Im Frühling 2019 habe ich angefangen, in der Drag-Queen-Szene in Köln zu fotografieren. Ich habe eine Welt kennengelernt, in der sich die Menschen frei entfalten und neu erfinden. In der Identität und die Konstruktion des Selbst eine bedeutende Rolle spielen.
Ich traf auf Adora, die mich an Momenten ihrer Transformation teilhaben ließ. Innerhalb weniger Stunden änderte sie ihr äußeres Erscheinungsbild, was für sie selbst neu, aber schon immer ein Teil von ihrem Wesen war. Sie hat mir von ihren Wünschen und Sorgen erzählt. Heimlich schlichen wir aus ihrer Wohnung, um nicht von den Nachbar*innen gesehen zu werden. Ich lernte die kleine Drag-Community kennen und lief gemeinsam mit ihr am CSD durch die Straßen Kölns. Überall Glitzer, wunde Füße, durchschwitzte Polster und glückliche Gesichter.
Viele der Drag Queens erzählten mir, dass sie ihre Vorbilder in den USA haben und von einer größeren Community in Deutschland träumen. Es waren noch viele Fragen offen und es war erst der Anfang einer größeren Geschichte.
Ich stellte Kontakt zu der amerikanischen Drag Community her, um das Projekt weiterzuverfolgen und zu vertiefen. So lernte ich Opal kennen, die mich zu sich nach Miami einlud, mich ihren Freund*innen vorstellte und mich in die Drag Community dort einbrachte. Innerhalb kurzer Zeit spürte ich die Nähe und Sensibilität, die in der Community herrschte. Es war eine familiäre Vernetzung, in der Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung wichtige Rollen spielen.
Ich wurde mit offenen Armen begrüßt, schloss neue Freundschaften und lernte die Bedeutung von Identität auf einer neuen Ebene kennen. Ich begleitete Opal und ihre Freund*innen fotografisch in ihrem Alltag und während ihren Auftritten. Ich lernte sie in intimen und in lauten Momenten kennen. Die Fotografie diente mir dabei als Medium, um die Feinheiten der Charaktere herauszukristallisieren und das Wesen, das hinter der lauten Maskerade steckt, sichtbar werden zu lassen.
Besonders faszinierten mich dabei der Akt der Verwandlung sowie die Dualität zwischen der Selbstdarstellung und der Fremdwahrnehmung. Es ist eine Art Wechselwirkung zwischen dem Akt des Ver- und Enthüllens. Verändert Kleidung unser Verhalten und inwieweit offenbart es etwas von innen nach außen? Inwiefern beeinflusst das äußere Erscheinungsbild unsere Wirkung auf andere Menschen? Was verbirgt sich hinter all den Schichten?
Bei der Darstellung der Fotoarbeit war es mir wichtig, die Intimität, die in den Bildern spürbar wird, aufrechtzuerhalten. Deshalb habe ich mich für ein Buch entschieden. Der Einblick in die Community, die Nähe und Sensibilität und das Hervortreten des verletzlichen Wesens, das sich hinter der Maskerade verbirgt, beruhen auf einem Vertrauen zwischen mir als Person und den Portraitierten. Die Arbeit bietet einen Zugang in die Welt der Drag Queens, sowohl in privaten Momenten als auch in den Momenten des Nachtlebens. Es ist ein Einblick, der einen Perspektivenwechsel zulässt, zum Reflektieren anregt und die Freude am Drag-Dasein zeigt.
Das Buch „Butterflies and Caterpillars“ wird in Kooperation mit Kettler erscheinen. Es wendet sich an Fotografie- und Kunstliebhaber*innen, Fotograf*innen und Künstler*innen und an Sammler*innen von Fotografie- und Kunstbüchern sowie an die LGBTQIA+-Community. Mit Eurer Unterstützung hoffe ich, das Projekt endlich zu realisieren. Der gesamte Betrag fließt in die Finanzierung der Herstellungskosten des Buches. Ich bin für jede Hilfe dankbar.
Informationen zum Buch
„Butterflies and Caterpillars“ von Ardelle Schneider
Sprache: Deutsch / Englisch
Einband: Hardcover, Schutzumschlag
Seiten: 280 Seiten mit Ausklappern, offene Fadenbindung
Maße: 17 x 23 cm
Preis: 45 €
Verlag: Kettler