11. Januar 2013 Lesezeit: ~20 Minuten

kwerfeldein diskutiert: Wie man (k)ein guter Fotograf wird

Liebe Leser, nachdem wir nun unsere erste Diskussion erfolgreich – ich würde schon fast sagen: – überstanden haben, wollen wir gleich ansetzen und die nächste nachschieben. Heute befassen wir uns mit den Mitteln und Wegen, um ein guter Fotograf zu werden – oder auch nicht. Darüber zerbrechen sich wohl seit Existenz der Fotografie Fotografen den Kopf. Und so auch wir.

Martin:
Na, dann wollen wir mal. Es gibt tonnenweise Bücher von und mit Fotografen, die ihre Theorien und Ansichten darüber präsentieren, was eine gute Entwicklung an der Kamera unterstützt. Was findet Ihr dahingehend essentiell?

Sebastian:
Es gibt ja nicht nur die ganzen Bücher. Sondern auch Tonnen von Foren, Webseiten, Blogs und so weiter und so fort, die alle dasselbe Ziel ausgeben: Wir erklären Dir, wie Du ein besserer Fotograf wirst. Ich würde das in drei Ebenen trennen. Einmal die technische Seite in der Theorie, die kann man sicherlich irgendwie aus Texten lernen. Aber eben nur theoretisch.

Dann die technische Seite in der Praxis, die kann man nur lernen, indem man so viel fotografiert wie möglich und zwar nicht nur irgendwelche Testbilder. Und das dritte, was ich eigentlich noch viel wichtiger finde, ist Bildaufbau, Komposition, Motivfindung. Das lernt man nicht aus Büchern, denke ich. Sondern, indem man sich einfach sehr viele Fotografien genau anguckt.

Aileen:
Punkt vier würde ich ergänzen bzw. aus Deinem Punkt drei noch erweitern: Das ist die Findung von Ideen und Konzepten für Fotos. Man muss meiner Meinung nach auch das lernen bzw. sein Gehirn, seine Wahrnehmung, seine unterbewusste Inspirationsmaschine auf die Fotografie einstellen. Das greift sicherlich in das technische und kompositorische Lernen hinein, weil man dann Erfahrungswerte hat, was als Foto gut aussehen wird und was nicht.

Aber noch grundsätzlicher ist das Finden einer Idee an sich, die mit Fotos (gut) umsetz- und transportierbar ist oder nicht. An den Grenzen gibt es dann Übergänge zu Fotomanipulation, Collagen, Mixed Media, Illustration, Malerei, Video, Text und so weiter.

An dem Punkt wird es aber genau genommen auch speziell, denn nicht für jedes Genre der Fotografie braucht man ausgefallene Ideen. Einige haben an dieser Stelle andere besondere Anforderungen wie die Recherche über besondere Orte und Wetterverhältnisse oder Erkundung von Lebensräumen und Gewohnheiten von Pflanzen und Tieren, um nur einige zu nennen.

Andererseits stellt sich dabei die grundlegende Frage: Wenn ich ein guter Fotograf werden will – welches Ziel habe ich? Star-, Berufs-, Hobby- oder künstlerischer Fotograf? Nur für mich, auch für andere oder möchte ich damit Geld verdienen? Je nachdem entstehen andere Schwerpunkte.

Martin:
Dazu kommt auch noch, dass Fremd- und Eigenwahrnehmung selten übereinstimmen, sondern weitklaffend auseinanderliegen. Fotografen großartiger Portfolios finden sich so lala und so mancher Einsteiger sieht sich schon neben Karl Lagerfeld in „Wetten dass…“. Ach ja, ganz oft werden manche Fotografen wie die liebe Vivian Maier erst lange nach ihrem Tod bekannt. Und das ist nur eines von vielen Beispielen.

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Wir für uns könnten „guter Fotograf“ ja so definieren: Maximum der eigenen Leistungsfähigkeit. Nun stellt sich die Frage: Wie komme ich da hin? Eins haben wir ja schon festgehalten, nämlich die Praxis hinter der Kamera. Ausnahme: Menschen, die sich selbst portraitieren, die sind nämlich auch davor. Doch es gibt noch viele andere Punkte, die hinzukommen, wie die folgende Frage, die generell im Unterbewusstsein viele Einsteiger eher Steine in den Weg wirft, als dass sie behilflich ist:

Denkt Ihr, dass Talent in diesem Kontext eine (große oder kleine) Rolle spielt?

Sebastian:
Ich glaube generell nicht so sonderlich an dieses ominöse Konzept Talent – auch wenn ich bei Fotografen, Musikern oder Künstlern, die ich bewundere, immer mal wieder dieser Idee vom Originalgenie, dem alles in die Wiege gelegt wurde, verfalle und mir vorstelle, wie genial derjenige sein Zeug einfach leichthändig umsetzt. In der Realität ist es wohl endloses Training und Training und Wiederholung.

Anders gesagt: Wenn ein Fotograf einer breiteren Öffentlichkeit das erste Mal auffällt, dann hat der meistens schon X Jahre Lern- und Übungszeit auf dem Buckel, in der er sicherlich auch viel Mist gebaut hat, das darf man nie vergessen, wenn man dann wieder über so ein Portfolio stolpert, bei dem man ein Bild besser als das andere findet.

So etwas wie absolute Naturtalente gibt es wohl in keinem Bereich, Säuglinge kommen ja nicht auf die Welt und fangen direkt instinktiv das Fotografieren an. Was ich aber schon glaube, ist, dass man in die falsche Richtung üben kann. Wer nur die Technik übt, aber nicht den Rest, der wird wohl eher kein guter Fotograf.

Marit:
Ich möchte den „guten Fotografen“ nicht nur so definieren wie Martin es beschreibt, sondern auch: Maximum der eigenen Leidensfähigkeit. Denn die gehört für mich dazu. Ich sehe das eher aus der emotionalen Ecke. Technik ist dann eher zweitrangig, man muss sie lediglich beherrschen. Eine Fotografie muss ja fesseln, den Betrachter anhalten, etwas zu fühlen.

Somit muss ein guter Fotograf auch mit Talent gesegnet sein. Talent definiere ich aber nicht damit, von Geburt an mit einer bestimmten Gabe ausgestattet zu sein, sondern eher über die Jahre dazuzulernen, in welcher Sparte auch immer. Im fotografischen Sinne setze ich da emotionale Intelligenz mit voraus, Situationen also richtig einzuschätzen, im richtigen Moment abzudrücken.

Oder auch Kommunikation mit Menschen, wenn es sich um Portraitfotografen handelt. Ich denke da vor allem gerade an Sally Mann. Der Fotograf ist mehr als die Summe seiner Teile, um mal mit Phrasen um mich zu werfen.

Aileen:
Ich denke, Talent spielt eine enorme Rolle. Ich habe sowohl schon Bilder gesehen, die gefesselt haben, obwohl die Technik nicht beherrscht wurde oder die Bildidee ganz einfach die technischen Möglichkeiten der verwendeten Kamera gesprengt hat und Fotografen, die unfassbar schnell unfassbar geniale Bilder gemacht haben.

Allerdings auch Bilder von Menschen, die schreiben, dass sie z.B. seit zehn Jahren intensiv fotografieren, die Ergebnisse sahen aber eher aus wie erste Versuche. Gut möglich, dass letztere solche sind, die Sebastian damit meint, dass man in die falsche Richtung üben kann, aber ich habe das bisher immer fehlendem Talent zugeschrieben.

Man kann auch hier mal andere Disziplinen als Vergleich betrachten: Kann man es lernen oder üben, gute Romane zu schreiben, Bilder zu malen oder Comics zu zeichnen? Auch da kann man die beschriebenen Phänomene finden und sich überlegen, ob man es Talent, Üben oder Lernen zuschreiben würde.

Martin:
Würdest Du, Aileen, dann sagen, dass Talent allein ausreicht und die Ausführung nur der Herstellung der Fotografie dient?

Aileen:
An der Frage selbst erkennt man ja eigentlich schon, dass Talent allein nicht (immer) ausreicht, denn erst durch die Herstellung der Fotografie kann man das Bild aus dem eigenen Kopf der Welt zugänglich machen. Es mag auch Menschen geben, die sogar das Talent für die Technik haben und sie spielend bedienen, aber ich schätze, dass die meisten nur das Talent für Ideen oder das Talent zum Lernen haben.

Marit:
Was ich noch interessant finde ist, inwieweit das äußere Umfeld mit dem Ausbilden von Fähigkeiten zu tun hat. Oder ganz anders gefragt: Was nimmt unsere Gesellschaft als Talent wahr und fördert diese? Ich sehe oft viele Bilder, da sage ich mir, der oder die könnte diese Bilder ebenfalls präsentieren, würde aber niemals in einer Ausstellung hängen. Ist das Prädikat „Talent“ also eher eine Feststellung von außen als von einem selbst?

Sebastian:
Aileen, kennst Du diese These von dem Psychologen Dr. K. Anders Ericsson, dass man so ungefähr 10.000 Stunden Übung braucht, um auf einem Gebiet wirklich gut zu werden? Ich finde das ziemlich einleuchtend und wenn ich es so denke, dann fällt der Punkt „Talent“ für mich eher raus. Talent ist dann vielleicht eher die Fertigkeit auf anderen Gebieten, die auch dazugehören, Vorstellungskraft zum Beispiel.

Oder Talent ist die Vorliebe, sich mit einer Sache auseinander zu setzen, so dass man auch wirklich mit Leidenschaft übt. Aber dieses von irgendwoher zum Himmel hereingefallene Talent mag ich bezweifeln. Wenn, dann kommt es meiner Meinung nach, wie Marit auch sagt, auf das Umfeld und die entsprechende Förderung an. Wenn Eltern oder Freunde fotografieren, dann entwickle ich möglicherweise eher ein Interesse daran.

Aileen:
Ich meine, von der These schon einmal gehört zu haben. Damit müsste ich mich jetzt tiefergehender beschäftigen. Vielleicht würde es meine bisherige Einschätzung zum Thema Talent ändern – diese ist ja auch nur eine persönliche Theorie ohne Rückhalt durch eine wissenschaftliche Untersuchung.

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Martin:
Schön, dass hier auch eigene Standpunkte überdacht werden. Gibt es für Euch denn Fotografen, von denen Ihr sagen würdet: „Der hat es geschafft und ist mir ein Vorbild“?

Marit:
Einen Namen habe ich ja schon genannt – Sally Mann. Mit ihrer Arbeit über ihre Familie hat sie es geschafft, sichtbar zu werden, indem sie eine alte Technik verwendet, um die Dichte von Nähe und Vertrauen zu verbildlichen. In einer Gesellschaft, in der es um Zeitersparnis geht und familiäre Kälte leider zum Dasein gehört, war das für mich ein fotografischer Urknall.

Aileen:
In meinem Sichtfeld sind unglaublich viele Vorbilder, ich könnte mich da nicht auf einen oder auch nur wenige Namen festlegen. Auf verschiedenen Plattformen folge ich einer fast unüberschaubaren Anzahl von Fotografen und Künstlern, die meisten von ihnen haben es in meinen Augen geschafft, einen sehr eigenen Stil zu entwickeln, der mich auf die eine oder andere Art fesselt. Immer wieder schade zu sehen ist leider, dass natürlich nur wenige davon es „geschafft“ haben im Sinne eines größeren Durchbruchs.

Martin:
Immer wieder spannend ist für mich auch die Frage des Systems oder Umfeldes, in das die Person hineingeboren wird. Ein Mensch, dessen Vorfahren künstlerischen Interessen folgten, wird viel früher mit diversen Elementen aufwachsen, als andere. Nicht selten wachsen aus Musikerfamilien auch Musiker heran, die einen Durchbruch schaffen. Dazu kommt natürlich auch die Zeit, in der jemand lebt. All das mitzubedenken finde ich signifikant, auch wenn klar ist, dass bisher kein Meister vom Himmel gefallen ist.

Mir wurde erst Jahre nach seinem Tod bekannt, dass mein Vater früher leidenschaftlich fotografiert hat und ich fand Kinderaufnahmen von mir, die mich ins Staunen gebracht haben. Weiter war er in jungen Jahren bis ins Alter Organist, Pianist und hatte eine große Liebe zur Klassik.

Sind Eure Eltern oder Großeltern künstlerisch unterwegs? Könnt Ihr da einen Zusammenhang sehen?

Sebastian:
Meine Eltern haben früher sehr viel fotografiert und sind beide auch in künstlerischen Berufen unterwegs. Mein Vater macht sehr viele handwerkliche Sachen, meine Mutter schreibt beruflich und privat.

Das spricht wohl ein bisschen gegen die vorherige Ansicht, dass es kein Talent gibt, allerdings erkläre ich mir das damit, dass ich halt von früh an irgendwie mit Dingen wie Schreiben und photographieren zu tun hatte. Man wächst da natürlich viel leichter rein, wenn die Tätigkeit schon im eigenen Umfeld etabliert ist, wohl gerade in der Kindheit.

Und irgendwann guckt man sich um, wer sonst so photographiert und findet “Vorbilder” oder eher Bilder, die einen sehr beeindrucken. Was ist spannend finde, ist die Rolle des Internets in dem Zusammenhang. Früher konntest Du Dich eben nur mit Eltern, Freunden vergleichen oder mit Photographen aus Büchern und Zeitschriften, aber die waren irgendwie gefühlt ganz weit weg. Heute ist man auf Plattformen mit sehr, sehr vielen sehr guten Photographen unterwegs. Ist natürlich die Frage, ob das ein Fluch oder Segen ist.

Aileen:
Meine Eltern waren auch beide als Kinder und Jugendliche kreativ, meine Mutter hat gemalt und gezeichnet und mein Vater hat dazu auch noch fotografiert. Die Frage, ob etwas durch Erziehung bzw. Gewöhnung durch Umgang im Alltag oder Vererbung beeinflusst wird, ist eine sehr interessante, ganz allgemeine Frage, die nicht nur in der Kreativität, sondern auch bei so explosiven Themen wie Intelligenz, Gewalt und Geschlecht eine Rolle spielt.

Das führt jetzt eventuell zu weit, aber ich lese gerade ein Buch („Das unbeschriebene Blatt“ von Steven Pinker) dazu, nachdem ich über eine kurze TV-Serie aus Norwegen (hier der erste Teil) gestolpert bin, die die inzwischen weit verbreitete These in Frage stellt, nach der wir alle mit den gleichen Möglichkeiten auf die Welt kommen und vor allem die Erziehung bestimmt, was aus uns wird.

Martin hat ja auch gesagt, dass er von den Fotografien seines Vaters erst spät erfahren hat. Meine Eltern habe ich auch nie selbst bei der kreativen Arbeit erlebt. Jetzt kann man sich auf so etwas zurückziehen wie ein ominöses Mitschwingen von Kreativität im Alltag, aber ein einfacher nachzuvollziehender Mechanismus ist die Vererbung von künstlerischen Tendenzen via der Gene.

Abgesehen davon, dass es einen vielleicht etwas beruhigt, dass man selbst und sein Umfeld weniger Einfluss als gedacht auf die eigene Kreativität haben, ist es für die Praxis als Fotograf aber wohl eher von untergeordneter Wichtigkeit, ob das vorhandene Talent durch Vererbung oder Erziehung entstanden ist. Außer, man wirft deswegen die Flinte ins Korn, weil man denkt, dass dadurch alles bereits vorbestimmt und keine Verbesserung mehr möglich sei – so ist es ja auch nicht.

Martin:
Oder man fällt darauf herein, zu glauben, man selbst hätte das alle ganz alleine geschafft – was ich in so manchem Unterton von denen, die sich gern als Profis profilieren. heraushören kann.

Interessant finde ich in diesem Kontext auch die Frage, ob ein guter Fotograf zwangsweise als ein solcher erkannt werden muss. Es gibt in der Geschichte der Kunst und Musik unzählige Fälle, in denen die Brillanz und das Können eines Kreativen zu Lebzeiten nicht wahrgenommen oder als solche in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Und dann gibt und gab es Menschen, denen die Öffentlichkeitsmeinung völlig egal ist, wie das wohl derzeit bekannteste Beispiel Vivian Maier zeigt.

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Zu guter Letzt haben wir in unserer Diskussion die Frage nach der Technik interessanterweise ausgespart. Zufall? Welche Rolle messt Ihr der technischen Qualität einer Ausrüstung bei?

Marit:
Ganz ehrlich? Keine besonders große. Der Geist hinter eine Sache ist entscheidend. Ob der Genius mit einer Plattenkamera, dem iPhone oder einer digitalen Spiegelreflexkamera unterwegs ist, hängt dann eben von den jeweiligen Vorlieben oder Möglichkeiten ab.

Aileen:
Oder eben dem Zufall, in welcher Situation und Stimmung jemandem etwas in die Hand gefallen ist. Dann bleibt man vielleicht dabei, obwohl man auch mit anderen Mitteln könnte. Völlig egal, solange man damit funktioniert.

Sebastian:
Die Technikfrage finde ich auch nicht wichtig, aber auch nicht ganz irrelevant. Natürlich kann man mit jeder Kamera richtig gute Bilder machen, aber die Technik zu beherrschen, ist schon wichtig, das ist wie mit den Regeln, die man kennen sollte, damit man sie brechen kann. Selbst wenn man nur mit dem iPhone fotografiert, wie Du bei Deinem letzten Projekt, Martin, dann muss man ja wissen, was man damit anstellen kann und was nicht. Das ist ein Lernprozess, der geht wieder über Übung.

Martin:
Welche Mittel und Wege habt Ihr eigentlich genutzt, um Euch fotografisch weiterzubilden? Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich zu Beginn unzählige Bildbearbeitungsvideos verschlungen, Podcasts gehört und Blogs gelesen habe. Außerdem habe ich fotografiert wie blöd (haha). Wie war das bei Euch?

Marit:
Ich war ganz egoistisch und habe mir einen Freund geangelt, der selbst Filme entwickelt hat. Von dem habe ich so gut wie alles gelernt, was ich heute über’s Entwickeln, Belichten und Komponieren weiß. Im Gedächtnis ist mir da vor allem das dunkle Bad und die Entwicklerdose geblieben, vor der ich einen riesigen Respekt hatte. Ich hatte Angst, etwas falsch zu machen, aber mit der richtigen Hilfestellung und der Möglichkeit, selbst zu hantieren, habe ich sehr viel mitgenommen.

Sebastian:
Bei mir waren das am Anfang ein bisschen meine Eltern, vor allem aber endlos viele Tutorials, Zeitschriften und vor allem auch diese schrecklichen Fotoforen, in die ich heute keinen digitalen Fuß mehr setzen würde. Was technische Sachen angeht, erzählen die Dir alles, was Du über jedes x-beliebige Objektiv wissen kannst.

Auf 300 Seiten Threads mit unzähligen nutzlosen Streitgesprächen dazwischen. Das hilft Dir dann zwar auch nicht weiter, weil Du dann immer noch keine Bilder gemacht hast, aber Du hast wenigstens das Gefühl, etwas gelernt zu haben. Fotografieren wie blöd, wie Martin das sagt, war und ist bei mir auch das Einzige, was wirklich funktioniert hat.

Aileen:
Ich denke, ich habe mich nie aktiv fotografisch weitergebildet. Ich habe einfach Fotos gemacht, Fotos von anderen angeschaut und eigentlich auch immer Fotos überall gezeigt, da bekommt man ja automatisch eine Rückmeldung der Betrachter. Irgendwann habe ich mal ein oder zwei Bücher über Fotografie (also Anleitungen) gekauft, aber die stehen ungelesen im Schrank.

Da hat ein guter Bildband mehr Chancen, angeschaut zu werden. Vielleicht fehlte mir da der Ehrgeiz, die technische Seite sofort vollständig zu beherrschen. Ich wollte eigentlich nur kreativ sein, mich ausdrücken, schöne Bilder machen. Dass ich das am besten machen kann, indem ich es einfach mache, war für mich selbstverständlich.

Martin:
So geht es mir heute auch. Ich kaufe mir zehn Mal lieber einen guten Bildband und denke darüber nach, wie das Bild wohl entstanden ist, anstatt mir zig Erklärungen durchzulesen. Jedoch war ich früher sehr dankbar über Fotografen, die alles bis ins kleinste Detail erklärten, da kam ich mir nicht ganz so doof vor.

~

Diese Fotografen waren für mich im wahrsten Sinne des Wortes „Vorbilder“ und ich habe eine lange Zeit versucht, so zu fotografieren, wie sie bzw. ist die Inspirationsdichte anderer Fotografen auch heute noch sehr hoch bei mir. Kennt Ihr das auch oder habt Ihr schon immer frei Schnauze drauflos fotografiert?

Sebastian:
Ich hatte das auch. Unendlich viele Bildbände geguckt, wirklich viel im Netz gesurft und irgendwann wurde mir dann zumindest klar, welcher Stil mich interessiert oder wirklich reizt. Da sind auch einige ganz konkrete Fotografen dabei, die in diese Richtung gehen, deren Arbeiten ich auch heute noch verfolge.

Ich denke, das gehört aber auch dazu, wenn man langsam einen eigenen Stil entwickeln will: Verstehen, was einem gut gefällt, was man gerne machen will (das können ja durchaus auch unterschiedliche Sachen sein) und dann erst einmal langsam lernen, da hinzukommen, auch durch Vorbilder. Aber natürlich nicht irgendwen kopieren, sondern sich davon ausgehend selbst finden.

Aileen:
Bei mir habe ich eher den umgekehrten Effekt beobachtet, dass meine Bilder den Arbeiten von anderen Fotografen stilistisch viel zu ähnlich sind. Da schlägt bei mir immer wieder der Anspruch durch, etwas Eigenes zu machen. Das war schon kurze Zeit, nachdem ich mit dem Fotografieren angefangen hatte so und ist auch jetzt noch so.

Zwischendurch fotografiere ich dann, habe Ideen oder denke auch mal wieder, dass es mir eigentlich egal ist, solange es mir Spaß macht. Aber diese innere Rebellion hat mich immer wieder vorangebracht, auch wenn ich nicht von heute auf morgen vollkommen eigenständige Arbeiten auf die Beine stelle.

Und wie seht Ihr das?

35 Kommentare

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  1. Eine interessante Diskussion. Ich denke, ein Fotograf muss auf allen Gebieten gewisse Fähigkeiten haben, aber vorwiegend muss er Talent haben. Sonst könnte es ja jeder mit der besten Kamera und ganz viel Training schaffen. So ist es leider nicht. Man sieht es ja auch im Sport, da kann man nur mit sehr viel Training und Aufwand an die Spitze aufschliessen. Und wenn man dann noch Talent hat, kommt man ganz nach vorne. Wichtig finde ich eigentlich nur, dass man mit Leib und Seele dabei ist, es grossen Spass macht und nicht ein primäres Ziel wie Geld verdienen oder die Selbständigkeit vor Augen hat…

      • In der psychologischen Debatte wird zumeist Motivation als wichtigster Punkt gesehen um fachbereichspezifische Expertise zu erlangen, in dem Diskussionsfall wohl das Fotografieren, da die meisten Menschen (softern nicht physisch/psychisch beeinträchtigt) fast die selben kognitiven und physischen Voraussetzungen haben. Deshalb finde ich, dass „Talent“ alleine ein winziger Faktor ist, welcher eher durch Erfahrungen und Praxis verstärkt werden kann. In der Diskussion innerhalb des Artikels fällt ein weiterer Augenmerk sehr stark ins Gewicht, die habituellen Faktoren… Sozialisation, Elternhaus, Freunde, Bildungszugänge etc. …

        Ich persönlich bin der Meinung, das Lernen ein hochgradig individueller Vorgang ist, die Interessenlagen jedoch stark von sozio-ökonomischen Faktoren beeinflusst werden und dann die Motivation hinter etwas enscheidet ob genügend Ansporn erreicht wird um Expertise zu erlangen.

        Meiner Auffassung nach ist der Wille ein „guter“ (sei es nun im Sinne von gefällig und/oder Selbstzufriedenheit als Ziel) Fotograf zu werden das entscheidende Moment.

        Dem Konsens, dass „Leid und Seele“ entscheiden, schließe ich mich gerne an. Bilder leben von Emotionen und wer leidenschaftlich dabei ist wird auf Dauer zufriedenstellende Ergebnisse erzielen.

  2. Wow, eine tolle Diskusion, auf die man auch nicht so schnell antworten kann.

    Zu den Büchern, ich habe mir einige zugelegt und da ich außer der für Fotografie mich noch für römische Antike und Programmiereung insteressieren denke ich einen ganz guten Vergleich zu haben was Bücher leisten. Die Bcher über Fotografie sind alle die ich bis jetzt in der Hand hatte schlecht. Es steht in allen exekt das gleiche drin: Was ist eine Blende, Verschluß usw. Was ist ein Teleobjektiv und was ist der goldene Schnitt evtl. noch Feininger. Würde ich alle redundanten Seiten aus den Fotobücher entfernen hätte ich wieder viel Platz.

    Foren usw., ich denke da muss manauch sehr sehr forsichtig sein. Ich war mal eine Zeit im Sony User Forum. Zum Glück habe ich vor einem Selbstmord mich dort verabschiedet. Menschen von denen man niemals ein Bild zu sehen bekommt kritisieren über anderer Fotografen Bilder was gibste was haste. Dabei wird überhaupt nicht berücksichtigt wie ich mir das Bild vorgestellt habe bzw. es haben wollte sondern nur wie der der die Kritik schreibt sich das Bild vorstellt. In öfentlichen Foren muss man sehr achten mit wem man diskutiert. In der FC habe ich einen kleine Menge von Leuten gefunden mit denden das sehr gut geht.

    Talent, ich denke ich habe es nicht bzw. woran macht man es fest? Ich denke es ist wie bei allem ben, üben üben. Im Moment möchte ich mich mit Stillleben befassen, meine Ergebnisse sind bestimmt nicht gut aber nach jedem Fotografieren habe ich das Gefhgl etwas dazu gelernt zu haben. Wenn jemand seit 10 Jahren fotografiert und die Bilder sind noch immer nichts dann hat er selbst seine Bilder sich nie angeschaut. Egal was ich mache zufrieden bin ichmit meinem Ergebnis nie, es gibt immer etwas dass ich beim nächsten mal anders machen würde.

    Technik, ist doch wichtig! Das Technik nicht wichtig ist sagen nur Fotografen die mit spitzentechnik arbeiten. Ein iPhone oder Holga wird nie gute/schöne Bilder produzieren außer man steht auf schlechte Bilder und findet dies schön. Ich habe selbst bis vor 2 Jahren nur mit Bridge Kameras gearbeitet und der Umstieg auf eine richtige DSLR war wie eine Neugeburt. der Sensor und die Möglichkeiten sind einfach besser. Meien Frau fotorafiert noch mit einer Kodak da sehe ich das immer wieder wenn wir zusammen etwas fotografieren, die Möglichkeiten sind einfach andere.

    Ich für mein Teil, der ich mal gut werden möchte, schaue mir Bilder an die mir gefallen und frage mich warum sie mir gefallen, umgekehrt bei schlechten Bilder die mir nicht gefallen. Dabei entstehen auch Ideen die ich dann versuchen möchte. So höffe ich einestages Bilder zu machen die mit Euren mithalten können. ich möchte gerne von Tipps anderer wie Euch lernen und es word für mich einaml selbstverständlich sein diese Tipps auch weiter zu geben.

    Gruß
    Oli

    • … Kamera und pipapo sind WERKZEUGE. Entscheidend ist, was damit veranstaltet wird. Du wirst zB keinen Tischler finden, der mit einer Begeisterung über Hobel, Feilen und Stechbeitel spricht, wie die Nutzer der Foren es über Kameras und Schnickschnack können. Du wirst auch keine Rechnung des Autowerkstattfritzen bekommen, auf der ganz fett draufsteht : Diese Karre wurde mit Hazet-Werkzeugen beackert. Und ohne weitere Nachfrage und Interesse wird das beim Bezahlen auch noch drei Mal wiederholt. Weil Hazet … Hazet, das ist state-of-the-Art, das ist das, was man haben muss. Nein, der Werkstattfritze hat das Zeug, weil es zuverlässig ist. Aus keinem anderen Grund. Der fasst das weder mit Samthandschuhen an, noch stellt er es des abends in die Vitrine und gibt sich feuchten Träumen hin.

      Technik im fotografischen Sinn ist Bildaufbau und Licht. Nicht die ganzen Helferlein, die einem das Leben einfacher machen. Das wollen viele aber so nicht wahrhaben, denn sie müssten feststellen, dass die extrem schwere dicke Hose zum Posen um Hals und Schulter …. nun denn. Gibt Leute, die machen ansprechende Kunst mit der Kettensäge. Eines meiner schönsten Portraits ever hab ich mit einer Kodak Box gemacht. Blende fest 5.6, Verschlusszeit ein reines Schätzeisen, je nach Laune der ganzen Federn da drinnen. Klick. Das iPhone der 1930er.
      Und selbst wenn die Möglichkeiten elektronischer Wunderkisten noch so doll sind, das Bild entsteht immer noch im Kopf, der das Teil bedient. Das, was da alles an Zaubereien eingebaut ist, das nimmt einem lediglich Arbeit ab, damit man sich mehr auf das Objekt davor konzentrieren kann. Wenn zB über Fotografen wie Lagerfeld ( hier könnte auch Terry Richardson stehen. Oder Jürgen Teller. Oder Lindbergh. Oder… ) in den «Fach»foren hergezogen wird, weil die sich die Kamera anreichen lassen, dann beschäftigen die sich mit dem Model. Merkst was ? Die kümmern sich um die Person, um das Objekt vor der Linse. Weil das das Werkstück ist, wenn du so willst. Nicht die Lampe, die das anstrahlt.

      • Ok, Hauke da gebe ich Dir soweit schon recht, keien Frage. Die Kamera sollte nicht angebetet werden wie das viele machen. Aber wenn das Werkzeug gescheit ist dann kann man auch vernümpftig arbeiten. Für den Schrauber in der Werkstatt wird selbstverständlich das bessere Werkzeiug einsetzen un djemand der von Autos keine Ahnunghat wird es auch mit dem besseren nicht reparieren können. Das Erkzeug muß schon stimmen, egal wobei.
        Gruß
        Oli

      • Ich bin nicht so der fan von Vergleichen, auch wenn du im _Grund_ recht hast. Aber eine Kamera und Objektive kann man nicht unbedingt mit einem eher unkreativen Beruf wie Automechaniker und seinem Werkzeug vergleichen. Jede Brennweite hat ihre Eigenarten und es ist schon relevant, das zu wissen und das technische dabei zu wissen. Es kann schon sinn machen mit Brennweiten von 11-400mm arbeiten zu können.

  3. Spannender Artikel der eigentlich die wesentlichsten Sichten umfasst. Bei mir ist das so das alles was ich mache aus der Intuition kommt. Ich fotografiere seit gut zwei Jahren auf diese Weise fotografisch, ohne mir über die Technik Gedanken zu machen. Auch die Bildgestaltung kommt aus dem Bauch raus, und ist selbstredend geprägt von unseren Sehgewohnheiten. Das ich das „so“ ohne Mühe umsetzen kann würde ich als grundlegendes Talent bezeichnen, und dabei ergibt sich auch automatisch wo etwas wie ein Stil. Jetzt fange ich gerade an konzeptioneller zu arbeiten, und damit fängt die Arbeit und die Anstrengung an, weil ich nun versuche aus den gewohnten Bahnen auszubrechen. Ob ich jemals ein beachteter Fotograf werde weis ich nicht, und es ist mir auch egal. Es geht mir bei der Beschäftigung mit der Fotografie nicht darum Schauwerte für andere zu liefern, sondern um meinen Weg etwas über mich selbst zu lernen, mich auch über dieses Medium auszudrücken. Erst jetzt schaue ich mir verstärkt auch Fotografien anderer Fotografen an, und lasse mich inspirieren. Manchmal ist das aber auch frustrierend, weil die schiere Masse an sehr guten fotografien erschlagend ist, und alles irgendwie schon umgesetzt erscheint. Trotzdem zeige ich natürlich auch meine Arbeiten und freu mich über Rückmeldungen. :-)

  4. … wer nicht träumen kann, wer nicht sehen kann, der wird seltenst was « grosses » zustandebringen. Sehen kann bis zu einem gewissen Maße erlernt werden ; das Träumen nicht. Die Mischung aus beidem macht für mich das « fotografische Talent » aus. Der eine kanns « einfach so », ein weiterer nach einer Weile, dem anderen werden gewisse Welten auf ewig verschlossen bleiben.
    Wer sich zudem mit seinem sujet nicht auseinandersetzt – der wird maximal im Mittelfeld bleiben.
    Die beiden meistgequälten Zitate « [i]Der entscheidende Augenblick[/i] » und « [i]Sind deine Bilder nicht gut genug, warst du nicht nah genug dran[/i] » : Beide beinhalten, dass man das, was man da ablichtet, kennt. Den entscheidenen Augenblick, den Höhepunkt der Aktion, den wird man auch mit 11 Bidern die Sekunde verpassen, wenn nicht bekannt ist, nicht geahnt wird, was gleich geschieht. Und zB Schmuck wird nie verlockend abgelichtet werden können, wenn du nicht nah genug an ihm dran bist, dich nicht mit dem Material und seinen Eigenschaften beschäftigt hast. EIn Model wird immer nur nach Kleiderständer aussehen, wenn ich mich nicht für die Person interessiere. Bestenfalls grinst es dämlich.

  5. Fand die Diskussion auch interessant! Es wäre aber auch schön, wenn sich jemand die Mühe machen würde, die Texte vorher durchzulesen und die ganzen Fehler zu korrigieren. Das stört beim Lesen. Beim nächsten Mal vielleicht? :-)
    lg

  6. Erfolg ergibt sich in unserer Gesellschaft nicht mehr aus Talent. Sondern wem du kennst, wie viele du kennst und wie gut du dich vermarkten kannst bzw. dich verkaufen. Natürlich musst du die Fähigkeit besitzen die Kamera zu bedienen und einen Instinkt für ein gutes Bild haben, ebenso Ideen. Aber im Detail fragt niemand mehr danach. Es gibt viele gute Künstler aus den verschiedensten Branchen, die aber nichts erreichen weil sie einfach niemanden kennen, der ihnen weiter hilft und sie selbst unfähig sind tätig zu werden oder sich selbst zu vermarkten.

    Über den Weg wie man dorthin kommt, wie man etwas anstellt, wie man die Technik etc. lernt, da gibt es mit Sicherheit verschiedene Wege und jeder Fotograf glaub, seiner ist der richtige. Ich bin der Meinung, es ist besser sich auf Bücher, Video-Trainings und Bilder guter Fotografen zu orientieren, als die Masse an Fotos in Foren, Blogs und Fotoseiten durchzuackern. Ich bin der Meinung das schlechte Fotos Auswirkungen auf einem selbst haben, weil man sich damit misst und damit denkt man, das man besser ist als andere. Dabei liegt der Weg gut zu sein, noch ganz weit vorne. Ich erlebe dieses Schauspiel immer wieder. Für mich heißt es auf alle Fälle, auf dem Boden bleiben und meinen Weg zu gehen. Egal was die anderen sagen. Und wenn es falsch ist, dann hatte ich noch immer meinen Spaß dabei :)

  7. Interessante Diskussion. Spontan ist mir dabei durch den Kopf gegangen, ob Maler, Schrifsteller, Architekten, Bildhauer etc. gleichartige Diskussionen führen??

    Und ich bin froh, ein Amateur und Hobbyfotograf sein zu können.
    Mir liegt da Andreas Feininger am Herzen:

    „Ein Amateur ist jemand, der etwas aus Liebe zur Sache tut. Das Wort Amateur kommt vom lateinischen amator, „Liebhaber“, und von amare, „lieben“. Das sollte man nie vergessen, denn in dem Wort liegt der Schlüssel zu Erfolg: Was man nicht mit Liebe tut, wird man nie wirklich gut machen. Auf Fotografie bezogen heisst das: Wenn man das Motiv, das man fotografieren möchte, nicht „liebt“ – d.h., kein echtes Interesse an ihm empfindet – sollte man es übergehen und den Film für eine für eine bessere Gelegenheit aufheben, denn das Foto kann einfach nicht „gut“ werden. Hier haben Amateure einen unbezahlbaren Vorteil gegenüber den „Profis“. Berufsfotografen verdienen sich mit dem Fotografieren ihren Lebensunterhalt. […]
    Sie sind nicht „frei“. Dagegen fotografieren Amateure nur zu ihrem eigenen Vergnügen. Als ihr eigener Herr können sie machen, was sie wollen – sie sollten wahrhaft glücklich sein. Leider wissen aber anscheinend viele Amateure dieses kostbare Privileg der Freiheit nicht zu schätzen, denn sie machen sich freiwillig zu Sklaven – Sklaven ihres Drangs zur Nachahmung. Unfähig, sich aus den Banden der Tradition zu lösen, fotografieren sie unentwegt die gleichen Motive, die schon längst „zu Tode strapaziert“ worden sind, wahrscheinlich in der Annahme, was anderen Fotografen Erfolg einbrachte, müsste dasselbe für sie tun.“

    Andreas Feininger, 1973

    • Deshalb ist es auch für uns wichtig freie Projekte zu verwirklichen ;-) Und es ist durchaus möglich, so sehr ich Herrn Feiniger auch schätze, die Leidenschaft beizubehalten… und heute, bei all dem Wettbewerb hebt man sich nur davon ab, dass man man selbst bleibt. Kein Hochzeitspaar bucht mich nur, weil ich tolle Photos mache, denn es gibt einen Haufen anderer Photographen, die auch tolle Bilder machen… nein, meine Paare buchen mich, weil sie sagen: „Ja, diese Photographin möchten wir einen halben, oder einen ganzen Tag lang um uns herum haben.“ Und das ist toll, und dafür bin ich jedes Mal dankbar.

    • Das Feininger-Zitat kann ich nur beipflichten. Auch wenn ich als ‚Profi‘ mich oft genug in diesen Fesseln des Auftraggebers einschnüren lassen muss.
      Es sind zwei Dinge, die nicht mit einander vergleichbar sind. Der Profi wird geachtet eine Vorgabe so aussagekräftig wie möglich umzusetzen, was an sich auch eine wertvolle, technische UND kreative Fähigkeit ist, die durchaus spannend und herausfordernd sein kann. Es fördert das konzeptionelle Denken und wenn man wirklich gut ist, wird man gerade beauftragt, WEIL man einen bestimmten eigenen Bildstil hat.
      Was die Amateure betrifft: Da trifft der Feininger es genau auf dem Punkt. Man braucht nur die Foren und Communities zu durchstöbern, um fest zu stellen, dass der Großteil der ‚Hobbyfotografen‘ tatsächlich mit der Nachahmung beschäftigt sind, da wo sie doch eigentlich alle Freiheit hätten, sich selbst frei zu entfalten. Für mich liegt dort die Trennlinie zwischen einem guten ‚Amateurfotograf‘ und ein ‚Hobbyfotograf‘. Leider erlebe ich immer wieder, dass Fotoclubs nur wettbewerbsorientiert diesem Ziel nacheifern, statt Amateurfotografen zu fördern kreativ-konzeptionell zu denken. Die, die sich als Amateur davon unterscheiden, sind für mich die wirklich gute Fotografen. Aus künstlerische Sicht, wohl zu verstehen.

    • Ich schließe mich den Aussagen Feiningers voll an.
      Ich habe lange eine Möglichkeit gesucht, meine Kreativität ausleben zu können. Beim Fotografieren bin ich dann hängengeblieben. Anfangs noch etwas technikfixiert, stellte ich fest, daß Fotografieren etwas meditatives für mich hat.
      Deshalb sage ich heute auch nicht „ich gehe fotografieren“, sondern ich „gehe angeln“.

      Mit welchem Gerät schlußendlich ein Foto entsteht, ist mir egal; ich hab auch mit Handy schon geniale Momente eingefangen.
      Es ist ein eintauchen in die Stadt, ihre Hektik und die darin herumwuselnden Menschen. Dort stelle ich mich dann mit dem Stativ mitten rein. Entspannung pur!
      Es gibt in meinem Umfeld ein paar Leute die ständig irgendwas an Ihrem Equipment zu bemängeln haben, insgesamt in 4 Wochen aber noch keine 10 Fotos gemacht haben – welche mir dann aber erklären, was ich denn so falsch mache. Naja….

      Für mich als Amateur ist die „Liebe zur Sache“ die wichtigste. Ich bin nicht gezwungen, irgendwas bestimmtes zu tun, kann mich treiben lassen und daraus entstehen manchmal Fotos, über die ich selbst erstaunt bin.
      So, und jetzt geh ich angeln….

  8. Ich persönlich denke nicht, dass Talent alles ist, oder das es einen groß Teil der photographischen Fähigkeit ausmacht. Vielleicht sind es nicht 10% Talent und 90% Fleiß, aber ich bin der Meinung, dass jeder Fotografieren kann bzw. es lernen kann. Der Wettbewerb unter Fotografen war nie grösser, was meine These unterstützt.

    In meinen Kursen ermutige ich meine Schüler viel zu fotografieren, Hausaufgaben sind daher ein fester Bestandteil des Kurses, denn nur durch Praxis festigt man das Erlernte und nur durch Erfahrung kann man „echte Wissen“ erwerben. Ich fotografiere seit 16 Jahren, seit sechs Jahren (nach meinem Kommunikationsdesignstudium mit Schwerpunkt Fotografie) lebe ich davon. Wenn ich die alten Bilder durchsehe, dann verstehe ich viele davon nicht mehr, und würde generell anders an die Umsetzung heran gehen. Ich bin routinierter, mich bringt so schnell nichts mehr ins Schwitzen, aber bin ich fertig? Perfekt? Wohl kaum, ich werde in 3 Jahren zurückblicken und bestimmt über die Bilder von 2012 sagen: „Wow, da sind ein paar wirklich tolle Bilder dabei! Aber heute, heute bin ich noch viel, viel besser.“ Und das gilt meiner Meinung nach nicht nur für die Fotografie sondern für das ganze Leben, denn man lernt immer aus seinen Erfahrungen, und wenn man sich wirklich mit Leidenschaft hinter was auch immer klemmt, dann wird man erfolgreich sein.

    Und ganz, ganz wichtig ist wirklich sich Fotos anzuschauen, denn auch dadurch lernt man – frei nach dem Motto: „Feed your skills“

  9. Sehr wichtig finde ich den Kopf frei zu haben. Druck abzubauen und völlig frei fotografieren zu können.

    Sich keine Gedanken um das technischen Equipment machen zu müssen, keine Gedanken bez. anderen Projekten die noch anstehen, keine Gedanken an die Studienarbeit mit der ich im Rückstand stehe, keine Gedanken über das dicke Minus auf dem Konto, keine Gedanken über die Freundin mit der man auch schon lange nichts mehr gemeinsam unternommen hat.

    Persönlich löse ich mich aktuell von vielen anderen Hobbyprojekten, schaue das mein Leben im Gleichgewicht ist und ich mir keine Sorgen machen brauche.

    Ich freue mich auf die Zeit in der ich mich dann völlig „mit Leib und Seele“ der Fotografien und meiner 1000 Ideen widmen kann.

  10. Ich habe mich an einem Wort aufgehängt… und zwar Leistungsfähigkeit. Denn ich finde, dass erstmal der Leistungsgedanke in unserer Gesellschaft schon viel zu hoch gehalten wird, zum anderen aber, dass er völlig absurd, da nicht messbar ist, zumindest in diesem Fall. Wenn ich leistungsfähig bin, da ich 3 T-Shirts am Tag nähen kann – wie bin ich dann hinter der Kamera leistungsfähig? Wenn ich zwanzig nette Fotos mache oder ein richtig gutes oder tausend bei denen ich etwas gelernt habe? Und ist es Leistung, wenn 1000 Leute mein Landschaftsbild ganz hübsch finden oder ist es Leistung, wenn ich ein Portrait mache und die Person überglücklich darüber ist, weil es in ihren Augen gelungen ist?
    Ich finde den Punkt wichtig – dass man nichts leisten muss – sondern mit Herz fotografiert.

    Davon abgesehen gibt es finde ich durchaus ein Talent, wenn es darum geht, Kreativität umzusetzen und Ideen zu visualisieren. Man kann vieles lernen, aber nicht alles.

  11. Puhhh das ist natürlich ein sehr spezielles thema (zumindest meiner Meinung nach).
    Was ist (k)ein guter Fotograf?
    Ich denke das ist eine absolute Ansichtssache.
    Es gibte viele bekannte Fotografen, von denen viele sagen das sie gute Fotografen sind und ich kenne einige gute Fotografen von denen einige sagen das sie es nicht sind.
    Ich denke also das es schwer ist über jemanden zu sagen das er schlecht oder gut ist.
    Meiner Meinung nach muss ein guter Fotograf in vielen Bereichen verstehen worum es wirklich geht.
    Ein guter Fotograf muss nicht unbedingt fotografisch talentiert sein. Vielleicht hat er einfach das Talent sich gut zu verkaufen.
    Meiner Meinung nach kommt es auch nicht unbedingt auf das „technische Wissen“ an. Ich kann von mir sagen, das ich viele Dinge in der Technik nicht weiß aber trotzdem gelange ich meistens an mein gewünschtes Ziel.
    Im großen und Ganzen würde ich sagen, das ein „guter Fotograf“ einen gewissen Instikt für die Fotografie entwickeln muss bzw. ihn besitzt.
    Die wichtigsten Attribute eines „guten Fotografen“ sind meiner Meinung nach:
    1. Selbstkritisch seiner Arbeit gegenüber zu sein (natürlich auch der kritik von außen offen gegenüber zu sein)
    2. Der Wille sich ständig verbessern zu wollen
    3. Offen neuen Dingen gegenüber zu sein
    4. Seine Meinung zu vertreten und kein „Arschkriecher“ zu sein
    und zu guter letzt, sollte seien Person, genauso wie seine Arbeiten „charismatisch“ sein.

    Das ist meine Meinung zu diesem thema aber das sehen bestimmt viele leute anders.
    LG Max

    • Man könnte das alles ja auch noch ein wenig egoistischer sehen. Kann ich sagen ich bin ein guter Fotograf wenn mir meine Bilder selbst sehr gut gefallen? Bzw. kann ich sagen ich bin schlecht wenn meine Bilder zwar gekauft und bezahlt werden ich selbst sie aber nicht für etwas besnderes halte?

      Gruß
      Oli

  12. Hallo Simon, man kann die Frage schon stellen. Man sollte nur keine eindeutige und einzig wahre Antwort erwarten. Wir wollten das Thema nur mal von verschiedenen Seiten und aus Blickwinkeln verschiedener Menschen betrachten, Denkanstöße auslösen und sowas. Es gibt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

  13. Eine schöne und spannende Diskussion mit vielen interessanten Anmerkungen.
    Um nichts zu wiederholen vielleicht nur eine kleine Anmerkung, was der berühmte Prof. Dr. Otto Steinert zu seinen Schülern gesagt hat, wenn es um technische oder ähnliche Fragen ging. “ Entscheidend ist, was auf dem Tisch liegt ! “ Gemeint waren die 30 x 40 Vergrößerungen, die bei seinen Korrekturstunden Pflicht waren, und die er im schlimmsten Falle mit seinem Stempel „SCHEISSE“ qualifizierte.
    Menschlich war der Mann unmöglich, aber am Ende sind etliche GUTE Fotografenaus seiner Schule hervorgegangen.
    Nicht wenige als Professoren an deutschen Hochschulen.

  14. Fotografie ist kein Ersatz für eine Religion, es gibt keine 10 Gebote, kein Richtig und kein Falsch! Es gibt keine absoluten Regeln, keine Kameramarke, gar nichts, was einen zu einem besseren Fotografen “macht”. Das Ziel von Fotografie sind Bilder, nicht besser zu sein oder die bessere Kamera zu haben.
    Passt zum Thema, Quellenangabe: „Der Stilpirat“

  15. Hat man es, oder erarbeitet man es sich, dieses raetselhafte „Talent“? Ich denke, jede,r wird gepraegt und laesst sich bewusst praegen. So ist es also zT erwerbbar.

    • Eine sehr interessante Diskussion zu einem interessanten Thema.

      Bereits 1859 hat ein (leider nicht namentlich bekannter) Zeuge eine dokumentierte Aussage vor einem Gericht geäußert:

      „Die Theorie der Fotografie lässt sich in einer Stunde lernen, die ersten praktischen Lektionen innerhalb eines Tages. Was aber nicht gelernt werden kann werde ich ihnen* jetzt verraten: es ist das Gefühl für das Licht!“

      *dem Richter; Anmerkung von mir

      Das macht in meinen Augen die wirklich großen Fotografen aus, das sie ihre Motive ins rechte Licht rücken. Malen mit Licht! Wäre dem nicht so, könnte man ein Bild von Feininger einfach nachfotografieren, indem man sein Stativ einfach an der selben Stelle aufbaut und das selbe Motiv fotografiert. Feininger war die benutzte Technik übrigens extrem wichtig. Er hat sich u.a. selbst Objektive gebaut, weil er mit vorhandenen Mitteln seine Motive nicht umsetzen konnte.
      Das kann man eigentlich bei fast allen großen Fotografen des letzen Jahrhunderts beobachten, das sie auch bei ihrer Ausstattung keine Kompromisse eingingen, nur stand die Technik nicht so im Vordergrund wie das heute leider gefühlt so ist.

      Zum Thema Talent muss ich Sebastian Recht geben. Die Studie kenne ich und sie ist überzeugend.
      Man hat über lange Zeit Musik-Studenten beobachtet, die, welche Erfolgreich waren und solche, die es nicht waren. Das Fazit: die erfolgreichen Studenten haben deutlich mehr und vor allem intensiver musiziert.
      Dennoch erklärt diese Studie nicht, warum manche Menschen wie Beispielsweise S. Ramanujan bereits von Kindesalter an Genies waren, ohne entsprechende Möglichkeiten der Entwicklung und Zugang zur Bildung.

  16. Ich glaube es ist eine Mischung aus Talent, Gespür, Technik und den willen sich immerwieder neu zu erfinden! Nach neuen Ideen suchen und niemals auhören zu lernen!
    Ich gebe selbst sehr viele Seminare, bilde mich aber stätig weiter um am laufenden zu bleiben!

  17. Liebes Querfeldein-Team,

    eine super spannende Diskussion! (… zu der ich es wage, auch noch meinen Teil beizutragen :-) ).

    1. Talent: Es gibt bestimmte Dinge (Fähigkeiten, im Sinne von Werkzeugen), die jemand mitbringen kann, die eine ‚bessere‘ Grundlage legen, als sie andere haben (z.B. ein absolutes Gehör als Musiker). – Aber davon kommt man nicht automatisch auf ein hohes Niveau.
    Ich bin vor kurzem (über ein Interview bei Chase Jarvis) auf den Autor Robert Green und sein Buch ‚Mastery‘ gestossen. – Das bringt es ziemlich gut auf den Punkt: Die ‚Begeisterung‘ (im Sinne von Berufung, …) für ein Thema muss in einem sein! (… das verdeutlicht er auch im Blick auf Spezialisierung in einem Themenbereich). Er spricht auch davon, dass es keine Abkürzungen gibt! (… eigentlich schade :-)) )

    2. Technik: Ist wichtig, aber nicht so aufwendig zu lernen, aber erfordert Praxis um sie ohne grosses Nachdenken umsetzten zu können und den Kopf frei für die anderen Dinge zu haben. – Top Ausrüstung garantiert keine guten Ergebnisse; schlechte Ausrüstung setzt Grenzen (in denen man aber durchaus erstklassiges hervorbringen kann und manchmal ist es viel wirkungsvoller sich eine Weile in engen Grenzen zu bewegen und sich auf das Wesentliche konzentrieren zu müssen).

    3. Kreativität: Das ist in der Fotografie m.E. in vielen Bereichen ziemlich wichtig und muss/kann trainiert werden (Begeisterung vorausgesetzt).

    4. Lernen: Ist Entscheidend. Das, wie mir scheint, aber sehr unterschiedlich umgesetzt wird. Mir persönlich helfen Blogs von Profis (e.g. Digital Pro Talk, Neil van Niekerk, …). Technikforen haben sich für mich als praktisch komplett wertlos herausgestellt, bei Büchern gibt es grosse Unterschiede (ich finde z.B. auf dem deutschen Markt nur wenig sinnvolles, dafür aber eher im englischsprachigen Raum). Viel lernen kann ich von guten Lernvideos (nicht die Art wie foto.tv, …) sondern eher Dinge wie sie Peter Hurley produziert hat oder wie man sie auf Ice Society finden kann.

    … nicht zuletzt helfen einem aber auch Foren wie Kwerfeldein, die Begeisterung für das Thema Fotografie zu erhalten und auf neue Gedanken zu kommen.

    In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön an das Team von Kwerfeldein,
    Euer RKern.

  18. Blogartikel dazu: Kennen Sie Otto Steinert? | street62.de