Konkurrenz für Instagram? Im Gespräch mit SUBS.
Die Social-Media-Plattform SUBS wurde mir das erste Mal vorgeschlagen, als ich mich darüber beschwerte, dass Instagram eines meiner Bilder wegen Nacktheit gelöscht hatte. Nun ist eine neue Plattform nichts Besonderes, nur weil sie Aktfotografie zulässt, aber die vielen weiteren Versprechen von SUBS machten mich neugierig: Keine Werbung, kein Algorithmus1, Umweltfreundlichkeit und eine finanzielle Beteiligung für die Kreativen.
Um mehr über die Plattform zu erfahren, habe ich mit der Mitgründerin Jessi gesprochen.
Zu Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook, TikTok und Co. gibt es viel Kritik. Was macht Eure Plattform SUBS anders und vielleicht sogar besser?
Der Grundgedanke hinter SUBS war die Frage: Wie kann man die sozialen Medien wieder sozialer machen? Die sozialen Medien werden uns erhalten bleiben, aber so wie sie momentan aufgebaut sind, ist es nicht in Ordnung. Daher haben wir uns ganz bewusst für ein ganz anderes Geschäftsmodell entschieden.
Das Geschäft mit auf Zielgruppen ausgerichteter Werbung zieht zwangsläufig den Missbrauch von Daten mit sich. Darüber hinaus steht man mit diesem Geschäftsmodell auch automatisch in Konkurrenz zu den eigenen Nutzer*innen, denn die Plattform verkauft Reichweite und wenn die Urheber*innen von Inhalten diese kostenlos erarbeiten und selbst monetisieren möchten, ist das natürlich ein Problem.
Wir sehen die Urheber*innen der Inhalte als das Herz einer jeden Social-Media-Plattform, deshalb haben wir uns auch gegen Algorithmen1 entschieden, das nimmt viel Druck heraus. Bei uns ist sozusagen ein Menschsein ohne Bestrafung durch einen Algorithmus möglich.
Alle sehen nur die Inhalte, die sie auch abonniert haben. Auf der Discovery Seite sieht man zusätzlich neben den chronologisch aufgeführten neuen Beiträgen die Themen, die man selbst abonniert hat. Es gibt keine Werbung. Bei unserem Geschäftsmodell verdient erst die Community und dann wir. Wir sind vor kurzem mit der Beta-Version des Marktplatzes für SUBS „Originals“ (NFT) gestartet.
Zudem lag uns am Herzen, von Anfang an eine skalierbare Lösung für eine verifizierte Community zu bieten. Wir möchten damit die aktuellen Probleme mit Manipulation durch Bots, sexuelle Belästigung (Stichwort Dickpics) sowie Hassrede minimieren.
Außerdem versuchen wir, die Plattform von Anfang an CO2-neutral bis -negativ aufzubauen. Pro Verifizierung und pro Originals-Verkauf wird je ein Baum gepflanzt.
Viele der angesprochenen Punkte haben auch andere Startups bereits probiert. Vero wirbt ebenfalls damit, dass es keine Werbung und keine Algorithmen1 nutzt. Ello verspricht, alle Gewinne an die Urheber*innen der Inhalte weiterzugeben. Beide Plattformen sind jedoch sehr klein und nischig geblieben. Woran liegt das?
Vero hatte nach drei Jahren Existenz einen guten Hype erzeugt, der jedoch nach einer Woche durch die Negativpresse bezüglich des sehr fragwürdigen Gründers abflachte. Ello bewegt sich ganz bewusst in der Kreativnische – ich würde es nicht als Konkurrenz zu klassischen Social-Media-Plattformen einschätzen, eher zu Behance.
Generell darf man nicht unterschätzen, dass jede der uns heute sehr bekannten Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok vier bis sieben Jahre für die Etablierung im Mainstream gebraucht hat – damit sind auch Unsummen an Ausgaben für Marketing und Löhne verbunden.
Zudem muss man zugeben, dass es heutzutage nicht mehr so einfach ist, eine neue Social-Media-Plattform zu etablieren, wie noch vor zehn bis 15 Jahren. Die Menschen sind unheimlich verwöhnt, was Features angeht. Features, die andere Plattformen früher erst nach Jahren der Entwicklung etabliert haben, werden heute teilweise von Beginn an erwartet. Als Startup mit überschaubarem Budget muss man eine Prioritätenliste abklappern und hoffen, dass man damit genau richtig liegt.
Und offensichtlich gibt es in Amerika und Asien eine ganz andere Einstellung zu Tech-Startups. Es wird dort gern sehr früh sehr viel Geld investiert. Währenddessen muss man sich in Europa mit wenig Budget wesentlich mehr unter Beweis stellen, bis man an große Investitionen herankommt, aber bis dahin könnte die große Chance bereits verflogen sein. Europa braucht jedoch dringend starke Tech-Unternehmen, denn die digitale Welt ist eine wichtige und sensible Infrastruktur. Was das angeht, sind wir bisher fast vollständig von Amerika und China abhängig, das ist erschreckend.
Höre ich richtig heraus, dass Ihr mit SUBS Instagram und Co. Konkurrenz machen wollt? Oder liegt Eure Zielgruppe auch eher in einer Nische?
Unsere Vision ist es, eine ebenbürtige europäische Alternative zu etablieren. Bei sozialen Netzwerken geht es aufgrund des Netzwerk-Effekts um alles oder nichts. Bekanntlich fängt man immer in irgendeiner Nische an. Instagram hatte bis 2016 das Klischee, die Food- und Katzen-Plattform zu sein und TikTok die der tanzenden Kinder und Jugendlichen. Unsere Nutzer*innen der ersten Stunde sind Fotograf*innen und Modelle. Das liegt einfach daran, dass wir bisher kein Geld für Marketing ausgegeben haben und nur über Mund-zu-Mund-Propaganda gewachsen sind. So wächst man zwangsläufig erst einmal nischenhaft.
Eines Eurer neuen Features ist der Verkauf von NFTs. Das gibt es bisher, soweit ich weiß, auf keiner anderen Social-Media-Plattform. Wieso habt Ihr Euch dafür entschieden und wie genau läuft der Verkauf von NFTs auf SUBS ab?
Am Anfang stand die Frage, wie man Social Media anders lösen könnte. Also ohne zielgerichtete Werbung und die damit einhergehende Missachtung von Datenschutzrichtlinien. Die relativ neue Technologie der NFTs ist für uns die ideale Lösung.
Zum einen verdienen in erster Linie die Urheber*innen der Inhalte daran, die unserer Meinung nach das Herz einer jeden Social-Media-Community sind. Es gibt so viele tolle Kreative, die in den letzten Jahren mit ihren Beiträgen im Netz unser Leben bereichert haben! Neben Likes und Kommentaren ist das Sammeln von SUBS „Originals“ eine gute und nachhaltige Möglichkeit, die freie Kreativität wertzuschätzen und zu unterstützen.
Und durch Tantiemen, also die prozentuale Beteiligung am Wiederverkaufserlös im Sekundärmarkt, erhalten Künstler*innen durch SUBS „Originals“ auch zukünftig wiederkehrende, passive Einnahmen. Was auf SUBS auch besonders ist: Alle Einkünfte aus SUBS „Originals“ können unter mehreren Parteien automatisiert aufgeteilt und direkt auf das jeweilige Konto ausgezahlt werden.
Ganz wichtig war uns die Barrierefreiheit. Um am aktuellen NFT-Markt teilnehmen zu können, braucht man Wissen über Blockchains und muss selbst Kryptowährungen besitzen. Bei SUBS ist das nicht der Fall: Man kann sich einfach anmelden und NFTs einfach per Giropay, ApplePay oder Kreditkarte kaufen. Jeder kann auf SUBS „Originals“ kaufen und weiterverkaufen.
Um „Originals“ auf SUBS zu erstellen, muss man verifiziert und von uns als „Creator“ zugelassen sein. Danach kann man ganz intuitiv jeglichen Beitrag in ein Original konvertieren. Das geht entweder als Einzelstück mit Fixpreis, als limitierte Edition mit bis zu 100 Einheiten oder als offene Edition in einem Zeitfenster-Verkauf.
Zu den NFTs könnte man sicherlich ein eigenes Interview führen, so viel gibt es dazu zu diskutieren. Wie wird das Angebot bisher angenommen?
Auf jeden Fall, NFTs sind ein wirklich spannendes Thema! Die Tatsache, dass man digitale Werke als echte Originale zertifizieren kann, bietet so vielen Menschen, die mit neuen Medien arbeiten, ganz neue Möglichkeiten.
Wir sind jetzt am Anfang sehr vorsichtig damit, den Status des „Creator“ zu vergeben, der für die Erstellung von Originals als NFTs notwendig ist. Zum einen, weil wir noch in der frühen Beta-Phase sind und zum anderen ist uns das Urheberrecht dabei sehr wichtig. Aber wir haben jetzt bereits den Bereich der Machbarkeit geliefert, die Mitglieder sind neugierig und verstehen die neuen Möglichkeiten – es bewerben sich mehr Leute auf den Status als „Creator“ als wir momentan zulassen können.
Welches Bild war das erste NFT, das auf SUBS verkauft wurde?
Das erste Werk, das verkauft wurde, war eine Landschaftsaufnahme von Heike (@natural.lights.germany) und das teuerste Werk wurde für 1.000€ gekauft: eine Illustration der polnischen Kinderbuch-Illustratorin Natalie Mellem.
SUBS bekommt von jedem Verkauf eine Provision? Oder wie finanziert das Unternehmen sich, wenn es keine Werbung schaltet oder Mitgliedschaften verkauft?
Genau, SUBS erhält eine Erfolgsprovision in Höhe von 10 % für die Plattform, so subventionieren wir das werbefreie soziale Netzwerk quer. Wenn wir ehrlich sind, geht niemand auf Social-Media-Plattformen, um Werbung zu sehen. Eine Provision erschien uns daher am fairsten, denn die Mitglieder haben so weder feste Kosten noch ein Risiko. Wenn man etwas bezahlt, unterstützt man in erster Linie die Kreativszene und erhält etwas dafür. Die Kreativen zahlen nichts, außer sie haben bereits etwas verdient.
Ihr setzt demnach komplett auf den Verkauf von Kunst, was kein leichter Markt ist. Dazu noch in einer Form, die man sich nicht ins Wohnzimmer hängen kann. Was macht Euch so optimistisch, dass Menschen genug in Bilder und Videos investieren, um damit neben den Kreativen auch noch ein komplettes Unternehmen finanzieren zu können?
Das ist eine sehr gute Frage, da muss ich etwas ausführlicher werden: Der Verkauf von NFTs eignet sich nicht nur für Künstler*innen, sondern auf für Musiker*innen, Influencer*innen, Sportler*innen, Promis und andere. Der Fantasie sind bei dieser Technologie keine Grenzen gesetzt!
Du kannst zum Beispiel als Musiker*in oder Band ein limitiertes NFT erstellen, das einem lebenslangen Gästelistenplatz bei all Deinen Konzerten entspricht. (So hat es der Musiker Cro vor einigen Wochen vorgemacht.) Solche NFTs können mit der wachsenden Bekanntheit im Wert steigen und im Sekundärmarkt teurer weiterverkauft werden.
Und ja, wir sind ziemlich optimistisch, denn in diesem Jahr ist sogar der klassische Kunstmarkt auf den NFT-Zug aufgesprungen. Die Auktionshäuser Christie’s und Sotheby’s haben einige NFT-Werke, die man sich nicht ins Wohnzimmer hängen kann, versteigert, zum Beispiel Beeples Werk „Everydays — The First 5000 Days“ für über 69 Millionen Dollar.
Gerade das Digitale an den Produkten ist im Allgemeinen das Spannende. Sie sind wesentlich flexibler und einfacher zu handhaben als ein physisches Werk, auch was den Wiederverkauf angeht. Du kannst es um jede Uhrzeit zum Verkauf anbieten und jemand am anderen Ende der Welt könnte es direkt kaufen. Dabei spart man sich den klassischen Transport und als Sammler*in auch die teuren Lagerkosten und potentielle Schäden.
Die Transparenz der Besitz- und Preishistorie (Provenienz) ist ein weiteres Plus für NFTs. Dass die Schöpfer*innen automatisiert auf Lebenszeit ihre Tantieme bei jedem Weiterverkauf erhalten, ist ein Segen für die Kreativszene. Bisweilen haben vor allem Auktionshäuser und andere Akteur*innen der Kunstszene an der Wertsteigerung der Kunstwerke verdient, aber nicht die Kreativen selbst.
Banksys Werke, die er vor 20 Jahren für 200 € verkauft hat, werden mittlerweile für Millionen versteigert, davon bekommt er natürlich keine Tantiemen. Das ist bei NFTs anders.
Abseits der Kunstszene kann man das Ganze wie eine Erweiterung zu Plattformen wie Patreon betrachten: Darüber werden seit einigen Jahren Kreative und andere Schöpfer*innen von Inhalten erfolgreich von ihren Fans unterstützt. Mit dem Kauf eines SUBS Original (NFT) kann man genau dasselbe erreichen, nur erhält man im Gegenzug dafür ein digitales Gut (Asset), das potentiell im Wert steigen kann.
Viele nutzen ihre NFTs etwa als Social-Media-Profilbilder. Beispielsweise gilt eine Rolex als Statussymbol, heutzutage kannst Du das auch mit einem CryptoPunk2 als Smartwatch-Hintergrund geltend machen. Wir bringen in ein paar Wochen auch eine SmartTV-App heraus, mit der man seine SUBS-Originals-Sammlung präsentieren kann. Somit ermöglichen wir es irgendwie doch, das digitale Werk am Ende ins Wohnzimmer zu hängen.
Spannend, was habt Ihr denn noch für die Zukunft geplant? Ich persönlich wäre ja für eine Desktop-Version. Aber wahrscheinlich bin ich einfach zu alt und die Mehrheit der Menschen hängt doch viel eher am Smartphone.
Eine minimale Desktop-Version gibt es bereits, über diese kann man, wenn man angemeldet ist, Bilder und Videos ganz einfach per Drag and Drop hochladen. (Das findet man in der App im Profil -> Einstellungen -> WebApp Login.) Die Desktop-Version wird in den kommenden Wochen ausgebaut, dann kann man darüber auch Originals kaufen.
Ich wünsche Euch ganz viel Erfolg und bin gespannt, wie sich SUBS.tv noch entwickeln wird. Danke für das Gespräch!
1 Gemeint sind die speziellen Algorithmen der großen Social-Media-Plattformen, die darüber bestimmen, welche Beiträge sie ihren Nutzer*innen in welcher Reihenfolge anzeigen, statt ohne weitere Gewichtung alle abonnierten Beiträge chronologisch aufzulisten. Algorithmen im technischen Sinn kommen natürlich trotzdem zum Einsatz.
2 CryptoPunks waren eines der ersten sammelbaren NFTs, bestehend aus 10.000 computergenerierten Pixelköpfen, die im Jahr 2017 verschenkt und nun teilweise für mehrere Millionen verkauft wurden.