15. April 2021 Lesezeit: ~4 Minuten

Waiting for the sun to shine

Als im März 2020 die Corona-Pandemie auch uns in Deutschland erreichte, begann ich, meine bisherigen Fotos mit Acrylfarben zu bemalen und war sofort begeistert. Ich denke, das hängt damit zusammen, dass mir die Arbeit mit Farben im Grunde genommen völlig fremd war und ich mich somit frei fühlte, mich neu auszuprobieren, aber ich mit der Fotografie als Untergrund eine Basis hatte, die mir vertraut ist.

Mich hat das Zusammenführen von Fotografie und Malerei eigentlich interessiert, seitdem ich 2019 die Werke von Ed Templeton gesehen habe. Dass ich dann tatsächlich ein Jahr später selbst angefangen habe, damit zu experimentieren, hat wahrscheinlich verschiedene Gründe.

Zwei Menschen in Unterwäsche. Die Köpfe sind übermalt.

Ich erinnere mich an eine Nacht, in der ich, auf der Suche nach Inspiration, auf die übermalten Fotografien von Gerhard Richter gestoßen bin. Ich konnte die ganze Nacht vor Aufregung kaum schlafen und am nächsten Morgen sind alle meine Freunde zu einem Dutzend SMS von mir aufgewacht, in denen ich schrieb, dass ich mich fühlte, als hätte ich einen Schatz gefunden. Ich ging sofort zum nächsten Kunstfachhandel und besorgte noch mehr Farbe und Werkzeuge zum Experimentieren.

Das Interessanteste für mich war zu sehen, wie die Fotos sich veränderten. Teilweise zerstörte die Farbe das eigentliche Bild komplett und zog die gesamte Aufmerksamkeit auf sich selbst, teilweise verhielt sie sich eher wie ein Kommentar, der auf ein Detail verweisen möchte. Einerseits werden Informationen des Bildes verdeckt und es wirkt somit zu einem gewissen Punkt anonymer, andererseits kann man erkennen, dass jemand diese Farbe auf das Bild aufgetragen hat. Somit habe ich das Gefühl, dass das Bild mit etwas sehr Persönlichem ergänzt wird.

Zwei Menschen liegen in einem Bett. Das Foto ist übermalt.

Bei einigen meiner Fotos funktionierte es so gut, dass ich das Gefühl hatte, sie würden erst jetzt Sinn ergeben. Andere versuchte ich mehrmals zu übermalen und sie fühlten sich nie fertig an. So versuchte ich mich die nächsten Monate lang durch mein ganzes Archiv und trug die Aufregung mit mir, meine eigenen Fotografien zum ersten Mal wiederzusehen.

Vor lauter Optimismus, dachte ich, dass es einfach sein würde, ein Buch aus diesen Fotos zu machen, da sie ja nun durch die Übermalung denselben Kontext hätten und gut miteinander harmonieren müssten. Nach zwei sehr chaotischen Dummys musste ich mir eingestehen, dass es nicht so einfach sein werden würde wie ich dachte und ein zumindest vages Konzept finden.

Übermaltes Foto mit Blumen

Nach monatelangem Dummy-Basteln, Editieren, neue Bilder bemalen und der Suche nach einem harmonischen Ablauf in meinem Chaos, kann ich nun endlich sagen, dass das Buch fertig geworden ist. Momentan versuche ich, das Buch zu veröffentlichen und habe dafür eine Kickstarter-Kampagne gestartet. Mit dem Ziel plane ich, eine Auflage von 400 Büchern in die Welt zu setzen.

Das Buch ist ziemlich klein – 12 x 9 cm (geschlossen) – und enthält 120 Seiten gefüllt mit 59 übermalten Fotografien, zusammengehalten mit einer offenen Fadenbindung, einem Schuber und wird, falls alles wie geplant läuft, mit eigensinn publishing verlegt.

Bild zweier Menschen übermalt

Wenn es eine Sache gibt, die ich während des gesamten Prozesses gelernt habe und für meine zukünftigen Arbeiten beibehalten möchte, dann ist es die, jeglichen Perfektionismus von Zeit zu Zeit beiseite zu legen. Und das Ergebnis meiner Arbeit weniger ernst zu nehmen, um mir selbst einen gewissen Raum zum Herumprobieren zu ermöglichen und nicht das zu tun, was gut ist, sondern das zu tun, was sich ehrlich anfühlt.

Mir geht es in meiner Fotografie darum, meine Sichtweise bezüglich verschiedener Dinge festzuhalten, angefangen bei ganz alltäglichen Dingen, die etwas in mir auslösen, bis zu zwischenmenschlichen Beziehungen und der Beziehung zu sich selbst. Oft hat die Fotografie für mich auch etwas sehr Therapeutisches oder Tröstendes und ich versuche, meine Emotionen mit ihr zu verarbeiten, indem ich sie festhalte.

bemaltes Bild

Insgesamt werden für die Realisierung des Projektes als Fotobuch 7.000 € benötigt. Der Betrag ermöglicht den Druck von 400 Exemplaren. Unterstützer*innen können sich natürlich über diverse Belohnungen freuen. Von Exemplaren des Buches bis zu Special Editions inklusive signierter Drucke.

Zum Projekt auf Kickstarter

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