14. Juli 2021 Lesezeit: ~5 Minuten
kwerfeldein – kurz erklärt
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Was ist eine gute Bildkritik?
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Was ist eine gute Bildkritik?

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge kurz erklärt, dem Frage-Antwort-Podcast von kwerfeldein. Die heutige Frage war ganz klar eine für mich. Sie lautet wie folgt: 

Was ist eine gute Bildkritik?

Als Kurator habe ich mir diese Frage schon oft gestellt. Allerdings aus einer anderen Perspektive kommend. Wie kann ich meinem Gegenüber ehrlich und konstruktiv erklären, wie ich seine Arbeit finde, ohne ihn oder sie zu verletzen und ohne, dass sich das anschließende Gespräch aufheizt?

Die Kritik an einem Bild ist etwas sehr Intimes. Es erfordert großen Mut, mit den eigenen Bildern, an denen man möglicherweise lange gearbeitet hat, um Rat zu fragen. Denn Fragen zu stellen bedeutet auch immer, Antworten zu bekommen. Und die könnten ja alle Hoffnungen, die man hegt und alle positiven Gedanken zunichtemachen.

Ich kann mich gut an meine Ausbildungszeit erinnern, in der ich selbst immer wieder vor den Kopf gestoßen worden bin und zunächst eine Abwehrhaltung eingenommen habe. Ehe ich verstand, dass mir mein Gegenüber ja helfen möchte. Und genau das ist meine Erachtens die Krux: Eine gute Bildkritik ist eine, die helfen möchte. Das klingt banal, ist aber gar nicht so klar. Denn in vielen Fotoclubs oder auch unter Freund*innen herrscht so etwas wie Futterneid, wenn es um gute Bilder geht. Daher ist mein Rat, Bilder mit Menschen zu besprechen, die Dir als Fragendem etwas Gutes möchten.

Damit meine ich nicht, dass die Rückmeldung immer positiv sein muss. Das Gegenteil ist der Fall. Etwas Gutes wollen, heißt, dem anderen konstruktiv zu sagen, wo es noch besser geht, ohne zu verletzen. Rat geben, ohne zu schulmeisterlich zu belehren und dem Gegenüber eine Überlegenheit zu demonstrieren.

Gleichzeitig ist eine gute Bildkritik nur dann möglich, wenn auch ich selbst die Geisteshaltung habe, dass mein Gegenüber mir nichts Böses möchte. Denn wenn ich nur antrete, um gelobt zu werden, dann taugt auch die beste Ratgeberin nichts – es wird zum Streit kommen.

Nun verstehe ich die Frage – Was ist eine gute Bildkritik? – auch so, dass es um Inhalte geht. Soll heißen: Was muss drin sein im Gespräch?

Meines Erachtens sind zwei Ebenen wichtig. Zum einen die inhaltliche. Ohne die Frage zu klären, was das Bild will, ist jede gute Bildkritik hinfällig. Denn geht es nur um das Formale, also die Frage, wie das Bild aussieht, dann fehlt die Tiefe für ein gutes Bild. Für mich ist eine gute Bildkritik also ein Gespräch über ein Bild, in dem Inhalt und Form eines Bildes abgeklopft werden. Es sollte untersucht werden, ob beide Ebenen zueinander passen. Bei Serien natürlich ebenso. Da geht es sogar noch weiter. Auch die Bilder untereinander sollten zueinander passen und miteinander wirken können.

Idealerweise findet eine solche Besprechung persönlich statt. Wir alle kennen inzwischen die Videokonferenzen, die trotz manchmal banaler Themen sehr anstrengend sein können. Wir müssen uns konzentrieren, jedes Wort zu verstehen, können Körperhaltung kaum antizipieren und spüren Verletzung, Enttäuschung oder aber auch Freude nicht so sensibel wie im Persönlichen. Und das sind alles Dinge, die gute Kritiker*innen wahrnehmen und in die Kritik mit aufnehmen sollten.

Für eine gute Bildkritik braucht es demnach zwei Menschen, die offen für das Gespräch sind, positiv formulieren und für jedes Problem, das sie sehen, vielleicht auch schon eine Lösung im Kopf haben.

Das ist ein weiterer wichtiger Punkt: Kritik zu äußern heißt nämlich auch, dem Gegenüber eine Lösung anzubieten. Einfach zu sagen: „Das ist doof“ hilft nicht. Vielmehr hilft es, wenn man sagt: „Da sehe ich ein Loch in Deiner Argumentation, aber das könnte man folgendermaßen schließen…“

Und zu guter Letzt: Wen kann ich denn dann darauf ansprechen, mir eine Kritik zu geben? Natürlich die Familie, wenn sie denn etwas von Fotografie versteht. Oder aber Freund*innen, die gönnen können. Oder auch befreundete Kurator*innen. Vielleicht gibt es ja auch bald mal wieder eine kwerfeldein Bildbesprechung, dann ist auch das ein guter Ort.

Müsste ich alle diese Punkte in einem Wort zusammenfassen, dann wäre es das Wort „konstruktiv“. Es beinhaltet das Wohlwollen beider Gesprächspartner*innen, die Art des Umgangs miteinander und den Ansatz, wie Lösungen für mögliche Probleme in den Bildern gefunden werden können.

Was meint Ihr? Was gehört für Euch noch zu einer guten Bildbesprechung dazu? Schreibt es in die Kommentare oder sendet uns eine E-Mail an kk@kwerfeldein.de. Dieselbe Adresse gilt auch, wenn Ihr mal eine Eurer Fragen in diesem Podcast besprochen haben möchtet. In diesem Sinne: Nächste Frage, bitte!

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