Manipulationsphobie
Man muss sich nur bewusst machen: Alles ist erlaubt und jede verrückte Idee ist machbar. Vergesst doch einfach mal komplett die ganzen Regeln, die Ihr so lange gelernt habt (natürlich sind Bildgestaltungsregeln wichtig, aber es ist noch wichtiger, sie zu hinterfragen und ihnen nicht einfach nur zu folgen) und photoshoppt den Menschen ein drittes Auge rein, wenn es Euch gefällt und es gut aussieht, … ~ Sebastian Baumer, 2010
Mit zugekniffenen Augen habe ich in den letzten Tagen mal genauer hingesehen und siehe da: Es gibt sie noch und zwar gar nicht wenige. Die Rede ist von Fotografen, die die fragwürdige Theorie verbreiten, Fotografie und Bildbearbeitung wären zwei komplett unterschiedliche Paar Stiefel, die überhaupt nicht zueinander passen. Und: Je mehr ein Foto bearbeitet würde, umso schlechter müsse der Fotograf sein. Denn wenn er fotografieren könnte, müsste er oder sie ja nicht so viel bearbeiten.
Nun, diese These ist nicht besonders steil, sondern eher flach. Weiter ringt sie mir eigentlich nur ein müdes Lächeln ab, denn ich lese gern woanders lustige Aphorismen. Doch heute dachte ich, Martin, verfass doch dazu mal ein paar Zeilen.
Das Problem einer solchen Behauptung ist, dass sie viele kleine und sehr altbackene Prämissen innehat. Eine davon ist: Nur ein nicht bearbeitetes Bild ist ein gutes Bild. Oder: Ein „Könner“ braucht die Bildbearbeitung nicht. Bildbearbeitung ist eine Krücke für die, die es eben nicht so drauf haben.
Nun, was eine Krücke ist und was nicht, steht jedem frei zu definieren. Ich könnte ebenfalls krude Parolen verbreiten wie: Echte Könner brauchen kein Stativ. Oder: Profis machen nur ein Foto und das ist dann perfekt. Oder: Echte Fotografen fotografieren nur mit zusammengekniffenen Arschbacken.
Weiter steckt dahinter eine arrogante Haltung. Leute, die ernsthaft solche Sätze formulieren, gehen davon aus, sie selbst hätten den wahren Kern der Fotografie verstanden. Und diejenigen, die in Lightroom, Photoshop oder in der Dunkelkammer ihre Bilder manipulieren, wären schlicht und ergreifend schlechte Fotografen.
Interessant, interessant.
Nun, es steht jedem frei, zu sagen, was er denkt. Das Problem entsteht erst dann, wenn man meint, das eigene Maß an andere Leute anzulegen. Zu sagen, dass mir ein Bild nicht gefällt, weil es zu sehr bearbeitet wurde, ist eine Sache. Zu behaupten, Fotografen, die ihre Bilder stark bearbeiten, wären per se keine guten Fotografen, ist etwas anderes.
Denjenigen, die Spaß am Prozess der digitalen oder analogen Bildbearbeitung haben, möchte ich an dieser Stelle sagen: Gut! Weiter so! Habt Spaß an den Dingen, die Euch Freude bereiten. Lasst Euch von schwachen Theorien nicht davon abhalten, in Eure Bilder Hände, Bäume oder ganze Fußballstadien reinzuphotoshoppen. Wenn es Euch Spaß macht, nun, dann soll es so sein. Ich wüsste nicht, was dagegen spricht.
(Übrigens: Genauso sinnlos wäre es, umgekehrt zu behaupten, dass Fotografen, die ihre Bilder nicht bearbeiten, per se schlechtere Fotografen sind. Das ist natürlich ebenso Quark.)
Es gibt viele Wege, ein Foto zu erstellen, das in Euren Augen „gut“ ist. Mit und ohne Bildbearbeitung. Wer mit seinen Fotos ohne größerer Photoshopbastelein zufrieden ist, darf sich daran erfreuen. Wer gerne mit irgendeinem Bildbearbeitungsprogramm seine Fotos aufhübscht und ebenso damit zufrieden ist, auch dem sei seine Freude gegönnt.
Natürlich könnte ich an dieser Stelle noch einwenden, dass es leichter ist, ein gutes Bild zu machen, wenn beim Fotografieren schon auf Bildkomposition, Schärfe und alle anderen technischen Dinge geachtet wurde. Klar. Jedoch möchte ich hier niemanden a) belehren und b) bin ich davon überzeugt, dass diese Weisheit keine Neuigkeit ist.
Außerdem spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle, für wen fotografiert und welches Ziel mit einer Fotografie verfolgt wird. Falls ein Bild eine Auftragsarbeit ist, muss der beautragte Fotograf sich natürlich auch nach den Wünschen des Kunden richten. Solange aber jemand nur aus Spaß an der Freude und aus Lust am Bild fotografiert, ist ihm freigestellt, dies zu tun, wie und womit er oder sie das umsetzen möchte.
Den Schlusspunkt will ich an der Stelle mit Hannes Trapp machen, der schon 2008 hier konstatierte:
Ein gutes Foto ist ein gutes Foto. (…)
Egal, ob man im Studio penibelst an Licht, Hintergründen und dem Styling geschraubt hat und die verschiedenen Posen zur Perfektion getrieben hat – oder einfach auf der Straße draufgehalten und den richtigen Moment zum Abdrücken erwischt hat. Es ist auch egal, ob jemand stundenlang in Photoshop, 10.000 anderen Programmen oder seinem Photolabor an der Einstellung gearbeitet hat und dabei unzählige Regler verschoben oder Chemie und Handwerkszeug überstrapaziert hat.
Im Endeffekt gibt’s nur eines, was zählt: Das Resultat. Wenn jemand draufschaut und der Meinung ist, das sei ein gutes Foto, dann wird er Recht haben. Auch, wenn es Dir gar nicht gefällt – oder im Gegenteil nur Du das Bild zu mögen und sonst keiner Deine Meinung zu teilen scheint.
Was Hannes sagt.
word!
Du sprichst aus meinem Kopf. Könnte an deinem Namen liegen.
Ja, was Hannes sagt!
Genau, was Hannes sagt! Eine Sache hätte ich allerdings noch anzumerken, man soll dazu stehen was man gemacht hat, ggf. auch mit den interessierten Mitmenschen teilen anstatt darauf zu beharren dass das Bild genau so als RAW aus der Kamera kam. (Allein unterschiedliche Raw-Konverter können ja schon einen anderen Eindruck machen.)
Stimme Dir voll zu, Martin. Anzumerken wäre vielleicht noch, dass es gerade aus dem analogen Bereich den Vorwurf gibt, dass die digitale Fotografie zu sehr auf Nachbearbeitung setzen würde. Da kann ich dann nur auf Leute wie Eugene W. Smith verweisen, der bis zu zwei Wochen an einem Bil in der DuKa arbeitete und das bstimmt nicht, weil er ein schlechter Fotograf war. Der Zweck bestimmt ansonsten die Zulässigkeit der Mittel: Bei reportage- und Nachrichtenfotogarfie geht alles, solange der Inhalt und die Aussage nicht verfälscht werden, bei künstlerischer Fotogarfie ist eigentlich erlaubt, was gefällt und wer bei Mode- oder Beautyaufnahmen glaubt, er sieht die wahrheit, dem ist eh nicht zu helfen ; )
jaja, bildbearbeitung hat im allgemeinen einen recht schlechten ruf. vor allem bei leuten, die keine ahnung davon haben. die sagen bei jedem dritten bild „das ist aber bearbeitet, oder?“.
dabei ist es herrlich erfrischend, zu erkennen: es gibt einfach kein unbearbeitetes bild. und wird es auch nie geben.
digital – sowieso nicht echt
analog – film, entwickler, papier -> alles verfälscht
dia – verschiedene farbabstimmungen usw.
abgesehen davon gibt es gute und schlechte bearbeitungen.
ja genau, das ist es: „digital- sowieso nicht echt“
eine völlig BANALE Erkenntnis eines Fotografie Anfängers…
Ich habe bis vor kurzem vor allem mit der Einstellung „intelligente Automatik“ fotografiert. Es ist erstaunlich, wie gut die Fotos werden mit diesem Programm. Zu diesem Zeitpunkt war ich der Meinung „wenn man das Foto am PC bearbeitet, verfläscht man es. Es ist nicht mehr das, was man in der Natur angetroffen hat.“
Nun habe ich begonnen manuell einzustellen. Und beim ersten Lernversuch kam die Erkenntnis. „Wenn ich manuell arbeite, verfälscht sich das Bild bereits. Auch das ist nicht mehr was ich in der Natur angetroffen habe.“
und Fazit daraus war genau diese Aussage die bereits von MJ beschrieben wurde. „Digital- sowieso nicht echt“
Und somit ist echt nur, was wir mit dem Auge sieht!
(ja liebe Philosophen unter euch, da könnte man noch lange darüber diskutieren. „echt-wahrheit-Wirklichkeit. alles subjektiv“:-)
Mein Endfazit: Den Moment der wunderschönenen Natur kann man nur in echt in vollen Zügen geniessen. Ein kleiner Teil und das Gefühl dabei kann man ein wenig einfangen mit Fotos!
Top Thema – Top Beitrag. Ich denke auch, dass die Schönheit eines „Werkes“ immer im Auge des Betrachters liegt. Der eine bearbeitet gern noch nach, weil er nur so seine Vision perfekt umsetzen kann, der andere hat entweder eine einfacher umsetzbare Vision oder ist einfach schon mit dem Foto an sich zufrieden.
Und somit sind auch Bezeichnungen wie „guter“ oder „schlechter“ Fotograf immer Blödsinn.
Weiter so
Martin
sehe ich auch so“! Danke
Übrigens, Ansel Adams, jener Photograph also, den die ultraorthodoxen unter uns gerne als Phalanx der Bearbeitungsverweigerung vor sich her treiben, hat Wochen in seiner Dunkelkammer verbracht, um seine Negative und Abzüge auch noch das letzte bischen an seine Vorstellungen anzupassen.
Ich wollte es nur mal gesagt haben.
Ich musste mir neulich auch schon wieder diesen Quatsch anhören.. Im Moment sind Waldfotos mit verwischten Bäumen „in“. Hab ich mit Photoshop gemacht und dabei den Boden unverwackelt gelassen.. Dies sei zwar „eine tolle Idee“, aber langweilig umgesetzt, weil es nur im Photoshop passiert ist.
En anderer lobte den Lichteinfall eines Bildes von mir, fügte aber hinzu, dass dieser nur toll sei, wenn die Sonne tatsächlich auch da war.
Trotzdem schreibe ich eigentlich immer dazu, wenn ich das Bild stark im PS angefasst habe. Denn das bearbeiten gehört bei mir mit dazu und es macht mir Spaß!
M.
Ein toller Artikel und ein herrlicher Denkanstoß!
Ich selbst absolvierte meine Ausbildung zur Fotografin noch in einem klassischen Portraitstudio, solcherlei Prämissen prägten meine gesamte Lehrzeit. Damals hieß es noch – wer es als Fotograf nötig hat seine Bilder zu manipulieren, der hat nichts gelernt. Dieser Blick in meine Vergangenheit bringt mich zum Schmunzeln … und wenn du, Martin, schreibst …
… , dass es leichter ist, ein gutes Bild zu machen, wenn beim Fotografieren schon auf Bildkomposition, Schärfe und alle anderen technischen Dinge geachtet wurde …
… kann ich meine Chefin von damals noch genau hören!
Natürlich ist das so. Aber legt man als leidenschaftlicher Fotograf nicht ohnehin Wert darauf, dass diese Parameter bereits bei der Entstehung des Fotos berücksichtigt werden? Ich denke doch, immerhin entsteht ein Bild aus einem Denkprozeß heraus.
Die Bildbearbeitung gibt uns eine weitere interessante Möglichkeit das kreative Potential der Fotografie auszuschöpfen und zu erkunden und dieser sollte man sich frei von jedem Vorurteil bedienen dürfen.
Als Schaffende sollten wir uns nicht durch Konventionen oder verstaubte „Glaubensbekenntnisse“ einengen lassen, sondern nutzen was uns zur Verfügung steht, wie es uns beliebt!
Danke für den schönen Artikel und
liebe Grüße
Rebecca
Ich kann deine Aussage im Allgemeinen nur unterstreichen. Und ein gutes Foto ist sicher ein gutes Bild, mit oder ohne Bearbeitung. Allerdings gibt es Bereiche, da gehört viel Bildmanipulation nicht unbedingt hin. Bei einer Dokumentation finde ich es eher unangebracht.
Ich selber fühle mich in der Strasse wohl und fühle mich wesentlich besser wenn ich die Regler nur minimal bewege.
Gruss
Gut gesprochen! :)
Ich höre auch recht häufig die Frage „Das hast du aber bearbeitet, oder?“. Je nach Lust und Laune antworte ich dann: „Nein, überhaupt nicht. Das kommt so aus der Kamera!“ oder aber „Ja klar, wieso denn auch nicht?“
Bildbearbeitung hin oder her, so war (analog) und ist (digital) immer ein Thema in der Fotografie aber kein Gradmesser ob ein Foto gut oder schlecht ist !
Beispiele gibt es genügend ob nun Gursky´s Rhein II oder Adams, Avedon und Eugene W. Smith usw.. es ist nicht die Bearbeitung die ein gutes Bild macht, sondern die Idee hinter dem Bild.
Damit wären wir wieder beim Fotografen/in.
Da existiert dieses Word „unverfälscht“, gleichzusetzen mit unbearbeitet. Übersetzt heisst dann: bearbeiten = verfälschen.
Ist ein bearbeitetes Foto dann falsch?
Hier in Spanien oder auch in Englisch sprachigen Ländern würde man sagen, manipuliert. Das ist an sich nichts negatives. Ich manipuliere meine Fotos, ziehe an Reglern und spiele mit Filtern. Das macht Spass.
Ich wünsche Euch allen viel Spass hinter der Kamera und am Rechner.
Ich kenne keinen ernst zu nehmenden Fotografen der die von dir beschriebene Meinung hat und ich kenne viele Fotografen.
Und natürlich ist Bildbearbeitung nicht gleich Bildbearbeitung. Wenn man sie braucht um ein schlechtes Bild gut aussehen zu lassen, ist man Bildbearbeiter, nicht Fotograf.
ein weites gebiet zum diskutieren. hier gibt es keine wahrheit, korrekt. selbst als ‚disliker‘ stark veränderter bildwerke durch digitale postproduktion ausserhalb der werbefotografie (ja, ich geb’s zu) überlasse ich gerne jedem seine präferenzen. interessant finde ich die themenschnittmenge mit dem fotojournalismus. es gibt hier regeln, doch die übergänge sind oft fliessend.
Hallo Martin!
Dein Plädoyer für die ästhetische Wahrnehmung als Grundlage der Bildbeurteilung kommt wie gerufen. Zu sehr vermehren sich wieder die Meinungen, EDV sei nichts mit der Fotografie zu tun, oder gar den Tod für die Fotografie bedeutete. Meist stammen solche Gedanken von altbackenen Fotografen, die mit Sehnsucht an die analogen Zeiten erinnern und wenig mit dem Digitalen anfangen können. Unvermeidlich kommt man auf die Gedanken, dass dies zum größten Teil nur Fruststimmen sind. Die Quelle liegt im Frust, etwas nicht richtig beherrschen zu können, nicht mehr lernen zu können, und so sieht man diesen Wandel als einen Holzweg, der die Fotografie ins Verderben führt. So ein Gefühl des Verlorenseins kennt fast jede Generation in diversesten Berufen. Und verbittert vergisst man eben oft, dass nicht ein „WIE“ zunächst wichtig ist, sondern ein „WAS“, ein Produkt, was Martin wunderbar im Schlusswort betont hat. Ein Bild sollte zunächst nach den ästhetischen Kriterien bewertet werden, und erst dann kann man fakultativ sich für das Know-how interessieren. Wohl gemerkt: interessieren, nicht gleich beurteilen. Sonst sind das so ziemlich viele Fotografen keine echten, nur weil sie EDV anwenden. Genauso sind viele Autofahrer keine echten, weil sie die automatische Kupplung nutzen. Und bestimmt ein paar Menschen auch keine echten sind, weil sie Herzprothesen haben, und im Herz befindet sich bekanntlich die menschliche Seele. Ja genau! :)
VG
VT
„Ich habe den Film oft hinterher in der Dunkelkammer geprügelt“, hat mir soeben eine inzwischen 90-jährige Fotografin gesagt. Soll doch niemand so tun, als sei Bildbearbeitung eine Erfindung der Ditigalfotografie. Letztlich zählt nur das Ergebnis, und zwar für den Fotografen und den Betrachter/Auftraggeber. Bei der Zeitungsfotografie wählt oft der Newsdesk aus einem großen Bildangebot aus, da wäre es unklug, mit unbearbeiteten Fotos ins Hintertreffen zu geraten, wenn alle anderen Fotografen vor dem Präsentieren an den Reglern drehen. Wohlgemerkt nur an denen für Farbe und Helligkeit, nicht um die Bildaussage zu manipulieren. Das verbietet sich bei Reportagefotografie. Ansonsten gilt: soll doch jeder nach seiner Facon selig werden.
Ich fotografiere analog und scanne dann ein. Dabei bearbeite ich meine Fotos sehr sparsam, dh außer der Gradationskurve fasse ich selten ein Werkzeug an. Das legt mehr Gewicht auf das Fotografieren an sich, mir ist aber klar, dass man aus manchen Bildern vlt noch mehr „herausholen“ könnte. Wer dafür die Geduld aufbringt, dem sei das gegönnt! Ich würde deshalb niemanden kritisieren.
Sprüche wie „das ist aber stark nachbearbeitet, oder?“ können in meinen Augen ein Hinweis auf zwei Sachen sein: Entweder, der Fotograf / Bearbeiter hat übertrieben, dann ist das Foto wie ein Gemälde zu sehen. Nicht jedermanns Sache, aber gut wenn es ihm gefällt. Oder aber, das Foto ist so gut, dass der blanke Neid aus dem Kritiker spricht!
Verdammt! Man muss bei Fotografieren die Arschbacken zusammen kneifen? Das hätte mir aber auch mal einer vorher sagen können!
;-)
Super Artikel!
Auf einem Bein stehen geht auch oder so wie Lars Licht, ein Bein wegstrecken ;-)
Dieser Artikel spricht scheinbar über Fotografie. In Wirklichkeit aber, bricht er eine Lanze für Toleranz, Freude am eigenen Tun, Stärkung des Selbstbewußtseins – und ist von daher in meinen Augen ganz wunderbar und auf jede andere (künstlerische) Disziplin zu übertragen.
Danke Martin, Du hast wieder toll den Ton getroffen!
Sehr schöner Artike! Danke dafür!
Bin auch voll und ganz mit Martin und Hannes dakor!!
Altgediente Fotografen, die über Bildbearbeitung lästern, sollten sich einfach mal die Frage stellen, warum sie früher schon bei der Filmwahl einen quietschbunten satten VELVIA oder einen PORTRA eingelegt haben. warum crossentwickelt wurde, warum ein ganz bestimmtes Filmkorn erwünscht war, usw.
Damit wurde das Ergebnis beeinflusst wie heutzutage mit den PS-Reglern, nichts anderes. Bildbearbeitung gabs schon vor hundert Jahren und nichts ist daran auszusetzten. Vollste Zustimmung.
Ich mag keine Fotos, die retuschiert wurden. Ich ziehe da eine klare Grenze für mich, da mich Bilder, die diese Grenze überschreiten sslbst nicht interessieren bzw. langweilen: Sämtliche Register der üblichen Bildbearbeitung, die auch „früher“ in den analogen Tagen gezogen wurden, ziehe ich auch am Bildschirm, aber es endet bei der Retusche, also dem Wegstempeln von Pickeln, Stromleitungen oder sonstwas. Was auf dem Bild ist, ist auf dem Bild und wenn die Nase des Fotografierten eine fette Warze trägt, dann ist das halt so. Einzige Ausnahme ist FÜR MICH das Beschneiden der Fotos, aber auch nur dann, wenn damit keine wesentliche Bildaussage verändert wird.
Es kann jeder machen, was er will, aber diese zunehmende Tendenz der idealisierten Welt, die Photoshop gebastelt hat, langweilt. Alleine die bis zum Erbrechen bearbeiteten Coverfotos diese Moderzeitschriften… lächerlich, langweilig.
Ein Foto lebt von seiner Aussage, seinem Flair, dem Empfinden, das es beim Betrachter auslöst. Ein Weichspühler glättet alles. Und wenn ein Bild vielleicht sogar künstlerisch wertvoll so gebastelt wurde, dass es -passiert mir sehr selten- anspricht, dann ist es eine Form der Malerei, aber hat mit meinem Verständnis der Fotografie nichts mehr zu tun.
Ich gehe zunehmen so weit, dass ich mir auch das Beschneiden der Fotos verbiete, damit ich mich zwinge, mehr Mühe bei der Aufnahme zu geben. Das mag für den Betrachter egal sein, aber ich merke, dass sich diese Mühe insgesamt bei der Qualität der Fotos bemerkbar macht.
Den Artikel finde ich leicht provokant, aber nicht gut. Denn er redet der Glättung der Welt zu.
„… Einzige Ausnahme ist FÜR MICH das Beschneiden der Fotos, aber auch nur dann, wenn damit keine wesentliche Bildaussage verändert wird….“
Ganz schwieriges Thema… denn letztlich entscheidest Du ja schon mit der Wahl der Brennweite über die Bildaussage.
So gesehen dürftest Du ja nie ein Tele benutzen, sondern immer nur mit einem 28mm oder 35mm fotografieren. Schon beim 50er fehlt so viel von der Umgebung…
Aber ich verstehe, was Du meinst.
Ich finde den Artikel alles andere als provokant, denn der Artikel fordert doch letztendlich die Tolleranz in der Fotografieszene. Man muss doch klar unterscheiden was einem persönlich gefällt und ob man seine Wertvorstellung jemandem aufzwingen möchte.
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass jeder das mit seiner Fotografie machen soll was ihm Spaß macht. Keiner kann jeden mit seiner Kunst erreichen.
Und hier von Glättung der Welt zusprechen ist ja vollkommen vorbeigeschossen. Vielfallt ist das Schlagwort und das erreicht man mit vielen unterschiedlichen Ansichten und Arten der Fotografie. Wenn man gänzlich auf Bearbeitung verzichtet, oder eben jeder nur nach dem Schema F bearbeitet, dann, genau dann ist doch von Glättung zu sprechen.
Absolut toller Artikel, denn ich so schon immer unterschrieben hätte und immer noch tue.
Ich stimme Dir zu. Fotografie ist eine Bildsprache, eine Ausdrucksform. Warum sollte man nicht die Vielfalt der technischen Möglichkeiten ausnutzen, um sich im Bild auszudrücken? Ein Foto mit dem Handy verschickt, um mit der Freundin den tollen Sonnenuntergang zu teilen, ein Foto von einer Party im Facebook ist ebenso Kommunikation wie ein Foto, für das ich morgens um 6 Uhr aufgestanden bin, um das richtige Licht zu erwischen und das ich dann noch am Rechner bearbeite, oder eine Studioaufnahme für einen Kunden, ein Begleitfoto für einen Text….
Was ist Realität? Die Perzeption von Farbe, Form und Linienführung ist sehr individuell, und es gibt so viele Realitäten, wie es Individuen gibt. Das wussten schon die Impressionisten, die sich mit ähnlichen Debatten auseinandergesetzt haben. Realismus in der Kunst hat mit abbildender Realität wenig zu tun, es was eine Strömung in der Kunst des 19. Jahrhunderts, die sich gegen die Historienmalerei richtete, und auch diese neue „Sichtweise“ hat viel Unverständnis bewirkt.
Es ist doch völlig gleich, welcher Ausdrucksmittel man sich bedient, wichtig ist, das man etwas zu sagen hat. Auch wenn’s nicht immer jeder versteht oder hören möchte.
Auch in den Tagen der analogen Fotografie wurde in den Dunkelkammern retuschiert, was das Zeug hält. Da wurde mit Skalpellen, Folien usw. gearbeitet, um z. B. störende Gegenstände aus dem Bild zu bekommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Retusche
Wieso sollte man ein Bild nicht beschneiden? Beschneidet die Kamera nicht ebenfalls die Realität? Ich sehe doch mit den Augen ganz anders als nur einen Ausschnitt? Ich kann meinen Kopf bewegen, die Kamera hingegen produziert einen Ausschnitt. Wieso sollte die Beschneidung der Realität durch das Objektiv in irgendeiner Weise „realistischer” sein als das Beschneiden in Photoshop oder mittels Schere und ausgedruckten Bild?
Wieso ist es in Ordnung, wenn sich Modelle schminken – aber nicht, denselben Effekt über Photoshop herzustellen?
Wieso darf ich mir dünne, dicke, schwarze, weiße, blonde oder Brünette Modelle aussuchen, aber dann nichts mehr an ihnen verändern?
Bildbearbeitung hat nicht nur etwas mit Technik zu tun. Ich bearbeite die Realität in dem Moment, in dem ich das Motiv auswähle und das Bild mache. Die Technik der Kamera tut ihr übriges, die „Realität” zu verändern.
Das Auge des Betrachters „verfälscht” weiterhin das Bild.
Am Ende ist es doch so: Eine objektive Realität gibt es nicht. Es sind Informationen, die über unsere Netzhaut ins Gehirn gehen und dort schon manipuliert werden (beispielsweise dreht unser Gehirn alles, was wir sehen, um 180 Grad – das ist ja schon eine ziemlich heftige Bearbeitung der Realität, oder?)
Bildbearbeitung macht manche Dinge zwar einfacher, kann sich aber negativ auf den Spaß am Fotografieren auswirken. Es gibt einfach ein gutes Gefühl, wenn man z.B. Belichtung und Bildauschnitt perfekt hinbekommen hat.
Und warum nicht mal ne Filmkamera in die Hand nehmen, anstatt die Fotos durch irgendwelche Filter zu jagen, um sie „analog“ aussehen zu lassen?
Das soll natürlich nicht heißen, dass man es sich unnötig schwer machen sollte. Wenn das Ergebnis gleich(!) ist und man durch Bildbearbeitung schneller ans Ziel kommt, nur zu :)
Schlicht und ergreifend „daumen hoch“!
Jeder sollte das machen, was ihm gefällt, solange es legal ist ;-)
Vielen Dank an dieser Stelle für die zahlreichen Bemerkungen. Es freut mich, dass mein Artikel hier etwas angestossen hat und finde es spannend zu lesen, aus welchen Hintergründen ihr die Thematik seht und welche Argumente (und Erfahrungen) für Euch wesentlich und entscheidend sind. Mal sehen, was hier noch so geschrieben wird. Ich lese mit…
entscheidend ist hinterher, ob das bild packt oder nicht. wenn es das nicht kann, das ist alles was man vorher tat sowieso egal ;) tut es das doch, nimmt das bild mich mit, dann ist das hinterfragen der technik und manipulation erstmal zweitrangig.
det is immer so ne sache mit dem bearbeiten. ich mag mal behaupten, dass ich beides einigermaßen kann, also bilder machen, an denen ich nich fummeln muss/müsste und bilder mit viel schnickschnack und photoshop usw weiterentwickeln. wie gelesen: das ergebnis zählt. je sauberer eine arbeit, egal ob befummelt oder nicht, desto eher neigt es sich zu einem bestimmten qualitätsniveau. was in meinen augen aber dennoch der entscheidenste punkt eines bildes ist, ist die idee des bildes. im job mache ich werbung, zum ausgleich mache ich street fotografie. die art der betrachtung ändert sich jedoch nur gerinfügig. wenn der gedanke bzw die botschaft des bildes unique ist, versprichts auch über technisches hinwegblicken zu können. die ganzen religiösen ansichten lassen mich mittlerweile kalt, jedoch akzeptiere ich in dokumentarischen fragen, die viele fotografische bereiche umfassen, keine manipulativen eingriffe. wenn jemand seine arbeit nicht als wahrheitsgetreue abbildung verkauft ist es mir wooscht, womit jemand seine bilder bearbeitet…
Ich habe keine Manipulationsphobie, bearbeite im Gegenteil meine Bilder so gut wie immer nach und habe meinen Spaß daran, die Farben, Lichter und Schatten so anzupassen, bis es mir gefällt.
Wo es bei mir aber aufhört, ist das Einbringen von externen Bildinhalten in eine Fotografie. Für mich ist ein Foto eine Abbildung des damaligen Moments, und FALLS an dieser Abbildung etwas hinzugefügt wurde, ist es für mich kein Foto mehr, sondern eine Komposition und muss auch – meiner Meinung nach – als diese gekennzeichet werden.
Eine Nachbearbeitung, die durch Farb- und Tonwertveränderungen die Bildstimmung oder Intention unterstützt, ist für mich völlig legitim, jedoch will ich kein Foto eines Wolkenkratzers sehen, in dem Vögel zu sehen sind, die zum Zeitpunkt der Belichtung gar nicht da waren. Das ist für mich eine Art von Betrug des Bildbetrachters.
Naja das mit dem Hinzufügen ist ja ebenfalls so eine Sache. Wie ist das Argument z.B. bei Langzeitbelichtung? Wenn du an einem Platz mit Menschen mehrere Minuten belichtest, wirst du fast einen leeren Platz als Ergebnis erhalten. Dies ist aber absolut das Gegenteil von dem was wirklich dort los war.
Ich persönlich mag einfach keine Grenzen ziehen. Wieviel Fotografie in einem Werk steckt ist doch oft so fließend udn manchmal gar nicht erkennbar was „wirklich“ Ausgangsmaterial war und was nicht.
Toller Artikel – Und sehr wahr.
Gegen die Bildbearbeitungsphobie!
Das musste endlich mal gesagt werden, danke dafür.
Oft habe ich schon während einer Bildbearbeitung daran gedacht: „Aber jetzt ist’s gut, mehr nicht, sonst ist es keine Fotografie mehr…“ Denn man möchte ja nicht auf einmal in die Ecke der Manipulation (=kein Foto) gesteckt werden. Ich bin der Meinung, dass man zwischen ‚Fotografie‘ und ‚Bildbearbeitung‘ eine wichtige Synapse, eine Kontaktstelle zwischen Nervenzelle und Nervenzelle, setzen sollte – sofern man gerne seine Rohdaten durch die Bildbearbeitunsgprogramme haut.
‚Manipulation‘ hat eine viel zu negative Bedeutung und wird gern von gewissen Gruppen im Zusammenhang mit der Fotografie als negativ bewertet und folglich als inakzeptabel gesehen (man denke nur mal daran, einen Menschen zu manipulieren). Wenn das Wort nun ‚Kunstgriff‘ wäre, was ein Synonym für die Manipulation ist, wäre die Beurteilung dieser Gruppen wohl etwas anders verlaufen :)
Man kann das Thema sehr kontravers diskutieren. Aber ein sonst schon gutes Foto(bei dem alles stimmt) kann durch Bearbeitung besser werden. Jedoch ein schlechts Foto meistens nicht. Man kann zwar manchmal noch was retten, gut wird es aber im Regelfalle nicht mehr.
Das ist wahr!!!!
Bei vielen Bilder muss ich mir anhoren:
„Ja das ist doch bearbeitet, oder?“, „das ist doch zu viel“,
Oder: „…klar sieht es gut aus, du hast es auch bearbeitet“ oder „das liegt am Programm“ hahaha
Ich bin der Meinung egal wie, es soll einfach Spaß machen – und es soll nicht anderen gefallen!!! – klar motiviert es uns wenn es anderen gefällt.
Wir wollen nicht nur ein Moment mit der Linse festhalten in guter Qualität, sonder wir wollen auch unser Teil zum Moment beitragen – wer mehr wer weniger. – das ist doch unsere Kunst – lassen wir sie uns nicht nehmen! :D
Schöner Artikel! Danke
Mei Red.
Wie immer hast du Recht großer Martin.
Ich lass mir auch weniger einreden und wende meine Blick immer mehr nach dem was mir gefällt.
ich für meinen Teil bewundere Fotografen, die für meine Augen gute Bilder ohne jede weitere Bearbeitung zu stande bringen. Aber wo ist die Grenze des bearbeitens ? Schon im RAW Converter etwas nachregeln oder erst im Photoshop das volle Programm ? Ich finde , das das Ergebniss dem Betrachter gefallen soll, vor allem aber auch dem Fotografen selber…..wie es auch immer zustande gekommen ist
Moin!
Für mich bedeutet Fotographie ein Stück kreative Freiheit; warum muß alles reglementiert werden? Ein Bild entsteht im Kopf und der Weg dorthin sei doch jedem freigestellt. Es ist gut, das es Regeln gibt, aber es ist noch schöner sie so dann und wann zu brechen.
Free your mind!
Der Artikel gefällt mir, weil er (mal wieder) Mut macht, zu seinem Gefühl zum Bild zu stehen, zu machen, was einem selbst gefällt und ermutigt, sich frei zu machen von dem, was andere sagen, was nicht immer leicht ist.
Ich sehe ein Bild. Kann sein, dass es genau das ist, was ich in dem Moment sehe und dann muss ich es „nur“ noch so aufnehmen. Kann aber auch sein, dass ich eine Idee zu einem Bild sehe, die ich aufnehme und am Computer mein Bild daraus mache. Und manchmal fotografiere ich etwas, weil da ein Impuls ist, noch kein Bild. Das entsteht dann vielleicht erst am Computer. Das Resultat ist in allen Fällen ein Bild. Und wenn es andere sehen, gefällt es ihnen oder eben nicht. So geht es mir mit den Bildern aller anderen Fotografen auch.
Mich sprechen Fotografien an, die irgendein Gefühl transportieren. Rein technisch perfekte Fotos ohne Gefühl langweilen mich meist. Das gilt für RAWs ebenso wie für aufwändig in PS manipulierte Fotos. ;-)
Dass das Resultat letztlich der entscheidende Faktor ist, da sind wir wahrscheinlich alle einer Meinung – ein schlechtes Bild bleibt ein schlechtes Bild, egal ob massiv bearbeitet oder ooc.
Aber – entgegen Eures Aufschreis gegen Manipulationsphobie – sehe ich durchaus sehr gute Gründe warum sich ein Fotograf darauf berufen sollte, dass ein gutes Foto in der Kamera und nicht erst in der Nachbearbeitung entsteht.
Nach meiner Meinung ist ein guter Fotograf derjenige, der bewußt ein Bild mit Hilfe seines Apparats gestaltet und es dann fertig entwickelt und optimiert.
Ein guter Grafiker/Bildbearbeiter/Digital Artist ist derjenige, der eben ein Bild mit Hilfe seines Computers gestaltet und es entsprechend optimiert indem er Bilder „remixt“ und retuschiert.
Provokant gesagt – wenn nur das Resultat zählt und der Anteil der digitalen (Nach)Bearbeitung für eine „gute Fotografie“ beliebig groß sein kann, warum nicht gleich das Ausgangsmaterial in Cinema 4D rendern?
Im Umkehrschluss heißt das für mich: der entscheidende und kreative Aspekt der Fotografie ist der Prozess des Findens und Ablichtens eines Motivs. Das Bild im Kopf in ein Bild auf Film/Speicher umsetzen.
Das optimiere ich danach, aber ob ein Bild nun gut oder schlecht ist, weiß ich schon vor der ersten Maske in Photoshop.
Versteht mich nicht falsch, ich entwickle auch gerne digital. Ich bin auch nicht gegen Bildbearbeitung oder Digital Art. Aber bitte nennt Euch nicht Fotograf und das Resultat ein Foto, wenn 80% Eurer kreativen Leistung NACH dem Drücken des Auslösers passiert ist – und ihr 5 Bilder zusammengefrickelt, 25 Einstellungsebenen und 10 Filter benötigt habt, damit am Schluss ein bonbonfarbes Bitmap entstanden ist.
Fotografie ist das Nachdenken und der kreative Umgang mit der Kamera VOR dem Drücken des Auslösers.
Die Meisterwerke von Fotografen wie Adams, Smith, you name it sind nicht der Dunkelkammer entsprungen sondern dem kreativen Prozess bevor das Ganze auf Film gebannt wurde. All die anderen nannte man früher noch Maler, Zeichner oder Kupferstecher. Oder würde einer von Euch Andy Warhol für sein Marilyn Diptych als Fotograf bezeichnen?
Woher kommt eigentlich der Mythos, dass analoge Meisterwerke nicht in der Dunkelkammer entstanden seien? Nur mal ein kleiner Einblick darin, wie gerade der viel zitierte Ansel Adams halbe Ewigkeiten in der Dunkelkammer verbrachte, um seine Bilder zu optimieren (oder in deinen Worten eher „manipulieren“?): http://www.youtube.com/watch?v=qZlovMptjyQ
PS: Warum nicht direkt das Bild rendern? Ganz einfach, weil das Ergebnis über Fotografie und Composings im von dir beschriebenen Fall für fast jeden (entsprechend seiner Fähigkeiten) einfacher und schneller zu erreichen ist.
Danke für den Link Aileen. Deutlicher kann man es nicht sagen.
Aber ich vermute, die Diskussion um Nachbearbeitung ist heute so lebhaft, weil die Technik jedem zugänglich ist. Jeder, der Spass am fotografieren hat, versucht, aus seinen Bildern „etwas zu machen“.
Ich bin gestern durch eine deutsche Fotogemeinde im Internet spaziert, der ich selbst seit 5 Jahren angehöre, und in die ich ab und zu ein Bild einstelle. Deshalb kann ich Joes Einwand verstehen. Je bunter und schärfer desto besser. Aber der überwiegende Teil der Mitglieder sind Hobbyfotografen, die mit der Technik spielen und sich an den Ergebnissen erfreuen, und manchmal „heiss“ diskutieren. Ihr kennt diese Foren, und es ist gut, dass es sie gibt.
Die Arbeit in der Dunkelkammer war sehr viel aufwändiger, und bei den meisten von uns auf S/W begrenzt, und was einmal verfuscht war, blieb verfuscht.
Wir waren wenige, das Bad diente als Dunkelkammer, und es war schon allein aufwändig, alles vorzubereiten. Wir haben mit Filmen und Papieren experimentiert, die Fotos an die Kacheln zum Trocknen geklebt, oder in der Trockenpresse gebügelt.
Sehen wir uns nach dieser Zeit zurück? Gibt es diese Diskussionen heute, weil die Technik jetzt den „Massen“ zur Verfügung steht, und jeder sich Fotograf nennt?
Schauen wir arrogant auf diejenigen runter, die abends am Rechner sitzen und versuchen aus ihren Urlaubsfotos das Beste herauszuholen, und sich dabei an „National Geographic“ Fotos orientieren?
Oder zählen wir uns zu den „ernsthaften“ Fotografen? Entstehen unsere Bilder wirklich alle zuerst im Kopf? Planen wir jedes Foto? Oder spielen wir mit dem Zufall? Oder ist es gar eine Mischung aus all dem?
Ist die Konkurrenz grösser geworden? Fühlen wir uns gar bedroht?
Was bleibt uns, um uns abzugrenzen von der „Masse“ der „Fotografen“?
Unser eigener Weg. Der kann steinig sein und dazu braucht man ausser Kreativität auch Mut und vor allem Offenheit. Die Technik wird sich weiter entwickeln, wir wissen nicht, wohin. Aber wir können sie nutzen. Jeder nach seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten und immer wieder neues dazu lernen. Jede neue Sprache, die wir lernen erschliesst uns eine neue Welt. Auch die Bildsprache.
„Dass das Resultat letztlich der entscheidende Faktor ist, da sind wir wahrscheinlich alle einer Meinung – ein schlechtes Bild bleibt ein schlechtes Bild, egal ob massiv bearbeitet oder ooc.“
Das Resultat ist dann entscheident, wenn es ein FOTO ist. Ich glaube, der wesentliche Dissenz kommt daher, dass einmal der Wert auf FOTOGRAFIE gelegt wird (bei mir eher) und bei anderen liegt der Foukus auf dem BILD. Sieht man die Fotografie als Bilderschaffung wie Malerei usw., dann geht es wohl eher um die Wirkung des Bildes und nicht um das Abbild eines Momentes mittels eines Fotogerätes (mein Verständnis von Fotografie).
Vielleicht ist da Unterschied vergleichbar mit dem zwischen einem (Sonntags-)Jäger und demjenigen, der aus dem Wild ein Stück Wild will, weil er Hunger hat.
Ja, ich bearbeite Bilder nach – Gradationskurven, Tonwertkorrektur, Schärfung. Alles bekannt.
Aber da mein Hobby „Fotografie“ und nicht „Knipsen mit anschließender Bildbearbeitung“ ist, lege ich meinen Fokus eben auf den Prozess der Fotografie, auch wenn ich im Rechner wahrscheinlich ganz ähnliche Ergebnisse erzielen könnte.
Für mich heißt das dann eben auch, dass ich mir VOR dem Abdrücken Gedanken mache und versuche im VORAB das Ergebnis zu gestalten.
Statt im Nachgang Adobe Camera Raw Verläufe zu nutzen nehme ich meinen Grauverlaufsfilter.
Statt den störenden Schlot aus dem Hintergrund zu retuschieren variiere ich meinen Standpunkt so, dass der Hintergrund passt.
Statt das Bild massiv freizustellen wechsle ich lieber schon „on scene“ meine 24mm Festbrennweite gegen eine 28mm.
Statt im Nachhinein die Belichtungseinstellungen in ACR überzustrapazieren nutze ich meine Graukarte.
Statt um 6,53% in PS zu drehen stecke ich meine Wasserwage in den Blitzschuh.
Statt 15 Bilder/Minute in 8 Perspektiven aus der Hand stelle ich mein Stativ in Ruhe auf und überlege mir die Bildgestaltung im Sucher.
Besser werden meine Ergebnisse damit vielleicht auch nicht. Vielleicht wirkt vieles auch anachronistisch, wenn man ein ähnliches Ergebnis auch im warmen Wohnzimmer erzielen könnte. Aber für mich entstehend ein hochqualitatives Foto aus einem Bild im Kopf, aus einer Situation, aktiv vor Ort. Und nicht reaktiv im Rechner.
Stimme Martin voll zu! Was die Abzüge eines CartieBresson oder bei NationalGeographic so besonders machte war ja nicht zuletzt auch der Experte im Labor. Als Foto-Bub hatte ich schon den Traum mal von einem Bild einen Fach-Abzug machen zu lassen; zum Glück war mein Bildmaterial per se schon zu lausig dazu. Die 60DM die sowas damals kostete ganz ausgeblendet.
Auch Papierhärteauswahl, Abwedeln, Baryt, Eisentwicklung usw waren nichts als Vorgänger der heutigen Möglichkeiten.
Soweit zu gehen Anselm als Vorgänger von DocBaumann zu bezeichnen würde ich allerdings dann doch auch nicht gehen…
Das ist doch eine Scheindiskussion. Deine Behauptung Martin, es gäbe viele Fotografen, die Bildbearbeitung diskreditieren und diese Theorie auch noch „verbreiten“ ist an keiner Stelle von dir belegt worden. Somit auch nur eine steile (flache) These? ;) Natürlich wird es welche geben, aber wohl eher eine verschwindend geringe Zahl im Vergleich zu denen, die es anders sehen. Ich kenne keinen einzigen und ich habe viel mit Fotografen zu tun. Auch die Kommentare hier sprechen eine deutliche Sprache, es gibt doch kaum Gegenstimmen.
Ich persönlich mag es nicht so gern, wenn eine Behauptung ohne Belege aufgestellt wird und diese dann mit scheinbar edelmütigem Aufruf zur Toleranz „verteidigt“ wird… obwohl es so gut wie keine Gegenmeinungen gibt :) Nichts für ungut… aber das scheint mir recht populistisch zu sein.
Zu deinem Zitat „Wenn jemand draufschaut und der Meinung ist, das sei ein gutes Foto, dann wird er Recht haben“: Damit kann man eigentlich aufhören über Fotos zu sprechen, denn dann ist alles gleich und außerhalb jeder Kritik.
Ich finde die Frage bzw. das Grundsatzthema des Artikels eigentlich sehr interessant. Schade nur, dass der Autor dem ganzen Artikel einen „beleidigten Leberwurst“-Unterton geben musste. Eine etwas objektivere Auseinandersetzung mit dem Thema wäre wünschenswert gewesen. Es ist einfach auf kritik mit Kritik zu reagieren statt sie sachlich zu analysieren.
Ausserdem bin ich noch der Meinung dass eben nicht nur das Foto das ist was zählt. Der Prozess, ist für mich das wichtige. Das fertige Bild ist nicht die Kunst. Der Prozess ist die Kunst und das fertige Bild nur ein Schaubild dieses Prozesses. Aber eben meine Meinung ist nur eine Meinung. Genauso wie die des Autors dieses Artikels.
Toller Beitrag Martin, da kann ich dir nur zu stimmen.
Grüße
Ich finde Martins Artikel eher erfrischend und empfinde keinen beleidigten Unterton.
„Echte Könner brauchen kein Stativ.“
Ich habe täglich mit Leuten zu tun, die Fotos mit dem Handy machen und sofort ins Facebook einstellen. Von diesen Leuten bekomme ich den Auftrag, mal eben sämtliche Installationen einer Hotelfachschule für die neue Website zu fotografieren, d.h. grosse dunkle Aula ohne Tageslicht, 2 Restaurants, Versuchsküche, 2 Grossküchen, Klassenräume, Informatikzentrum…. und Food. „Weil Du so eine Kamera hast, die so tolle Fotos macht. “ OK. In ihrer Vorstellung dauert das ungefähr so lange wie sie mit dem Handy brauchen, knips knips, aber die Fotos werden natürlich besser, weil die Kamera grösser ist.
„Bisschen dunkel hier, hmmm.“ „Ja hast Du denn keinen Blitz an Deiner Kamera?“ Ich erspare Euch denn Rest bis auf: „Nein, heute Nachmittag kann ich die Fotos noch nicht schicken, die muss ich erst noch bearbeiten.“ „Mit Photoshop?!!!!“ Und dann kommt die Diskussion, Fotos bearbeiten oder nicht. iphon-fotos muss man nämlich nicht bearbeiten. Ich weiss, das gehört nicht hier her. Wir sind uns hier alle so ziemlich einig, und ich fand die Beiträge zu diesem Thema sehr interessant. Aber wir arbeiten nicht im Elfenbeinturm, und manchmal kommt es halt zu „heiteren Situationen“. Habt ihr so etwas noch nie erlebt?
Eben. „Echte Könner brauchen kein Stativ und Photoshop ist eine Krücke, für Leute, die nicht fotografieren können.“ Oder kein iphone haben.
Hier kommt ganz eindeutig mein Neidfaktor ins Spiel. Sonntag ist mein Geburtstag und ich wünsche mir….
Da halte ich mich lieber an Man Ray aus der kwerfeldein-Zitateecke!
Vielleicht sollte die Diskussion mal in diese Richtung gehen?
Gruß Maude
Blogartikel dazu: Findelkinder – Fine Art Fotografie aus Hamburg » Brotkrumen (II)
Ich bin zwar auch ein Fan von eher natürlicher, nicht so überbearbeiteter Fotografie, aber jedem das Seine.
Um jedoch noch einen anderen Touch in die Diskussion zu bringen:
Für mich ist die Grenze an einer anderen Stelle: wenn ein Bild inhaltlich manipuliert ist, aber der Fotograf nicht offenlegt, dass es eine Montage ist (bei Zeitungen nimmt man hier gerne mal das [m]).
Wenn als Beispiel im Hafenfoto die Poller wegretuschiert und ein Schiff, das eigentlich woanders liegt reinretuschiert wird, ist das OK, solange der Fotograf anmerkt, dass es eine Montage ist und die Wirklichkeit deutlich anders aussieht. Ansonsten hat es für mich was von täuschen/betrügen.
Sehr guter Text. Vielen Dank für die Bestätigung.
„Übrigens: Genauso sinnlos wäre es, umgekehrt zu behaupten, dass Fotografen, die ihre Bilder nicht bearbeiten, per se schlechtere Fotografen sind. Das ist natürlich ebenso Quark.“
Besser: Gute Fotografen sind doch nur schlechte Bildbearbeiter ;-)
„Natürlich könnte ich an dieser Stelle noch einwenden, dass es leichter ist, ein gutes Bild zu machen, wenn beim Fotografieren schon auf Bildkomposition, Schärfe und alle anderen technischen Dinge geachtet wurde.“
Man muss hier natürlich unterscheiden, zu welchem Zweck ein Bild manipuliert wird. Versucht man hier grobe Schnitzer beim Fotografieren zu überdecken, oder erreicht man durch die Bearbeitung eine Wirkung, die fotografisch gar nicht möglich gewesen wäre.
Außerdem arbeiten die sogenannten „guten Fotografen“ mit künstlichen Lichtquellen. Und das bedeutet? Genau, sie manipulieren.
Irgendwo habe ich mal was gelesen (kann mich leider nicht mehr erinnern wo), das ich nur unterschreiben kann: Fotografie ist schon an sich Manipulation und nicht die Abbildung der Wirklichkeit (das geht nämlich gar nicht, weil eine Dimension fehlt).
Weiter so! :-)
Korrekt Christian, man kann den Satz noch mehr verallgemeinern.
Jedes(!) Sehen ist ein subjektiver Vorgang, beeinflusst durch physikalische, psychische und physische Gegebenheiten.
Ein fertiges Bild ist das Ergebnis eines – wie auch immer gearteten – Schaffensprozesses. Dieser wiederum ist auch eine absolut subjektive Geschichte, die sich uns nahezu niemlas erschliessen wird.
Wenn es diese beiden Faktoren so in Ihrer Vielfalt nicht geben würde, gäbe es auch nicht Milliarden von Bildern.
Wo kann ich den Beitrag unterschreiben? :-)
Einfach einen leeren Scheck unterschreiben und mir schicken. Ich trage dann den Rest ein ;-)
Aber Du hast völlig recht. Es fängt schon beim Sehen an, die erste Bildbearbeitung kommt von unserem Gehirn. Wenn 10 Leute eine Szene beobachtet haben und man fragt sie danach, dann erhält man wahrscheinlich 10 verschiedene Antworten, weil jeder andere Erinnerungen hat, andere Sachen als wichtig erachtet hat, verschiedene Gefühle damit verbunden hat etc. …
Wie recht Du doch hast. Die Fotografen / Hobbyfotografen gehen da aber genau den gleichen Weg wie die Menschen in all den anderen Bereichen auch. Sehr zu beobachten ist das auch bei Autos: „Was, du fährst ein Toyota? Nee, die können keine Autos bauen. Nur deutsche Marken schaffen das“. Aha … ähnlich ist es eben bei Fotos und Fotografiertechniken.