17. Februar 2021 Lesezeit: ~8 Minuten
kwerfeldein – kurz erklärt
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kurz erklärt: Wie geht Ihr mit Sinneskrisen um?
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kurz erklärt: Wie geht Ihr mit Sinneskrisen um?

Ich möchte diese Folge mit einer Behauptung beginnen: Niemand ist immer zufrieden mit den eigenen Arbeiten. Eine kritische Haltung zum eigenen Schaffen ist bis zu einem gewissen Punkt gesund. Nur so haben wir schließlich die Motivation, immer weiter zu machen und uns zu verbessern.

Aber manchmal stellt die Kritik uns auch ein Bein. Dann stehen wir völlig unsicher und demotiviert vor unseren Bildern und wissen nicht, wie und ob es weitergehen soll. So geht es auch Teresa Rothwangl. Sie hat uns gefragt:

Wie geht Ihr mit Sinneskrisen um? Wobei Krise sicher ein zu schweres Wort dafür ist. Wie holt Ihr Euch aus den Puschen? Was macht Ihr, wenn sich Eure aktuellen Arbeiten nicht real und befriedigend anfühlen?

Diese Frage ist nicht nur sehr persönlich, sondern es gibt auch nicht die eine Antwort darauf. Jeder Mensch ist anders und geht ganz individuell mit solchen Krisen um. Deshalb haben wir uns für diese Folge entschlossen, verschiedene Sichtweisen aus der Redaktion zu sammeln. Vielleicht ist eine Antwort dabei, mit der Ihr Euch identifizieren könnt und die Euch bei der nächsten Krise hilft.

Auf jeden Fall kennen alle Personen aus der Redaktion diese Momente, in denen es nicht weiter geht. In denen wir überlegen, alles hinzuschmeißen und lieber etwas ganz Neues zu beginnen. Überraschend war aber, wie verschieden wir mit diesen Situationen umgehen.

Aileen geht zum Beispiel sehr praktisch an die schlechten Gefühle heran. Sie analysiert die Situation genau, um die nächsten Arbeiten besser zu planen:

Wenn ich mit meinen Arbeiten nicht zufrieden bin, hilft mir für gewöhnlich, zu analysieren, warum das so ist. Sind die Bilder nicht eigenständig genug? Habe ich nicht das umgesetzt, was ich geplant hatte? Habe ich mal wieder bei der Umsetzung ganz einfach aus Faulheit Abkürzungen genommen? Das ist meistens der Grund, warum Bilder bei mir nicht ihr volles Potential entfalten.

Für das nächste Projekt plane ich dann genauer, was ich wie mit welchen Dingen umsetzen möchte und achte beim Machen stärker darauf, mich tatsächlich an den Plan zu halten, auch wenn er mich auf ungewohntes Terrain führt und sich deshalb erst einmal unangenehm anfühlt.

So analytisch sind die anderen Redaktionsmitglieder nicht. Nora lenkt sich in Krisen lieber ab und macht ganz andere Dinge, um den Kopf frei zu bekommen.

Gefühlt befinde ich mich mit meinen Arbeiten und meiner Kunst eigentlich immer in einer Sinnkrise. Jedes Mal, wenn ich mich damit beschäftige, ist das auch so ein Auf und Ab. Manchmal bin ich total zufrieden und mag das, was ich gemacht habe und dann komme ich wieder in so eine Sinnkrise, in der ich denke: Was ist das überhaupt? Ist das richtig? Nein, das fühlt sich total komisch an.

Ich weiß nicht, wie ich mich da rausholen soll, weil es einfach ständig ist. So dass ich meistens haareraufend im Zimmer umherrenne und irgendwie mit mir selbst hadere. Inzwischen habe ich es aber geschafft, mich da irgendwann ein bisschen zu stoppen. Meistens gehe ich dann tatsächlich einfach spazieren. Oder mache etwas komplett anderes, das mich aus diesem Gedankenkreisel herausholt. Das sind ganz banale Sachen: Ich lese ein Buch oder ich gucke irgendeine total sinnfreie Serie auf Netflix. Um einfach dieses Gedankenkarussell abzustellen.

Und dann komme ich an so einen Punkt, an dem es sich wieder legt und der Kopf frei von diesem Karussell ist und ich wieder weitermachen kann.

Christopher sucht in solchen Momenten eher Hilfe in Gesprächen, um aus diesem Gedankenkarussell auszubrechen:

Sinnkrisen sind seit Jahren ein regelmäßiger Begleiter von mir. Ich neige dazu, alles was ich tue, zu zerdenken und in Frage zu stellen. Da hilft es eigentlich immer ganz gut, wenn man sich einen Ruck gibt und mit Menschen, die man gern hat, die nahe stehen, denen man vertraut, darüber zu sprechen, um einfach die Außenperspektive mitzubekommen. Und gleichzeitig hilft es auch mir immer, wenn ich einfach etwas ganz anderes mache. Hauptsache ich mache irgendetwas und stelle dabei fest, es funktioniert ja doch ganz gut.

Christian inspiriert sich mit Hilfe anderer Kreativer. Er ruft sich in Erinnerung, was Kunst und Fotografie bewirken können und motiviert sich mit den Arbeiten anderer:

Am Sinn meines Daseins als Fotograf zweifle ich eigentlich nie. Wir Menschen sind dafür da, in irgendeiner Weise schöpferisch zu sein und wir als Fotograf*innen haben das tolle Privileg, dass unser Material das ist, was wir als Realität zu sehen oder wahrzunehmen glauben. Wir arbeiten direkt mit der Welt, die uns umgibt und unserer Wirklichkeit. Dass man ab und zu einen Hänger hat und dass es Auf und Abs gibt, ist natürlich trotzdem so. Da gibt es dann nur eins: Dran bleiben, weitermachen und am nächsten Morgen wieder neugierig mit offenen Augen in die Welt gehen. Die Kamera benutzen und kommentieren, wie man diese Welt sieht.

Was auch hilft, ist zu sehen was andere tun. Ein Griff ins Bücherregal, ein Fotobuch rausziehen und sich angucken, wie großartig die Ergebnisse anderer gewesen sind, wie vielfältig ihre Wahrnehmung war, wie kreativ ihre Kommentare zur Welt sind – das motiviert mich, das bringt mich weiter. Und dann mache ich selbst auch weiter.

Und Katja macht es ganz genau anders herum:

Ich kenne diese Krisen nur zu gut und eine richtige Lösung habe ich noch nicht dafür gefunden. Aber ich konnte eingrenzen, was mir in diesen Phasen nicht hilft. Der Blick auf andere Arbeiten zum Beispiel. Gerade in solchen schlechten Phasen neige ich aber sehr dazu, meinen Instagramfeed hoch und runter zu scrollen. Ich beginne, mich mit anderen zu vergleichen und das ist unglaublich kontraproduktiv.

Wenn ich also wieder in einer Fotokrise stecke, verbiete ich mir Instagram und Co. Meist versuche ich einfach zu akzeptieren, dass es eben diese Tiefs gibt und nehme sie als kleine Pause für mich an. Und ja, ich weiß: Das ist viel leichter gesagt als getan.

Und was mache ich, Sebastian, selbst?

Sinnkrisen sehe ich für mich als Katalysatoren für etwas Neues. Wenn ich in einer Sinnkrise bin, und das bin ich öfter als ich zugeben mag, dann mache ich etwas anderes, häufiger auch etwas ganz Neues:

Ich spiele Gitarre, schreibe an Büchern, schließe mich in meiner Holz-Werkstatt ein, baue neue Möbel – und entwickle Ideen für wieder andere Dinge. So wie zum Beispiel auch den Podcast „Blick von außen“. Der Gedanke daran ist mir in einer solchen Krise gekommen. Und damit das Podcasten überhaupt. So erweitere ich mein eigenes Repertoire an Dingen, die ich kann. Und erhalte mittelfristig auch meine Lockerheit in der Sache wieder zurück, die die Krise ausgelöst hat.

Bei mir sind solche Sinnkrisen für gewöhnlich längere Zeiträume. In dieser Zeit möchte und muss ich mich so komplett wie möglich vom Auslöser der Krise befreien, um wieder einen objektiven Blick zu bekommen. Als Berufsfotograf ist das nicht immer einfach. Aber als positiver Blick nach vorn: Mit jeder Krise lerne ich mich selbst besser kennen und einzuschätzen und lerne, wie ich mich aus diesen Krisen wieder herausholen kann.

Das waren nur sechs von tausenden Gedanken, wie man mit diesen negativen Gefühlen umgehen kann. Wichtig ist auf jeden Fall zu wissen, dass wir alle das Problem nur zu gut kennen und es Teil des ewigen Prozesses ist. Kritischer als wir selbst ist wohl niemand gegenüber unseren Arbeiten.

Wir hoffen, Ihr konntet etwas für Euch aus den heutigen Gedankengängen ziehen. Nächste Woche gibt es hier vielleicht wieder handfestere Antworten. Das liegt ganz an Euch, denn Ihr entscheidet, was wir im Format besprechen. In diesem Sinne: Nächste Frage bitte!

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