Irene Morays Serie „Boys don’t cry“ hat mich bewegt. Und Verwunderung darüber ausgelöst, dass sie mich bewegt. Würde eine Serie mit weinenden Frauen die selben Emotionen in mir auslösen? Eine spannende Auseinandersetzung mit dem Verständnis von „Männlichkeit“ und dem Umgang mit menschlicher Verletzlichkeit.
Seit wir Kinder waren, wurde uns gesagt, dass Jungs stark sein müssen. Sie müssen ihre Geliebten beschützen, sie müssen zäh sein. Keiner hat uns gesagt, dass es auch eine Stärke ist, wenn wir unsere Verletzlichkeit zeigen können.
Hintergrund dieser Serie ist die grundsätzliche Faszination der Fotografin für die Fragilität der Menschen. Auf der Suche nach neuen Wegen, ein Gefühl von Stärke in der Offenbarung von Verletzlichkeit zu vermitteln, entschied sie sich dafür, auf diese Weise sexistischen Vorurteilen zu begegnen, die heutzutage immer noch präsent sind.
Mich hat sie damit zum Nachdenken gebracht. Zum einen über die Geschichten, die hinter ihren Bildern und den Biografien der gezeigten Menschen stecken. Und zum anderen über meine eigenen Masken, hinter denen ich mich in der Öffentlichkeit verberge. Weil man das als Mann eben so macht. Oder auch nicht.
Irenes Bilder konfrontieren mich mit gesellschaftlichen Rollenbildern und führen mir vor Augen, was eigentlich zählt. Die Intimität der Fotos, die den Betrachter scheinbar an sensiblen, fragilen Momenten teilhaben lässt, zeigen eine Dimension des Lebens, in der die Sinnlosigkeit des Masken-Tragens deutlich wird.