kwerfeldein
18. Dezember 2009 Lesezeit: ~5 Minuten

Die Zukunft der Fotografie: 10 Thesen

Die Zukunft der Fotografie: 10 Thesen
Foto Credits: practicalowl

Vorgestern bin ich über einen Artikel des Popular Photography Magazines (heute bekannt als POP Photo) von 1944 gestolpert, der mich zum Nachdenken brachte. Darin beschrieben unterschiedliche Persönlichkeiten, wie sie die Zukunft der Fotografie in der Nachkriegszeit einschätzen würden.

Ich habe Teile des Essays mit großer Aufmerksamkeit gelesen und dabei fielen mir viele Parallelen zur Fotografie auf, wie ich sie heute wahrnehme. Auch, wenn sich einzelne Schreiber logischerweise widersprochen haben.

Als ich das so gelesen habe, kam mir folgende Idee in den Sinn: „Wie es denn wäre, eine Einschätzung zu formulieren, wie ich die Zukunft der Fotografie in den nächsten 10-50 Jahren betrachte“?

Ich fände es höchst spannend, so etwas im Alter von 80 Jahren zu lesen, drüber zu schmunzeln und mich zu fragen, ob ich denn richtig oder völlig falsch gelegen bin. Wobei Letzteres wohl am Wahrscheinlichsten ist.

Die folgenden Zeilen sind also höchst spekulativ und deshalb nicht 100% ernst zu nehmen. Und ich weiß, dass ich mich mit dieser Zukunftsmusik sehr weit aus dem Fenster lehne. Aber das muss auch sein, sonst macht das Ganze ja keinen Spaß ;)

Die Zukunft der Fotografie: 10 Thesen

1. Ich kann mir gut vorstellen, dass Video- und Fotografie in bisher ungeahnter Weise miteinander verschmelzen werden. Die jetzige Ausstattung von DSLRs mit Videofunktion ist für mich da nur ein Anfang dafür.

Fotos werden nicht mehr mit einem einzelnen Klick gemacht. Vielmehr werden wir über längere Zeit ein Video aufnehmen und uns später einzelne Sequenzen (als Foto) herausnehmen. Aufbereiten, fertig.

2. DSLRs werden mit der Fähigkeit ausgestattet sein, miteinander über das Web zu kommunizieren – Speicherkarten werden dadurch überflüssig und die Daten beim Shooting direkt auf den Rechner zuhause oder ins Netz übertragen. Und zwar egal, wo sich der Fotograf gerade aufhält.

3. Was sich jetzt schon teilweise anbahnt, wird auch in den nächsten Jahren mehr und mehr Bedeutung gewinnen und ich möchte es mal vorsichtig eine Renaissance der Festbrennweiten nennen. Das Verlangen nach Ursprünglichkeit und handwerklichem Arbeiten am Bild wird dem Fortschritt der Technik standhalten. Eine Art Rückbesinnung auf ein „analoges, natürliches Gefühl beim Fotografieren“. Stichpunkt analog: Ein weiterer Trend, der neu entdeckt wird.

4. Es wird große Durchbrüche im Bereich der ISO-Empfindlichkeit und Dynamik geben. Die Qualität wird der unseres Sehvermögens noch ein großes Stück näher gekommen sein. HDR – mit seinen Schwächen und Ungenauigkeiten – wird entweder verpönt oder wieder völlig „hip“ sein. Wahrscheinlich sogar beides.

5. Wie sich in den letzten Jahren schon angebahnt, wird der Unterschied zwischen den sogenannten „Profis“ und „Amateuren“ ineinander verschmelzen und unwichtiger werden.

6. Canon bringt die EOS 0D tatsächlich heraus. Das war natürlich ein Scherz.

7. Weiterhin wird durch die zunehmende Technisierung der Fotografie eine große Sehnsucht nach Natürlichkeit und „Kunst“ geben – Fotografieren ohne extravagante Ausrüstung und mit den einfachsten Mitteln wird zunehmend populärer.

8. Blogs, Twitter & andere Social Networks werden zum Alltag der Fotografierenden gehören und immer weniger hinterfragt werden – egal ob bei Amateur- oder Berufsfotografen.

Es wird selbstverständlich & erforderlich sein, im Internet seine Fotos zu publizieren und mit anderen zu teilen, da neue Geschäftsmodelle im Internet „am laufenden Band“ entstehen und neu erfunden werden können.

Entrepreneurs und andere Idealisten werden die Möglichkeiten des Internets ausschöpfen und dabei niemanden um Erlaubnis bitten. Weil sie es können.

9. Kleine Kameras mit hoher Leistung werden einen neuen Boom erfahren. Irgendein Hersteller wird sich erdreisten, Leica-artige Kameras zu einem vernünftigen Preis für jedermann herzustellen. Große DSLRs mit langen Objektiven werden in gewissen Gruppierungen eher „out“, schicke und kleine dagegen „in“ sein.

Unauffällig fotografieren, um Situationen unbefangener aufnehmen zu können und Menschen nicht abzuschrecken – könnte ein neuer Trend werden.

10. Printmagazine und Fotozeitschriften werden bis auf ein Minimum geschrumpft sein und teilweise von Liebhabern, Sammlern oder gut betuchten Menschen gekauft werden. Hingegen wird sich eine neue Facette unter gedruckten Magazinen breitmachen, die vor allem auf Stil (Design!) und persönlichen Erfahrungsberichten basiert.

Internetfeindlichkeit wird in diesen Magazinen nicht zu spüren sein – das Web als weitere Form des Publizierens wird akzeptiert (statt: ignoriert) und deshalb auch in Artikeln genannt und aufgearbeitet werden. Gemischt mit vielen Lifestyle- und (Achtung Unwort des Jahres 2009) Web 2.0 – Artikeln eine feine Sache, die Neugierige anziehen wird.

Die CD als nette Beigabe zum Heft wird bis dato entweder mit hochkarätigen Fotos bestückt oder längst Geschichte sein.

Fragen an Euch:
Wie seht IHR die Zukunft der Fotografie? Wo würdet Ihr mir widersprechen?

Leute, ich freu mich jetzt schon, dat Ding hier in 50 15 Jahren nochmal zu lesen. Und Eure Kommentare dazu auch ;)