05. September 2012 Lesezeit: ~4 Minuten

Die Geschichte der Photokina

Wusstet Ihr, dass die erste Photokina bereits am 6. Mai 1950 in Köln eröffnete? Dass die zweite Photokina bereits 100.000 Menschen besuchten? Oder welche Fotoneuerungen in den einzelnen Jahren für das größte Interesse sorgten?

Ich sitze gerade vor einigen Fotos aus den ersten Jahren der Fachmesse und stöbere in der 17-seitigen Chronologie, die ich Dank der Photokina-Pressestelle erhalten habe. Dass die Geschichte der Photokina so spannend sein könnte, hatte ich vor Erhalt nicht gedacht. Die meiner Meinung nach spannendsten Entwicklungen habe ich versucht, für Euch in Kurzform zusammenzutragen.

Besonders gefreut hat mich dabei, dass es bei der Photokina nie nur um Werbung und technische Neuerungen ging. Immer wieder gab es Bereiche für Kunst und Kultur, Ausstellungen und fotografische Experimente. So zeigte bereits 1950 die von Otto Steinert gegründete Gruppe „Fotoform“ kreative Fotoexperimente, die durch die Nationalsozialisten verdrängt worden waren.


Hallendurchblick 1950

Große Aufmerksamkeit erhielten in den ersten beiden Jahren die ersten kleinformatigen Kameras, die ersten Sofortbild-Kameras, sowie der Elektronenblitz. 1951 fand auch erstmalig ein internationaler Farbfilmkongress statt, der die Probleme des neuen Mediums behandelte, das sich erst 1958 langsam durchzusetzen begann.

1960 gab es einen Besucherrekord mit 215.000 Fotointeressierten. An dieser 7. Photokina nahmen 550 Aussteller aus 17 Ländern teil. 1963 wurde die Halogenlampe als Lichtquelle vorgestellt, die ersten farbigen Sofort-Fotos kamen auf den Markt und das erste Mal wurde der Deutsche Jugend-Fotopreis auf der Messe verliehen.


Hallendurchblick 1954

Oft wurde bei der Photokina auch über den Tellerrand gesehen. Ab 1972 gewann der audio-visuelle Bereich eine immer größere Bedeutung. Im Mittelpunkt der Bilderschauen stand das Thema „Im Schein der Erde“. 600 ausgesuchte Bilder zum Thema Weltraum und Weltraumforschung wurden präsentiert. Über 250.000 Besucher zählte man in diesem Jahr.

1974 änderte sich das Konzept der Photokina. Die Weltmesse wurde zur Fachmesse mit Zutritt nur für Händler und Anwender, wodurch sich die Besucherzahlen stark verringerten. Eine riesige Sofortbildkamera zur Herstellung von lebensgroßen Portraits zierte 1976 den Kunsthallenkomplex, in dem die Bilderschauen stattfanden. Die Neuerungen wurden immer mehr, vor allem ein Trend zur Miniaturisierung und Elektronisierung wurde deutlich.


Hallendurchblick 1954

Eine der größten Neuerungen, die Videografie, kam 1978 ins Gespräch und erhielt einen stärkeren Fokus. Man besann sich jedoch auch zurück. Zum Beispiel mit der Ausstellung „Vor fünfzig Jahren“, die kreative Fotoexperimente aus den 1920er Jahren zeigte.

Zum 30-jährigen Bestehen der Photokina weckten die neuen Reflex-Kameras (halb- und vollautomatische Modelle) und 35mm-Filmkameras sowie Pocketkameras mit verbesserten technischen Ergänzungen und AV-Zubehör im Amateurbereich das größte Interesse. Der Fachbereich gliederte sich in vier Angebots-Zentren: Photofinishing, professionelle Photographie und Photo-Studio-Zubehör sowie Fernseh­- und Kinotechnik.

Hallendurchblick 1954; links: Theodor Heuss

1982 erweiterte sich die Hallenfläche bereits auf 128.000 qm, vor allem um das amateurbezogene Angebot einerseits und die Profi-Bereiche andererseits zu verfeinern. Auch in das Guiness-Buch der Rekorde ging die Photokina 1988 mit der „größten Bilderschau der Welt“ ein – in Form einer fortlaufenden Bilderwand von den Photokina-Hallen bis zum Museum Ludwig mit einer Länge von 1.300 Metern!

Trotz der fortschrei­tenden Digitalisierung spielte die traditionelle Silberfotografie im Amateurbereich 1994 nach wie vor die dominierende Rolle, während in der Studiotechnik Digitalkameras und -recorder an Bedeutung gewannen. Bereits 1996 hielt die digitale Fotografie Einzug in den Amateurmarkt. Der Übergang von der analogen in die digi­tale Welt wurde in diesem Jahr besonders deutlich.


Hallendurchblick 1956

Die Schwerpunkte im Jahr 1998 nannten sich Consumer Photo & Video, Professional Photo & Imaging, Photofinishing sowie Professional Media. Die englischen Bezeichnungen zeugten jedoch nicht von neuer Internationalität, denn international war die Photokina bereits seit ihren Anfangsjahren. Sie folgten wohl viel eher einem generellem Trend in Deutschland.

Ab dem Jahr 2000 können wahrscheinlich viele von Euch die Geschichte aus erster Hand weitererzählen. Vielleicht kennt Ihr die Photokina aber auch schon aus den Anfangsjahren und habt noch schöne, mittlerweile schon fast archivwürdige Bilder? Erzählt und zeigt!

19 Kommentare

Schreib’ einen Kommentar

Netiquette: Bleib freundlich, konstruktiv und beim Thema des Artikels. Mehr dazu.

  1. Leider war ich bisher nur einmal auf der Photokina, aber sobald es die Zeit wieder zulässt werde ich wieder einmal dort hingehen.

    Es war wirklich genial. Damals war die D700 von Nikon glaub ich die Neuerscheinung. Es ist einfach der Wahnsinn wie rießig das ist.

  2. Wow! Ein genialer Bericht und macht Lust auf die Messe! :-)

    Ich war leider noch nie dort, darf aber dieses Jahr zum ersten Mal dabei sein. Wie aufgeregt ich bin, darf ich gar nicht erwähnen. ;-)
    Wenn jemand Tipps haben sollte (auch für Köln) bin ich dankbar und falls jemand dort ist, bin ich auch für ein spontanes Treffen gerne zu haben.

    Liebe Grüße
    Christina

  3. Klasse Fotos :-)
    Wenn man sich das mal anschaut… Liesegang mit großem Messestand, bei Leica stehen die Männer (fast) alle mit Hut und Trenchcoat – was müssen die geschwitzt haben…
    Vergrößerungsgeräte wie kleine Fliegerbomben. Und bei „Hallendurchblick 1956“ (letztes Bild): sieht aus wie auf dem Dachboden; alles kreuz und quer, jeder kann überall hin. Heute mit den durchgestylten Messeständen undenkbar.
    Super, Danke!

  4. Ich hab mal den Plan 2014 auf die Photokina zu fahren. Vielleicht ergibt sich ja eine Mitfahrgelegenheit. Wenn ich eine Woche lang in Köln bleibe, könnte ich mir auch die Stadt einmal ansehen inkl. die angeblich so schöne Altstadt. Und darüber hinaus, ein paar Spieler von diversen Online-Games besuchen, auch das steht schon lange an :)

  5. Blogartikel dazu: Gewinner der photokina 2012 Tickets | BlogTimes - Fotografieblog

  6. Das Foto „Hallendurchblick 1950“ kann ich bildlich nicht unkommentiert lassen ;-) 

    Der Schriftzug „Ro“ ganz unten rechts im Originalphotokinafoto – oder soll man besser schreiben „Originalphotokinaphoto“ ;-) ließ mich gleich auf den Dachboden eilen, um das Erbstück, die Robot des Vaters mal eben schnell abzulichten und hier vorzustellen.

    http://farm9.staticflickr.com/8321/7937816252_89febd1d37_c.jpg

    Zeitlich passt die Robot genau in diese Zeit! Die Kamera habe ich „gefunden“, Bilder von der Photokina der 50er Jahre im Negativchaos leider nicht. Aber die Kamera aus dieser Zeit, wollte ich dann doch mal präsentieren… 

    http://farm9.staticflickr.com/8452/7937816066_be07680d88_c.jpg

    Wer genau hinsieht, merkt vielleicht wie krumm der Blitzschuh dieser Robot ist. Kein Wunder. Hatte mein Vater doch einst „getestet“, ob eine Robot den Sturz über 5 m Steintreppen einer Burg übersteht… Sie lebt noch heute die Robot. Gleichzeitig war die Robot wohl auch die erste „Motorkamera“ der Welt, denn sie hatte einen Federwerkmotor, der stramm aufgezogen um die 20 Bilder ermöglichte. Bis wieder aufgezogen werden musste. Bildfrequenz? Was die Finger hergaben ;-) Übrigens im 24×24 mm Format. 

    Viel Spaß

    Scharre schon mit den Hufen – Auf zur Photokina 2012 ;-)

    Ralf

  7. Das Titelbild ist für jemanden der Mal in Köln gelebt hat besonders schön – die Photokina in den alten Messehallen (heute entkernt und RTL bestückt) und nicht in der neuen …

    Und ich glaub diese lebensgroße Kamera kenne ich – der Vater der Bekannten einer Bekannten usw … hat das Ding gebaut (bauen lassen) und die Tochter hatte es vor einigen Jahren mal wieder aktiviert. Wie sie erzählte gabs/gibts so gut wie kein Papier mehr für die Kamera – leider. Die Aufnahmen, die damit entstanden sind, waren faszinierend-genial …

    Ich war vor einigen Jahren mal auf der Photokina (müssten eigentlich zweimal gewesen sein, wenn ich das durchrechne …). Für mich als Laie interessant: zum einen die Riesenstände der großen Marken, und wie unterschiedlich sich gerade die zwei Platzhirsche präsentieren – und zum anderen was es zum Thema „Photo“ an grauseligem Kitschzubehör alles gibt …

    Faszinierend die „Objektivparade“ bei Canon (bei der ich mir natürlich „mein Traumtele“ angeguggt und ausgesucht hab (lichtstark, klein und handlich^^) und dann der Herzinfarkt, als ich nach ewiger Suche endlich einen Preis dafür gefunden hatte :-D) – auch durch die Möglichkeit, mal die Technik der großen Superteles etc von innen zu sehen oder die eigene Kamera für Testbilder an bestimmte Objektive zu setzen, Testbilder zu machen, dann zu vergleichen um zu schauen, was brauche „ich“ wirklich, wie arbeitet diese und jene Linse wirklich und wie sind die Bilder im Vergleich …

    Lohnen tut es sich definitiv – auch wenn man abends nur noch erschlagen ist …

    • Sehr schöner Artikel!
      Die Photokina ist immer sehenswert. Seit 1968 habe ich keine Photokina verpasst. Damals gab es noch Firmen wie Voigtländer, Zeiss Ikon ect. Eine ganze Halle widmete sich dem Thema Hobbylabor. Super8 war auf dem Vormarsch und die Firma Kodak brachte die ersten „filmenden Backsteine“ auf den Markt, so nannten wir damals die erste Super8 Kameras dieses Herstellers.

  8. Blogartikel dazu: Photokina: Ausblick auf die Messe | Spuelbeck.net Photography