24. Januar 2019 Lesezeit: ~6 Minuten

Style, Light, Shoot! – Vorhänge

Heute geben wir Euch Einblick in das Kapitel „Schattenspiele“ aus Christina Keys Buch „Style, Light, Shoot!“ aus dem Verlag Rheinwerk. Wir hatten Euch in der kwerfeldein Community auf Facebook gefragt, welche Kapitel Euch am meisten interessieren und dieses hat mit Abstand gewonnen.

Schattenspiele: Vorhänge

Lange waren sie als Staubfänger verschrien, die nur noch an Großmutters Zeiten erinnern: Spitzenvorhänge sind sicher nicht jedermanns Sache. Aber gebt ihnen noch eine Chance, denn mit ihrer Hilfe lassen sich hinreißende Fotoeffekte kreieren!

Dieser Fotoeffekt funktioniert ideal, wenn man gern mit natürlichem Licht arbeitet: Das weiche Licht und die diffusen Schatten passen hervorragend zueinander. Aber auch mit Kunstlicht wie beispielsweise Taschenlampen ist man gut bedient und kann zu jeder Tages- und Uhrzeit wunderschöne Fotos zaubern – ganz egal, wie das Wetter gerade ist!

Das Schattenmuster, das durch die Spitzenvorhänge entsteht, kann man zum Beispiel wunderbar für außergewöhnliche Portraitaufnahmen einsetzen und die unterschiedlichsten Schattenmuster so beispielsweise auf das Gesicht eines Modells projizieren. Auch für schöne Unschärfeeffekte im Vordergrund kann man Spitzenvorhänge verwenden.

Das Tolle an diesem Foto-Hack ist, dass er oft nicht einmal etwas kostet, wenn man selbst oder die Omi noch Spitzenstoffe im Keller oder aktuell im Gebrauch hat. Falls man keine Vorhänge aus Spitzenstoff beziehungsweise im Spitzenlook zur Verfügung hat, bekommt man solche für unter 15 € in jedem Möbelgeschäft (wie beispielsweise im Schwedenshop Deines Vertrauens). Auch auf Flohmärkten gilt es, Ausschau danach zu halten.

Frau mit Kamera an einem Fenster

Um Spitzenvorhänge zu montieren, kann man den Stoff entweder über eine Vorhangstange legen oder sie alternativ über eine gespannte Kordel, ein Gummiseil oder Ähnliches hängen. Eine andere Person kann den Vorhang aber beispielsweise auch so halten, wie man es benötigt. Der Vorhang muss sich natürlich zwischen der Lichtquelle und dem Motiv befinden, schließlich kann nur so ein aufregendes Schattenmuster entstehen.

Achtet dabei auf den Winkel, in dem das Licht auftrifft, und auf die Schatten, die sich dabei ergeben. Justiert bei Bedarf nach, indem Ihr das Modell bittet, sich anders hinzustellen oder die Haltung des Kopfes zu variieren. Über die Entfernung zum Stoff kann man zudem die Größe der entstehenden Schatten steuern.

Wenn man diesen Effekt zunächst mit einem Spitzenkleid oder Ähnlichem testen will, nur zu! Für Portraitaufnahmen reichen auch schon kleine Stoffstücke, sodass man nicht unbedingt einen kompletten Vorhang kaufen muss.

Frau mit Spitzenvorhang

35 mm, f/1.4, 1/200 s, ISO 50, direktes Sonnenlicht am Mittag durch Fenster

Ein interessantes Schattenmuster, kombiniert mit dem gezielten Spiel von Unschärfe? Auch das ist machbar mit Spitzenvorhängen. Hier habe ich beide Effekte miteinander kombiniert, um ein außergewöhnliches Selbstportrait zu kreieren. Dass das Foto auf engem Raum und mit geringem Ausrüstungseinsatz entstanden ist, überrascht sicherlich, oder?

Dieses Foto zeigt deutlich, dass es in der Fotografie nicht darauf ankommt, möglichst viel Ausrüstung zur Verfügung zu haben. Besser ist es, das Maximale aus den Dingen herauszuholen, die einem bereits zur Verfügung stehen! In der Bildbearbeitung habe ich die Sättigung reduziert, um das Foto trotz der harten Schatten in der Farbgebung weicher wirken zu lassen.

Männerportrait mit Schattenmuster

35 mm, f/2, 1/2000 s, ISO 50, direktes Sonnenlicht zur Mittagszeit

Könnt Ihr erkennen, welches Objekt hier das Schattenmuster erzeugt? Ich habe diesen Gegenstand direkt auch als Hintergrund für das Portrait benutzt, da mir die Struktur gefiel und die Muster der Schatten so noch einmal aufgegriffen werden. Durch den Gesichtsausdruck, die im Schatten liegenden Augen und das kontrastreiche Schwarzweiß wirkt dieses Portrait sehr hart.

Das Muster verleiht dem Bild eine Extraportion Dramatik und setzt die Konturen des Models spielerisch in Szene. Und? Ahnt Ihr nun, um welchen Gegenstand es sich handeln könnte? Es ist eine von diesen Matten, die man unter Teppiche legen kann, damit diese nicht auf dem Bodenbelag hin- und herrutschen. Tolle Ergebnisse benötigen nicht viel Schnickschnack!

Frau an einem Vorhang

35 mm, f/1.4, 1/250 s, ISO 100, Tageslicht durch Fenster bei bewölktem Himmel

Bei diesem Selbstportrait seht Ihr eine andere Einsatzmöglichkeit von Spitzenvorhängen: Zum einen konnte ich mit dem Vorhang das Chaos im Hintergrund kaschieren und zum anderen mich quasi mithilfe der Vorhänge „einrahmen“. Die Vorhänge habe ich dazu mit einer Hakenschraube an der Decke befestigt. Durch die romantische Spitze in Weiß entsteht eine herrlich verspielte Note, die ideal zum Spitzenbody, den roten Rosen und den durch eine schnelle Bewegung leicht verwischten Haaren passt. In der Nachbearbeitung habe ich mit Dodge & Burn einzelne Bildbereiche aufgehellt, andere abgedunkelt sowie einzelne Farbbereiche entsättigt. Den Hintergrund habe ich stark abgedunkelt, sodass das Foto noch mehr Tiefe erhielt.

 Frau sitzt auf einem Bett

35 mm, f/1.6, 1/200 s, ISO 400, Tageslicht durch Fenster bei bewölktem Himmel

Alternativ kann man Vorhänge auch verwenden, um einen Eindruck von Tiefe im Foto zu erzeugen. So bildet hier im Vordergrund auf der linken Seite ein zarter Spitzenvorhang eine schöne Unschärfe, sodass der Blick direkt zum Modell geführt wird. Wenn Ihr auch Vorhänge für solche hübschen Unschärfeeffekte nutzen möchtet, müsst Ihr unbedingt mit einer großen Blendenöffnung (kleine Blendenzahl) arbeiten, damit der Effekt optimal zur Geltung kommt. Aufgrund des Spiels zwischen dem Rot der Rosen, dem Schwarz des Spitzenbodys und dem Weiß von Vorhang und Bettwäsche wirkt dieses Foto in sich sehr stimmig.

Frau mit Schattenmuster im Gesicht

50 mm, f/1.8, 1/250 s, ISO 800, Baustrahler von vorn links

Bei diesem Portrait diente ein einfacher Baustrahler als einzige Lichtquelle. Damit das Portrait spannender wirkt, habe ich hier einen Spitzenvorhang mit der linken Hand vor das Licht gehalten, während ich die Kamera in meiner rechten Hand ausgelöst habe. So bildet sich auf Gesicht, Hals und Armen des Modells ein Punktemuster. Die kontrastreiche Schwarzweißumwandlung betont die grafische Bildwirkung. Die Lichtkreise im Hintergrund, die durch eine mit Klebestreifen aufgehängte Rettungsfolie entstanden, greifen das Punktemuster auf.

 

Habt Ihr schon mit Vorhängen Schatten gezaubert? Verlinkt gern in den Kommentaren Eure Fotos von Schattenspielen. Nächste Woche zeigen wir Euch einen weiteren Tipp zum Kreativwerden aus Christinas Buch. Dann geht es um das Thema Lichteffekte.

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