26. Juni 2019

Analoge Panoramen mit der Noblex 202

Die Idee von Panoramen gibt es schon länger als die Fotografie selbst. Das erste 360°-Panorama der Welt ist eine Gemälde von Robert Barker, das den Blick auf London im Jahr 1793 zeigt. Die Fotografie mit Weitwinkeln liebe ich schon sehr lange und so lag es nahe, dass mich auch die Panoramafotografie gepackt hat.

1990 habe ich eine Horizon 202 auf dem Fotoflohmarkt in Hamburg erstanden. Von den ersten Filmen war ich begeistert und habe die Vergrößerungen auch in einer Ausstellung in Hamburg gezeigt.

Straßenaufnahme mit Mann am Akkordeon

Kinder musizieren auf der Straße

Die Horizon der Firma Krasnogorsky Mechanicheskiy Zavod (KMZ) nahe Moskau ist nicht einfach eine Kamera mit einem Weitwinkelobjektiv, um eine Panoramaperspektive abzudecken. Sie gehört zu den Konstruktionen mit einem rotierenden Objektiv. Paralaxenprobleme sind so ausgeschlossen. Dafür ist es erforderlich, dass der Film gegenüber dem Objektiv auch auf einer halbrunden Auflage geführt wird.

Wenn Du schon länger fotografierst, kennst Du vielleicht noch die kleinen Kameras, die man auf Panorama umstellen konnte. Da wurde aber nur der Kleinbildfilm oben und unten abgedeckt. Das Ergebnis hätte man natürlich auch nachträglich bei dem Druck mit der Schere herstellen können.

Heute bieten die meisten digitalen Kameras und Handys eine Panoramafunktion an, die aber intern darauf beruht, dass die Kamera während des Schwenks viele Einzelbilder macht und diese intern zusammenrechnet (stitcht). Hierbei ist aber darauf zu achten, dass die Kamera möglichst um die eigene Achse gedreht und nicht am langen Arm herum geschwenkt wird. Zudem sind Bilder mit Bewegung im Motiv durch Stitchen nicht oder kaum zu realisieren.

Viehmarkt

Schwäne auf einem Fluss

Ich hatte auch zu analogen Zeiten im Prinzip so etwas schon gemacht und versucht, Vergrößerungen zu einem Panorama zu montieren, aber so das Richtige war es natürlich nicht verglichen mit einem One-Shot-Panorama. Außerdem waren die Drucke vom Labor nie so einheitlich in Farbe und Kontrast, dass es passte.

Im Gegensatz zu einem starken Weitwinkelobjektiv für Panoramen erzeugt die Drehung des Objektivs eine sehr starke Verzeichnung, die besonders bei Architektur auffällt. Diesen Effekt kennen alle, die die Panoramafunktion der Kamera oder des Handys benutzt haben. Bei einem starken Weitwinkelobjektiv mit linearer Abbildung, bei der zum Beispiel bei Architektur alle Linien auch gerade verlaufen, müssen die Seiten natürlich dafür stark gestreckt werden. Das führt wiederum zu teilweise sehr unnatürlichen Verzerrungen, Fenster werden etwa an den Seiten stark in die Länge gezogen.

Kamera VorderansichtKamera Rückansicht

Daten der Kamera auf einem Blick:

  • Das Format ist 24 x 58mm auf Kleinbildilm.
  • rotierendes Objektiv mit f/2.8, 28 mm, Fixfokus mit Bildwinkel von ca. 120°.
  • Verschlusszeiten: 1/2, 1/4, 1/8, 1/60, 1/125 und 1/250 s – bei wenig Licht ein Problem: 1/15 und 1/30 s fehlen.
  • Zur Kamera gibt es einen Griff, in dem winzige Filter untergebracht sind.

Häuser und Brücke an einem Fluss

Brücke über einem Fluss

Die Speicherstadt in Hamburg. Diese Bilder wären sicher auch durch Stitchen machbar gewesen, hätten aber die gleiche Verzeichnung aufgewiesen (ausgenommen Stitchen von Bildern, aufgenommen mit Shift-Objektiven).

Der Sucher bietet eine brauchbare Einschätzung der Komposition. Wichtig ist es, bei der Aufnahme auf die eingespiegelte Libelle für eine waagrechte Kamerahaltung zu achten! Sonst kippt der Horizont sehr schnell oder wölbt sich nach oben oder unten. Wenn man bei Landschaften darauf achtet, gibt es keine Probleme und auch bei Architektur muss es nicht unangenehm auffallen, wie an den Beispielen zu sehen ist.

Ein Beispiel mit Hochformat, das jedoch für die Darstellung auf dem Bildschirm nicht sehr gut geeignet ist:

Farn

Das nächste Beispiel zeigt zum einen, wie die Landschaft und der Horizont sich wölben, wenn die Kamera nicht waagerecht gehalten wird. Sie zeigt aber auch die Probleme bei älteren Kameras: die Dichtungen, die vorn links und rechts den drehbaren Teil gegen das Gehäuse abdichten. Bei meiner 202 sind diese nicht mehr in Ordnung. Wenn die Frontseite der Kamera starkem Licht oder Sonne ausgesetzt wird, gibt es wie bei diesem Bild vom Segelschiff helle Flecken, die das Bild weitgehend unbrauchbar machen.

Segelschiff

Seit ich den Fehler gefunden habe, ist meine pragmatische Lösung, dass ich die Frontseite der Kamera immer verdeckt halte oder besser noch in der Tasche lasse. Vor der Aufnahme beim Blick durch den Sucher halte ich vorn die Hand vor die Front und nehme sie nur kurz für die Aufnahme weg. Ein paar Mal ist es mir aber auch passiert, dass ich vor lauter Konzentration auf die Libelle vergaß, die Hand wegzunehmen. Im Internet gibt es eine Anleitung, wie die Dichtungen ausgewechselt werden können.

Weitere Kameras mit rotierender Optik

Seit einigen Wochen habe ich auch eine Noblex 135 U, es ist inzwischen die vierte Kamera, alle waren technisch nicht in Ordnung oder funktionierten gar nicht und ich habe sie zurückgegeben. Diese ist jetzt von einer Spezialwerkstatt repariert worden und wird hoffentlich lange funktionieren.

Die wesentlichen Unterschiede zur Horizon 202:

  • Das Negativformat ist 24 x 66 mm.
  • Das Objektiv Noblar f/4.5 29 mm hat eine Shift-Funktion!
  • Verschlusszeiten von 1 s bis zu 1/500 s.
  • Mehrfach- und Langzeitbelichtungen sind möglich.

Zum Vergleich zwei Aufnahmen mit der Noblex 135 mit einem Negativformat von 24 x 66 mm:

Häuser am Wasser

Häuser

Ein letztes Bild aus einer ganz besonderen Panoramakamera mit drehender Optik, der Seitz Roundshot, die bis zu 360° (also eine volle Umdrehung und sogar mehr) macht.
Aus der Hand aufgenommen! Dieses Format ist natürlich für eine so stark verkleinerte Darstellung nicht geeignet, ich möchte es hier dennoch als Abschuss der Kameras mit rotierender Optik zeigen. So ein Foto von 360° ist mit keiner anderen mir bekannten Kamera möglich:

Panorama einer Stadtszene

Nicht unerwähnt sollte auch die bekannte Widelux sein – ebenfalls eine Kamera mit einer rotierenden Optik. Auch sollte die Hasselblad XPan mit fest stehendem Objektiv vom oberen Ende der Preisskala hier erwähnt werden. Eine klassische Panoramakamera im Format 24 x 65 mit drei Objektiven: 45 mm Standard, 90 mm Tele und 30 mm Weitwinkel (dies zum Preis vom XPan Body + 45 mm Objektiv).

Wenn man keine dieser Kameras hat oder „haben“ möchte, gibt es für Panoramen die entsprechenden Stativköpfe, teilweise mit korrekter Einstellung des Nodalpunkts und/oder motorgesteuerte Panoramaköpfe wie die für kleine Kameras relativ preiswerten von Gigapan Epic und die aufwändigen Roundshot der Firma Seitz. All das sind aber keine One-Shot-Panoramabilder.

Eine Sammlung der Bilder, die ich mit der Horizon 202 gemacht habe, sind bei Flickr zu finden.

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