25. August 2021 Lesezeit: ~6 Minuten
kwerfeldein – kurz erklärt
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Warum haben andere gefühlt mehr Zeit als ich?
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Warum haben andere gefühlt mehr Zeit als ich?

Bevor ich zur heutigen Frage und Antwort komme, möchte ich noch ein paar Leute grüßen – nämlich die, die mit mir diese kleinen Fünf-Minuten-Podcastsendungen aufnehmen. Ich habe in der Kommunikation und in den letzten Sendungen festgestellt, dass wir so unglaublich unterschiedlich an diese Sache herangehen und das macht es meiner Meinung nach sehr, sehr wertvoll.

Während ich eher intuitiv und auf einer Mentoringebene spreche, gehen andere stark journalistisch und auch wissenschaftlich an das Ganze heran. Diese Unterschiedlichkeit, die zugleich existiert, kann ich richtig gut leiden. Diese Individualität, die dahinter liegt, ist auch ein bisschen Inhalt meiner heutigen Antwort. Die Frage, die ich aus dem Fragepool gefischt habe, ist von der lieben Katja selbst. Und lautet wie folgt:

Warum haben andere immer gefühlt mehr Zeit als ich?

Ich habe diese Frage ausgesucht, weil ich sie mir selbst schon ein paar Mal gestellt habe. Wenn Du mit Menschen zusammenarbeitest, die einen großen Wert darauf legen, höchstmögliche Effizienz, Geschwindigkeit oder auch Ereignisdichte zu erleben oder zu erarbeiten, dann passiert das relativ schnell, wenn Du nicht selbst zu dieser Gruppe Menschen gehörst.

Ich habe beispielsweise mit dem lieben Steffen Böttcher oder dem lieben Thomas Jones das eine oder andere Projekt und stelle immer wieder fest, dass die beiden wahre Maschinen sind. Hocheffizient und wirklich auf den Punkt im Moment.

Während ich noch in meinem Kaffee rühre, mir noch einen mache oder mich mal wieder verfahren habe, sitzen sie schon da, schauen auf die Uhr und denken: „Um Gottes Willen, die Zeit läuft davon!“

Was im Umkehrschluss und am Ende dazu führt, dass ich für die Dinge länger brauche und vielleicht auch mehr Zeit brauche, um meine Akkus aufzuladen und somit am Ende weniger Zeit habe als die anderen.

Das war lange ein riesiges Problem, denn mit dieser Frage kamen auch andere Fragen: Bin ich schnell genug? Bin ich gut genug? Kann ich den anderen gerecht werden? Kann ich mit ihnen zusammenarbeiten? Soll ich überhaupt mit ihnen zusammenarbeiten?

Als ich mich dann hingesetzt, mich ganz dezidiert mit dieser Frage beschäftigt und auch den einen oder anderen Freund, vielleicht auch Thomas und Steffen mal mit hinzugezogen habe, wurde ganz schnell klar, dass die Antwort auf diese Frage so divers ist wie die Menschen hinter diesem Podcast.

Und so sehr wir in der Gesellschaft uns zumindest in weiten Teilen über Diversität sehr freuen, ist es in unseren kreativen Bereichen, wenn wir ganz ehrlich sind, nicht wirklich weit verbreitet, die anderen als Individuum zu betrachten. Und was noch viel weniger verbreitet ist, ist sich selbst als Individuum zu betrachten.

Du merkst, ich werde gar nicht so richtig tief inhaltlich, dass ist nämlich ein Denkanstoß, der Dich dazu animieren soll, Dich mit dem Thema zu beschäftigen. Denn das ist im Leben nicht in fünf Minuten zu regeln, was hier zu regeln ist.

Wenn Du aber dieses Problem auch hast, möchte ich Dich stark dazu motivieren, Dich darum zu kümmern. Wir Menschen sind nicht dafür geschaffen, im Durchschnitt 37 E-Mails am Tag zu bekommen. Wir sind nicht dafür geschaffen, diese auch noch am gleichen Tag zu beantworten. Und im Schnitt (die Zahl nehme ich aus meinem Kopf) 20 andere Aufgaben über den Tag auch noch zu erledigen – wahrscheinlich sind es auch eher 120 Aufgaben.

Wir Menschen haben in den letzten Jahrzehnten eine Geschwindigkeitserhöhung erlebt, die eigentlich nicht unserer Natur entspricht. Die einen können sich daran besser anpassen und die anderen nicht so gut.

Und während die einen sagen: „Oh, Du hast nur zehn Stunden gearbeitet?“, sind die anderen schon seit dreieinhalb Stunden völlig am Ende. Und das ist absolut in Ordnung. Und solange wir das unterdrücken, solange wir nicht ehrlich uns selbst gegenüber sind, in den Spiegel schauen und uns sagen: „Ich muss noch 3 Stunden“, solange werden wir auch nicht die Stresskrankheiten wie Burnout, Depressionen oder Herzkreislauferkrankungen durch den Jobkontext loswerden. Und ich korreliere, das ist nicht nur im Jobkontext so.

Hätte ich jetzt ein bisschen mehr Zeit, würde ich noch einmal ganz tief auf das Thema Achtsamkeit eingehen, weil das ein ganz guter Einstieg ist, in diesem Punkt sich selbst zu sehen, selbst wahrzunehmen und am Ende auch so zu akzeptieren.

Autobahn in der Nacht

© Philipp Katzenberger

Stattdessen fahre ich mit Dir jetzt für eine halbe Minute auf die Autobahn: In dem Kontext und Wunsch, mehr Zeit zu haben, die Dinge besser erledigt zu bekommen und vielleicht auch schneller zu sein, fahren wir auf die Autobahn im dritten, vierten, fünften und vielleicht auch sechsten Gang, dann fahren wir 150, vielleicht auch 180 km/h oder mehr.

Wenn Du das nächste Mal auf die Autobahn fährst, dann bleib doch mal nur auf der rechten Spur. Und wenn Du das gar nicht erträgst, so zum Drangewöhnen, dann fahr mal auf die Mittelspur und dann fahr mal 100 km/h, fahr mal 120 km/h und dann achte mal ganz aktiv darauf, wie viel mehr Du mitbekommst im Vergleich zu der Strecke, die Du mit 180 km/h gefahren bist.

Wenn Du am Ziel angekommen bist, dann wirst Du fünf bis zehn Minuten später da sein. Du wirst aber viel mehr erlebt haben. Du wirst Menschen und Landschaften gesehen haben, Du wirst mehr Lebensqualität gehabt haben und Dein Akku wird noch weit voller sein.

Das heißt, dass diese fünf bis zehn Minuten nicht verlorene, sondern gewonnene Lebenszeit sind und eine Investition in das, was noch kommt.

Und für all diese Dinge, diese Reise zu sich selbst und das Wahrnehmen, gibt es ein ganz geiles Werkzeug, einen ganz geilen Katalysator: Die Kamera. Vielleicht nimmst Du das zum Anlass, machst jetzt hier die Kiste aus und gehst mal fotografieren.

Zuvor stell uns aber gern eine neue Frage für mich oder meine Kolleg*innen an: kk@kwerfeldein.de – in diesem Sinne: Nächste Frage, bitte!

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