04. Dezember 2019 Lesezeit: ~5 Minuten

Diskussion: Fotowettbewerbe, Sponsoren und Politik

Dass kwerfeldein nicht unpolitisch ist, wissen sicher alle, die dem Magazin schon länger folgen. Und wer meint, wir sollten als Fotomagazin nicht politisch sein, irrt. Es ist schlicht nicht möglich, unpolitisch zu sein.

Wir alle machen Politik mit den einfachsten Entscheidungen. Wir beziehen Stellung mit dem, was wir essen, wie wir uns kleiden, wo wir einkaufen, was wir lesen, welche Verkehrsmittel wir nutzen – alles ist Politik, auch wenn uns das nicht immer bewusst ist.

Die Arbeit am Magazin ist da keine Ausnahme. Nicht nur mit den Artikeln, die wir bringen, beziehen wir Stellung. Wir nutzen auch etwa ganz bewusst Gendersternchen, weil es uns wichtig ist. Wir achten nach Kräften darauf, keine unseriösen Quellen zu verlinken und haben schon im Nachhinein Links entfernt, wenn uns jemand darauf hingewiesen hat, dass eine Seite fragwürdig ist.

Sind Fotowettbewerbe politisch?

Wieso wir darüber reden? Kürzlich kam die Frage auf, warum wir die Gewinner des Wettbewerbs Red Bull Illume gezeigt haben. Ein Leser kommentierte, dass die Firma rechts gerichtet sei und wir den Gewinnern daher keinen Platz bieten sollten. Nun müssen wir zugeben, dass uns der Vorwurf neu war und wir erst durch den Hinweis darauf gestoßen sind, dass der Firmenchef von Red Bull in der Kritik steht, mit Rechtsextremen zu sympathisieren.

Das Konzept des Wettbewerbs steht für Weltoffenheit und Toleranz. Die Athlet*innen und Kreativen stammen aus allen Teilen der Welt und erschaffen gemeinsam großartige Werke. Der Wettbewerb steht allen Menschen offen, gleich welcher Hautfarbe, Religion, Herkunft, welchen Geschlechts oder politischen Überzeugungen. Wiegt das stärker als eine rechte Gesinnung des Firmenchefs?

Auch wenn wir uns im Magazin klar von rechten Gedanken distanzieren, helfen wir Firmen mit den Awardpräsentationen bei ihrem Imagemarketing, darauf ist die prominente Benennung einiger Awards nach ihren jeweiligen Sponsoren ja angelegt. Dürfen wir das unterstützen? Als Magazin? Als Kreative? Und wo zieht man die Grenze?

Intern diskutieren wir sehr viel darüber, was wir veröffentlichen und was nicht. Und wir merken dabei auch, wie komplex das Problem ist. Wir möchten keine Werbung für einen Konzern machen, sondern die Kreativen unterstützen und ihre Werke zeigen. Viele große Wettbewerbe werden jedoch von Firmen gesponsert, weshalb die Wettbewerbe ihre Namen tragen. Andere Awards haben vielleicht einen neutralen Namen, aber die Preise werden von Firmen gesponsert. Ist es ein Unterschied, ob der Wettbewerb Red Bull Illume heißt oder ob nur das Preisgeld von Red Bull kommt?

Als Herausgeberin Katja Kemnitz zur Verleihung des Vonovia Award eingeladen war und darüber in unseren Stories auf Instagram berichtete, erreichten uns Nachrichten, die die Bewerbung des Awards kritisch sahen. Wem Vonovia nichts sagt: Es handelt sich um den größten deutschen Wohnkonzern, der durch schlechten Kundenservice und teure Modernisierungen in der Kritik steht.

Würdet Ihr selbst ein Bild beim Wettbewerb von Vonovia einreichen? Wer die Fotografie als Hobby betreibt, hat es vielleicht etwas einfacher, schnell nein zu sagen. Für Menschen, die auf Geld angewiesen sind, um ihre Kunst weiterzuführen, ist die Entscheidung bei Preisgeldern von insgesamt 42.000 € etwas schwieriger. Bei der Preisverleihung hat sich Katja mit einer Fotografin diesbezüglich ausgetauscht. Sie war sich der Problematik sehr bewusst, hat lange überlegt, ob sie ihre Bilder einreicht und sich am Ende wegen des in Aussicht stehenden Geldes doch dafür entschieden.

Dieselbe Frage hätten wir wohl am Abend auch der Moderatorin, dem Tontechniker oder der Jury des Awards stellen sollen. Viele Menschen sind an einem so großen Event beteiligt. Die Kritik erreicht aber auch uns als Magazin für die Veröffentlichung. Kritik ist uns sehr wichtig und wir möchten sie nicht untergehen lassen, halten es aber in diesem Kontext auch für schwierig, anderen Menschen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben.

Moralisch handeln ist leichter, wenn man genug hat. Wir können und möchten die Entscheidungen der Fotograf*innen nicht bewerten, denn wir standen noch nicht in ihren Schuhen. Wir hinterfragen uns und unsere Entscheidungen lieber selbst. Und wir wünschen uns eine spannende und respektvolle Diskussion mit Euren Meinungen und Erfahrungen zum Thema.

Wir nutzen in diesem Artikel die beiden Firmen Red Bull und Vonovia als Beispiele, weil wir ihre Awards bisher geteilt haben und darauf kritische Rückmeldungen von Euch bekamen. Viele weitere Firmen stehen täglich in der Kritik und könnten in der Diskussion ebenso als Beispiele dienen.