Rezension: Mal gut, mehr schlecht.
„Mal gut, mehr schlecht.“ – so lautet der Titel eines 2016 im Verlag Hatje Cantz erschienen Buches, das kein klassischer Bildband ist, sondern sich mit einer weitläufig eher ungern thematisierten Krankheit fotografisch und visuell auseinandersetzt. Nora Klein, die eigentlich aus dem klassischen Fotojournalismus kommt, hat einen sensiblen Umgang mit Menschen gefunden, die bereit waren, ihre persönlichen Erfahrungen mit ihrer Depression zugänglicher zu machen.
Eingefasst in einen passend gewählten, transparenten Umschlag – ganz so, als würde der Schleier gelüftet, der für viele über dem Begriff „Depression“ schwebt – ist das Hardcoverbuch mit einer Vielzahl großformatiger, teils ganzseitiger Fotografien gefüllt, die zwischendurch von kurzen Zitaten unterbrochen werden. Die Zitate stammen von den fotografierten Personen im Buch, sind Ausschnitte von beschreibenden Texten, die am Ende des Buches Einblicke in die Wahrnehmung der betroffenen Personen ermöglichen.
Du sitzt in Deiner Wohnung, siehst die Dinge um Dich herum, dann wird das Licht immer weiter heruntergedimmt, Du siehst immer weniger, bis nichts mehr da ist: So ist die Depression. Sie ist die absolute Dunkelheit. Das ganze Leben wird ausgeblendet.
Die überwiegend eher düsteren Bildwelten sind zwischendurch gespickt mit kleinen, eingeschobenen Faltblättern mit visuellen Notizen und Bildern der Protagonist*innen – als Leser*innen des Buches sind wir so zu einer Handlung aufgefordert, um uns mehr auf diese sehr persönlichen Eindrücke einzulassen und damit auseinanderzusetzen. Nicht jede Person ist hier erkennbar – es bleibt offener Raum für offenere Eindrücke zum Thema Depression, wie sie für jede*n sein könnte oder ist.
In einem Interview zwischen der Autorin Sonja Hartwig und der Fotografin Nora Klein wird am Ende beleuchtet, wie es zum Buch im Allgemeinen und zu den Bildern im Besonderen kam. Welche Motivation hinter dem Buchprojekt steckte und welche Hoffnungen damit verbunden sind.
Mit seinen 134 Seiten ist das Buch relativ mächtig, hierbei wird der größte Teil der Seiten für Fotos genutzt. Es geht im Buch nicht um Medizin oder Wissenschaft, sondern die Möglichkeit für Betroffene und Außenstehende, eine kreativ verarbeitete Umsetzung von Depression als Krankheitsbild zur Auseinandersetzung und Entstigmatisierung wahrnehmen und weitergeben zu können.
Der Preis von 40 € ist bei einer so bedachten Gestaltungsart und dem aufwendigeren Hardcover nicht günstig, aber gerechtfertigt – für eine breitere Öffentlichkeit und Akzeptanz der Thematik aus meiner persönlichen Sicht trifft dies so oder so zu.