12. April 2019 Lesezeit: ~7 Minuten

Photosphäre: Kleinbildphotographie

Seit 2015 gibt es den Blog Kleinbildphotographie. Dort schreibt Marcel Dierke über die analoge Fotografie und berichtet von analogen Neuigkeiten, schreibt Anleitungen und zeigt auch seine eigenen Bilder. Sein großes Anliegen ist es, den Blog mehr und mehr zu einer Wissensseite umzubauen.

Wie kam es zur Blogidee?

Die Idee kam, als ich mich gefragt habe, was ich mit meinen ganzen Bildern machen soll. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits zwei Jahre fotografiert und wollte meine Bilder abseits der sozialen Medien zeigen, da diese ziemlich toxisch sein können. Außerdem habe ich zu diesem Zeitpunkt angefangen, mich beruflich mehr mit digitalem Veröffentlichen zu beschäftigen. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich das privat auch machen wollte. Da lag es nahe, beide Interessen mit „Kleinbildphotographie“ zu verbinden.

In Deinem Blog berichtest Du auch von Polaroid und Mittelformat. Hast Du die Wahl des Blognamen schon einmal bereut?

Das sollte man meinen, aber zum Glück bisher nicht. Zugegeben, zu Anfang habe ich das Mittelformat sehr belächelt. Es kam mir albern vor, so große Negative zu produzieren und für so wenige Bilder so viel Geld auszugeben. Im Nachhinein war das sehr naiv und meinem Unwissen geschuldet. Heute fotografiere ich fast mehr Mittelformat als Kleinbild. Der Name steht für mich aber mittlerweile für mehr als das reine Format, er ist eher ein Ausdruck der Liebe zur analogen Fotografie.

Feld

Was fasziniert Dich an der Analogfotografie so sehr?

Ich liebe das analoge Handwerk und den damit einhergehenden Schaffensprozess. Filme selbst zu entwickeln und zu vergrößern, ist eine ungemein spannende Sache und die schier endlosen Möglichkeiten bei der Ausgestaltung faszinieren mich immer wieder aufs Neue (und lassen mich oft scheitern). Ich könnte mich mit digitalen Fotos nie so gut ausdrücken wie mit analogen. Der Look, das Gefühl und die Fehler geben den Bildern eine Einzigartigkeit, die mir bei digitalen Bildern oft fehlt.

Durch Deinen Blog hast Du eine gute Übersicht über den aktuellen analogen Markt. Wie siehst Du die Zukunft für analoge Filme?

Das ist schwer zu sagen. Ich habe leider keine Glaskugel, bin jedoch vorsichtig optimistisch. Die Rettung von Tetenal war enorm wichtig! Kodak und Ilford sind jedoch genauso systemkritisch und werden meiner Meinung nach von den vielen kleinen Filmproduzenten wie etwa Kosmo Foto bedroht.

Das soll nicht negativ klingen, aber die großen Player brauchen eben einen bestimmten Absatz, der ihnen langsam abgegraben wird. Dem wirkt entgegen, dass immer mehr Menschen wieder analog fotografieren. Das merke ich besonders an meiner Facebookgruppe für Neulinge und bis vor Kurzem an meinen Aufrufzahlen. Dabei ist es geradezu paradox, wie konträr die Entwicklungen verlaufen, wenn man nur mal Fujifilm und Kodak vergleicht. Das Auf und Ab in dieser Branche ist nahezu schwindelerregend.

VorhangSchmutzige Fensterbank

Wie viel Arbeit steckst Du in Deinen Blog?

Tatsächlich investiere ich einen großen Teil meiner Freizeit in den Blog. Ich habe recht hohe Ansprüche an mich selbst, die ich nicht einmal im Ansatz erfüllt sehe. Ich arbeite jeden Tag daran, den Blog zu verbessern, gerade weil er eben eine Anlaufstelle für Neulinge ist und deswegen möglichst viel Mehrwert bieten soll.

Leider nimmt die administrative Arbeit einen Großteil der Zeit ein: technisch und rechtlich muss der Blog immer aktuell sein, was gerade in der heutigen Zeit sehr anspruchsvoll ist. Dazu kommen noch die Kanäle von Facebook, Instagram und YouTube, die ebenfalls bespielt werden wollen. Im Prinzip ist es ein Vollzeitjob.

Wie sind die Aufrufzahlen Deines Blogs?

Das ist mittlerweile schwer zu sagen. Um rechtlich sicher zu sein, gibt es ein Opt-In für alle Cookies, der leider nur selten aktiviert wird. Ich habe durch die DSGVO sehr viel Übersicht eingebüßt. Davor waren es zwischen 40 und 70 Besucher pro Tag, Tendenz steigend.

Screenshot

Wie monetarisierst Du Deinen Blog?

Momentan gibt es nur Amazon-Affiliate-Marketing auf der Seite, aber eher sporadisch. Hinzu kommen gelegentliche Kooperationen wie aktuell mit Kodak Alaris, aber auch die werden nur selten finanziell vergütet. Daher bin ich gerade dabei, einen eigenen Shop aufzubauen, der aber getrennt vom Blog betrieben wird. Ich habe auch mal Google-AdSense ausprobiert, aber schlechte Erfahrungen damit gemacht und es deshalb wieder abgeschaltet.

Bei Google-Adsense hatte ich mich mit kwerfeldein auch beworben, wurde jedoch abgelehnt, weil wir auch Aktfotografie bringen. Welche Probleme gab es bei Deiner Zusammenarbeit?

AdSense habe ich nur unter der Voraussetzung eingebaut, dass auch wirklich thematisch passende Werbung ausgeliefert wird. Das hat trotz aller Einstellungen nicht geklappt. Außerdem sah der Blog mit den Werbeeinblendungen einfach zu kommerzialisiert aus. Das hat mein Selbstbild vom Blog schon sehr gestört. Deshalb habe ich das nach etwa sechs Monaten wieder deaktiviert.

Straßenaufnahme

Was ist Dein Dir persönlich wichtigster Blogartikel?

Spontan würde ich sagen: Der Fotograf als gespaltene Persönlichkeit. Der Artikel ist nicht perfekt, aber sehr ehrlich und sehr persönlich. Er beschreibt mein Dilemma zwischen Gear Acquisition Syndrome und Straßenfotografie und allein, den Beitrag zu schreiben, hat mir schon sehr geholfen, meine Sicht zu klären. Ich hoffe, dass er das bei anderen auch schafft.

Was ist Dein meistgeklickter Blogartikel?

Das ist die Vorstellung der Praktica MTL 50. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum. Die Leute scheinen die Kamera zu lieben und sie ist ja auch ein tolles Teil. Sie war meine zweite Kamera und ich habe damit einige meiner noch heute besten Bilder gemacht.

Baumrinde

Was macht für Dich einen guten Blog aus?

Ein guter Blog ist ehrlich. Wenn ich merke, dass er nicht authentisch ist, dann kann ich da getrost einen Haken dran machen. In den Texten sollte man merken, dass sich die Person dahinter in ihrem Thema auskennt, auch mal Fehler eingesteht und einfach für die Sache brennt, dann macht es auch Spaß, die Texte zu lesen.

Wie siehst Du die Zukunft Deines Blogs? Hast Du Wünsche für die Zukunft?

Vor einigen Tagen erst hat die Webseite ein Design-Update erhalten, sodass der Blog selbst nicht mehr wie frisch aus den 90er Jahren importiert wirkt. Das war ein wichtiger Schritt. In naher Zukunft möchte ich noch mehr Mehrwert bieten und dazu das „FAQ Analoge Fotografie“ weiter ausbauen. Außerdem fehlen die Themen Filmentwicklung und Dunkelkammer noch komplett, das muss ich dringend nachholen.

Langfristig wünsche ich mir, dass sich Analogfans umfassend auf Kleinbildphotographie informieren können und gerade Neulinge gut abgeholt werden. Wir können den Nachwuchs nur digital einfangen und so die analoge Fotografie weiter wachsen lassen. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen.

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