18. November 2022 Lesezeit: ~5 Minuten

Robin Clark sammelt und bewahrt Glasnegative

Auf Facebook stolperte ich über die alten Vintage-Aufnahmen von Robin Clark. Fast täglich zeigt die Sammlerin dort historische Aufnahmen, die sie mühevoll digitalisiert und restauriert hat. Ich wollte mehr zu den Hintergründen erfahren und durfte ihr einige Fragen stellen.

Hallo Robin, kannst Du Dich noch an Dein erstes Glasnegativ erinnern?

Ja, mein erstes Glasnegativ war das Portrait eines Mannes im Anzug. Ich habe es im Dezember 2020 für 9,87 $ erworben. Ich führe eine Excel-Tabelle mit all meinen Ankäufen und den dazugehörigen Informationen. Deshalb weiß ich auch, dass ich mittlerweile 5.519 Negative besitze.

Mann im Anzug, schwarzweiß-Aufnahme

Das erste Foto der Sammlung von Robin Clark.

Vom ersten Negativ zur Sammlung scheint mir aber ein großer Schritt. Was hat Dich so sehr an diesem einen Negativ fasziniert?

Es war nicht so sehr dieses erste Portrait. Ich fing einfach an und es wurde immer mehr. Ich wurde ein großer Fan der Fotos und sammelte viele tolle Negative. Jetzt geht es mir vor allem darum, sie mit anderen zu teilen.

Wie hast Du gelernt, die alten Fotos zu erhalten und zu restaurieren?

Den Umgang mit Photoshop hatte ich bereits für meine Arbeit gelernt. Ich interessiere mich aber auch für Genealogie. Irgendwann fing ich an, meine eigenen Familienfotos zu restaurieren und zu kolorieren, um meine Photoshop-Fähigkeiten und meine Liebe zur Familiengeschichte miteinander zu verbinden.

Du digitalisiert die Fotos nicht nur, sondern kolorierst sie auch. Warum ist das für Dich wichtig?

Es ist nicht unbedingt wichtig, sondern eher eine Leidenschaft. Ich liebe es, zu sehen, wie alte Fotos durch die Farben lebendig werden. Man kann sich dadurch vorstellen, wie es ausgesehen hätte, wenn es in Farbe aufgenommen worden wäre. Das Original ist ja immer noch da. Im Falle meiner Negative zeige ich immer sowohl eine restaurierte als auch eine kolorierte Version.

Die überwältigende Mehrheit meiner Kundschaft möchte tatsächlich auch, dass ihre Fotos koloriert und nicht nur restauriert werden.

Wie lange dauert es, so ein Bild zu restaurieren und anschließend zu kolorieren?

Es hängt sehr vom Zustand des Fotos ab und auch davon, wie komplex es ist. Es kann nur ein oder zwei Stunden dauern, aber auch mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Je mehr Schäden das Original aufweist, umso aufwändiger ist es zum Beispiel. Außerdem dauert es länger, je mehr Personen auf einem Foto zu sehen sind. Bei Gruppenfotos zum Beispiel muss man ja jedes Element einzeln einfärben. Außerdem nehmen komplexe Kleidung und Hintergründe mehr Zeit in Anspruch.

Es gibt inzwischen einige Programme und Apps, die Schwarzweißaufnahmen automatisch kolorieren. Was hältst Du von diesen automatischen Lösungen?

Manche eignen sich sogar ziemlich gut für bestimmte Dinge. Ich verwende etwa eine Kolorierungs-App für Landschaften wie diese hier, denn dabei leistet sie wunderbare Arbeit. Das spart mir und meinen Kund*innen Zeit und Geld. Bei einigen Aspekten, wie dem richtigen Hautfarbton, ist die Software aber noch nicht besonders gut. Es ist auch schwierig, damit die Farben zu ändern und sie sind nicht so präzise. Vielleicht werden sie eines Tages besser. Sie sind aber sicher gut für viele Menschen, die nicht die Mittel haben, um ihre Bilder professionell kolorieren zu lassen.

Was ist die größte Herausforderung beim Erhalt der Glasnegative?

Ich würde nicht sagen, dass es eine Herausforderung ist, aber man muss sie richtig reinigen und lagern, um den Erhalt zu gewährleisten. Einige der Negative kommen in einem schlechten Zustand zu mir und müssen erst gereinigt werden, bevor ich sie scannen kann. Auf der Emulsionsseite des Negativs muss ich dabei besonders vorsichtig sein.

Das einzige, was ich auf der Emulsionsseite verwende, ist PEC-12, das ist ein Emulsionsreiniger. Auf der Glasseite kann man etwas aggressiver sein, aber natürlich immer noch vorsichtig. Sobald ich die Bilder gescannt und in meiner Excel-Tabelle vermerkt habe, wickle ich sie in säurefreies Papier und Plastikhüllen. Ich lege sie in entsprechende Behälter und lagere sie in einer klimatisierten Umgebung, was besonders wichtig ist.

Glasplatten-Sammlung

Eine Sammlung von 750 Negativen, die Robin vor dem Scannen reinigen musste. In diesem Fall war sie die erste Person, die die Bilder seit 120 Jahren gesehen hat.

Das Lager der Sammlung.

Retuschierständer.

Wo findest Du die Glasnegative für Deine Sammlung?

Die meisten meiner Negative habe ich bei eBay gekauft, einige auch auf Auktionen. Teilweise wurden mir Negative auch einfach gegeben.

Sammelst Du nur in Amerika oder auch in Europa?

Die meisten meiner Negative stammen aus Amerika, hauptsächlich weil der Versand nach Übersee unerschwinglich ist. Ich habe einige Fotos aus England und Frankreich, aber sie wurden hier in den Staaten gekauft. Ich komme ursprünglich aus Pennsylvania und die meisten meiner Negative stammen auch von dort. Nicht gewollt, sondern rein zufällig.

Versuchst Du auch, etwas zur Geschichte und dem Leben der Menschen auf den Bildern herauszufinden?

Ich liebe es, wenn ich Nachkommen der Menschen auf meinen Fotos finde. In einigen Fällen teile ich die Bilder auf lokalen Facebook-Seiten und gelegentlich finde ich so Verwandte. Das macht mich immer sehr glücklich.

Arbeitest Du mit Museen oder Archiven zusammen?

Aktuell nicht, aber ich würde es sehr gern.

Vielen Dank für das Gespräch!

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