13. März 2019 Lesezeit: ~14 Minuten

100 % Landschaftsfotografie – Tipps und Tricks

Meine fotografische Karriere habe ich als klassischer Landschaftsfotograf begonnen. Und auch wenn ich mich als Vortragsreferent und Autor in den letzten Jahren mehr und mehr mit dem Thema abenteuerliches Storytelling beschäftigt habe, so kehre ich doch immer wieder gern zurück zu meinen landschaftlichen Wurzeln und damit meiner wahren fotografischen Leidenschaft.

Besonders wohl fühle ich mich dabei in weit abgelegenen und selten bereisten Regionen. Bevorzugt vulkanisch und möglichst ursprünglich. Fotografisch möchte ich diese eindrucksvollen Landstriche so zeigen, wie ich sie empfunden habe – getreu dem Motto von Ansel Adams: „Photograph how it feels, not how it looks.“ Also: „Fotografiere, wie es sich anfühlt und nicht, wie es aussieht.“

Genau diese Empfindungen sind für mich mit die wichtigsten Zutaten in der Landschaftsfotografie. Daneben spielen aus meiner Sicht auch noch die Komponenten Motiv, Stimmung und Technik wesentliche Rollen bei der Komposition einer besonderen und außergewöhnlichen Landschaftsaufnahme.

Motiv

In „meinen“ einsamen Landschaften fühle ich mich dem Ursprung unserer Erde sowie meinem Traum von einer Reise zum Mond (oder noch weiter) besonders nah und wohl. Daher gelingen mir dort auch meine besten Aufnahmen. Entsprechend stecke ich viel Zeit – und frisch geröstete Kaffeebohnen – in die digitale Recherche und Suche nach solchen Orten.

Noch mehr Aufwand verschlingen anschließend die anstrengenden und langwierigen Expeditionen in diese kaum erschlossenen Regionen. Mit dem Lohn, dass ich dort die einzigartigsten Motive direkt vor meine Linse bekomme, an denen es dann fast schon schwierig wird, schlechte Fotos zu schießen.

Berg spiegelt sich in einem See

Vulkan Tres Cruces in Chile

Besonders spektakulär im eher selten besuchten südlichen Teil der Atacama-Wüste in Chile sind die zahlreichen farbenfrohen Lagunen mit dem i-Tüpfelchen von sich spiegelnden schneebedeckten Gipfeln im Frühjahr. Dort sind, wie hier an der Laguna Rosa vor dem Vulkan Tres Cruces, fantastische Landschaftsbilder so gut wie garantiert.

Stimmung

Aber natürlich möchte ich nicht nur „keine schlechten Fotos“ machen. Sondern aus diesen einmaligen Motiven auch wirklich einmalige Bilder komponieren. Ein wichtiger Faktor dabei ist in der Fotografie das Licht. Es werden folgende grundlegenden Arten von Beleuchtung unterschieden:

  • Die Sonne im Rücken sorgt für perfekt beleuchtete und gut zu erkennende Landschaften und wird daher auch als Zeigelicht bezeichnet.
  • Das Streiflicht einer von der Seite scheinenden Sonne hingegen verleiht der Szenerie eine ganz spezielle dreidimensionale Tiefe. Dieses 3D-Licht ist zum Beispiel ideal bei hintereinander liegenden Bergketten.
  • Für spektakuläre Bilder von Sonnenauf- und -untergängen sowie ganz speziellen landschaftlichen Szenerien mit flammenden Himmeln bietet sich das Gegenlicht einer mir direkt entgegenscheinenden Sonne an. Die Landschaft selbst bilde ich bei einem solchen Szenenlicht meist nur als schwarze Silhouette ab.
Gebirge im Schnee

Zeigelicht im Kaukasusgebirge in Russland

Gebirge im Sonnenuntergang

3D-Licht im Kaukasusgebirge in Russland

Berg in Sonnenuntergang

Szenenlicht am Vulkan Citlaltépetl bei Orizaba in Mexiko

Zur Vorbereitung bzw. Planung Eurer gewünschten Lichtstimmung am gewünschten Motiv kann ich Euch die App Photopills (alternativ The Photographer’s Ephemeris) wärmstens ans Herz legen. Sie ist für mich mit hilfreichen Werkzeugen wie der Berechnung der hyperfokalen Distanz, der Schärfentiefe wie auch der optimalen Belichtung das Schweizer Taschenmesser für Fotograf*innen. Die umfangreichste und für mich wichtigste Funktion der App ist jedoch der Photopills Planer.

Für jeden Ort auf unserer Erde kann ich mir mit Hilfe dieses Planers für jedes Datum und jede Uhrzeit alle Informationen zum jeweiligen Verlauf von Sonne und Mond, ihren Phasen inklusive goldener und blauer Stunde und zusätzlich auch den Verlauf der Milchstraße anzeigen lassen. Dank einer Finderfunktion kann ich mir sogar den perfekten Zeitpunkt für ein ganz spezielles Szenario ermitteln lassen wie zum Beispiel, wann die Sonne genau hinter einer bestimmten Bergspitze aufgeht – ja sogar die Anzeige von Schatten ist möglich. Zusätzlich kann ich mir vor Ort per Augmented Reality (AR) direkt am Motiv den Verlauf von Sonne, Mond und Milchstraße live simulieren lassen.

Deutlich weniger planbar und dennoch ähnlich wichtig für die Fotozutat „Stimmung“ ist das Wetter. Ob blauer Himmel und strahlender Sonnenschein, dekorative weiße Wölkchen, mystisch wabernder Nebel oder dramatisch strömender Regen – jede Wetterlage zaubert eine ganz besondere und eigene Atmosphäre ins Bild. Grundsätzlich nutze ich zur Wettervorhersage die Webseite wie auch App von wetteronline.de.

Speziell im Gebirge schaue ich zusätzlich manchmal noch auf der Seite von Mountain Weather Forecasts vorbei oder bei Touren in Österreich auf die App von bergfext.at. Eindrücke über mögliche Nebelbänke sowie die Lichtdurchlässigkeit von Wolkendecken lassen sich zusätzlich auf clearoutside.com finden.

Egal ob Wetter oder Licht, wichtig ist auf jeden Fall, dass Ihr jeweils rechtzeitig vor Ort seid. Dann habt Ihr ausreichend Ruhe und Zeit, Euch umzusehen und Euch in die Landschaft einzufühlen, um dabei die ideale landschaftliche Komposition zu finden, bevor Ihr anschließend auf die gewünschte Stimmung wartet.

Technik

Zu diesem Punkt könnte ich sicher ein ganzes Buch füllen, angefangen mit dem Thema Blende über Goldener Schnitt bis hin zu Rauschverhalten. Ich beschränke mich daher hier und heute auf die aus meiner Sicht und für meine Art der Fotografie wesentlichen Punkte.

Linienführung und tiefer Standpunkt

Beobachtet Euch einmal selbst bzw. stellt Euch beim nächsten Betrachten von Bildern die Fragen: Wo steige ich zuerst mit meinen Augen in das Foto ein? Wo steige ich aus dem Bild wieder aus? Werde ich in das Bild hineingezogen und warum? Auf welchem Weg wandert mein Blick zum Hauptmotiv? Ruht mein Blick auf diesem Motiv oder wandert er unruhig hin und her ohne einen Fixpunkt zu finden?

Nach und nach werdet Ihr dabei feststellen, wie wichtig eine klare und gezielte Linienführung – in weiten Landschaften häufig in Kombination mit einem tiefen Standpunkt – in der Fotografie ist. Diese sogenannten „führenden Linien“ sollen und können die Betrachter*innen lenken und dazu führen, dass das Motiv bzw. die Kernbotschaft des Bildes für sie klar zu erkennen sind.

Wasserfall

Wasserfall Svartifoss auf Island

Ein gutes Beispiel ist dafür aus meiner Sicht das Foto vom beeindruckenden Wasserfall Svartifoss im Skaftafell-Nationalpark im Südosten Islands. Der Name Svartifoss bedeutet „schwarzer Wasserfall“ und wurde dem Wasserfall aufgrund der dunklen Farbe der ihn umgebenden Basaltsäulen verliehen. Ich habe mich für die Aufnahme auf einen kleinen rutschigen Stein in der Mitte des tosenden Wassers gestellt und die Kamera nur wenige Zentimeter über die Wasseroberfläche vor einen kleinen Strudel gehalten.

Das führt dazu, dass man als Betrachter*in den Eindruck hat, direkt im Fluss zu stehen. Mit Hilfe der führenden Uferlinien wird der Blick anschließend auf den etwa 20 m hohen Wasserfall inmitten dieser imposanten und sehr mächtig wirkenden dunklen Wand geführt. Durch eine etwas längere Belichtungszeit bringe ich dazu noch etwas Bewegung ins Bild. Diese Kombination führt dazu, dass man als Betrachter*in fast meint, das laut rauschende Wasser zu hören und die Kraft und Wucht dieses faszinierenden, nassen Naturschauspiels zu spüren.

Vordergrund und Ebenen

„Vordergrund macht Bild gesund“ lautet eine alte und immer noch gültige fotografische Weisheit. Ein solcher Vordergrund in Form eines nah vor der Linse liegenden markanten Gegenstands verleiht einem Landschaftsfoto Tiefe und Spannung. In Verbindung mit dem bereits genannten tiefen Standpunkt wird so der Blick der Betrachter*innen über dieses Objekt geschickt, ins Bild und in Richtung Horizont geleitet.

Durch diesen klar zu erkennenden Vordergrund wird das Bild zudem in mindestens zwei Ebenen unterteilt. Damit helfe ich den Betrachter*innen, sich im Foto zu orientieren und verstärke den Eindruck der räumlichen Tiefe.

Ein Beispiel dafür ist ein Foto, das ich vom Gipfel des höchsten Vulkans Nordamerikas, dem über 5.600 m hohen Citlaltépetl bei Orizaba in Mexiko aufgenommen habe. Im Vordergrund habe ich bewusst einen kleinen Eisblock positioniert. Damit möchte ich den Blick der Betrachter*innen über die restliche Eisfläche (erste Bildebene) am Kraterrand in die weite Ebene Mexikos (dritte Bildebene) sowie zu dem zentralen Motiv des farbenfrohen Regenbogens (zweite Bildebene) führen.

Die Kombination aus Vordergrund, Linienführung und diesen Ebenen führt (dann hoffentlich) dazu, dass die Weite der Ebene wie auch die enorme Höhe des Vulkans bzw. des eigenen Standorts hoch über den Wolken gut zu erkennen sind.

Regenbogen über einem Gebirge

Blick vom Gipfel des Citlaltépetl bei Orizaba in Mexiko

Größenverhältnisse

Wenn man in einer Landschaft fotografiert, sind für einen selbst die tatsächlichen Größenverhältnisse und Dimensionen aufgrund unseres dreidimensionalen Sehens eindeutig zu erkennen. Auf dem dabei entstehenden zweidimensionalen Foto gehen sie jedoch häufig verloren und sind für die Betrachter*innen maximal zu erahnen. Um sie entsprechend zu unterstützen, arbeite ich gern mit einer Größenreferenz, ich baue also ins Foto ein Objekt ein, dessen Dimensionen eindeutig bekannt sind. Das können ein Tier, ein Zelt, ein Rucksack, ein Auto, ein Baum oder auch eine Person sein – notfalls ich selbst mit Hilfe eines Selbstauslösers.

Schneelandschaft

Union-Gletscher in der Antarktis

Unschärfe

Auch mit Hilfe einer gezielten Unschärfe ist es möglich, einem Foto räumliche Tiefe zu verleihen. Das Bild von den einmalig bunten Bergen von Landmannalaugar auf Island habe ich mit Blende f/2.8 aufgenommen. Der dadurch entstandene unscharfe Vordergrund – ich habe direkt auf Bodenhöhe gearbeitet – führt dazu, dass das Auge der Betrachter*innen automatisch zum Hauptmotiv, dem gelb-braun-grün-farbenfrohen Hügel gelenkt wird und die gesamte Szenerie eine klar erkennbare räumliche Struktur erhält.

Landschaftsaufnahme

Landmannalaugar auf Island

Rahmen

Um den Blick der Betrachter*innen auf das wesentliche Motiv zu lenken, arbeite ich auch gern mit einem Rahmen. Ich suche dazu jeweils vor Ort nach entsprechenden natürlichen Möglichkeiten. Das können Äste sein, aber auch Felsen, Bäume oder wie im Fall des Fotos des höchsten Bergs Japans, dem über 3.700 m hohen Fuji, ein paar dekorative Blümchen. In diesem Fall sogar ganz bewusst unscharf abgebildet, um diesen majestätischen Berg eindeutig in den Bildfokus zu setzen.

Berg mit Blumenwiese im Vordergrund

Der heilige Fuji in Japan

Landschaft spiegelt sich in einer Pfütze

Vulkan Mount Giluwe in Papua-Neuguinea

Spiegelungen

Besonders gern arbeite ich in der Landschaftsfotografie mit Spiegelungen. Überall halte ich dazu Ausschau nach jeder noch so kleinen Pfütze. Erfolgreich war ich zum Beispiel am Mount Giluwe auf Papua-Neuguinea, dem höchsten Vulkan Ozeaniens. Am Vorabend hatte ich das Grasland um unser Basislager entsprechend abgesucht und dabei glücklicherweise diesen ungefähr zehn Meter durchmessenden Tümpel entdeckt. Und gleichzeitig herausgefunden, dass das erste Sonnenlicht am nächsten Morgen direkt auf den gezackten Gipfel scheinen würde.

Ich habe mir daher meinen Wecker auf „sehr früh“ gestellt, mein Stativ bereits lange vor Sonnenaufgang aufgebaut und mit verschiedenen Kompositionen experimentiert. Am besten gefallen hat mir dabei der Einsatz meines 8 mm (16 mm KB) Fischaugen-Objektivs, weil ich so zum einen die gesamte Bergkette mit aufnehmen und zum anderen die hohen Gräser um den Tümpel als Rahmen nutzen konnte. Als dann die aufgehende Sonne das obere Drittel des Gipfels mit ihrem warmen Morgenfarbton erleuchtet hatte, konnte ich glücklich und zufrieden auf den Auslöser drücken.

BdA

Die wichtigste und alle genannten Techniken verbindende Methode ist jedoch die sogenannte BdA-Methode: „Beweg Deinen Arsch“. Fotografiert niemals (nur) von Eurem ersten sowie einem einzigen Standort aus. Bewegt Euch in allen Richtungen und Ebenen und haltet Ausschau nach weiteren und anderen spannenden und einzigartigen Blickwinkeln, Spiegelungen, Linien und Perspektiven.

Emotionen

Ein wesentlicher Bestandteil und Zeitaufwand in meiner Fotografie ist die Bildbearbeitung. Häufig habe ich bereits während der Aufnahme eine genaue Vorstellung davon, wie und in welchen Bereichen ich das Foto im Nachgang bearbeiten werde. Gerade im Hinblick auf die Emotionen, die ich mit meinen Bildern auslösen möchte, entwickle ich für jede Tour eine eigene Bildsprache.

Dabei arbeite ich fast ausschließlich mit Adobe Lightroom und erstelle mir dort jeweils eigene länderspezifische Presets. Fotos aus dem quirligen Japan habe ich zum Beispiel sehr bunt und „quietschig“ bearbeitet, Bilder aus der lebensfeindliche Danakil-Wüste in Äthiopien hingegen deutlich farblich entsättigt.

Ein gutes Beispiel dafür, wie eine unterschiedliche Bildbearbeitung unterschiedliche Emotionen hervorrufen kann, sind die beiden Versionen des brodelnden Lavasees in der Caldera des Vulkans Erta Ale in Äthiopien. In der einen Version erzeuge ich mit Hilfe eines wärmeren Lichts und einer erhöhten Dynamik einen weichen und eher freundlichen Eindruck. Die zweite Version hingegen wirkt durch höhere Kontraste und kältere Farben deutlich härter und dramatischer.

Lava

Lava

Lavasee in der Caldera des Vulkans Erta Ale in Äthiopien

Fazit

Mein wichtigster Tipp aber vielleicht lautet: Üben, üben, üben. Schaut Euch möglichst viele Bilder anderer Fotograf*innen an. Was gefällt Euch, was nicht und warum? Sucht nach den von mir beschriebenen Regeln und Mustern in den Bildern.

Vor allem aber geht raus und fotografiert. Beginnt damit, Fotos, die Euch gefallen nachzufotografieren um anschließend Eure eigene Interpretation zu finden. Ich zum Beispiel lerne am meisten dadurch, dass ich hier und da ein paar Bilder ohne große Komposition, sondern rein aus dem Bauch heraus aufnehme. Bei einer anschließenden kritischen Betrachtung und Analyse in Ruhe zu Hause am Rechner erkenne ich sehr schnell, was warum funktioniert und kann diese Erkenntnisse beim nächsten Mal gezielt anwenden.

Am allerwichtigsten allerdings sind jedoch die Freude an unserer bunten Erde, ihrer wunderschönen Landschaften sowie der Spam am Fotografieren. Diese Begeisterung wird sich auch auf Eure Bilder übertragen und so entstehen – unter Berücksichtigung der genannten Tipps – schon fast automatisch gute Fotos. In diesem Sinne: Viel Spaß und gut Licht!

Ähnliche Artikel