22. August 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Buchrezension: Wie Bilder wirken

Wieder einer dieser unzähligen, unsäglichen Ratgeber, die Meisterhaftigkeit versprechen, in Wahrheit aber nur des Lesers Bestes wollen: Sein Geld? Um dann so schnell zu veralten, dass der Wald weint, dessen Bäume dieser Redundanz zum Opfer fallen?

Nun, dass wir dieses Buch schon zwei Mal in unserer Adventskalenderaktion verlost haben, will etwas heißen. Also schauen wir doch einmal, was sich unter seinem quadratischen Deckel verbirgt.

Wer den Blick durch den Schachtsucher auf die Mattscheibe einer 6×6-Mittelformatkamera kennt, versteht zunächst einmal die seichte visuelle Anspielung auf dem Cover. In fetten Lettern lesen wir spiegelverkehrt den Titel „Wie Bilder wirken“*.

Der Autor George Barr, Arzt und künstlerischer Fotograf in Personalunion, hat seine Bilder bereits mehrfach veröffentlicht und führt seit Langem einen Blog, in dem er über Fotografie schreibt und das Wissen weitergibt, das er sich über die Jahre angeeignet hat.

Mit diesem Buch geht es ihm aber nicht, wie man vermuten könnte, darum, mehr Augäpfel für seine eigenen Bilder zu gewinnen. Viel mehr hat er eine Sammlung von Bildern anderer Fotografen, die ihn selbst inspiriert haben, zusammengestellt und sich gewissermaßen auf kuratorisches Terrain begeben.

Wie Bilder wirken © George Barr

Wie Bilder wirken © George Barr

Jedes der 52 vorgestellten Fotos wird auf je einer Seite präsentiert und auf der gegenüberliegenden schildert Barr zunächst seine eigene Sichtweise und erläutert, was für ihn die Güte des Bildes ausmacht.

Auf der folgenden Doppelseite kommt dann der jeweilige Autor zu Wort und schildert in Ich-Form seine Sicht auf und Motivation für das präsentierte Bild, stellt sich anschließend mit einer kurzen Biografie vor und verrät, welche technischen Mittel er verwendet hat.

Im Folgenden nun eine kleine Auswahl der im Buch vorgestellten Bilder. Allen voran Joe Cornishs „Traigh Eias Barra“. Das Bild ist eine landschaftsfotografische Perle und eine kompositorische Wohltat, aufgenommen an einem schottischen Strand.

Wie Bilder wirken © George Barr

Mitch Dobrowners „Shiprock Storm“ zeigt die überwältigende Schönheit eines natürlichen Phänomens – eine Wolke scheint hier sanft auf dem schroffen Gipfel eines steilen Berges zu liegen.

Das Bild visualisiert durch die Nuancen in seinen Kontrasten und Tonwerten zwei sehr gegensätzliche Elemente in einem zarten symbiotischen Moment.

Wie Bilder wirken, George Barr

Kim Kauffmans „Fugue“ fasziniert dadurch, dass das Bild nicht eindeutig als ein Foto anmutet. Zu sehr scheinen hier die Grenzen zwischen Foto und Zeichnung zu verschwimmen.

In Wahrheit handelt es sich gewissermaßen um die zeitgenössische Interpretation eines Photogramms, einen kameralosen Direktscan gefalteter Papierbögen.

Wie Bilder wirken © George Barr

Gelungen finde ich, wie George Barr mit seiner Auswahl an vorgestellten Bildern ein weites Spektrum aufspannt, sowohl unter technischen Gesichtspunkten betrachtet als auch im Bezug auf ihre Genres – von Architektur und Stillleben über Portrait und Landschaft bis zu abstrakter Fotografie wie Konzeptionskunst ist alles vertreten.

Das Buch demonstriert die vielfältige Einsatzfähigkeit des Mediums Fotografie und die meisten der präsentierten Bildbeispiele sind in der Tat qualifiziertes Augenfutter.

Dazu kommt, dass man es nicht unbedingt linear durchlesen muss. Da es prima in visuelle Häppchen portioniert ist, lässt es sich auch ohne Weiteres bequem durcheinander lesen wie ein Blog.

Fazit: „Wie Bilder wirken“* ist also kein Nullachtfünfzehn-Ratgeber und kann jedem etwas geben, der qualitätvolle Inspiration für das eigene Schaffen sucht. Neu kostet das Buch 39,90 €.

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