Wie man ein geiles Foto macht
Ich beginne diesen Artikel mit einem komischen Gefühl im Bauch. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, dieses Thema anzuschneiden, hier in unserem Magazin. In meinem Kopf fliegen tausend Argumente hin und her und dieser Artikel ist der Versuch, diese zu ordnen.
Wie Ihr schon lesen könnt, drehen sich meine Gedanken um einen Themenkomplex, der nicht ganz leicht zu fassen ist. Wenn ich versuche, das alles in einen Satz zu packen, dann würde sich das so lesen:
Alles wird erklärt.
Ich schreibe hier nichts Neues. Jede Person kennt diese Artikel und Programme, in denen alles, was mit der Fotografie zu tun hat, erklärt wird. Wie man tolle Landschaftsfotos macht, welches Licht für ein Portrait gut ist und weshalb ein Blitz bei einem Makro so wichtig ist.
Mein ungutes Gefühl gilt jedoch nicht den Artikeln und Workshops, die insbesondere Technik erklären. Mit Technik meine ich, wie man Negative entwickelt, was Bokeh ist und wie in Lightroom die Datenbank aufgebaut ist.
Dies hat meiner Meinung nach absolute Berechtigung und ist auch notwendig. Worum es mir geht, ist das Erklären von wie man ein geiles Bild macht.
Nicht die Funktion wird erklärt, sondern die Form. Foto-Magazine, Hobby-Fotografen oder irgendwelche anderen Leute erklären in Artikeln oder Videos, wie man solch ein Foto oder so einen Effekt herstellt. In kurz: Wie man fotografiert.
Und ja, ich weiß, der Übergang zwischen Technik erklären und Kreativität erklären, der ist fließend. Jedoch fällt mir auf, dass die Detailtreue, die mitunter bis ins Kleinste auserklärt wird, sehr, sehr hoch ist.
Ihr merkt, ich kämpfe immer noch mit den Worten, aber so langsam komme ich dem Phenomen näher. Workshops, Video-Anleitungen und Blogartikel, die sich „In 10 Schritten zum perfekten (bitte Wunsch einfügen)-Foto“ nennen, beleuchten jeden noch so ungeahnten Schritt, führen „Anfänger und Fortgeschrittene“ (was auch immer das ist) direkt zum fotografischen Erfolg.
Erfolg. Ganz wichtig. Erfolg.
Was mich an alle dem stört, ist Folgendes: Diese Fotografen erklären nicht, wie sie selbst arbeiten, sondern, wie man ein tolles Bild macht. Das impliziert schon sprachlich eine fachliche Hohheit, die niemand haben kann. Denn gerade in der Fotografie ist gut oder toll doch sehr davon abhängig, wer das Bild betrachtet.
Dazu kommt – und das finde ich viel schlimmer – dass aus diesem How-To-Gedöns ein riesiger Markt entstanden ist, der jeden Mausklick bis zum „jetzt hier drücken“ vormacht.
Was passiert? Jedes Fünkchen eigener Kreativität, jeder Anschein eines Selbst-Entdecken-Wollens wird unterdrückt. Wir haben ja genügend Profis, die uns die richtigen Schritte vormachen.
Meine Kritik gilt also nicht denjenigen, die verständlich machen, wie man einen Lith-Print macht oder wie eine Langzeitbelichtung zu erledigen ist, sondern dieser riesigen Maschinerie derjenigen (ja, es sind meistens Männer), die uns sogar sagen wollen, was wir wie zu fotografieren haben.
Was kommt dabei heraus? Eine große Masse an Fotografien, die alle so aussehen, wie es die Meister vorgemacht haben. Kopien von Kopien von Kopien. In diesem Zusammenhang sei vorangestellt, dass Foto-Gurus fast immer so tun, als ob sie auf die ganzen Tricks selbst gekommen sind. Ist klar.
Was mir dabei ein schlechtes Gefühl macht, ist Folgendes: Dieser Markt macht die Kreativität und Eigenständigkeit von Fotografie-Begeisterten schon von klein auf kaputt.
Anstatt zu befördern, den eigenen Kopf einzuschalten, in sich hineinzuhören, einfach auszuprobieren und einen persönlichen Weg mit der Fotografie zu gehen, wird ständig befeuert, dass doch nun diese Technik der Hit, diese Kamera das kann und es den hundertachtundzwanzigsten Workshop für aalglatte Haut im Strobisten-Streiflicht-Studio-Setting gibt.
Alles wird erklärt.
An dieser Stelle muss ich so ehrlich sein und sagen, dass ich das auch schon gemacht habe. Ich habe zig How-To-Posts geschrieben, Workshops gegeben und Videos publiziert, in denen ich genau diesen Weg gegangen bin. Zwar habe ich mich immer unwohl dabei gefühlt, den Erklär-Bär zu spielen und diesem Gefühl hätte ich früher auch folgen sollen.
Denn heute bin ich nicht sehr stolz darauf. Ehrlich gesagt schäme ich mich ein wenig dafür.
Denn wer einmal auf diesen Zug aufspringt und jeden kleinen Scheiß in Mini-Portiönchen erkären kann, bekommt relativ schnell ganz viele Fans. Und wer viele Fans hat, kann relativ schnell auch viel Geld verdienen (Ausnahmen gibt es immer). Es dauert meist nicht lange, da klingelt schon das Telefon und irgendjemand bietet Dir Geld dafür an, das, was Du machst, ganz groß rauszubringen.
Doch ich habe mich irgendwann gefragt, ob es das ist, was ich will. Ob ich mein Leben lang den Erklär-Bär spielen oder einfach mal selbst fotografieren will. Erfahrung sammeln. Die Fotografie erst einmal zu erleben und irgendwann, wenn ich alt und grau bin, vielleicht einen Workshop zu machen, der Leute herausfordert, der sie auf die eigene Bahn bringt.
Doch zuvor muss ich erst einmal meine eigene Bahn finden. Und da bin ich noch lange nicht.
Ich selbst habe mir, was Anleitungen und How-Tos betrifft, 2011 vorgenommen, erst einmal die Klappe zu halten. Zu machen, zu erleben und von meinen Erfahrungen zu sprechen, wenn ich hier schreibe. Meine Fotos zu zeigen, wenn ich sie zeigenswert finde, aber nicht darauf rumzuhacken, wann ich wie fotografiert habe und den Leser so für dumm zu verkaufen.
Kurz: Meinen Weg zu gehen und zu versuchen, aus der ganzen Suppe und den Wertvorstellungen, die ich jahrelang so vergöttert habe, herauszufinden und etwas zu machen, was erst einmal nur mir gefällt.
Meine Familie und Freunde zu fotografieren und ihnen immer wieder mal ein Foto zuzustecken, ohne Tamtam. Meine Welt festzuhalten, ohne dem ständige Drang zu folgen, anderen zu erklären, wie sie das auch machen können.
Für mich ist die Fotografie sehr intim und persönlich. Sie hat etwas mit mir und nicht mit den vorgekauten Vorstellungen von anderen zu tun.
Aus diesem Grunde bedauere ich, wie seelenlos so viel in Foto-Magazinen und -Blogs publiziert wird. Ich finde es schade, wenn ein Medium wie die Fotografie so nervtötend mit Bullshit-Erklärungen und Das ist ein geiles Bild, mach es nach, dann hast Du auch ein geiles Bild voll ist.
Wo ist hier das Menschliche? Der Zweifel? Das Rotzige? Das unperfekte Leben einer Person, die versucht, mit der Fotografie klarzukommen? Die stolpert? Die dazulernt? Die einfach lebt? Wo?
Nein, aus jedem Schrittchen, das man dazugelernt hat, bastelt man ein How-To. Ich finde das schade. Und ich möchte damit nichts (mehr) zu tun haben. Und ich weiß, wie verlockend es sein kann, alles zu erklären.
Sehr schön geschrieben. Gebe dir da natürlich in vielen Dingen Recht. Merke selbst, wie ich durch How-Tos lesen und schauen etwas an Kreativität verloren habe. Aus Angst meine Bilder würden nicht den Mainstream-Ideal genügen. Doch ohne How-tos wäre ich sicher über vieles nicht so informiert worden. Kurze Videos über Belichtungszeit und Co haben mir weiter helfen können. Aber klar, wenn man etwas Schritt für Schritt nachmachen muss, hat man am Ende eigentlich nichts gelernt, sondern nur das Ergebnis vor Augen. Wie in der Schule eben ;-)
dungi
Och, ich finde es kann schon lehrreich sein, etwas einfach nachzumachen, dann hat man wenigstens einen Durchgang geschafft und es hilft beim nächsten Mal. Sollte halt keine Dauerlösung sein. ;)
Ich glaube nicht, dass man Kreativität verlieren kann.
Im Endeffekt ist Kreativität ja nur, schon einmal Dagewesenes neu zu kombinieren.
Etwas völlig neues gibt es meiner Meinung nach nicht.
Und insofern gehe ich davon aus, dass auch die vielen How-Tos dabei helfen, selbst kreativer zu werden, indem man eben mehr Dagewesenes kennenlernt und versucht zu adaptieren.
Klar, wenn man kochbuchgleich eins zu eins das How-To nacharbeitet ist das keine kreative Eigenleistung, aber selbst dadurch sammelt man neue Eindrücke und Erfahrungen.
Insgesamt, auf den Artikel bezogen, stimme ich dem Autor aber zu:
Ich finde auch, dass es viel zu viele dieser, ich nenne es mal, Kochrezepte gibt.
Mir persönlich macht es zwar sehr viel Spaß, anderen etwas beizubringen und zu erklären, doch muss man ja nicht ungefragt jedem alles unter die Nase reiben.
moinsen, ‚erklärbär’… ;-)
wie soll man jetzt diesen beitrag deuten???
du schämst dich (mittlerweile) dafür, den leuten etwas zu erklären?
klingt ein wenig nach ‚frust‘!
aber ist ’selbstgewähltes schicksal’… ;-)
im zeitalter des internet und dieser unzähligen fotoforen inkl. diesem ständigen ‚auseinandernehmen von fotoarbeiten/der fotografie’… diesem ‚tummelplatz der eitelkeiten‘; einem platz, wo keiner dem anderen ‚den dreck unter den nägeln‘ gönnt… diese ‚kriecherei‘ mancher ‚fotofans‘ bei bekannten fotobloggern, fotografen, photoshop-künstlern… das geht MIR persönlich (’schuldigung!) auf den sack!.
würden wir anders fotografieren, wenn es kein internet geben würde?
hätte bresson mit einem seiner fotos je ‚galerie-sternchen‘ bekommen?
wir lassen uns (zu sehr) beeinflussen… sind dabei (fast) nicht mehr kreativ, fangen an, zu ‚kopieren‘ und entwickeln kaum eigene ideen… am ende… STILLSTAND!
und was ist ein ‚geiles bild‘?
wenn ich viele ‚gefällt-mirs‘ bekomme, von meinen ‚freunden‘?
wenn mein foto nicht zu sehr ‚auseinandergenommen‘ wird?
oder wenn ich es zu einem ‚abdruck‘ schaffe, in einem magazin?
ich persönlich will nicht fürs‘ internet fotografieren… tue es aber manchmal trotzdem… irgendwie!
ich drifte gerade ab… aber dein beitrag hat mich (mal wieder) nachdenken lassen!
dankeschön, martin!
Gern. ;) Ich denke, dass der Einfluss von anderen ein nicht wegzudenkender Teil des Mensch-Seins ist. „Keiner ist eine Insel“ hat schon Thomas Merton bemerkt und hatte damit nicht unrecht. Die Frage ist, welchem Einfluss man sich freiwillig und welchem man sich unfreiwillig unterstellt – und genau da denke ich, dass es gut ist, selbst reflektiert darüber nachzudenken, in welchem Bereichen und von wem dies geschehen soll…
Darf man aufstehen und klatschen?
Ich stimme dir da voll und ganz zu. Sich mit der Technik auseinanderzusetzen ist in den meisten Fällen heute nicht mehr vermeidbar. Der ganze Rest vom „geilen Bild“ aber vollkommen für die Tonne.
Vielleicht ist das aber auch der zunehmenden Vernetzung geschuldet, dass man doch immer nur nach den meisten Likes, dem höchsten Pulse schaut ohne zu sagen, dass es einem in erster Linie selber gefallen muss was man da produziert.
Mach doch mal nen Workshop in dem du genau das propagierst. „So Leute, keine Vorgaben, tobt euch aus. Macht was euch gefällt. Falls ihr Fragen habt, könnt ihr gerne fragen.“ und das für 1000 € das Wochenende pro Teilnehmer ;)
Irgendwie willst Du mit deinem Artikel genau das, was Du andererseits verurteilst: Zustimmung.
Mit manchen deiner Aussagen kann ich absolut nichts anfangen.
Du schreibst:
„Was passiert? Jedes Fünkchen eigener Kreativität, jeder Anschein eines Selbst-Entdecken-Wollens wird unterdrückt. Wir haben ja genügend Profis, die uns die richtigen Schritte vormachen. “
Sorry, genau so tickt die Welt. Gerade die der Kreativen! Kreativität hat mit Kompetenz zu tun. Mit dem Wissen, wie die Dinge funktionieren. Praktisch jeder berühmte Fotograf, jeder berühmte Maler war Perfektionist. Und wenn man das drauf hat, DANN, aber wirklich erst dann, kann man diese Pfade verlassen und neue Dinge schaffen.
Heute wollen viele „Fotografen“ sofort „Künstler“ sein, ohne sich je das Basiswissen anzueignen. Wenn das Bild nichts ist ist es eben „Kunst“.
Leider ist die Konsequenz daraus, dass das Handwerk Fotografie, die Basis, ausstirbt. Im Zeitalter von Instagram, Fotofiltern und Belichtungsautomatiken muss ich ja auch kein Wissen mehr haben, um „tolle“ Bilder zu knipsen…. .
„Knipsen ist wie sprechen ohne nachzudenken, Fotografieren ist eine Sprache um nachzudenken.“ Almut Adler
Kreativität ist zunächst mal die Fähigkeit zu schöpferischer Tätigkeit. Nicht mehr und nicht weniger. Und dafür muss man nicht zwangsläufig handwerkliche Perfektionsgrade erlangen.
Hallo Mario. Also, was ich will, das weiß nur einer, ich. Und Zustimming ist nicht das Ziel dieses Artikels. Mein Ziel war: offenlegen, wie ich denke, Einblick geben in meine Zweifel und durchaus auch in kritische Gedanken. Zustimmung ist schön, aber für mich keine Maxime, nach der ich mich ausrichte. Von daher ist es völlig in Ordnung, wenn Du mir hier widersprichst. ;) Des weiteren würde ich mich hier dem Kommentar von Boris anschließen, der eine gute Vorraussetzung für künstlerisches Handwerkeln beschrieben hat.
Boris schreibt ja selbst, das es eine Fähigkeit ist, etwas umzusetzen (Tätig zu werden).
Wenn ich unfähig bin, dass umzusetzen, was mir vorschwebt, nützt mir die Vision nichts.
Und das meinte ich, einerseits muss ich Ideen haben von Dingen, die es noch nicht gibt (was in der Fotografie imho praktisch unmöglich ist ;)) und andererseits auch das zur Realisierung notwendige Fachwissen, diese Idee auch zu realisieren zu können.
Und hier denke ich, dass das Fachwissen vor den Ideen dasein oder die Ideen zumindest begleiten muss.
Der Bildhauer, der keinen Plan davon hat, wie man verschiedene Materialien bearbeiten muss, wird seine Vision wohl eher nicht in der Skulptur wiederfinden. Im Idealfall kommt vielleicht etwas anderes heraus (was nicht schlechter sein muss), im schlimmsten Fall löst sich seine Vision in zerbrochenes Gestein auf :).
Und mal was persönliches: Ich fotografiere fast nur Dinge, die es schon eine Milliarde Mal gibt. Das darf man gerne wörtlich nehmen, denn ich fotografiere gerne Sonnenauf- und Untergänge oder schöne Lichtstimmungen. Das Resultat sind Bilder, die im Internet wenig bis gar keine Beachtung finden, weil es sie eben schon bis zum Erbrechen gibt.
Aber MICH machen sie glücklich. Ich habe die tolle Lichtstimmung erlebt, ich habe die Wärme der Sonne auf meiner Haut gespürt, den Frieden empfunden, der dann aufkommt, die Ruhe etc.. Und an den Resultaten erfreue ich mich ein Leben lang.
Heute wird man ja belächelt, wenn man nicht Jungfrauen schwebend im Wald fotografiert (also „Kunst“ fotografiert). Aber viele, so ich auch, fühlen sich in der Rolle total wohl, auch wenn wir eben keine Künstler, sondern nur Handwerker sind.
Kreativität … und « […] wer einmal auf diesen Zug aufspringt und jeden kleinen Scheiß in Mini-Portiönchen erkären kann, bekommt relativ schnell ganz viele Fans. […] » … sind noch nicht zwei Dinge, die sich ausschliessen. Das Problem liegt im selber machen, neugierig sein, rumexperimentieren, Fehler machen, Fehler als solche erkennen und analysieren, Krönchen richten, weitermachen.
Die Lemminge kommen da nicht an. Selbst, wenn ich denen sage, dass Kreativität vor allem ein Ergebnis ständiger Übung und Praxis und Neugier und Experimente ist. Betonung auf « ständig ». Und kein Voodoo.
Jop. Vor allem: Wiederholung. Ein sehr guter Koch aus NYC wurde mal gefragt, was für ihn das Wichtigste sei, um ein guter Koch zu werden. Antwort: „Repetition, repetition, repetition“.
Danke.
danke für den schönen artikel!! merkt man auch immer wieder in den kommentaren diverser fotogruppen, dass es sichtlich eine „wahrheit“ zu geben scheint, die sich mir aber in einem kreativbereich noch nicht erschlossen hat. im endeffekt muss man selbst mit dem ergebnis glücklich sein. und wenn man dafür bezahlt wird, natürlich auch der kunde. perfektion im technischen sinne gibt es hier nur dahingehend, wenn das bild das zeigt, was ich zu zeigen vorhatte.
Guter Punkt, Tina.
Ehrlich, direkt und nahegehend.
Hut ab, Martin.
Sehr geiler Text. Du sprichst mir aus der Seele. Grundsätzlich habe ich nichts gegen How-To’s, vor allem für Anfänger. Die Grundlagen und die Technik zu beherrschen ist die Basis für eine gewisse Konstanz und sehr hilfreich für das Umsetzen von Ideen.
In der schnelllebigen Welt von heute will man möglichst früh „gute“ Ergebnisse erzielen, kaum jemand nimmt sich noch Zeit sich ausgiebig mit Dingen zu beschäftigen, und sich dabei selbst weiter zu entwickeln. Solche Mit How-To’s kann man relativ schnell und leicht zu Bildern kommen, wie man sie aus dem Internet oder Magazinen kennt, und kann somit die teure Anschaffung seines Equipments auch vor sich selbst rechtfertigen. Und man kann sich damit natürlich auch sehr gut im Internet produzieren, und das wiederum pusht das eigene Ego (da spreche ich aus Erfahrung ;-).
Ich versuche mittlerweile auch ähnliche Antworten zu geben, wenn mich jemand nach meiner Fotografie fragt, auch wenn ich bei weitem noch nicht da bin, wo ich hin will. Ich befürchte nur, dass sich das für Anfänger und Leien wie Esoterik anhört. Denn das, was Du schreibst kann man als Anfänger schwerlich nachmachen.
Das ist im Prinzip wie mit dem Tanzen. Am Anfang lernt man die Grundschritte. Man bekommt es gezeigt, und macht es nach. Später lernt man einige Figuren, die man nach Belieben einbauen kann. Damit kommt wenigstens etwas Kreativität rein. Und noch später kann man sich vielleicht eigene Figuren und noch später eigene Choreografien ausdenken.
Dem Internet die Schuld für so etwas zu geben finde ich nicht ganz gerechtfertigt. Ja, das Internet hat vieles verändert. Aber es ist immer noch unsere Entscheidung, wie wir damit umgehen. Ich bin regelmäßig auf den üblichen Foto-Portalen unterwegs. Ich wohne bei Köln, und liebe den Kölner Dom. Dennoch bekomme ich mittlerweile Augenkrebs, wenn ich jeden Tag mehrfach den Kölner Dom mit der Hohenzollernbrücke bei Nacht vom Hyatt aus sehe. So etwas kann man als Massenware bei Ikea kaufen. Ich habe mir das mal vor Ort angeschaut. Am Wochenende bei gutem Wetter stehen die „Fotografen“ sich fast gegenseitig auf den Füßen und machen alle das gleiche Bild. Jemand Schlaues hat mal gesagt „Es wurde schon alles fotografiert, nur noch nicht von jedem“.
Ich persönlich befinde mich momentan irgendwo dazwischen. Ich habe die Sicht auf Fotografie und auf meine persönliche Fotografie gedanklich geändert. Ich weiß auch, wo ich fotografisch, zumindest momentan, hin möchte. Allerdings fällt es mir momentan schwer da irgendwie einen Einstieg zu finden. Das ist frustrierend. Aber ich weiß, dass solche gedanklichen Umwälzungen etwas Zeit brauchen. In der Zwischenzeit mache ich weiterhin „PillePalle“-Bilder, einfach nur, weil ich Fotografie liebe.
Sehr schöner Kommentar!
Und ist es nicht genau das (weil ich die Fotografie liebe), was so spannend ist? Diese Liebe zum Bild, zum Neuen, zum Unbekannten fixt mich immer wieder an. Und das mit dem Kölner Dom geht ja schon mir so, obwohl ich nicht in Köln wohne. ;-)
Danke!
Wie so oft gilt hier wahrscheinlich auch: In der Mitte liegt die Wahrheit. Sein Ding machen, sich ab und zu etwas Neues zeigen lassen oder anderen etwas beibringen, um sich dann wieder mit neuen Ideen um den eigenen Kram kümmern. So wächst man.
Auf jeden Fall sehr anregende Gedanken! Danke dafür.
Wie wäre es mit einem ’10 incredible tricks how to avoid being an erklaerbaer‘? ;-)
Och, das wäre dann mit einem Punkt abgehakt: 1. Shoot until your old and shut the fuck up. ^^
Es gibt ja diese Allerweltsweisheit, die besagt, dass der, der zur See fahren will, seinen Mitstreitern nicht die Technik des Schiffsbaues, sondern die Lieben zum Meer nahebringen soll. So sehe ich das auch in er Fotographie oder in der bildenden Kunst allgemein: Es ist immer stillschweigend von zwei Bildern die Rede: Das Bild im Kopf und das (mehr oder weniger gut reproduzierte) Bild auf dem Chip, dem Papier, dem Bildschirm. Für Schritt zwei gibt es unendlich viele Tutorials. Schritt 1 liegt aber ziemlich im Dunkeln. Warum wollen wir überhaupt Bilder machen, was formt meine Kopfbilder, woher kommen sie, sind sie persönlich, einmalig, originell oder wiederhole ich nur Schemata, „Vor-Bilder“, die ich vor zwei Monaten oder zwei Jahren geträumt, irgendwo gesehen und halb vergessen hatte…u.s.w. Bedauerlicherweise kann man auch leidlich gute Bilder machen, wenn man keine Phantasie und keine echte Originalität besitzt (und wer hat die schon?). Blogs wie diese lesen, nacheifern, kopieren ein wenig abwandeln und tausend Tutorials. Unter einem Berg von gekaufter und handwerklich gekonnter Technik, kann man das völlige Fehlen jeder Kreativität verbergen. Das ist eine Eigenheit der Fotographie, ernährt Dutzende von Fotozeitschriften und ängstigt (fast) alle Fotographen….behaupte ich mal.
Das bringt es – meiner Meinung nach – auf den Punkt!
Spannende Feststellungen, Andreas. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Kreativ völlig fehlen kann. Ich meine, dass jeder Mensch zu gewissem Grade kreativ ist, aber ob das angesprochen, gefördert und nicht kaputt gemacht wird, ist (für mich) entscheidend.
@ Martin : Das denke ich auch: Jeder, der einmal als Kind gespielt und geträumt hat, besitzt oder besaß Kreativität, die eigentlich in alle Richtungen unberechenbar und entwicklungsfähig ist. Aus dem Spielen und dem Träumen kann im Weiteren Verbrechertum, Genie, oder der langweiligste Charakter auf der Nordhalbkugel erwachsen. Exogen, endogen…unbekannt.
Ich finde es immer schade, wenn Menschen so eine grundsätzliche Berührungsangst zur Kunst entwickeln…das ist nichts für mich,… ich bin da völlig unbegabt etc. Das glaube ich nie. Ich fürchte, dass Eltern und Schule da zu derb auf den zarten Kreativitäts-Pflänzchen herumtrampeln.
Bezogen auf die Photographie und meine o.g. Behauptung ändert das aber aus meiner Sicht nichts…müßte man mal weiter drüber grübeln… wir sehen betroffen, den Vorhang zu…
Grüße
Andreas V.
Danke für diese Deine nichttechnischen Überlegungen!
Sehr schönes Statement, Martin. Finde die Einstellung gut. Es ist zwar für den angehenden Fotografen nicht verkehrt, sich Erklärungen anzuschauen, um zu lernen und Techniken zu entwickeln. Aber ein ständiges Nachmachen ist nicht förderlich. Selbst Ausschau halten, Beobachten, Fotografieren und genießen, Tun was man selbst will und nicht was andere machen, Mauern zu durchbrechen und sein Ding durchzuziehen. Darauf kommt es an. Es hat bei mir auch etwas gedauert. Aber solangsam beginne ich auch, dieses Gefühl aufzubauen. Mittlerweile weiß ich, wie ich mit meiner Technik umgehen muss und wie ich diese einsetzen kann. Und dann kann ich mich kreativ auch austoben, so wie ich das möchte und nicht das nachmachen, was ich schon hundert mal gesehen habe. Früher stand ich an verschiedenen Orten und habe mir über die Flickr-App angeschaut, was am Standpunkt aufgenommen wurde, was am interessantesten davon war und habe versucht, dies nachzumachen. Heute reise ich an Orte, nehme die Kamera in die Hand und fotografiere das, was ich will, so wie ich es sehe, so wie ich es festhalten möchte. Aber um dahin zu kommen, muss man halt manchmal „kopieren“. Zum üben. Um Vergleichsbilder im Kopf zu sammeln. Um zu verstehen, was einem gefällt. Und was einem eben weniger gefällt.
Absolut, Flo. Ich glaube sogar, dass Kopieren von ganz alleine geschieht, ohne, dass man sich dafür kognitiv entscheidet. Doch irgendwann stellt sich die Frage: Wer bin ich, was mag ich? Dem zu folgen kann sehr, sehr spannend werden. So wie Du, der jetzt mittlerweile die Flickr-App auslässt und drauflosfotografiert.
Super geschrieben!
Vielen Dank.
Hallo Martin,
Super Artikel! Ich denke, immer mehr Fotografen sind auf der Suche nach diesem weiterführenden Thema – jenseits der digitalen Technik-Revolution der letzten Jahre (die dann doch nicht alleine zu geileren Fotos führte).
Wenn ich mir erlauben darf, auch ich hab einen Dreiteiler genau dazu geade geschrieben „der Weg zum kreativen Foto-Konzept“: http://www.bernhard-rauscher.de/category/workshop/
Weiter so! Freu mich auf mehr in dieser Richtung!
Viele Grüße
Bernie
:)
Ich finde es sehr geil, wenn man sich selbst kritisch hinterfragen kann und auch die Mumpe hat seine Erkenntnisse öffentlich zu teilen.
Erfolg ist ein wichtiges Stichwort, dem viel geopfert wird, der aber auch ganz unterschiedliche Facetten haben kann. Keine Frage – diese Plattform hier ist ein Erfolg, der teilweise auch auf Deinen „Verfehlungen“ – wie Du sie selber nennst – der Vergangenheit basiert. Ja, sie vielleicht erst möglich gemacht hat. Das spielt aber gar keine Rolle, denn man darf auch einen Paradigmenwechsel vornehmen – und diesen eben auch als erfolg wahrnehmen und feiern!
Thumbs up!
Ja, ich fürchte, da hast Du recht, Boris. Ich sehe auch das Leben so: ein ständiger Paradigmenwechsel. Mal sehen, was in 10 Jahren ist. ;-)
Sehr schön geschrieben! Ich fotografiere aus Spaß an der Freude, ansonsten wäre ich schon längst verzweifelt weil meine Fotos einfach nicht so „geil“ werden wie die der anderen auf 500px und ähnlichen Plattformen.
Gefällt mir, Deine Haltung, Martin.
Ich mag Erklärungen und How-Tos. Ich nutze die auch nicht, um etwas nachzumachen, sondern um zu lernen, zu verstehen und dann mit dem Wissen etwas eigenes zu gestalten. Ich kapier deinen Untershcied zwischen „Technik erklären“ und „Kreativität erklären“ auch nicht. Hängt doch zusammen. Ohne die richtige Technik kann ich nicht kreativ sein. Ich würde nie ein Bild kopieren, weil es geil ist, aber ich freue mich über die How-Tos um daraus zu lernen.
Ich finde auch nicht, dass derjenige, der erklärt, sich dadurch als jemand besonderes darstellt. Ich finde es einfach nur nett, wenn mir jemand sagt, wie etwas entstanden ist. Wenn er sich nicht mit Geheimnissen umgibt, sondern seine Tricks verrät. Deshalb find ich Erklär-Bären toll. Hoffe jedenfalls, dass Du mit dem Technik erklären nicht aufhörst, aber das ist natürlich Deine Sache.
Wie schon geschrieben, Technik erklären finde ich okay. Jedoch habe ich damit schon lange aufgehört. Zum Unterschied zwischen Technik und Kreativität wage ich eine Frage: Was bringt es Dir, wenn Du weißt, wie Belichtungszeit, Blende und ISO zusammenhängen, wenn Du keine Freude dabei empfindest, ein Bild zu machen? Wenn Du es nicht schaffst, auf zwölf Megapixel ein Foto zu packen, das Dich selbst zufriedenstellt? Und dies auch noch in zehn Jahren der Fall ist?
Oh, gerade jetzt erst entdeckt!
Gradulation zum exakt gesetzten Artikel.
Und wie es der Zufall so will, auch bei den Spürsinn-Leuten ist heute ein artverwandtes Thema dran. Die Analogen sind zum Teil noch wesentlich „schlimmer dran“. Da gibt es Leute, die tatsächlich die Meinung vertreten, dass ein gutes Bild nur nach Datenblatt entstehen kann. So etwas kann den ganzen Spaß an der Fotografie verleiden und ergibt nichts, als nur Einengung der Freude und Leidenschaft. Es gibt sogar im analogen Sektor Hersteller von fotografischen Produkten, die Technik-Gläubigkeit als Heilslehre verkünden (und dabei auch noch die Digital-Fotografie mies machen). Das sind die „ewig Gestrigen“, die an der Weltkugel sägen, um sie zu einer Scheibe zu machen.
Die Passion für Fotografie kann nur durch Freiheit und Freude leben – ein geiles Bild entsteht nur, wenn man auch einmal loslassen kann.
Wer möchte, kann ja auch einmal den Analog-Aufschrei lesen: http://www.spuer-sinn.net/blog1/fotospass-oder-datenblatt/
Viele Grüße in die Runde, Michael
… „die “ewig Gestrigen”, die an der Weltkugel sägen, um sie zu einer Scheibe zu machen.” Sehr tolle Redewendung.
Oh, und gerade beim Analogen (das ich ja gerade erst näher kennengelernt habe) werde ich mich hüten, Datenblatt (oder sagen wir: Sägeblatt?)-Fanatikern auf den Leim zu gehen. Gottseidank kenne ich mich da noch nicht gut genaug aus. ;)
Martin, diese Redewendung darfst Du gerne weiterverwenden – auf Fehlverhalten gibt es keinen Urheberschutz ;-)
Wenn ich in Foto-Zeitschriften der Jahrhundertwende (also der Übergang von Achzehnhundert-Schnupp in 19xx) blättere (ich habe da eine kleine Sammlung), dann wird mir klar, dass die Fotografie schon immer anfällig für Technik-und-Regel-Bewahrer war. Also ist das Ganze nichts Neues. Und trotzdem haben es Generationen von Fotografen geschafft, ihren eigenen Weg zu gehen. Ich finde, das gibt Hoffnung.
Und am Ende zählt das Bild und die eigene Zufriedenheit damit.
Häufig vergleiche ich den Fotospaß mit alten Analogkameras (und dann meine ich wirklich alt) mit der Freude an Classic Cars. Letztes Jahr in Dresden auf der US Car Convention konnte ich erleben, welche Freude die Leute dort mit den schönen Big Blocks hatten. V8 und Brummmm. Sehr geil. Und ich habe auch erlebt, welche Freude diese Leute an meinen Kameras hatten. Besonders mit der Polaroid-Sache. Schaut mal hier: https://www.youtube.com/watch?v=SZXqM7zGGkE
Danke, danke, danke, für diesen Artikel – zu sagen, was wahrscheinlich viele ebenfalls ahnen, aber nicht auszusprechen wagen.
Zu sehr lasse auch ich mich von sog How-To’s leiten – und schränke dabei nur mich selber ein. Weil ich es aus dem mir gezeigten nicht schaffe, herauszubrechen. So wird dann immer nur eine Kopie und kein Original aus der Absicht, etwas Neues zu schaffen. Die eigene Kreativität wird erstickt.
How-To’s, die das technische erklären, finde ich allerdings ok. Diese schaffen die Mittel, seine Kreativität auszudrücken.
Absolut. So sehe ich das auch, Michael.
Danke Martin!
Ganz viel Ehrlichkeit die mir als „Anfängerin“ Mut machen! :) Ausprobieren ist doch das schönste dran.
Eben!
Ein geiles Bild kann man wochenlang planen, Bsp. Landschaft: wann geht die Sonne auf, in welchem Winkel steht sie wann zu meinem Motiv, wann ist die beste Jahreszeit, wann solls regnen usw usw usw….
Meistens kommt dann doch was dazwischen ;-)
Man kann ein geiles Bild aber auch einfach machen.
Eines meiner Lieblingsbilder ist entstanden, wo ich eigentlich nur die Cam ein wenig kennen lernen wollte, und verschiedenen Einstellungen druchprobiert habe und dann einfach in die Menge geknippst habe….
Also kurz gesagt, um ein geiles Bild zu machen, muss man Bilder machen.
Vor dem PC sitzen und How-To´s lesen, schauen sonstwas mit machen bringt alles nichts, wenn man nicht raus geht und knippst.
Die ganzen Workshops, Video-Trainings und Bücher sind meiner Meinung nach der Anfang. Man lernt verschiedene Techniken, verschiedene Wege das Ziel zu erreichen und sieht, wie du schon sagtest, erste Erfolge.
Egal ob das ein Workflow ist oder die Technik Begeisterung, mit irgendetwas beginnen wir alle. Früher dachte ich, was sind das für Spinner: Die Kamera macht nicht das Foto, sondern der Fotograf. Natürlich, wenn man das Wort wörtlich nimmt, dann ist es Irrsinn, den je besser das Equipment, desto mehr Möglichkeiten bietet es dem Fotografen, aber letzt Endlich ist es ein Hilfsmittel.
Aber das Foto, das was im Foto entscheidend ist, also die Bildsprache, das was uns das Foto mitteilen will, das hat mit der Technik nichts zu tun. Fotografie, so sehe ich das heute, ist Emotion – jedes Foto das etwas besonderes ist, das uns anspricht, fordert Emotionen. Egal ob es lustig, traurig, niedlich, etc. ist, es ist ein Gefühl. Und deswegen wirkt ein Foto. Genau dafür brauchen wir aber keine Kamera um 500 oder 10.000 Euro, dafür brauchen wir den Fotografen.
Die Kamera, je besser sie ist, verbessert lediglich das Ergebnis.
Gutes Beispiel ist ISO. Heute verwende ich Vollformat, eine Nikon D700 und eine Nikon D800. Ich Fotografiere auf Hochzeiten und oft in dunklen Kirchen. Wir sind zu zweit, während mein Kollege die meiste Zeit mit ISO 1600 in der Kirche im WW und normal Bereich fotografiert, muss ich trotz lichtstarken Objektiv (f.28) im Telebereich zu ISO 5000 greifen. Das Ergebnis, die Fotos rauschen. Aber hat es jemals irgendwem außer mich gestört? Je ein paar gesagt: Wow das ist aber ordentlich körnig? Nein.
Die Fotografie ist ein Prozess und wer bewusst durch die Welt der Fotografie geht, der wird lernen was wichtig ist und was nicht. Auch ich habe gelernt und lerne noch immer.
Daher sage ich immer, jeder muss seinen Weg gehen, bei manchen Dingen können wir anderen nicht helfen, weil wir Menschen meist unsere eigenen Erfahrungen machen müssen.
Exakt Dein letzter Satz ist eine sehr gute Formulierung dessen, was mir wichtig geworden ist. Danke!
Mein Beitrag zu dieser Diskussion, verbunden mit Dank an Martin Gommel für den ehrlichen Text:
Warum fotografiere ich? Für meine Freunde, Auftraggeber, aus Spass, Familie? Oder möchte ich dokumentieren, informieren, etwas erforschen?
Was ist der Unterschied zwischen Fotografie und Bild oder
wann ist eine Fotografie ein gutes Bild? Warum ist ein Foto von Ansel Adams immer auch ein gutes Bild? Warum ist ein Bild (gemalt) von Gerhard Richter immer ein gutes Bild? Nein, es geht nicht um schön oder ob man es mag, sondern vielleicht um tiefere Wahrheiten und Inhalte und die Auseinandersetzung mit einem Thema im philosophischen Sinn?
Ist das fotografieren objektbezogen oder geht es um die innere Wahrnehmung
der äußeren Welt?
Was bedeutet dabei Authentizität?
Wie setze ich welche Technik ein und warum?
.
herzliche Grüße
Christiane
Sehr interessanter Artikel… Ich bin auch jemand der auf seinen Bauch hört und gern ausprobiert. Ich möchte keine Kopie der Kopie sein. Für mich ist die Arbeit mit Menschen sehr wichtig und oft reicht es da nicht aus zu wissen, wie man die Kamera einstellt. Mein Wissen habe ich mir hauptsächlich durch learning by doing mit Neugier und Spass an der Sache angeeignet. Ich wollte gern die Ausbildung zum Fotograf machen, habe aber damals mit Kind im Zeitalter des Meisterzwanges keine Möglichkeit bekommen. Ich war sehr froh, das es Leute gab, die bereit waren, ihr wissen zu teilen. Das hat mir geholfen verschiedene Techniken zu verstehen und auch mit wenig Equipment zu improvisieren. Es spielen viele Dinge eine Rolle. Mein Motto ist … drücken kann jeder, das Licht ist die Kunst und man sollte lieben was man tut ;o)
Ich sehe das anders.
Wer mit der Fotografie anfängt, also wirklich bei Null, ohne Videos gesehen, Blogs oder Bücher gelesen oder schon andere Vor-Bilder gesehen zu haben, macht erst mal (normalerweise) nur eine Art von Bild. Die, die er als „Foto“ im Kopf hat. Bei den meisten Menschen dürften das People-Fotos von der Familie sein oder Fotos von etwas, das zu einem anderen Hobby gehört.
Kreativität mag bei wenigen Genies einfach aus sich heraus entstehen, wie anderen Sterblichen brauchen dafür aber mMn vor allem eines: Input.
Wir brauchen viele, viele Beispiele, gute und schlechte und ggf. brauchen wir auch jemanden, mit dem wir diskutieren können, was an dem einen Bild gut und was an dem anderen schlecht ist.
Oder anders, subjektiver: Warum mir das eine Bild sehr gut gefällt und das andere Bild mir absolut gar nichts sagt.
Dann beginnt der normale Prozess: Kopieren, bis ich das eine Bild auch so ähnlich wie gesehen fotografieren kann (bezogen auf Technik, Gestaltung, richtiger Tageszeit/ Licht usw.).
Und wiederholen des Prozesses.
Leichte Abweichungen einbauen.
Eigene Ideen entwickeln, die auf den vorherigen Bildern/ Erfahrungen aufbauen.
Und nach meistens doch längerer Zeit auch mal ganz andere, eigene Ideen entwickeln.
Dann hat man aber schon Erfahrung, auf der man die eigenen Ideen aufbauen kann.
Ich sehe bei mir zwei Fehlerquellen bei mangelndem Input:
Entweder mir wird der Prozess beschrieben und es gibt Missverständnisse oder ich greife auf Bekanntes zurück, setze fälschlicherweise etwas voraus, das so gar nicht sein muss oder darf und komme, im Falle der Fotografie, zu langweiligen Standardbildern.
Oder mir wird der Prozess beschrieben und ich sehe ein Beispielbild.
Dann halte ich mich erst mal unnötig lange mit dem Beispielbild auf und es entstehen sehr viele ähnliche Bilder und am Ende höre ich evtl. auf, weil mir das zu langweilig ist.
Für Kreativität brauche ich dagegen:
Viele Beispielbilder.
Schritt-für-Schritt-Anleitungen am besten mit möglichen Fehlerquellen.
Noch mehr Beispielbilder, die das Thema von so vielen Seiten wie möglich beleuchten.
Erfahrungsberichte, Artikel oder Videos über „How-to“, Hintergrundgedanken, Ideen, zur Entstehung von Ideen, zum Thema „von der Idee zum Bild“.
Von diesen kann ich entweder wirklich Schritte nachvollziehen, ode rich habe so viel gesehen (gehört, gelesen), dass mir gleich eigene Ideen kommen, die ich dann einigermaßen umsetzen kann.
Natürlich braucht es viel Übung, bis ich sie wirklich so umsetzen kann, wie ich mir das vorgestellt habe.
Aber durch das ganze Hintergrundwissen – Theorie, Anleitung und Beispielbilder sowie ggf. Berichte – kann sich meine Kreativität viel besser entfalten, als wenn ich nur auf das beschränkt wäre, was ich als blutiger Anfänger zufällig an Vorwissen und Ideen mitbringe.
Um wirklich kreativ zu sein brauche ich eine solide Basis, die mir als Anfänger ohne Vorwissen oder vorherige Beschäftigung mit dem Thema fehlt. Dieses fehlende Wissen verbunden mit fehlendem Input anderer führt zu langweiligen Standardbildern und Frust und ggf. der Schlussfolgerung „ich bin halt nicht kreativ!“
Bei mir jedenfalls geht der Weg der Kreativität von detaillierten Anleitungen und sehr vielen verschiedenen Beispielen über das Kopieren und Ausprobieren (sowie viel Übung) hin zu eigenen Ideen sowohl der Bildgestaltung als auch möglicher Umsetzung.
Durch das gesammelte Vorwissen sind die Fehlschläge dann so gering, dass ich die ersten Durststrecken überwinden kann und dran bleibe mit der Zuversicht, dass ich bald besser werden kann, statt nach den ersten Bildern den Schluss zu ziehen, dass ich einfach nicht kreativ in diesem Bereich bin.
LG
Frederica
Dieser Artikel spricht mir wirklich aus der Seele.
Als ich mit der Fotografie angefangen habe, war ich dankbar dafür, dass es auf diversen BLOGS u.s.w. Anleitungen gab, die mir als Anfänger die Zusammenhänge erklärt haben und mich weiter gebracht haben. Auch mit gestalterischen Regeln habe ich mich immer gerne beschäftigt. Gerade in der Anfangszeit lernt man ja unheimlich viel.
Dann wird es irgendwann hart. Man lernt nicht mehr so viel, in so kurzer Zeit. Man kann seine eigene Leistung vielleicht auch selbst objektiv nicht mehr beurteilen. Wenn man gestalterische Leistung überhaupt objektiv beurteilen kann. Denn man sollte sie ja gar nicht objektivieren.
Am Anfang konnte man ja schon ein überbelichtetes Foto von einem „richtig“ belichteten Foto unterscheiden.
Aber wer sagt einem jetzt, ob das gemachte Foto irgendwie cool aussieht;-) Ich glaube, ihr wisst, was ich meine. Hier kommen dann die „Profis“ ins Spiel. Ich nenne diese Leute „Market-Maker“. Ich mag diese Leute nicht, weil ich finde, dass sie unehrlich sind und der Fotografie nicht gut tun. Ich finde es okay, wenn Menschen Geld verdienen wollen. Die Art und Weise hat nur manchmal einen echt peinlich Touch bei einigen dieser Menschen, die die rund um die Fotografie einen Markt aufbauen wollen, auf dem sie dann Geld verdienen wollen. Was okay ist, wenn ich dafür einen entsprechenden Gegenwert bekomme.
Und diese Frage muss sich halt jeder selbst beantworten.
Ich glaube auch, dass man manchmal recht gut unterscheiden kann, ob bestimmte Informationsquellen, die eigentliche Aufklärung/ Ausbildung von Anfängern im Sinn haben oder ob vornehmlich, zumindest ab einem gewissen Punkt, wirklich nur noch kommerzielle Interessen im Vordergrund stehen.
Wenn ich dann solche Seiten sehe, auf denen irgendwelche „Meister-Lehrgänge“ (Wer entscheidet denn eigentlich, was meisterhaft ist? Der wahre Meister etwa? So muss es dann wohl sein) angeboten werden, deren „Inhalt“ mir zumindest doch recht wenig Mehrwert versprciht und auch die Beschreibungen dieser Kurse eher nebulös gehalten sind. Ich möchte fast sagen, dass die Beschreibungen dieser „Lehrgänge“,Sitzungen und Workshops manchmal fast ins Spirituelle abdrifften, natürlich passiert alles bei einem gemütlichen Beisammensein, das versteht sich von selbst. Da soll auf jeden Fall weniger erklärt werden, wäre ja ansonsten schon fast Arbeit. Vielfach guckt man sich gemeinsam Bildbände an, fotografiert dann aber anscheinend doch noch irgendwann ein bisschen Porträts mit nem Blitz-Set-Up, das einiges hermacht.
Naja, Erst vor kurzem habe ich mir die ersten Minuten eines Interviews auf so einem BLOG angesehen, in dem es dann hieß, dass demnächst vielleicht auch Workshops angeboten werden sollen, die das Fotografieren mit einer Art Lebensberatung verknüpfen sollen: Nach dem Motto: „Man kann nur gut fotografieren, wenn man glücklich im Leben bist.“
Diese Motto möchte ich jetzt mal nicht weiter kommentieren und auch den Sinn dieser Workshops sollte jeder für sich mal kritisch hinterfragen.
Der Markt ist halt hart umkämpft und da werden dann Nischen gesucht, die noch nicht besetzt sind und vielleicht deshalb nochmal neues Kundenpotential ansprechen.
Da kann man dann als „Hilfesuchender“ auch schon mal einen stolzen Preis dafür bezahlen, dass man sich zwei Fotografen auf einer Bühne anguckt, die sich etwas erzählen, und wenn man Glück hat, hat das auch noch mit Fotografie zu tun. Aber immerhin gibt es Popcorn dazu. ;-) Das alles ist natürlich absolut legitim, aber deshalb muss ich es nicht mögen.
Ich habe den Eindruck, dass manche Protagonisten in diesem GESCHÄFT vordergründig in der Fotografie nur noch die Kuh zum Melken sehen.
Ich bin mittlerweile an dem Punkt, dass ich es wirklich nicht mehr ertrage, mir sowas anzugucken. Die Product Placementshow, in der auch der Blogger zum Produkt wird und mich manchmal wirklich Fremdscham überkommt, wenn ich so manche Äußerung höre oder lese.
Nun kann man sagen, tja vielleicht solltest du diese Events zunächst mal besuchen, um das überhaupt beurteilen zu können, ob diese „Ich-bin-glücklich,-also-kann-ich-fotografieren-Shows“ denn wirklich nicht soooo viel für dein fotografisches Weiterkommen leisten würden.
Das sehe ich allerdings anders, ich finde, wenn ich teilweise über 1000 Euro berappen soll für einen Kurs, der mich fotografisch angeblich weiterbringen soll, dann möchte ich schon gerne mehr darüber wissen, als dass es vor Ort Brötchen, Kaffe oder Popcorn gibt ;-) Es sind natürlich auch nicht alle Angebote schlecht, vermute ich wirklich. Und die Preisfindung gestaltet sich nunmal in der Marktwirtschaft nach Angebot und Nachfrage. That’s it!
Die Sache ist die, bei aller Geldmacherei fällt manchmal doch etwas für den gewöhnlich BLOG-Leser für umsonst ab, das die eigene Fotografie verbessern kann. Desahlb rotiere ich auch immer wieder über BLOGS, die ich eigentlich nicht mehr lesen will. Aber ich finde mich selbst nicht mehr gut dabei;-)
Aber auch das wird immer weniger, weil ich dort immer weniger lerne.
Wie fasse ich das jetzt zusammen?
Was bleibt zu sagen? Achja, ich bin der Meinung, dass übrigens alle diese BLOG-Betreiber gut fotografieren können. Auch das sollte man sagen. Ich finde aber auch, dass gewisse Angebote wirklich unanständig sind.
Aber niemand muss ja diese Angebote annehmen.
Und ich frag mich wirklich, warum so viele Leuten, diesen Menschen das Geld in den Rachen schmeißen. Das Ganze hat sich wirklich in eine eigenartige Richtung entwickelt.
DAS ist für mich das WIRKLICH interessante: Die Leute nehmen diese Angebote ohne Ende an.
Geht einfach raus und fotografiert und tauscht euch mit anderen Fotografen über eure Bilder aus (meinetwegen auch bei Kaffee und Brötchen – und ein Fotoband könnt ihr euch auch gerne noch dabei angucken) Denn der BLOG-Betreiber „Workshop-Anbieter“ kann euch ab einem gewissen Punkt auch nicht wirklich zeigen, wie ihr kreativer werdet. Das ist ist die harte Wahrheit.
Das gelingt nur durch selbst MACHEN und nicht durch KONSUMIEREN von leicht zugänglichen Angebote.
Auch Seiten wie diese hier machen einen wirklich guten Job, da man kontinuierlich Input bekommt und sich die Meinung anderer Menschen anhören kann. Und das ohne Geld zu bezahlen:-)
Was bleibt zu sagen?
Wir leben in einem freien Land:-) Und ich muss ja auch nicht alles toll finden.
P.S.
Wichtig ist noch zu erwähnen, dass ich keine konkreten Blogger meine. Ich habe lediglich versucht, eine allgemeine Entwicklung zu beschreieben, die ich echt peinlich und irgendwie unehrlich finde.
ich habe erst vor ein paar Tagen auf deinen älteren Beitrag zum Thema „finde deinen eigenen Stil“ geschrieben…
Was du in diesem Beitrag hier schilderst, ist – nach einiger Überlegung auch der Grund dafür, warum ich bislang meinen Stil noch nicht gefunden habe.
Ich Fotografiere selbst noch nicht sehr lange – und mit Personen vor der Kamera auch erst seit ca. einem Jahr… in diesem Jahr habe ich sehr viele Workshops mit gemacht – um einfach „verschiedene“ Seiten und Wege kennen zu lernen, wie man mit Personen vor der Kamera arbeitet.
Klar habe ich auf diesem Weg auch vieles gelernt – das möchte ich nicht bestreiten – jedoch habe ich auch gemerkt, wie mich jeder dieser Workshops beeinflusst hat.
Beeinflusst in so fern, den Stil und die Art des Workshop-Leiters zu kopieren – und weniger das zu machen, was ICH für richtig halte oder was ich am liebsten gemacht hätte.
Mittlerweile will ich diese Workshopgeschichten auch für mich zurück fahren…
Vielleicht wird noch der ein oder andere folgen – für bestimmte Techniken usw – aber meinen Fokus werde ich jetzt endlich auf eigene Projekte setzen. Es muss sich endlich etwas bewegen^^
Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut sich deine Blogeinträge auf die Persönlichen Situationen (von mir und ich denke vielen anderen) übertragen lassen – und das Zeigt mir auch, dass wir hier nicht von Einzelfällen und der Unfähigkeit einzelner reden, sondern von einem Massenphänomen.
Dabei fällt mir immer wieder der Vergleich zur Musik ein… Mainstream, Popmusik… jeder kopiert jeden – und ist damit meist recht erfolgreich… hält den Erfolg aber in den seltensten Fällen über einen längeren Zeitraum aufrecht…
Während die „wirklichen Künstler“, die, die Ihr eigenes Ding machen – zwar in der Regel weniger Bekannt sind – dafür aber über Jahre bestehen können.
Ja! Ich bewahre mir meinen kindlichen Stolz Dinge selbst entdeckt zu haben – auch, wenn es mit Nachschlagen (neudeutsch: Googeln) so viel schneller gegangen wäre. Das beziehe ich allerdings nicht nur auf die Fotografie. Der Punkt ist, dass man auf die Weise auch nachhaltiger lernt. Dinge, denen man selbst auf den Grund gegangen ist, merkt man sich viel besser.
Und 2017 ist alles noch viel schlimmer gekommen. Menschen mit eigenem Stil sind sowas von out …
Technisch perfekt und Normgerecht.
Fotografie Konsum.