Abbildung eines Polaroids ohne erkennbares Bild.
12. Oktober 2016 Lesezeit: ~4 Minuten

Ein Hauch von nichts: Polaroidbilder retten!

Verfluchen tue ich sie manchmal. Lieben aber auch. Auch wenn es nicht mehr das ist, was es früher einmal war, wenn es um die originalgetreue Wiedergabe des Gesehenen geht. Es hat seinen ganz eigenen, besonderen Charme. Und wird vermutlich – egal wie teuer es noch wird – niemals ganz untergehen. Wie maßlos ärgere ich mich manchmal über die Chemienasen, die sich über das halbe Bild ziehen – natürlich genau da, wo es überhaupt nicht passt. Oder aber ich ärgere mich, wenn eben gar keine Bildfehler auftreten, da sie ja beinahe irgendwie dazu gehören.

Na, wovon spreche ich wohl? Genau. Polaroid, Sofortbilder – in meinem Falle jene der „einfacheren Variante“, also kein Trennbildverfahren, sondern die klassischen Polaroid-600-Filme vom Impossible Project, die ich mit meiner Polaroid Lichtmixer 630SL fotografiere. Was mich richtig fuchsig macht, ist, wenn auf dem Bild gar nichts mehr erscheint und es weiß bleibt, höchstens noch einige Schemen erkennbar sind. Wenn ein Film nur so wenige Bilder hat und man dafür relativ tief in die Taschen greifen muss, würde man so etwas natürlich im Idealfall vermeiden wollen.

Abbildung von zwei Polaroids ohne erkennbaren Bildinhalt

Vermutlich liegt der Fehler sogar eher bei mir als beim Material. Die Einstellungsvarianten an einer Polaroid sind ja nun wirklich im Vergleich zu einer DSLR sehr gering. Aber ein nicht umgestellter Heller-Dunkler-Regler kann mitunter das ganze Bild nicht so erscheinen lassen, wie man es sich vorgestellt hatte. Lange hat es gedauert, bis ich mir eingestehen konnte, dass der Fehler vielleicht auf meiner Seite liegt – und noch länger, bis ich auf eine Idee gekommen bin, wie ich aus diesen Bildern doch noch Bildinformationen retten bzw. herauslesen kann.

Ausschnitt einer Bearbeitungssituation in einem Bildbearbeitungsprogramm

Wegschmeißen ist überhaupt nicht meine Art, alles stapelt sich in meinem Atelier, so also auch meine fehlbelichteten Polaroids. Irgendwann, da ich meinen Scanner sehr liebe und schon für eine Vielzahl von Projekten auch mit ihm als bildnerische Maschine gearbeitet habe, ist mir die Idee gekommen, die Polaroids einzuscannen. Mein Gedanke dahinter war: Vielleicht kann das Bildbearbeitungsprogramm meines Vertrauens ja gemeinsam mit Freund Scanner mehr sehen als ich. Und das können sie!

Polaroid Bild mit einer schwarzweißen Abbildung einer Frau

Mithilfe der Gradationskurve und/oder der Tonwertkorrektur und den Reglern für Helligkeit und Kontrast habe ich tatsächlich wieder etwas sichtbar machen können auf meinen vermeintlich verpfuschten Bildern. Diese Bilder bergen interessante Einblicke zu längst vergessenen Momenten und haben eine ganz eigene Ästhetik. Häufig ist die Reaktion darauf so, dass die Betrachter denken, es seine wirklich uralte historische Aufnahmen – gefunden auf staubigen Dachböden oder dergleichen.

Dabei ist keine meiner Polaroidaufnahmen älter als zehn Jahre. Es gibt keine festen Werte, wie die Regler eingestellt werden müssen, um ein gelungenes Ergebnis zu erzielen, die ich hier an Euch weitergeben könnte. Auch bei mir ist dies ein wenig ein Annähern und Ausprobieren, denn jedes fehlbelichtete Polaroid bringt ganz andere Grundvoraussetzungen mit sich.

Polaroidbild mit einer schwarzweißen Abbildung einer Frau

Die Möglichkeit, so Bilder wieder sichtbar zu machen birgt zum einen eine Schnittstelle zwischen der analogen und der digitalen Technik und zum anderen faszinierende Momente der Bildlichkeit. Für Freunde des „Vintage-Looks“ und experimentierfreudige Fotoschaffende verbirgt sich hinter diesen ersten Schritten sicher noch eine Vielzahl von weiteren Möglichkeiten, um dasselbe Verfahren zum Beispiel an Negativen auszuprobieren oder an Fotoabzügen.

Natürlich kann man nun hier auch berechtigterweise einwenden, was dann noch vom eigenen, echten Charme des Polaroids bleibt, wenn man sich fremder Hilfsmittel bedient? Kann ich dann nicht gleich ein digitales Bild einfach mit Hilfe von Photoshop oder ähnlichen Programmen in einen schnell heruntergeladenen Polaroidrahmen einfügen? Meiner Meinung nach ist der Schritt, den ich gegangen bin dann doch um einiges authentischer als die Variante des „digitalen Polaroids“, denn ich verwende ja nur die vom Polaroid erfassten Lichtwerte, die ich verstärke bzw. abschwäche. Streitbar bleibt vielleicht, ob ich es dann noch Polaroid nennen kann oder ob es hierfür einen gänzlich neuen Namen braucht.

Dies ist also ein Aufruf an Euch, bitte bloß nie Polaroids einfach zu entsorgen, sondern Euch an eben jenem, oben beschriebenen Experiment zu erfreuen. Und wer weiß, vielleicht zeigt Ihr uns ja Eure Ergebnisse und wiedergekehrten Erinnerungen? Die Filme, die ich benutzt habe, sind vom bereits erwähnten Impossible Project . Ob Ihr Farb- oder Schwarzweißfilm wählt, ist natürlich Euch überlassen. Retten kann man beides!

7 Kommentare

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  1. Interessanter Beitrag! Ist mir auch schon aufgefallen bei Polaroids die überbelichtet waren. Da konnte ich auch mit Photoshop und Scanner deutlich mehr Kontrast aus den Bildern holen. Allerdings habe ich mit den digitalisierten Polaroids so meine Probleme. Also nicht mit der Technik oder dem scannen an sich, aber irgendwie machen die mir nicht ansatzweise so viel Spaß wie die echten physischen Polaroids. Ganz besonders wenn das Bild auch entsprechend was geworden ist. Die digitale Variante ist da irgendwie dann doch beliebig austauschbar… Vielleicht bin ich auch ein wenig bescheuert, aber wenn man ehrlich ist muss man das auch sein wenn man sich ersthaft in 2016 noch mit Polaroids auseinandersetzt. Ich liebe sie!

    Was die hier gezeigten Bilder angeht. Es gibt so ein Paar Sachen die die Filme gar nicht mögen. Ich hatte solche Ergebnisse schon mal wenn der Film seit einem halben Jahr in der Kamera war. Ich habe inzwischen 5 Polaroid Kameras, wo das schon mal passieren kann… ;-) Scheinbar trocknet die Chemie da irgendwie aus. Was auch sehr wichtig ist ist die Temperatur des FIlms. Lagern tue ich die FIlme alle im Kühlschrank aber die müssen zum Fotografieren die richtige Temperatur haben und die lieght zwischen 13-28 °C. Also nicht direkt aus dem Kühlschrank verwenden und nicht wenn sie richtig warm sind. Was aber bei solchen Problemen immer geht ist der Impossible Support. Die helfen einem oft weiter um die Ursache der Probleme zu finden.

  2. Schöner Beitrag. Kenne ich auch.
    Meist aber eher von Papiernegativen, welche ich direkt in Eigenbaukameras belichte. Manchmal vertut man sich krass in der Belistungszeit. Da habe ich schon mehrmals Bauklötze gestaunt, was ich nach Scan in Lightroom noch rausholen kann. Sei es, dass das Papier wegen Fehlbelichtung nahezu schwarz, aber auch praktisch weiss ist und somit kaum verwertbare Tonwerte aufweist. Damit ergeben sich oftmals Bildwirkungen, welche man anders eigentlich nicht erreicht. Bei Polas arbeite ich (noch) vorallem mit dem Fuji FP100c, dessen Negativ, hervorgeholt durch Entfernung der rückseitigen Deckschicht, auch schöne Möglichkeiten bietet.

  3. Vielen Dank für die Info! Ich habe das bisher nur mit Polas gemacht, auf denen tatsächlich viel zu sehen ist. Aber nun kann ich mich auch an die setzen, die wenig Informationen enthalten.;) Ich finde solche Tipps sehr gut.

  4. Na ja – halt Impossible! Ich würde diese Filme einfach nicht als Polaroid bezeichnen – der Qualtitätunterschied zum Original ist einfach zu krass. Sofort heißt eigentlich nicht, dass Mann bis zu 30 Minuten auf den Bild warten und zudem bis dahin das Impossible vor Licht schützen muß. Dennoch muss man wohl damit leben, da die Alternative Fuji FP100 nicht hergestellt wird. Aber da gibt es ja noch die beiden Instax-Formate – nun auch in Monochrom. Und auf den Scanner passen diese Sofortbilder auch – Entwicklungszeit bei vollem Tageslicht übrigens nur 3 Minuten.

    • Hallo Frank,

      ja du hast recht – es gibt eindeutige Unterschiede – ich bin gespannt, ob wir jemals wieder an das Original herankommen können, auf welchem Wege auch immer. Für die absolute Unmittelbarkeit in der Fotografie empfehle ich dann (abgesehen von der Vorbereitungszeit) die Nassplattenfotografie :) Ein echtes „Sofort“-Erlebnis :) Die du ja soweit ich vermute auch nutzt?