint die Intention des Artikels darauf abzuzielen diese Resourcen den einigen wenigen „wahren Künstlern“ vorzubehalten indem die talentfreie Knipserei der anderen delegitimiert wird, anstatt dem die Utopie eines guten Lebens für Alle entgegenzusetzen.

    Letztlich bleibt die so triviale wie fade Erkenntnis, dass im Netz ziemlich viele, ziemlich mittelmäßige Bilder zirkulieren. So what.

    • Hallo J. Müller,

      danke für Ihren Kommentar, auf den ich kurz eingehen möchte.

      1. Der Vergleich Internetgebrauch – Suchtstrukturen ist an neuere Befunde aus der psychologischen Forschung angelehnt, auf die auch die Komission des DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) eingegangen ist. Der „pathologische Internetgebrauch“ ist (parallel zur Technologisierung) ein Phänomen, das in den letzten 10 Jahren stärker in den ambulanten und stationären Praxen auftaucht. Näheres zu den Kriterien finden Sie hier: http://internetabhängigkeit.org/dsm-5.html

      2. Ich stimme Ihnen zu Argumenten der Demokratisierung des Mediums zu. Allerdings zielt mein Beitrag nicht darauf ab, das fotografische Wirken Anderer zu bewerten, sondern es geht eher darum, anzuregen, über das eigene fotografische Wirken und die Einordnung dessen nachzudenken. Es geht um die Frage: „Warum tue ich, was ich tue?“ Meiner Meinung nach ist das eine ganz wichtige Frage, die man sich ab und zu stellen sollte.

      Beste Grüße,
      Kat

  20. Danke für die Überlegungen, Kommentare und auch Ergänzung oben. Leider werden sie nichts ändern an der unüberlegten Bilderflut oder der grassierenden Daumen-Hoch- und „toll!“-Manie (mit Smartphones wird die Flut noch grösser – vielleicht nutzt sie sich auch schneller ab?), da muss man sich halt durchkämpfen auf der Suche nach den Perlen. Ist auch eine Frage der persönlichen Entwicklung, wir sind ja alle auf dem Weg. Schlussendlich muss jeder selber wissen, ob und wieso er Fotos macht: Primär nämlich für sein Archiv (Berufsfotografen mal ausgenommen), persönliche Stock Photography sozusagen… Verlässt man die Däumchen-Hoch-Community und besucht tatsächlich mal ein Kunstmuseum oder einen echten Künstler im Atelier, kann die Landung in der Selbsterkenntnis ziemlich hart werden. Vorbild sind für mich z.B. jene Fotografen, Maler oder andere Künstler, die aus innerem Antrieb, Gefühlen, Verzweiflung, Auseinandersetzung, manchmal auch wiederholtes Scheitern mit einem Thema oder was sonst auch immer „einfach etwas machen müssen“, „herauswürgen“, und das über grössere Zeiträume. Und zu diesem Produkt ist eben nicht nur das Resultat, sondern auch der Prozess dazu spannend und verdient Beachtung. Immerhin: Ein abschliessendes Richtig oder Falsch gibt es zum Glück nicht und die Entwicklung bleibt spannend.

    Dazu erweitert (vielleicht in einem separaten Essay abzuhandeln) ein Stichwort: die veraltete Definition der Fotografie oder der Weiterentwicklung des bisher für sich allein stehenden Bildes. Dank Digitaltechnik kann das Bild effektvoll und einfacher verknüpft werden mit Musik, Video, anderen Medien (früher sagte man dem „Multivision“ oder ähnlich). Etwas neues entsteht.

    • Hallo Werner Meier,

      danke für die Anmerkungen. Ich persönlich habe gar nicht den Anspruch, etwas verändern zu wollen. Aber ich hinterfrage, beobachte sehr gern und versuche zu verstehen, warum Leute auf eine bestimmte Art und Weise denken, fühlen und handeln. Wenn man das was man tut, gerne macht, einfach der Tätigkeit (und nicht des positiven Zuspruchs) wegen, ist das toll und bewunderswert. In diesem Sinne kann man eigentlich nur jeden ermutigen, eine private Bilderflut zu produzieren.

      Viele Grüße,
      Kat

    • Warum wollen immer gefühlt „alle“ etwas an der „Bilderflut“ ändern?!

      Fotografie und Präsentation der Fotos im Internet ist heute für sehr viele Menschen ein Hobby (oder ein Teil ihrer Internetpräsenz, ohne gleich bewusst Hobby zu sein).

      Mich wundert der oft gehörte Anspruch, das eigene Hobby dürfe nur von ganz wenigen ausgeübt werden, um wertvoll zu sein. Oder man müsse sich von den „Anspruchslosen“ abgrenzen.

      Die Bilderflut ist etwas Gutes, immer wieder findet man „Perlen“ bzw. Fotos, die einem eine neue Sichtweise geben oder einen zu eigenen Bildern anregen.

      Auch die oft gehörte Kritik, man „dürfe“ keine „kitschigen“ Bilder wie Sonnenuntergänge aufnehmen, kann ich nicht nachvollziehen: Offenbar finden viele „kitschige“ Bilder so interessant, dass sie sie machen und zeigen wollen.

      In Musik, Malerei und Sport – jeweils Hobbybereich – finden sich solche Aussagen gar nicht.
      Da ist klar, dass man anfangs sehr lange kopiert und der Ehrgeiz in der guten Kopie besteht und man irgendwann vielleicht wenig Eigenes hinzufügt (Interpretation) und nur wenige ganz am Ende etwas ganz Eigenes schaffen (neuen Malstil, Malen ohne Modell aus dem Kopf, selbst komponieren, eigene Bewegungen erfinden und ausführen).
      Nur in der Fotografie wird diese natürliche Entwicklung – lernen = kopieren, üben, perfektionieren, dann eventuell wenig Eigenes hinzufügen, lange daran üben, dann eventuell etwas ganz Neues schaffen – immer kritisiert und durch die Kritik zu beschleunigen versucht. Oder man versucht halt, entsprechende Hobbyfotografen zu demotivieren.
      So kommt der mMn fatale Ehrgeiz zustande, etwas ganz Neues auf Teufel komm raus schaffen zu wollen – egal, ob es mich interessiert oder ich damit zufrieden bin, das Bild muss ANDERS sein, damit es anerkannt wird.

      Und schwupps! – bin ich schon wieder fremdgesteuert in meinem selbstgesuchten Hobby!

      Anregung durch Bilder anderer Fotografen und das Interesse, Ähnliches zu schaffen und ggf. später weiter zu führen bzw. zu überflügeln ist eine feine Motivation, hilfreich und erfüllend.
      Auf Teufel komm raus Anerkennung zu finden, indem man Klischeebilder vermeidet und sich vorschreiben lässt, was man wie (nicht) fotografieren darf, verdirbt mMn das Hobby, sollte kritisch hinterfragt und vermieden werden. Denn das führt wieder zu Stress und Fremdsteuerung, der Überlegung, was wohl als innovativ gefeiert wird statt der Entwicklung eigener Ideen und Impulse – die durchaus ja länger dauern kann und über Klischeebilder oder sogar Klischeeinteressen gehen kann. Und wenn man NICHT darüber hinauskommt, sich aber über seine Standardbilder und Klischeeinteressen freut, hat man doch wenigstens ein erfüllendes Hobby, und darum sollte es im Hobbybereich doch gehen, oder nicht?!

      Niemand sollte sich schämen, Sonnenuntergänge (exemplarisch für Klischees) zu mögen und fotografieren zu wollen! ;-)

      • Hallo Fidi,

        noch ein paar Anmerkungen bzw. Richtigstellungen: Viele Menschen fotografieren sehr gern, und das ist wunderbar. Eine negative Konsequenz daraus ist allerdings, dass die Preise für Bilder rapide gesunken sind. Und das hat Auswirkungen für BerufsfotografInnen. Das ist ein benennbarer Nachteil der Demokratisierung des Mediums.

        Es geht mir persönlich aber nicht direkt um das „WAS“ und „WIEVIEL“, sondern die Frage nach dem „WOZU“. Wozu so viele Bilder? Wozu immer wieder ähnliche Bilder? Wozu das immer gleiche Bild im Internet teilen? Wozu sich FotografIn/KünstlerIn nennen? Es gibt diverse Antworten auf diese Fragen, die aber jeder für sich individuell beantworten muss/darf.

        Darüber hinaus (-der für mich wichtige Aspekt) stelle ich die Frage in den Raum, ob die derzeitigen Entwicklungen im Bereich der künstlerischen Fotografie ein Indikator für einen gesellschaftlichen Wandel sein könnten. Ich stelle eine Vermutung auf, belegen kann ich sie nicht, aber Indizien und Vordenker anführen.

        Viele Grüße,
        Kat

  21. Der Artikel spricht einige gesellschaftliche Probleme an.
    Ob die Schlussfolgerungen so perfekt treffen bezweifele ich einfach mal.

    Fotografie ist einfacher geworden.
    Auch die Verbreitung der Fotos.
    Da stimme ich zu:
    Aber das man daraus gleich schließen sollte das Menschen nur motiviert sind weil sie Likes in Social-Media-Platformen bekommen?

    Klar solche Menschen gibt es sicherlich, aber das muss doch nicht für jeden gelten der gerne fotografiert und einen Flikr, 500px und einen Facebook-Account hat.

    Ich habe solche Accounts. Na und?

    Ich habe schon Fotos gemacht, bevor es (bezahlbare) digitale Fotografie gab und bevor es eine derartig hohe Verbreitung des Internets gegeben hat.
    Und ich werde auch Fotos mache wenn es diese Plattformen nicht mehr geben sollte.
    Der Austausch von Menschen war immer in der Fotografie wichtig. Sei es im lokalen Foto-Club in Fotoausstellungen oder über das Internet.
    Das man daraus gleich „Anerkennungssucht“ schlussfolgern muss halte ich für übertrieben.

    Zur Erfolgsformel:
    “ weibliches Modell adäquat abzulichten vermag. Extrapunkte erhält man für eine Pose, die einen Hauch von Intellektualität und Tiefe verspricht. “

    Keine Ahnung welche „Pose“ das verspricht, aber generell gilt ob Fotos Punkten die Frage in welchem Forum / bzw. welche Social-Media -Plattform du dich bewegst.
    Im Ameisenforum wirst du da keine Pluspunkte bekommen!
    Da hättest du mit einer einfach fotografierten Ameise mehr Erfolg.

    • Hallo 黒,

      über aufkeimende Zweifel im Rahmen eines Diskurses freue ich mich. Aber ein Ameisenforum bei Flickr vermisse ich tatsächlich schmerzlich. ;-)

      Viele Grüße,
      Kat

      • Stimmt das Ameisenforum findet man nicht bei Flickr ;)

        Ich wollte mit dem etwas absurden Beispiel nur andeuten, das die „Foto-Objekte“ die Anerkennung und Lob erzeugen sehr unterschiedlich sein können.

  22. Toller Beitrag.
    Und genau das glaube ich ist es, warum ich kaum noch Bilder auf Facebook hochlade. Meine Bilder sind einfach nicht für Facebook gemacht glaube ich. Damit möchte ich nicht sagen, wie toll meine Bilder sind, aber haben öfters einen tieferen Sinn, den man bei Scrollen durch die Zeitleiste in Facebook halt nicht sieht und dadurch auch keinen Gefallen am Bild findet. Ich bin jetzt 15 Jahre alt und fotografiere seit 5 Jahren. Vor zwei Jahren habe ich mal aus Spaß einfach eine Facebook-Seite erstellt. Ohne irgendeinen genauen Sinn. Ich habe ab und zu Bilder hochgeladen. Vor einem Jahr wurde ich jedoch aktiver und habe gemerkt dass mir Facebook Spaß macht. Die Likes kamen und man wurde immer motiviert, weiter zu fotografieren. Ich würde sagen, ich hatte drei Monate Spaß daran. Bis dann die Reichweite immer weiter sunk. Ab dem Zeitpunkt waren die gesamelten Follower kaum noch und ich lud immer weniger Bilder hoch. Bald merkte ich warum das so ist, denn meine Bilder sind oft halt nicht der „Mainstream“, das Portrait von einem wubderschönen Model. Sondern sie haben halt oft eine bestimmte Aussage. Und – ich will jetzt niemanden beleidigen – um die Aussage zu erkennen – ist man zu dumm, wenn man gerade auf Facebook online ist.

    • Hallo Andreas,

      großes Kompliment, dass Du Dich schon so stark im fotografischen Bereich engagierst. Deine Zeichnungen gefallen mir sehr gut! Mach weiter so!

      Viele Grüße,
      Kat

  23. Moinsen, guter Artikel, aber ich sehe das etwas entspannter. Genauso wie man Spam nicht liest ignoriere ich auch den ganzen visuellen Spam. Ich bin gerne auf Flickr und bin nach meinen diversen Ausbruchsversuchen jedes mal reumütig wieder dorthin zurückgekehrt. Ja, es gibt Milliarden von Schrottbildern, aber es gibt eben auch eine Menge an richtig tollen Bildern, die ich sonst nirgendwo zu Gesicht bekommen würde, weil kein Verlag sie drucken würde und/oder weil ich in diese Gegend der Welt niemals kommen würde. Wenn man sich auf seine Kontaktliste und auf wenige Gruppen beschränkt ist Flickr immer noch Spitze.
    Ich gehöre auch zu den Leuten, die keine Fotobücher kaufen – weil in dieser Branche genauso viel Mist unterwegs ist wie auf Flickr, nur anders. Den Kunstmarkt, vor allem für moderne Kunst habe ich noch nie verstanden – das hat wahrscheinlich viel mit Wahnsinn und Mode zu tun. Gursky macht schöne Bilder, aber es gibt wirklich bessere Fotografen. Ich packe einfach schöne Bilder in den Ordner für meine Bildschirm-Hintergrundbilder, so hab ich den ganzen Tag ein Bild, an dem ich mich freuen kann – Bildbände brauche ich nicht.
    Ich bin auch nicht auf fotografischen Sado-Maso-Communities wie Fotocommunity unterwegs, weil mir die Leute zu sehr auf die Technik und zu wenig auf den Inhalt kucken. Die „guten“ und technisch perfekten Fotos dort sind in der Mehrheit langweilig.
    Was ich einfach unendlich gut finde, ist dass ich bei einigen Communities tolle Menschen und tolle Bilder finde, die ich sonst nie im Leben registriert hätte. Einige Menschen aus der Community schaffen Bilder, die irgendwie direkt in mein Unterbewusstsein gehe und erzeugen so eine Art visuell-spirituelle Verbindung. Ich finde es schön und überraschend, wenn irgendwelche Youngster aus Japan meine Bilder gut finden und wenn ich sehe, dass sich hinter richtig guten Bildern ein pubertierendes Mädchen verbirgt – im richtigen Leben hätten wir nie zueinander gefunden. Mein Zugang zu Kunst hat sich komplett verändert, und das ist für mich das Neue und Schöne und ich möchtre nie wieder in die vor-digitale Fotozeit zurück.

  24. Ein sehr interessanter und lesenswerter Artikel.
    Mich hat er jedenfalls zum Nachdenken gebracht…
    Und ein großes Lob an dich Kat die auf fast jeden Kommentar geantwortet hat, was ja auch Zeit und Mühe bedeutet ohne dabei ausfallend oder rechthaberisch geworden zu sein.

  25. Grundsätzlich stimme ich dem zu. Diese Selbstdarstellung konnte ich auch bei vielen (Gleichaltrigen) beobachten. Dieses „schaut auf mich-Verhalten“ in Zeiten von Facebook und Co ist ja nicht neu. Man muss es ja nicht mitmachen! Ich persönlich bin z.B. nicht bei Facebook und hatte auch nie die primäre Absicht möglichst viel Likes zu bekommen. Ich freue mich zehnmal mehr über ein verkauftes Photo bzw. ein verkauftes Wandbild, als über massenhaft gesammelte Daumen. Diese „Anerkennung“ ist nur von sehr kurzer Dauer – flüchtig wie eine Seifenblase – und basiert auf ein kostenloses Konsumieren von Fotos.

    „Neulich berichtete mir ein Fotograf, dass er keine Fotobände und Ausstellungen bekannter FotografInnen anschaue, weil das „alte Hüte“ seien.“

    Das ist für mich unverständlich, aber wer keine echten Ambitionen im Bereich der Fotografie entwickeln kann, hat auch niemals ein dringendes Bedürfnis über den Tellerrand zu schauen. Dabei ist doch das Faszinierende, was die besten Fotografen so für Bilder „zaubern“. Ich schaue mir häufiger die Bilder vieler herausragender Hobby-Semiprofessionellen- und Profifotografen an und sage immer: Wie geil sind diese Bilder! Vorbilder wie Michael Poliza oder Marsel van Oosten – diese Fotografen sind die Referenz und bis dahin ist es ein sehr weiter, aber extrem spannender Weg!

    „Insbesondere dann, wenn große Anstrengung keine oder zu wenig Rückmeldung erfährt, resultiert Unzufriedenheit.“

    Das kennen viele Berufsfotografen oder solche, die es werden wollen! That’s Life!

    Ich gehöre zu denen, die die Fotoportale nutzen, weil dies eine Möglichkeit der Selbstvermarktung darstellt. Würde ich nicht das Ziel verfolgen, mit der Fotografie meinen Lebensunterhalt zu verdienen würde ich noch nicht einmal halb so viele Bilder hochladen bzw. im Internet präsentieren. Dafür ist die „ernsthafte“ Beschäftigung mit der Fotografie ein viel zu teures Anliegen. Man erkennt relativ schnell, ob eine Person wirklich ernsthaft fotografiert und dies auch aus einem innerem Antrieb heraus macht oder ob jemand die Kamera (oder sollte ich besser sagen, das Smartphone) nur als Lifestyle-Produkt nutzt. Letztere kann man ja ignorieren und man beschäftigt sich dann mit den eigentlichen Fotos bzw. Fotografen – diese Freihat hat jeder.

  26. Ein Beitrag, der zwar keine wirklich neuen Erkenntnisse offenbart, der aber gut reflektiert einen zumindest auffälligen Selbstdarstellungshype beschreibt. Im Wesentlichen unterschreibe ich das inhaltlich. Ich greife aber einen Kernpunkt heraus, den ich für diskussionswürdig halte. Und zwar sehr.
    Mir stösst in diesem, wie in vielen anderen Texten, die sich umfassend oder nebenbei mit „Kunst“ auseinandersetzen, die Definition, bzw. das Verständnis des Kunstbegriffes auf. „Gute Kunst“ – schon das lässt sich meine Nackenhaare aufrichten. Der Tod von Kunst ist es, sie in Qualität und Quantität zu zwängen. Kunst ist Kunst. Sie kann nicht gut und nicht schlecht sein. Wenn es anders wäre und man Kunstwerke bewerten wollte, würde man im gleichen Zuge Menschen, die ihren ganz eigenen Kunstweg gehen, eben das verweigern. Kunst ist der Prozess des Ausdrucks. Wenn also meine Nachbarin, die immer Hausfrau und nichts anderes war, ihr Erlebtes, Gefühltes dadurch zum Ausdruck bringt und mitteilt, dass sie handwerklich ungeschickte Blümchenbilder malt, ist das ihre Kunst. Basta. Fotografien, die mittlerweile für Millionen gehandelt werden, können Kunst sein – aber nicht zwangsläufig. Wer die wie findet, spielt dabei keine Rolle. Kunst ist kein Maßstab, keine Bewertungsskala.
    Wir lesen oben etwas über die Inflation von Fotografien – und die gibt es natürlich, wie auch immer man das finden mag. Zwangsläufig schwemmt das auch eine Flut von handwerklich kaum erwähnenswerten Werken auf – keine Frage. Was davon aber Kunst ist und was nicht, kann nur jeweils der/diejenige sagen, der/die das Foto gemacht hat. Bewerten kann ich Handwerk – Kunst niemals.
    Es mag pingelig erscheinen, auf diesem Unterschied rumzureiten, doch finde ich den Kunstbegriff sowieso schon unfassbar vergewaltigt. Die Folge davon ist, dass Kunst zu einer scheinbar elitären Angelegenheit verkommen ist und eben nicht jeder Mensch ein Künstler ist, sondern nur die, die irgendwelchen trendbedingt wechselnden und von einer Pseudoelite erlassenen Kriterien genügen. Das ist ein Jammer. Und das ist auch arrogant. Und leider hat sich diese Haltung klebrig in den Köpfen sowohl der angeblich Kunstverständigen wie auch in denen derjenigen breitgemacht, die nie wagen würden, sich Künstler zu nennen, obwohl sie es sind oder sein könnten.

  27. Ein schönes Zitat über Kunst das ich nicht vorenthalten möchte:
    „Kunst- Werke sind von einer unendlichen Einsamkeit und mit nichts so weniger erreichbar als mit Kritik. Nur Liebe kann sie erfassen und halten und kann gerecht sein gegen sie.“
    R.M. Rielke, Brief an Franz Xaver, Kappus Viareggio bei Pisa (Italien) am 23. April 1903

  28. Toller Artikel, vielen Dank an die Autorin! Genau deswegen liebe ich die Platform kwerfeldein.

    Ich selbst befinde mich gerade auf einer Art Scheideweg in meiner persönlichen Entwicklung. Ich habe zwar noch nie wirklich seriöse Versuche unternommen meine „Bildproduktionen“ in der Öffentlichkeit zu präsentieren, aber der Wunsch war lange Zeit da. Vor zirka einem Jahr erfasste mich eine Sinnkrise, in der ich alles in Frage stellte, was ich bisher tat oder vorhatte. Wozu immer wieder Dinge reproduzieren, die im Meer der restlichen Reproduktionen untergehen würden. Was sollten mir Kommentare bringen à la „schönes Bild!“? Oder dass ein Betrachter sich nach der zweisekündigen Begutachtung meines Bildes zu einem Zucken mit dem Zeigefinger veranlasst fühlt, um eine banale Anerkennungswährung namens „Like“ zu produzieren? Die ganze Perversion und Sinnlosigkeit der Verhältnisse machte mich wirklich etwas depressiv.

    Mittlerweile geht es mir etwas besser, da ich mich damit arrangiert habe fast ausschließlich für mich selbst zu knipsen. Ich empfinde einfach Spaß daran meine Umgebung nach Strukturen abzusuchen und diese in die Zweidimensionalität zu bannen. Artefakte für mein schwächelndes Erinnerungsvermögen zu erzeugen. Ästhetik herzustellen, die mich berührt, wenn ich sie ansehe. Oder in einem unbewussten Akt meine Gefühlslagen zu visualisieren, was mir im Nachhinein hilft mich selbst zu verstehen.

    Natürlich kann das nicht ewig so weitergehen und es ist mehr oder weniger eine Kapitulationsreaktion und eine Ratlosigkeit darüber, was ich mit mir anfangen soll. Ich bekomme aber langsam immer mehr eine Idee wohin es gehen könnte und der Artkel ist daran gewiss nicht unschuldig. Dank nochmals!

  29. Ein typisches Problem von kwerfeldein.de
    (obwohl ich jetzt nicht mal die Zeit hatte, den Artikel und alle der vielen Kommentare in gebührender Konzentration nochmal genau zu lesen):
    Etwas pauschalierend werden alle, die dem Mainstream (oder den aktuellen technischen Möglichkeiten) folgen, als Nicht-Künstler dargestellt – und das sei grundsätzlich nicht gut.
    Zunächst folgt eine Welle von positiven Kommentaren, die einen selbst wundert lässt, warum trotzdem noch so viele Leute einen flickr-account haben.
    Dann einige kritische Stimmen, denen fast 1:1 mit Anmerkungen und Verweisen auf Studien von der Autorin – wenn auch sehr freundlich – begegnet wird.
    Die Voreingenommenheit sticht heraus … warum akzeptiert ihr nicht auch mal kritische Kommentare und lasst einer echten Diskussion freien Lauf?
    Hört Ihr die Einschläge – gerade nach dem Spendenaufruf – denn nicht? Wenn Ihr ein kommerziell tragfähiges Magazin schaffen wollt, dass vielen Fotointeressierten einen (bezahlbaren) Zusatznutzen bringt, dann könnte der Grundaufbau des Artikels folgender sein
    – Die meistgenutzten Fotoportale
    – Wie etabliert man sich dort (mehr Likes und Favoriten)
    – Kritisches Hinterfragen (Sind mehr Likes Und Favoriten sinnvoll, was spricht für andere Formen als mengengetriebener Anerkennung)
    Es bleibt der Eindruck „Wir Künstler sind etwas anderes … besseres, das haben bisher nur nicht alle erkannt“, und das provoziert auch eine kontroverse Sicht.

    • Hallo Bernd,

      jap, den Artikel könnte man auch so aufbauen. Nur ist das erstens nicht der Antrieb der Autorin so etwas zu schreiben und zweitens wäre kwerfeldein dann nicht mehr „kwerdenker“, sondern ein weichgespültes magazin, wie es sie zuhauf gibt. Schön brav und gefällig. Die Mahnung das Magazin wäre nicht mehr finanziell tragbar, wenn man nicht dem Mainstream folge empfinde ich als absurd. In meinen Augen sollte kwerfeldein gerade provokant sein! Ich selbst bin auch oft nicht der Meinung der Autoren und denke dann darüber nach warum das so ist. Und gerade das treibt doch an sich mit dem Thema Fotografie auseinanderzusetzen, neue Sichtweisen zu entdecken und seine eigene Meinung zu bilden. Autoren haben ihre eigene Meinung und präsentieren diese auch. Und durch die entstehenden Kontroversen, können wir alle was lernen. Das ganze als elitäres Gehabe abzutun erscheint mir fast etwas wie der Beißreflex eines getroffenen Hundes. Nur bringt ein Verweilen in dieser Trotzhaltung niemanden weiter.

      Dann wirfst du der Autorin vor sie würde kritische Kommentare nicht akzeptieren. Du sagst selbst, dass du die Kommentare nicht genau gelesen hast. Daher ein Zitat von ihr: „Ich persönlich habe da schon eine starke Haltung, die gern durchblitzen darf. Ich akzeptiere aber auch, wenn andere Leute eine andere Meinung haben. Manchmal lasse ich mich, wie durch Deinen Kommentar, auch gern kurzfristig umstimmen! ;-)“
      Ich finde vorbildlicher kann man eine Diskussion kaum führen. Wo wird hier eine andere Meinung nicht akzeptiert oder unterdrückt? Ich kann davon nirgendwo etwas erkennen, bitte zeige mir Beispiele.

      • Eine sehr gute Antwort, kompliment!! Bei dem sehr vielen irgendwie gefühltem „auf dem Schlips getrete“ vieler Kommentar, die wie üblich bei langen Diskussionen bei facebook, diese dann einfachn nur in eine völlig andere Richtung verschieben, wäre ich nicht in der Lage so exemplarisch und konsequent ruhig und faktisch zu antworten wie Kat Kapo. Auch hier ein großes Kompliment! Und nochmal nebenbei: natürlich gibt es einen Unterschied zwischen ausgebildeten und nichtausgebildeten „Künstlern“ (wie divers die Ausbildung auch erfolgt sein mag, sie war zumindest da), so wie in natürlicher Weise in allen anderen Berufen halt auch. Wo ist also das Problem? Jeder „darf“ als Hobby natürlich machen, was er will. Nur daß in diesen Zusammenhang immer die Qualitätsfrage in der Einfachheit der Oberfläche des Abbildes in Richtung Stil oder Anwendung der Mittel geführt wird, ist doch durchaus erschreckend. Es wird auch zwischen Literatur und Belletristik unterschieden. Kunst und damit auch der Künstler ist zumindest seit dem 20.Jahrhundert eingebunden in ein System der Refelktion und Hinterfragung von nicht nur Kunst selbst, sondern auch dem gesellschaftlichen System, in dem sie stattfindet. Das hat mit Propaganda nichts zu tun, im Gegenteil. Dazu sind die Erfahrungen der 30er und 50er Jahre zu explizit bekannt. Kunst (Fotografie) heisst Auseinandersetzung mit sich selbst und der Welt (wie eine bekannte Fotografin mal gesagt hat), in Reklektion von Geschichte und Gegenwart würde ich hinzufügen wollen. Leider gibt es mehr eingebildete als ausgebildete Künstler. Ich verweise ausdrücklich nochmal darauf, dass auch der Begriff des Autodidakten in diesem Zusammenahng nicht zu unterschätzen ist, nur hat er heute halt an Bedeutung verloren, da vielen bereits das erlernen der technik und verstehen der Gebrauchsanweisung ihrer Geräte reicht. Eine wirkliche Auseinadersetzung mit Inhalten führen eher wenige. Auch in meiner Funktion als Fotografiedozent seit nunmehr 30 Jahren kann ich das einigermaßen beurteilen. Das muss auch absolut nicht jeder. Dann aber bitte nicht zum Kritiker der Kritiker aufschwingen.

  30. Witzigerweise habe ich heute morgen das hier in einer meiner Fotogruppen (www.shootcamp.at, kann ich nur empfehlen) gepostet:

    „Geschrieben Heute, 07:02

    Vielleicht ist es einfach noch zu früh am Morgen…

    Aber ich kann sie nicht mehr sehen!

    Berglandschaften, die aussehen wie aus einem Peter Jackson Film.

    Himmel, die aussehen, als hätte Gott eine Arschbombe in den Farbmalkasten gemacht.

    Gesichter, so makellos weichgezeichnet, dass das einzig Natürliche bei der Betrachtung der sich einstellende Brechreiz ist!

    Wofür steht das 500 in 500px – ist es die Summe um die man alle Lightroomregler hochdrehen muss, damit ein Bild „gefällt“?

    Ist es die Summe an Arbeitschritten, die man mindestens in die Photoshop-Retusche eines Bildes reinstecken muss, bevor man ein „Fave“ bekommt?

    Was hat diese quietschbunte, hyper-retuschierte und gewollt-ätherische Pop-Abziehbildchenflut noch mit Fotografie, geschweige denn Kunst zu tun?!“

    ABER…. jetzt ist der Tag ja schon ein bissel älter und ich ein wenig weniger grummelig.

    Ich habe den Artikel gelesen und finde die Fragestellungen durchaus relevant. Der Artikel ist darüber hinaus auch gut geschrieben.

    Was mich allerdings stört, ist diese etwas erzieherische, vertrau-mir-ich-will-nur-dein-Bestes-und-weiß-er-sowieso-besser-als-Du Haltung. Wer ist Kat Kapo (oder ich, oder irgendein anderer Forist hier) um darüber zu urteilen, was „Kunst“ ist? Was „anspruchsvoll“ ist?

    Die Diskussion ist alt, sehr alt.

    Darf Kunst gefallen? Muss Kunst anstrengend sein? Was will uns der Künstler damit sagen? Ist das Kunst, oder kann das weg? Ist es ein Verrat an der Kunst, wenn sie auf einmal populär wird?

    Vor allem ändern sich die Antworten auf diese Fragen im Zeitverlauf: Viele Werke, die wir heute bewundern, waren zu ihrer Zeit wahlweise zu banal oder zu bahnbrechend.

    Meine Meinung ist dazu: Erlaubt ist, was gefällt und wobei niemand zu Schaden kommt.

    Und wenn ein – wie ambitionierter und / oder talentierter auch immer – Künstler auf die Inspiration und das Lernen von anderen verzichten will – dann soll er das in Gottes Namen tun. Im Endeffekt verzichtet er (hoffentlich bewusst) darauf, ein besserer, oder zumindest umfassender „gebildeter“ Künstler zu werden. Aber sollen wir ihn deswegen verurteilen, nur weil wir es anders machen würden? Wir wären vermutlich auch nie darauf gekommen, eine Suppendose zu malen oder Filz mit Fett und was auch immer zu beschmieren…

    Unter 100 Mio Flickr-Usern sind vermutlich 90 Mio, die nichts können und nichts wollen, 9 Mio, die wollen aber nicht können und 900.000 Könner, die aber „Gefälligkeits-Fetischisten“ sind. Lässt immer noch Platz für 100.000 echte Künstler und vielleicht den einen oder anderen Picasso, Caravaggio, Warhol oder Capa. So be it…

  31. Fand ich sehr lesenswert. Vielen Dank!

    Ich habe mal deutlich mehr fotografiert – auch zu Zeiten, als das nur analog ging. Mittlerweile habe ich davon recht viel Abstand genommen, auch, weil die Menge digital gemachter Fotos nicht leicht beherrschbar ist. Ich versuche also wieder, beim Fotografieren auszuwählen – und nicht erst später am Rechner.

    Darüber hinaus ist auch mein Bedürfnis Urlaube mit der Kamera zu dokumentieren deutlich zurück gegangen. Zumindest kann man ihn mehr genießen, wenn man sich keinen Fotostress macht. Alles in allem: weniger ist mehr. Aber das wird einem durch die Digitalfotografie nicht eben leichter gemacht. :-)

    Ich glaube, der Schlüssel ist die Angst loszulassen, einen wichtigen Augenblick nicht dokumentiert oder ein gutes Foto nicht gemacht zu haben.

  32. Schöner Artikel und er trifft so ziemlich genau das, was ich auch darüber denke. Ich bin mittlerweile Berufsfotografin und nutze FB hauptsächlich als Eigenwerbung. Dort zeige ich nur die Fotografie von der ich gerne leben möchte. Ich fotografiere privat auch für mich, ich gehe gerne in lost places und hier und da hole ich die Kamera raus, weil ich nicht anders kann. Aber diese Fotos zeige ich nicht öffentlich, weil Sie „meins“ sind. Sie sind nicht für einen Kunden entstanden, sondern zeigen mein eigenes Seelenleben. Zu Beginn war ich auch noch bei der fc aktiv etc. aber schon früher war es so, dass ein konstruktiver Bildaustausch kaum möglich war. Likest du mich, like ich dich. Heute bin ich froh, dass ich mich (wie die Autorin) entschieden habe, mich fachlich mit der Fotografie auseinander zu setzten, die Grundlagen zu lernen, um Sie dann brechen zu können ;) (Achtung Insider: zumindest hat das Herr Scholten so gesagt )

    • Per Zufall bin ich hier auf diesen tollen Artikel gestoßen. Auch wenn mich Vieles direkt ansprach und ich dieses sofort unterschrieben hätte, bin ich während des Lesens mehr ins Grübeln denn ins Lesen geraten. Auch die daraus entstandene Diskussion finde ich überaus Interessant.
      Im Hinblick auf die Frage des „Künstlersein“ oder „KünstlerNICHTsein“ sehe ich die direkte Parallele zu „Künstlerseinwollen“ oder „KünstlerNICHTseinwollen“. Der exzessive Handyknipser kann sich genauso als Künstler sehen (oder gesehen werden), wie der Profikamerabesitzer (ob er nun Profi ist oder nicht). Wobei der Profikamerabesitzer wohl eher den Anspruch erheben möchte als Künstler wahrgenommen zu werden, als der Handyknipser. Beim stöbern in diversen Foren, drängt sich mir auch immer wieder auf, dass Leute die relativ unentspannt auf Kritik reagieren, wohl eben dieses angesprochene Defizit an sozialer Anerkennung haben.
      Die Existenz sozialer Netzwerke wird hierbei ganz sicher auch als Motor für die soziale Anerkennung gesehen. Die Wahl der Ebene, auf der man sich austauschen kann, liegt natürlich bei jedem selbst. Bei Google+ fiel mir z.B. auf, dass es relativ viele „Nischen-communities“ gibt. Dort gibt es einzelne Sparten, die dieses „Streben“ nach sozialer Anerkennung durch ihre Natur schon so weit wie möglich (vielleicht auch ungewollt) ausblenden. Solche communities mit Namen wie „Die Hobbyfotografen“, „straight out of cam“ oder „Fotoamateur“ legen den „Verdacht“ nahe, wohl nicht auf „Künstler“ (oder „Möchtegernkünstler“) abzuzielen sondern eher unaufdringlich den Spaß am Fotografieren und Austausch von Erfahrungen in den Vordergrund stellen. Wenn man sich dann bei 500pix umsieht, trifft man schon eher auf „überarrangierte“ und teils extreme Nachbearbeitungen die auf den ersten Blick magnetisierend die Blicke auf sich lenken, andererseits jedoch eine gewisse Leere vermitteln und dem Betrachter das Gefühl geben, dass hier exzessiv gepimpt wurde um eine gewisse Anerkennung zu erlangen. Ebenso gibt es hier auch Leute, die einfach nur ein schönes Foto machen und zeigen wollen, wie schön es z.B. an einem bestimmten Ort war.
      Persönlich sehe ich in der Anerkennungssucht eher einen Hemmschuh für die Kreativität. Der Überfluss an technischen Möglichkeiten die Fotografie zum digitalen Kunstwerk werden zu lassen, vermag es wohl, den kreativen Prozesses zu fördern. Da aber auch professionelle Werkzeuge wie Software und Fototechnik immer erschwinglicher werden und mit wenigen Klicks ein Bild bis zur Unkenntlichkeit „verbessert“ werden kann, liegt der Gedanke nahe, dass vordergründig auch der Wunsch nach Anerkennung statt das künstlerische Schaffen den Gebrauch dieser Werkzeuge antreibt. Letztlich hat dann aber doch der Betrachter die „Qual der Wahl“ sich im immer dichter werdenden Dschungel der Bilderflut zu orientieren und die Schönheit eines Fotos nach seinem persönlichen Qualitätsempfinden einordnen kann, ohne sich mit der Frage zu quälen ob der Künstler nun um Anerkennung fleht oder einfach nur ein tolles Foto präsentiert.

  33. Gar kein schlechter Artikel. Ich hätte mir noch etwas mehr Tiefe zum Bereich „Nachhaltigkeit von Anerkennung“ gewünscht.

    Meine Fotos sind nicht online. Somit kann ich bedenkenlos die Hand heben, was die abschliessende Frage angeht. :-)

    Erstens, weil ich zu faul bin. Zweitens, weil ich zu selbstbewusst bin als das mich die Meinung einer unbekannten Masse kümmern würde und drittens, um einen Teil des Artikels etwas ironisch aufzugreifen, die Suche nach Modells einen das Fotografieren ziemlich verleiden kann.

  34. Wahnsinnig anregend.
    Mit dieser Problematik habe ich mich auch schon gedanklich beschäftigt. Besonders, da mir die Sucht vieler nach Anerkennung beinahe auf den Zeiger geht.
    Oft stehe ich mir dann selbst gegenüber und stelle mir die im letzten Absatz gestellten Fragen.

  35. Ein sehr schöner und zum langen Nachdenken anregender Artikel. Ich erkenne mich da an vielen Stellen auch wieder. Allerdings mit der Ausnahme, dass ich mich sehr wohl für Fotoausstellungen, Bildbände und die Arbeiten anderer Fotografinnen und Fotografen interessiere.
    Zu den Bildern im Internet würde ich mir manchmal sogar mehr Namen hinter den Bildern wünschen. Vor allem, wenn es richtig gute Fotografien sind, die dann all zu oft einfach in den Bilddatenbanken großer Agenturen verschwinden und ebenso namenlos wieder durch die Sozialen Medien geteilt werden.

    Warum wir im einzelnen Fotografieren ist in der Tat sehr unterschiedlich, aber dass ich mir vorstellen könnte, die Fotografie gleich an den Nagel zu hängen, wenn es keine Online-Foren mehr geben würde, die mit Like- und Kommentarfunktion ausgestattet sind, trifft sicher nicht zu. Aber ich würde mir auf den einschlägigen Plattformen einen offenen und ehrlichen Austausch wünschen, der über ein Like oder einen nichtssagenden Kommentar hinausgeht.
    Meist ist so ein Kommentar aus einen do-ut-des-Gedanken heraus dahin geschrieben, in der Hoffnung selbst einen Kommentar für seine Bilder zu erhalten.
    So manches Bild habe ich nach so einer Kommentar-Attacke dann auch wieder aus dem Netz gelöscht um es zu schützen und mich nicht länger über die Anmerkungen ärgern zu müssen.

    Deine Folgerung „Gute Kunst findet immer ihre Fans und wenn es nur zwei sind.“ gefällt mir da am besten.

    Ich freue mich auf weitere Artikel zu diesem Themenkomplex!

  36. Ich bin schwer begeistert. Erstens ein gut und gerne geschriebenes und gelesenes, fundiertes Essay (?), soviele Kommentare ebenso gut und gerne geschrieben und gelesen.

    Bei mir persönlich geht es um mein chronisches Anerkennungsdefizit und, für mich keine Frage und ich merke seit langer Zeit, daß dieses Defizit durch Google+ oder ello nicht ansatzweise befriedigt wird. Es entwickelt sich, auch in positiver Hinsicht, aber überwiegend bekomme ich doch nur mehr oder weniger viel Plusse, mehr oder weniger viel Follower. Und das ist merkwürdig leeres Zeugs. Und ja, es beeinflusst auch meine Fotografie. Wobei ich sagen muss, nicht nur negativ.

    Wenn ich drüber nachdenke: mir gefallen Essays wie dieser, Fotobände, das Lesen über Fotografen, die mir als junger Mann viel gegeben haben oder in Bereichen tätig sind, die mir fotografisch gefallen. Und mich in Beziehung setzen. Was möchte ich fotografieren, warum möchte ich fotografieren, was möchte ich ausdrücken?

    Ich freu mich auf den nächsten Teil.

  37. Suche und Erkenntnis. Und wieder von vorne. Anerkennung ist ein Symbol der Anfänge. Man ist unsicher und möchte Bestätigungen bekommen. Oder Kritik. Und so sucht man sich seinen Weg, der in der Phase hin- und hergerissen ist. Hinter jede geöffnete Tür, befinden sich drei weitere verschlossen. Und wieder von vorne.

    Die Fragen zuletzt, sehe ich gelassen gegenüber. Ob das vor zwei, drei Jahren auch so gewesen wäre, ich denke nicht. Irgendwann muss man sich halt einfach von allem lösen und sich selbst finden. Auf allen Ebenen. Sonst wird man verrückt, allem hinterher rennen kann man einfach nicht. Und mit der Erfahrung und Reife, möchte man das auch irgendwann nicht mehr.

    So verwundert es nicht, dass ein junger Fotograf Bücher und Ausstellungen ablehnt. Sein Grad ist halt noch nicht gereift. Aber das wird schon noch kommen. Dann erkennt er, dass Fotos in unterschiedliche Arten und Medien, auch unterschiedliche Wirkungen erleben. Eine Erkenntnis mehr. Und wieder beginnt die Suche, nach neuer Inspiration. Denn nicht alle Bücher und Ausstellungen können fesseln. Vielleicht ist die Phase noch schwieriger. Denn Anerkennung kann man immer einheimsen, wenn man möchte.

  38. Der Artikel sagt mir sehr zu. Ich stelle mir immer wieder die Frage, wie so eine immense Bilderflut zustande kommt und warum wir darüber hinaus nicht satt werden, diese zu konsumieren. Gründe dafür sind eben in den Betrachtungen des obigen Beitrags zu finden. Für mich selbst weiß ich, warum ich ablichte und entsprechende Ergebnisse zeigen möchte. Es geht selbstverständlich auch um Anerkennung. Ich gehöre einer Generation an, die sich noch mit Bildbänden beschäftigte, die man sich in der Jugendzeit schlicht nicht leisten konnte, weswegen man des Häufigeren in Büchereien unterwegs war. Unter anderem John Hedgecoe gehörte in Zeiten analoger Fotografie zu meinen persönlichen Helden und tut es sogar heute noch. Die Faszination ging schlicht von genialen Bildern aus. Ich wollte und will selbst so etwas aufregendes und abwechslungsreiches schaffen. Die Freude ist groß, wenn mir das gelingt und andere mein Schaffen anerkennen. Für mich am schönsten ist, wenn mich die von mir Abgelichteten loben. Das muss nicht die Welt sein.
    Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Prima Story!

  39. Blogartikel dazu: Fotoweile » Fotografieren und zur Schau stellen. – Geht es um Anerkennung?

  40. Mir hat das Lesen der kritischen Anmerkungen und persönlichen Berichte große Freude bereitet! Ich freue mich auf den nächsten Artikel und hoffe, dass er einen vergleichbaren Austausch anregt. In jedem Fall haben mich Eure Anmerkungen erneut in der Annahme bestärkt, dass Kwerfeldein auch eine Plattform ist, auf der man über Hintergründe zur Fotografie und Kunst miteinander „ins Gespräch“ kommen kann. In diesem Sinne: Vielen Dank an alle Kommentatoren für die Vielzahl der kritischen und selbstreflektierenden Berichte, die viele interessante Diskussionspunkte angeregt haben. :-) Viele Grüße, Kat

  41. Danke für den spannenden Artikel. Regt zum Nachdenken an. Und das ist sehr viel wert. Er regt auch zu bestimmten Diskussionen an. Mich stört an diesen Diskussionen zu Themen wie ernsthafter Fotografie, Kunst und „jeder meint heute ein Fotokünstler zu sein“, dass wir auf die Vergangenheit zurückblicken und die Gegenwart kritisieren, als wenn wir das Rad der Zeit zurückdrehen könnten. Können wir aber nicht. Flickr und Co und die Einstellung vieler Anerkennungssuchender zur Fotografie ist das Abbild der gesellschaftlichen Entwicklung und Gegenwart der Fotografie. Ud auch diese Phase der Fotografie hat bestimmt auch ihre guten Seiten. Für uns sollte gelten diese Seiten zu entdecken und von ihr für die Zukunft zu profitieren.

  42. Freu mich über den Beitrag und auch die tolle Resonanz! Ich finde ihn gut und so notwendig, diese kritische Begleitung unserer Alltagskultur aus einer nichtmoralisierenden, informierten und engagierten Perspektive.

    Weiter so!
    Tom

  43. Sehr toller Artikel! Ich selbst bin „Fotograf“ und habe in letzter Zeit viel nachgedacht über Likes und echtem Erfolg. Bin froh diesen Artikel gefunden zu haben. Es gibt unglaublich viele Fotografen die glauben, dass mehr Likes gleich einen top Fotografen machen und sich unwahrscheinlich ärgern wenn einer mehr Likes hat.