OpenTable in Kooperation mit kwerfeldein
Der OpenTable ist die monatlich stattfindende Bildbesprechung in Köln und wird von Sebastian H. Schroeder geleitet. Ich war bereits zwei Mal zu Gast und sehr begeistert. Um selbst ein wenig mehr über den OpenTable zu erfahren, habe ich Sebastian ausgefragt. Dieses Interview soll nämlich auch der Beginn einer Kooperation sein.
kwerfeldein wird den OpenTable zukünftig unterstützen. Zum einen durch Ankündigungen, aber auch durch die Nachbereitung der Veranstaltung. Wir werden Serien vorstellen, die beim OpenTable besprochen wurden und die Vorträge, die im Rahmen des Abends geführt werden, aufzeichnen und online stellen. Zudem wird es eine Kolumne zum Thema Editing geben. Also seid gespannt und fühlt Euch herzlich eingeladen!
Hallo Sebastian, erzähl doch erst einmal etwas über Dich. Wer bist Du, was machst Du?
Ich habe am Photo+Medien Forum in Kiel meine Ausbildung abgeschlossen und danach dort auch als Dozent gearbeitet. Danach bin ich als Dozent an die Universität Kiel gewechselt, wo ich nun seit sechs Jahren lehre. Zusätzlich arbeite ich in Köln zusammen mit Felix Adam als Werbefotograf für Portrait und Architektur.
Unser Geschäftsgebiet hat sich in den letzten zwei Jahren stark verändert, weil wir zunehmend Bildsprachentwicklung für Unternehmen anbieten. Es geht nicht nur um die reine Fotografie, sondern wir beraten die Unternehmen. Es geht um Fragen wie: Welche Bilder sind bereits da? Welche müssen neu erstellt werden? Wie müssen sie neu gemacht werden? Mit welchen Bildmitteln kann man die gewünschte Zielgruppe erreichen?
Speziell im Internet wird das Bild ja immer wichtiger. Früher genügte eine Seite mit gutem Text und ein paar Bildern, die man durch die Googlesuche fand. Inzwischen ist alles so bildgewaltig. Mit guten Bildern kann man Menschen sehr viel schneller erreichen. Es ist wichtig, bei der Bildsprache nicht an der Oberfläche zu bleiben. Deshalb haben wir dieses Angebot stark ausgebaut und betreuen jetzt einige Unternehmen bei der Bildsprachentwicklung.
Zusätzlich bietest Du in Köln auch den OpenTable an. Eine Bildbesprechung, die einmal im Monat stattfindet. Wie kommt man dazu, so etwas kostenlos in der Freizeit anzubieten, wenn man sich sowieso den ganzen Tag mit Bildern und Fotografie auseinandersetzen muss?
Ich hatte Bildbesprechungen bereits in Kiel im Photo+Medien Forum gemacht und war dafür sicher die eine Hälfte der Monate in Kiel, die andere Hälfte in Köln. Dieses Hin und Her war damals recht belastend. Nach einer Weltreise mit meiner damaligen Freundin und jetzigen Frau, merkte ich schnell, dass ich es auch einfach nicht mehr schaffe, so oft und lange zu pendeln. Ich hatte mittlerweile ein Studio mit Angestellten, Hochzeit, Familie und so weiter, wodurch es mir schlicht auch nicht mehr möglich war.
Mir fehlte es aber, Bilder zu besprechen. Wir hatten dann überlegt, ob wir es in Form von Workshops hier in Köln machen könnten, um womöglich auch etwas daran zu verdienen, aber uns wurde schnell klar, dass es einfach schöner ist, wenn es dabei nicht ums Geld ginge. Wir wollten einfach eine gute gemeinsame Zeit haben.
Wie und wann fand dann der erste OpenTable statt?
Das Ganze hat im Oktober 2016 begonnen und die erste Besprechung war zugegebenermaßen eine etwas inszenierte Veranstaltung. Ich hatte dafür gezielt ein paar Fotografen eingeladen: Martin Hülle, Ben Hammer, seinen damaligen Assistenten Alex Kleis und Joël Wagner. Ich habe nach einer Basis für das Projekt gesucht, denn die Besprechung hier in Köln war anders, als das, was ich in Kiel gemacht habe. Die Fotografen waren keine Auszubildenden, weshalb sich andere Themen ergaben. Es war eine Art Testlauf, auf dessen Basis ich gemeinsam mit den Teilnehmern und meinem Assistenten Felix Adam den OpenTable entwickelt habe.
Alle waren zum Glück sehr begeistert und haben die Bildbesprechung beworben, so dass beim zweiten Mal direkt 20 Leute kamen. Und bei 15 bis 20 Menschen hat es sich momentan auch eingependelt.
Ich war ja selbst zwei Mal dabei und fand es immer sehr wertvoll, auch wenn ich selbst keine Bilder mitgebracht habe. Man lernt so viel auch durch die Besprechungen anderer Arbeiten. Und es ist spannend zu sehen, wie die Arbeiten auf dem Glastisch herumgeschoben werden.
Deshalb finde ich es auch immer wichtig, dass die Bilder in Form von Drucken ausliegen. Man kann das, was wir machen, nicht am Computer machen. Ich habe es lustigerweise vor Kurzem noch einmal ausprobiert. Man kommt ja immer in die Verlegenheit, dass man schnell mal etwas am Rechner setzen möchte.
Ich komme gerade von einem Job aus Georgien. Vor meiner Rückreise hatte ich noch einen Tag frei und habe versucht, die Bilder bereits mit meiner Kuratorin Tina Schelhorn zu setzen, die zum Glück auch vor Ort war. Aber schon beim ersten Durchscrollen war uns wieder klar, dass es am Computer nicht geht. Wir mussten die Bilder ausdrucken und waren dann nach wenigen Stunden auch fertig mit der Strecke.
Du hast als Kurator eine Kuratorin?
Ja, das ist wichtig. Auch wenn ich selbst kuratiere, kann ich meine eigenen Bilder kaum selbst neutral bewerten. Es ist wichtig, dass noch jemand anderes drüberschaut.
Gerade Hobbyfotograf*innen machen es ja tatsächlich selbst. Egal ob es ein Kalender ist, den sie am Ende des Jahres für die Familie drucken oder ein eigenes Fotobuch.
Ja, das ist etwas, das gerade bei privaten Projekten häufig Schwierigkeiten bereitet. Es ist die Subjektivität, also der Blick auf die Erinnerung, die emotionale Verbindung. Da muss das Bild gar nicht gut sein, aber weil der Moment so schön war, soll das Bild mit in den Kalender.
Es ist natürlich auch völlig richtig, für einen privaten Kalender auch auf solche Dinge zu achten. Wenn es aber um die fotografische Qualität geht, ist es wichtig, dass man sich eher fragt, was denn der Betrachtende darin sieht und woran dieser interessiert ist. Will dieser einen Monat lang auf dieses Bild schauen? Was für Anforderungen hat ein Monatskalenderbild an den Betrachtenden und was für Anforderungen hat der Betrachtende an das Bild? Das ist durchaus komplex.
Solch ein Kalenderprojekt könnte man aber zum Beispiel jetzt auch zum OpenTable mitbringen, oder? Es werden wirklich sehr vielfältige Arbeiten gezeigt: ganze Buchprojekte, Fotoserien, an denen die Menschen noch arbeiten, Portfoliomappen und so weiter. Gibt es Grenzen?
Man kann gern alles mitbringen. Das ist auch das Schöne an dem Konzept. Es geht nicht darum, dass alle ihr Best-of mitbringen und dann davon ausgehen, gesagt zu bekommen, wie geil das eigene Zeug ist. Ich mag zum Beispiel besonders unfertige Sachen. Bei fertigen geht es für die Betrachtenden tatsächlich nur darum, ob alles richtig ist und man kann dann einen Haken dran setzen. Bei unfertigen Sachen kann man viel mehr mitgeben bzw. mitnehmen für die nächsten Aufnahmen. Das mag ich total gern.
Natürlich ist uns wichtig, dass wir eine hohe Qualität liefern, in dem, was wir bewerten, aber auch in dem, was wir sehen. Was aber nicht heißen soll, dass nicht alle, auch wenn sie vielleicht gerade erst begonnen haben, sich mit der Fotografie zu beschäftigen, mal was mitbringen können. Wir schauen dann nur, dass wir die Waage halten, damit es für alle interessant bleibt.
Denn das ist auch etwas, das den OpenTable für mich ausmacht. Wir haben hier nicht nur Amateur*innen, sondern auch Fotoprofis da, die auch mitreden. Deshalb ist es wichtig, dass wir ganz moderne und hochwertige Arbeiten zeigen – sowie eben auch Arbeiten von Anfänger*innen.
Wählt Ihr momentan vorher aus, welche Arbeiten an einem Abend besprochen werden?
Es hat sich bisher immer gut geregelt. Es kamen vielleicht mal ein oder zwei Leute mehr mit ihren Arbeiten, als wir zeigen konnten. Dann haben wir das gemeinsam geklärt und gesagt, dass sie dann das nächste Mal dran sind. Es geht nicht darum, jemanden auszuschließen, sondern eher, genügend Zeit für die einzelnen Positionen zu haben. Der Abend ist immer von 18 bis 22 Uhr geplant. Oft saßen wir aber bis weit nach Mitternacht zusammen.
Am Abend kann dann auch jeder etwas zu den Bildern sagen, oder?
Genau, alle können etwas sagen, denn wir haben natürlich auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen. Jede*r hat einen anderen Blick auf Bilder und liegt damit richtig. Das ist in der heutigen Zeit auch etwas sehr Spezielles, denn durch die Bildüberflutung sind alle Fachkundige für Bilder, auf ihrem eigenen Niveau.
Das soll heißen, fast jede*r kann beurteilen, welches von zwei Bildern besser ist. Die meisten Leute wissen nur nicht, warum. Das ist insofern interessant, als dass wir alle den ganzen Tag sehen und deshalb auch geschult sind, zu sehen, was gut und was schlecht ist, aber die Analyse ist das Schwierige.
Und das ist auch unter Fotograf*innen weit verbreitet. Viele können nicht ganz nachvollziehen, warum ein Bild besser als ein anderes ist. Und das sehe ich als meine Aufgabe, beim OpenTable zu vermitteln. Und tatsächlich ist es so, dass jemand, der fünf, sechs Mal dabei gewesen ist, auch genauer begründen kann, warum das eine Bild das bessere ist.
Du bist selbst auf Portraits und Architektur spezialisiert. Ist das ein Unterschied für Dich, wenn dann auf einmal Food auf dem Tisch liegt?
Ja und nein. Es geht ums Draufeinlassen. Es gibt Bereiche, in denen ich eine besondere Expertise habe, aber das heißt nicht, dass andere Bilder grundsätzlich anders funktionieren. Ich hatte das Glück, dass meine Ausbildung relativ umfassend war. Ich kann zu Stillleben auch handwerklich etwas sagen, aber worum es beim Bildauswählen ja geht, ist auch die Bildwirkung – solange die Bildwirkung und das Serielle, die Bildsequenz, funktioniert, ist es egal, über was für ein Bild man spricht.
Die beiden Male, zu denen ich beim OpenTable war, gab es vorher auch einen Vortrag. War der von vornherein im Konzept?
Das hat sich entwickelt. Ich habe nach einem halben Jahr die Teilnehmenden konkret gefragt, was ihnen noch fehlt, was sie sich wünschen. Und da kam die Frage, ob wir nicht ab und zu auch einen Vortrag machen könnten. Und es hat sich herausgestellt, dass diese Vorträge extrem gut angenommen werden.
Gerade am Anfang hatten wir die Schwierigkeit, dass wir ein recht geschlossener Kreis waren und immer ungefähr dieselben Leute kamen. Alle hatten schon einmal Arbeiten dabei und alle wussten, was die anderen so machen. Es war dadurch zwar ein stetiges Austauschen, aber der neue Input, der total wichtig für den Abend ist, hat gefehlt.
Die Vorträge sollen dabei helfen, das Publikum divers zu halten. Ich freue mich natürlich, wenn es einigen so gut gefällt, dass sie immer kommen, aber ich bin auch froh um alle, die neu kommen. Neue Einflüsse und neue Eindrücke sind wichtig. Ich lerne so auch jedes Mal etwas dazu.
Welche Vorträge gab es bereits?
Christian Ahrens und Silvia Steinbach haben letztens einen tollen Vortrag zur Industriefotografie gehalten und wie sie große Firmen als Kundschaft bekommen konnten. Im Januar hatten wir mit Jens Altemeier einen Fotobuchexperten hier, der über Fotobücher gesprochen hat.
Einen Monat danach hat David Klammer über sein Projekt Auroville und das Crowdfunding dazu berichtet. Wir hatten Florian W. Müller hier, der über die Werbefotografie von der Kunstseite gesprochen hat. Er selbst kommt aus der Kunst und wurde plötzlich Werbefotograf, weil seine Kunst so erfolgreich wurde.
Solche Sachen sind einfach unheimlich spannend für alle, die da sind. Und danach dann in die Bildbesprechung zu gehen, ist eine tolle Abrundung für einen guten Abend.
Jetzt bereue ich es auch fast, dass ich die anderen Vorträge verpasst habe. Bin aber gleichzeitig sehr froh, dass wir die zukünftigen zusammen aufzeichnen.
Ja, das ist wirklich toll! Ich bin auch wirklich dankbar dafür, dass Du Dich mit kwerfeldein jetzt für das Projekt engagierst, denn es geht wie gesagt darum, ein möglichst breites Publikum zu finden und viele Leute für das Thema zu begeistern, das mir so sehr am Herzen liegt.
In den nächsten zehn Jahren wird es viel mehr darum gehen, die richtige Bildauswahl zu treffen, als die richtigen Fotos zu machen. Die meisten Fotos sind schon gemacht worden und wenn es speziell um professionelle Kampagnen geht, bestehen in vielen Fällen eher Bildauswahlfragen, als Fotografiefragen.
Klar ist immer noch viel Handwerk dabei, aber es können viel mehr Menschen gute Fotos machen, als Leute Fotos auswählen können. Und jemand, der professionelle Fotograf*innen für seine Webseite oder Geschäftsrepräsentation buchen möchte, muss jemanden finden, der die richtigen Bilder auswählt und nicht nur viele gute Bilder macht.
Wenn jemand das Interview liest und denkt: Mensch, das klingt gut, aber Köln ist so weit weg! – Was können wir da machen?
Wir haben schon einmal über den BFF einen OpenTable in Stuttgart gemacht. Und eigentlich ist es auch das Ziel, wenn Interesse besteht und es Leute gibt, die Räume zur Verfügung stellen können, den Abend woanders zu verbringen. Wir haben momentan einfach nicht die Reichweite, um dann dort die Hütte voll zu machen, aber wenn wir die richtigen Ansprechpartner*innen haben, bin ich total gern auch unterwegs.
Der nächste OpenTable wird aber auf jeden Fall wieder in Köln stattfinden. Am 28. Juni 2018 wird Sebastian H. Schroeder über sein Georgienprojekt sprechen. Das Buch „Georgia Inside./.Outside“ stellt traditionelles Handwerk aus Georgien vor. Zwei Wochen lang wurden dafür Menschen in Georgien besucht, deren Handwerkskunst ein kulturelles Erbe des Landes am Schwarzen Meer ist. Das Buch erscheint zur Frankfurter Buchmesse, deren Ehrengast Georgien in diesem Jahr ist.
Anmelden könnt Ihr Euch gern über die Facebookveranstaltung. Damit wir einen Überblick über die Anzahl der Teilnehmenden behalten, sagt bitte nur zu, wenn Ihr auch wirklich kommt. Wer nicht bei Facebook ist, ist natürlich auch herzlich eingeladen!
Ihr seid grundsätzlich interessiert, könnt aber im Juni nicht kommen? Kein Problem. Der OpenTable findet an jedem letzten Donnerstag im Monat statt. Auf dem Laufenden gehalten werdet Ihr auf kwerfeldein oder über die Facebookgruppe.
Open Table
Datum: 28. Juni 2018
Ort: Quartiers am Hafen, Studio s.h. schroeder, Atelier 3.82, Poller Kirchweg 78-90, 51105 Köln
Mehr Infos: bildbesprechung.de