13. August 2010 Lesezeit: ~4 Minuten

Warum sind das so komische Zahlen?

2.8; 3.5; 4; 5.6; 6.3 – um nur einige zu nennen – sind alles Blendenzahlen, die dem Fotografen in Fleisch und Blut übergehen, sobald er mal einige Zeit ernsthaft fotografiert. Wir alle Wissen natürlich, dass das runde Loch im Objektiv (auch Blende genannt) kleiner wird, wenn man die Blendenzahl höher einstellt, so dass weniger Licht bis zum Sensor durchkommt.

Blendenring eines Objektivs

Als ich gerade mit dem Fotografieren angefangen hatte, hab ich in einem Forum gelesen, dass es von Blende 5.6 bis Blende 8 nur eine einzige Blende Unterschied ist. Das heißt, dass bei Blende 5.6 genau doppelt so viel Licht auf den Sensor (oder auch Film) fällt, wie bei Blende 8. Demnach braucht man bei Blende 8 eine doppelt so lange Belichtungszeit wie bei Blende 5.6.

Blende eines ObjektivsDamals hab ich die Welt nicht mehr so recht verstanden und war ehrlich gesagt total perplex. Mir schwirrten Gedanken im Kopf herum wie: „Blende 5.6 + 1 Blende = Blende 6.6 und nicht 8“ oder „nach 5.6 kommt doch erst mal 6.3“.

ABER: Ganz so dumm wollte ich natürlich nicht bleiben und deshalb hab ich über die Sache nachgedacht und recherchiert und dieses Wissen möchte ich jetzt mit Euch teilen. Noch mal zur Erinnerung: Die Blendenzahl hat keine Einheit, sie ist schließlich nicht die Angabe des Durchmessers in Millimeter, sondern der Quotient aus Brennweite und Durchmesser der Kreisöffnung. Das heißt:

Blende Brennweite Öffnungsweite

Damit sich von Blendenstufe zu Blendenstufe die Belichtungszeit verdoppeln bzw. halbieren kann, muss logischerweise halb bzw. doppelt so viel Licht auf den Sensor fallen. Die Fläche des Kreises, durch den das Licht fällt muss also verdoppelt bzw halbiert werden.

Das würde man aber nicht erreichen, wenn man den Durchmesser der Blendenöffnung verdoppeln oder halbieren würde. Die Blende ist im angenommenen Idealfall kreisrund. Um die Fläche des Kreises, durch den das Licht fällt zu verdoppeln bzw. zu halbieren muss man den Durchmesser des Kreises mit der Wurzel aus 2 (also rund 1,4) multiplizieren/dividieren.

Und jetzt ein Beispiel

Na? Klingelts? 1,4 hab ich doch schon mal irgendwo gehört!! Na klar! 1,4 ist natürlich eine Blende in der Blendenreihen. Blende 1.0 würde bedeuten, dass die Brennweite des Objektivs (also zum Beispiel 50mm) genau dem Durchmesser der Blendenöffnung entspricht. Die Fläche, durch die das Licht auf den Sensor fällt wäre 19,63 cm².

Wenn man jetzt den Durchmesser der Blendenöffnung durch 1,4 (Wurzel aus 2) teilt, hätte die Blendenöffnung nur noch ca 36 mm Durchmesser und die Fläche, durch die das Licht scheint wäre mit 9,82 cm² halb so groß wie vorher es kommt deshalb auch genau halb so viel Licht durch. Wir haben jetzt eine Blende von Blende 1 auf 1,4 abgeblendet. (Puh, man kann sich das abblenden aber auch ganz schön schwer machen ;) )

Daraus ergibt sich folgende Reihe der ganzen Blenden:

Blendenreihe

Die Reihe lässt sich natürlich beliebig fortsetzten.

Und woher kommen jetzt die Zwischenschritte?

Die Zwischenschritte sind schnell verstanden, wenn man den Rest schon kapiert hat. Bei Blende 4,5 ist die Fläche, durch die Licht auf den Sensor fällt um ein Drittel größer als bei Blende 4. Deshalb kommt natürlich auch ein Drittel mehr Licht durch. Bei manchen Objektiven hat man keine Drittelblenden-Rasterung sondern eine Halbblenden-Rasterung bzw. man kann das in der Kamera umstellen. Ältere Linsen kann man nur auf ganze Blendenstufen einstellen.

Für mich ist dieses Wissen nur ein Nice-to-know-Wissen, aber wenn jetzt jemand fragt: „Du bist doch Fotograf, erklär doch mal…“, muss ich nicht mehr ratlos mit den Schultern zucken. An den Fotos, die man macht, ändert es aber meiner Meinung nach nichts, wenn man es weiß. Mich hats nur irgendwie gezwickt, weil ich da was nicht kapiert habe.

Ich hoffe, dass ich diese extrem trockene und seit langem erste technische Thematik einigermaßen verständlich vermitteln konnte. Wenn Ihr noch Fragen habt, könnt Ihr diese gerne als Kommentar hinterlassen!

49 Kommentare

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  1. Blogartikel dazu: Blaue Gummiente » Blog Archive » Die Blende mal ausführlich erklärt

    • „Bei Blende 4,5 ist die Fläche, durch die Licht auf den Sensor fällt um ein Drittel größer als bei Blende 4. Deshalb kommt natürlich auch ein Drittel mehr Licht durch.“
      Muß das nicht umgekehrt sein? „Bei Blende 4,5 ist die Fläche um ein Drittel kleiner, deshalb kommt ein Drittel weniger Licht durch die Blende 4,5 im Vergleich zu Blende 4,0.“

  2. Sehr interesant und gut geschrieben. Das ganze Thema Blende, Belichtung und ISO ist zu Beginn für jeden wirklich nicht einfach zu verstehen. Man kann es aus meiner Sicht als Einstiegshürde zur Fotografie verstehen (wenn man nicht nur im Vollautomatik-Modus fotografieren will). Mittlerweile gibt es aber viele gute Artikel, die den gordischen Knoten zerschlagen helfe. Deiner gehört definitiv dazu! Vielen Dank dafür.

  3. Sehr gut! Das wollte ich schon immer mal wissen :) Hatte total vergessen mich darüber mal zu erkundigen, nachdem ich in einer Community mal ne Diskussion gelesen, weshalb es keine Blende 0.9 gibt. Dank des Beitrags hab ich’s endlich gerafft. Danke :)

  4. Sehr schön!! Ich finde, sowas darf auch mal wieder auf Kwerfeldein.de sein!

    Gute Sache.. ich hab das zwar alles schon mal irgendwann gelesen, aber den Hintergrund braucht man ja so selten zu wissen, das ist wieder in die dumpfen Ecken des Gehirns abgerutscht… ;)

  5. Das sind die Dinge, welche die meisten am Anfang gar nicht wahrnehmen. Die denken einfach, das ist von der Konstruktion her einfach so, dass man Zwischenwerte (also mit Komma *g*) einstellen kann.

    Interessanter ist die Tatsache, dass das auch in die andere Richtung geht, also bei 1 abwärts: 0.7, 0.5, 0.35… Das sind dann interessante Objektive, nur die Konstruktion wird recht schwer und damit geht der Preis rauf :) Ich weiß jetzt nicht mehr genau welche Grenze das war, aber ab irgendwann muss die Kamera im Objektiv sein, um das zu realisieren *g*

    Beispielbilder vom Canon EF 50mm/F1: http://de.pixel-peeper.com/lenses/?lens=12903 – das wär ein Objektiv :)

  6. Hmmm…
    „Wir alle Wissen natürlich, dass das runde Loch im Objektiv (auch Blende genannt)…“
    Ich weiß ziemlich genau, dass keines der (meistens runden) Löcher „Blende“ genannt wird. Die Blende ist das, was sich dem Licht entgegen stellt und kann daher keine Öffnung sein.
    Ich mache 3 Kreuze an dem Tag an dem endlich alle Fotografen „Blende“ sagen, wenn sie die Blendenzahl (und nicht das Öffnungsverhältnis) meinen. (-:

    -> http://www.dieolsenban.de/blog/2010/01/28/blende-blendenoffnung/

    • @ Herr Olsen:
      Ja du hast Recht, die Blende ist natürlich nicht die Öffnung, durch die das Licht kommt, sondern das, was außenrum ist und das Licht „aufhält“.

  7. Blogartikel dazu: Gute Erklärung der Blendenzahlen

  8. Ich möchte mich herzlich für den Beitrag bedanken, gewusst habe ich das schon mal, nur das ist lange her. Auch auf diese Seite bin ich neu gekommen, da ich ein Wiedereinsteiger bin. Die Begeisterung am Fotografieren, die ich mal hatte wurde in der letzten Zeit immer mehr geweckt. Nun heißt es Aktion damit es nicht wieder einschläft.

    LG
    Robert B.

  9. Auf meinem Objektiv steht als maximale Blendenöffnung 1:2,8. Also ein Bruch. Als Blendenzahl wird meist nur der Teil unter dem Bruchstrich angegeben. Und natürlich ist 1/4 mehr als 1/8, Kurzschreibweise ist dann oft f/2,8.

    • Richtig Frank!! „Wir alle Wissen natürlich, dass das runde Loch im Objektiv (auch Blende genannt) kleiner wird, wenn man die Blendenzahl höher einstellt, so dass weniger Licht bis zum Sensor durchkommt.“
      Und dies ist nur dann logisch wenn man weiß, dass man ja den Bruch nimmt 1/Blende was bedeutet: 1:1,4 (=0,714) viel Licht und 1:8 (=0,125) weniger Licht.

  10. Interessant wäre noch die Frage, warum gerade Makroobjektive weit über f/22 hinaus abblendbar sind? Mein 105mm Nikkor z.B. lässt sich bis f/32 abblenden. Liegt dies an der Konstruktion oder am Einsatzbereich?

    • Natürlich liegt es an der Konstruktion – weil Makroobjektive eben auf den Einsatzbereich konstruiert sind.
      Da kleine Blendenöffnungen erstens Bildfehler reduzieren und zweitens die Schärfentiefe erhöhen (was ja gerade bei solch Abbildungsmaßstäben, wie sie bei Makroobjektiven erwünscht sind), konstruiert man die Dinger eben so.

      mfg, pgs

    • im Makrobereich ist die Schärfentiefe immer ein Problem, und da kleine Blende einen größere Bereich scharf erscheinen lässt, wäre dann wohl der Einsatzbereich der Grund für die kleinere Blende.

      Gruß
      Jürgen

    • Einsatzbereich, da Entfernung sehr gering == geringe Schärfentiefe, was bei Makroaufnahmen häufig unerwünscht ist.

      Ob Blende 32 noch ne gute Bildqualität bringt, ist die andere Frage :)

      • Zu der Beugung und der Blende:
        Ganz grob kann man sagen die Blendenzahl entspricht der maximale Auflösung in der Sensorebene in Mikrometer [µm].

        Bei Blende 1:32 werden also Details nicht wesentlich feiner aufgelöst als 32 µm. Das sind je nach Kamera schon einige Pixel.
        Bei meiner alten EOS 5D mache ich mir bis Blende 1:8 keine Gedanken wegen Beugung. Bei einer Kamera mit 2 µm Pixelgröße sollte man sich schon ab Blende 1:2 Gedanken machen – 4/3 läßt grüßen.

        Da man aber üblicherweise Bilder nicht zum Pixelpeeping macht, darf man getrost auch mal weit abblenden!

  11. DANKE!!!
    …ich hab mich schon 2 mal daran gesetzt und irgendwie abends mal versucht mich da bisschen zu belesen, allerdings irgendwie – hm. Aber jetzt hats geklappt…auch wenn es mir beim Fotografieren wahrscheinlich nur wenig direkt bringt (außer, dass ich jetzt mein 50mm f/1,8 gegen ein f/1,4 tauschen will :D ) ists ganz interessant und man kann sich vielleicht dann einiges erklären.

  12. Ein toller, sehr lesenswerter Beitrag, und auch noch amüsierend zu lesen. Erinnert auch an die eigenen Anfänge, wo man damit anfänglich haderte.

    Einsteigern welche ich in ihren ersten Schritten begleitete, gab ich oft mein Gossen Lunasix3 – ein klassischer Handbelichtungsmesser mit Drehscheiben – mit. Danach war es der jeweiligen Person fast immer klar, worums da in den BlendenZeit-Paaren im Zusamenhang mit der Empfindlichkeit geht. Wer Mühe mit dem Verständnis um diese Angelegenheit hat, dem kann ich ein solches Gerät (kann man ja auch billig und defekt ausschliesslich zu lernzwecken gebraucht kaufnen) an’s Herz legen. Und natürlich : wenn man wissen möchte, wie gross denn nun die betrefende Blende effektiv ist, die Abblendtaste an der Kamera benutzen und vorne am Objektiv hinein schauen. Dafür ist diese Taste/Funktion ja auch da – um die Wirkung der Blende zu beurteilen.

  13. Ich finde so ne technische Abhandlung zwischendurch spitze. Hast Du sehr schön geschrieben und erklärt. Wäre fr den Mathemuffel vielleicht noch nett gewesen zu erklären wie Du vom Durchmesser der Blendenöffnung auf die Fläche kommst (i.e. für 50 mm Blendendurchmesser; Kreifläche = pi*radius^2 = 3.14 * 25 mm * 25 mm = 1962.5 mm^2)

    Gruß Martin

  14. Ergänzung : Streng genommen handelt es sich beim Verhältnis „Blende – Lichtmenge“ um eine relative Grösse.
    Das sich „alte Objektive“ lediglich in ganzen Stufen stellen lassen, stimmt so nicht. Erstens je nach Marke & Modellreihe unterschiedlich und viele aus den 60er & 70er Jahren hatten HalbBlendenRasterungen. Unabhängig der Rasterungen konnte man die meisten Blenden mechanischer Kameras stufenlos stellen. Das erkennt man sehr schön bei Kameras mit analoger NadelAnzeige im Sucher.
    Im BelichtungsautomatikBetrieb spielte dies immer weniger eine Rolle, da die Automatiken ja allermeist stufenlos arbeiteten. Für die meisten analogen, halbmechanischen Kameras mit Zeitautomat galt also : bei manuellem Betrieb stufenlose Blende aber feste Zeit – bei Zeitautomatik feste Blende aber stufenlose Zeit.
    Pardon, musste dies schnell loswerden :)

    • Ich hab mir gerade noch mal ein altes m42 Objektiv angeschaut (das, das auch oben abgebildet ist). Die ganzen Blendenschritte stehen auf dem Blendenring und wenn man dreht spürt man auch zwischen den aufgedruckten Stufen Rasterungen –> Diese Linse lässt sich also in halben Schritten verstellen.
      Außerdem hab ich noch eine noch viel ältere Zeiss-Ikon Faltkamera ausgegraben, bei welcher man Überhaupt keine Einrastungen spürt —> stufenlos verstellbar.

  15. Früher stand sowas in den Bedienungsanleitungen der Kameras. Heute ist wegen der technischen Einzelheiten dafür kein Platz mehr. Schade. Es geht das Grundsätzliche an der Fotografie verloren…

  16. Was mit dem absoluten Durchmesser der Öffnung gemeingt? Blendenöffnung, Austrittspupille, Eintrittspupille…?

    Bei meinem Kitobjektiv Durchmesser: 55mm/5,6=9,82mm Dann kann das nicht stimmen. ;)

  17. Blogartikel dazu: Was jeder Fotograf über die Blende wissen sollte | Photo | Kukshaus

  18. Nun, zu Analogfilmzeiten und manueller Fotografie war es schon wichtig damit umgehen zu können. Auch, weil die Kamera keine ISO hochsetzen konnte und die Verschlusszeit als „Faustzahl“ folgende Regelung hatte: Die nächst höhere Zahl der Verschlusszeit des benutzten Objektivs (Brennweite) ermöglicht freihändiges, verwacklungsfreies Aufnehmen. Heißt: Bei einem 50mm Objektiv nahm man max 60.sec. Beim 200mm dann die 250. sec. Nun wusste man, dass bei Verändern der Blende von 5.6 auf 4 die Verschlusszeit verkürzt werden konnte. Also statt einer 250. sec dann die 125 sec.
    Es war einfacher denn es gab überall nur ….. 30. 60, 125. 250. 500 und 1000. sec. Wenn man nun die damals „wenigen“ Blendenwerte nimmt und stellt diese neben den Zahlen dann ist es ersichtlich, dass sogar ohne Tabelle ganz einfach der passende Wert ermittelt werden konnte. Ein Bild mit 1000 mit Blende 2.8
    Ein Bild mit 500 mit Blende 4
    Ein Bild mit 250 mit Blende 5.6
    usw. Die Erhöhung der Filmentfindlichkeit entspricht ebenfalls der Verdoppelung der Zeit oder der Blende. Heute ist es eben schwerer zu verstehen weil es einfach zu viele Zwischenzahlen gibt. Von daher wissen die meisten Leute gar nicht mehr die Zusammenhänge.