08. September 2021 Lesezeit: ~5 Minuten
kwerfeldein – kurz erklärt
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kurz erklärt: Seltsame Blendenzahlen
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kurz erklärt: Seltsame Blendenzahlen

1   1,4   2   2,8   4   5,6   8   11   16   22   32   45   64. Na, kommen Euch diese Zahlen bekannt vor? Wenn Ihr fotografiert, habt Ihr sicher schon die Blende Eurer Objektive verstellt und seid dabei auch auf die Reihe der Blendenzahlen gestoßen. Obwohl die Zahlen dieser Reihe auf den ersten Blick unregelmäßig aussehen, liegt dahinter eine Logik – aber lasst uns ganz vorn beginnen.

Die Blende ist eine Art verstellbares Loch im Objektiv, durch das das Licht fällt. Auch die Pupille unseres menschlichen Auges funktioniert wie eine Blende: Gehen wir in einen dunklen Keller, weiten sich unsere Pupillen, so dass mehr Licht einfallen kann. Scheint uns hingegen die Sonne hell entgegen, verengen sich die Pupillen und schützen die Augen so vor zu hoher Lichtintensität.

Wie unsere Pupillen haben auch fotografische Objektive die Möglichkeit, mittels mechanischen Blenden die einfallende Lichtmenge anzupassen. Mit dem Verstellen der Blende beeinflussen wir also, wie viel Licht am Ende des Objektivs bei der Kamera auf dem Sensor oder Film ankommt. Irritierenderweise bedeutet eine Blende von 2 eine große Blendenöffnung, sodass viel Licht einfallen kann, während Blende 16 für eine sehr kleine Blendenöffnung steht und bedeutet, dass wenig Licht einfällt.

So weit, so gut. Doch was bedeutet Blende 2 oder Blende 16 genau, warum stehen große Zahlen für kleine Lichtmengen und warum stehen in der Blendenreihe auch so krumme Zahlen wie 2,8 oder 5,6?

Die Lichtmenge, die durch ein beliebiges Objektiv fällt und bei der Kamera ankommt, lässt sich mittels der Blendenzahl unabhängig von der Brennweite des Objektivs und des konkret eingestellten Durchmessers der Blendenöffnung angeben. Die Blendenzahl ist daher definiert als das Verhältnis der Brennweite eines Objektivs zum Durchmesser der gewählten Blendenöffnung.

Blende 2 bedeutet also zum Beispiel an einem Objektiv mit einer Brennweite von 50 mm eine Blendenöffnung von 25 mm Durchmesser, während es an einem Objektiv mit einer Brennweite von 100 mm einer Blendenöffnung von 50 mm Durchmesser entspricht.

Mathematisch ausgedrückt also ein Bruch: Blendenzahl = Brennweite / Durchmesser (Blendenöffnung). Im Beispiel: 2 = 50 mm / 25 mm = 100 mm / 50 mm. Umgekehrt entspricht der Durchmesser der Blendenöffnung auch dem Verhältnis von Brennweite zur Blendenzahl. In unserem Beispiel gilt also für die beiden Objektive 25 mm = 50 mm / 2 bzw. 50 mm = 100 mm / 2.

Die Brennweite wird mit f bezeichnet, daher werden Blenden normalerweise etwa als „Blende f/2“ angegeben. Darin lässt sich noch das Verhältnis aus der Definition wiedererkennen: Durchmesser (Blendenöffnung) = Brennweite / Blendenzahl.

Wenn ich sage „Blende 2“, dann ist das also stark verkürzt, denn mathematisch steht die Blendenzahl im Nenner des Bruchs, der die Größe der Blendenöffnung beschreibt. Deshalb entsprechen große Blendenzahlen auch kleinen Blendenöffnungen, denn 1/2 ist größer als 1/16.

Betrachten wir nun die Blendenreihe, die in jedem Schritt die Halbierung der Lichtmenge beschreibt: 1  1,4  2  2,8 und so weiter. Wir wissen schon, dass diese Blendenzahlen im Nenner des Bruchs stehen, der den Durchmesser der Blendenöffnung beschreibt, diese Reihe sähe also so aus: 1/1  1/1,4  1/2  1/2,8 und so weiter.

Damit sich von einem Blendenschritt zum nächsten die Lichtmenge, die durch die Blendenöffnung fällt, halbiert, muss sich aber nicht der Durchmesser (d) halbieren, sondern die Fläche (A) der Blendenöffnung. Die Formel zur Berechnung der Kreisfläche kennt Ihr aus der Schule, sie lautet: A = d2 × π / 4.

Keine Sorge, Ihr müsst jetzt nicht mitrechnen! Das Wichtigste, was sich aus der Formel ergibt und was zu unseren „krummen“ Zahlen in der Blendenreihe führt, ist das Folgende: In der Berechnung steht d2, der Durchmesser wird also quadriert. Möchte man aus einem gegebenen Durchmesser berechnen, um wie viel dieser verkleinert werden muss, um die Fläche zu halbieren, ergibt sich durch Einsetzen und Umstellen der Formel ein Faktor von 1/√2.

Deshalb muss der Durchmesser der Blendenöffnung zum Beispiel von 1/2 auf 1/2 × 1/√2 ≈ 1/2,8 verkleinert werden, um die Lichtmenge zu halbieren. Die Blendenzahl einer Blendenöffnung mit der halben Lichtmenge ergibt sich also entsprechend durch den Faktor √2 ≈ 1,4. In der Blendenreihe werden die Zahlen dann noch auf ganze Zahlen oder eine Nachkommastelle gerundet.

Hinter der Blendenreihe steckt also eine ganze Menge Verkürzung und Verallgemeinerung: Statt dem konkreten Durchmesser eines Objektivs mit einer bestimmten Brennweite gibt man nur die Blendenzahl an, die das Verhältnis dieser beiden ausschlaggebenden Werte zueinander beschreibt. Die Reihe der Blendenzahlen schreibt man hintereinander, ohne jedes Mal dazu zu erklären, dass sich bei jedem Schritt die Lichtmenge halbiert.

Ich hoffe, Euch schwirrt der Kopf nicht zu sehr nach dieser Erklärung, die aufgrund ihrer Natur nicht ganz ohne Mathematik ausgekommen ist. Wenn Ihr Euch auch nicht jedes Detail der Herleitung für die Zukunft behalten werdet, wisst Ihr nun zumindest allgemein, warum die Zahlen der Blendenreihe etwas krumm sind und größer werden, obwohl die dazugehörige Blenden kleiner werden.

Möchtet Ihr die Blendenreihe trotzdem im Kopf haben, gibt’s einen Trick, der nun auch ganz logisch ist: Merkt Euch nur die Zahlen 1 und 1,4. Den Rest der Reihe erhaltet Ihr durch Verdoppeln: 2 und 2,8; 4 und 5,6 und so weiter. Wir freuen uns über gern auch weniger mathematische Fragen an kk@kwerfeldein.de. In diesem Sinne: Nächste Frage, bitte!

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