03. Februar 2021 Lesezeit: ~4 Minuten
kwerfeldein – kurz erklärt
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kurz erklärt: Ist digitale Fotografie nachhaltig?
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kurz erklärt: Ist digitale Fotografie nachhaltig?

Nachdem wir in der letzten Woche beantwortet haben, wie nachhaltig die analoge Fotografie im Hinblick auf Umweltaspekte ist, wurde uns schnell klar, dass wir auch die digitale Fotografie beleuchten müssen, um die Frage wirklich abschließen zu können.

Bei der analogen Fotografie sehen wir die möglichen Umweltprobleme sehr direkt. Besonders wenn wir selbst entwickeln und die Altchemie zur Entsorgung bringen müssen. Bei der digitalen Fotografie liegen die Probleme der Nachhaltigkeit hingegen nicht so offensichtlich.

Denn beim Begriff der Nachhaltigkeit geht es nicht nur um Recycling und Wiederverwertung, sondern auch um Arbeitsbedingungen, gleiche Grundvoraussetzungen an Produktionsstätten, faire Verteilung von Gehältern und Gütern, langfristiger Planung im ökologischen Sinne sowie nachhaltigen Ab- und Anbau von Rohstoffen.

Es reicht also nicht, wenn wir uns ansehen, wohin die digitale Kamera bei einem Defekt entsorgt wird, sondern wir müssen uns auch die Produktionsstätten und -bedingungen ansehen, wollen wir über Umwelt- und Nachhaltigkeitsprobleme sprechen.

Und genau dann wird es problematisch: In digitalen Geräten sind mittlerweile diverse Rohstoffe verbaut, einige werden unter höchst problematischen Bedingungen gewonnen. Es wird jedoch noch sehr wenig darüber gesprochen.

Coltan nutzt man, um Energie zu speichern. Gold, Kobalt und Kupfer werden wegen ihrer Leitfähigkeit in Akkus und SIM-Karten verbaut, Silizium steckt in der Sensortechnik, Zinn in den Lötstellen, Bauxit und Aluminium im Gehäuse.

All diese Metalle kommen aus verschiedensten Ländern: Kongo, Guinea, China, Indien, Peru, Ghana, Sambia, Chile, Indonesien, Russland, Madagaskar – um nur einige zu nennen. Nicht nur die Arbeitsbedingungen zur Gewinnung der Rohstoffe sind oft kritisch, sondern auch die dabei entstehenden Umweltschäden. Teilweise führt der Abbau sogar zu Bürgerkriegen wie im Kongo.

Und weil wir für die digitale Fotografie nicht nur eine Kamera brauchen, ist das Ausmaß ungleich größer: Wir nutzen zusätzlich Monitor, Tablet, Drucker, Kalibriergeräte, externe Festplatten und so weiter. Im Gegensatz zur analogen Kamera veralten all diese digitalen Geräte auf Grund des rasanten technischen Fortschritts bereits nach wenigen Jahren.

Während ich meine analoge Spiegelreflexkamera seit 20 Jahren nutze, muss ich für Fotojobs meine DSLR spätestens nach fünf Jahren austauschen – wenn sie bis dahin nicht schon kaputt ist. Eine Reparatur ist bei den digitalen Geräten oft zu aufwändig bis hin zu unmöglich.

Selbst wenn wir die Kameras zum Wertstoffhof geben, ist die Rückgewinnung all der verbauten Rohstoffe auf Grund technischer oder wirtschaftlicher Gründe oft noch nicht möglich. Das ganze Ausmaß wird etwas greifbarer anhand eines konkreten Beispiels von der Webseite „Abenteuer Regenwald“. Dort werden die genauen Rohstoffe von Smartphones aufgeführt, die ja ebenfalls viele Menschen für ihre Fotografien nutzen:

In Deutschland werden jedes Jahr 24 Millionen neue Smartphones verkauft. Für diese Menge an Neugeräten werden 720 kg Gold, 264 kg Palladium, 7,3 t Silber, 396 t Kupfer und 1.531 t Kunststoff benötigt.

Lasst uns also noch einmal zur Ausgangsfrage zurückkommen: Ist digitale Fotografie nachhaltig? Nein, sicher nicht. Was ist besser: analog oder digital? Wider Erwarten kann man sagen, dass es bei geringer Bildanzahl nachhaltiger wäre, analog zu fotografieren, wenn auch der weitere Prozess analog stattfindet, also ohne Digitalisierung. Da das für viele allerdings kaum möglich sein wird, sollten wir als Verbraucher*innen lernen, unsere Werkzeuge mehr wertzuschätzen.

Wir sollten vor Neuanschaffungen genau überlegen, ob wir die Technik wirklich brauchen oder ob wir sie uns nicht auch leihen könnten. Ob sich über unsere ausgediente Kamera, die zu alt für Jobs ist, nicht doch noch jemand freuen würde. Habt Ihr vielleicht noch andere Ideen, wie wir mit diesem Dilemma umgehen können?

Quellen

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