2 Kinder ein Junge und ein Mädchen.
29. Oktober 2018

Colour Codes – Farben haben kein Geschlecht

Rosa versus blau, Kleid gegenüber Latzhose, schüchterne Haltung im Vergleich zur selbstbewussten Pose – auf den ersten Blick scheint offensichtlich, was die Aufnahmen von Diplom-Fotodesignerin Tina Umlauf zeigen: Mädchen und Jungen, einander gegenübergestellt. Doch ist es wirklich so einfach?

Mit ihrer Arbeit „Color Codes“ greift Tina Umlauf ein Phänomen auf, das sich schleichend zu einer gesellschaftlichen Norm entwickelt hat, die die breite Masse längst akzeptiert: Mit der Farbe Rosa assoziiert sie Mädchen, mit der Farbe Blau Jungen. Die Fotokünstlerin erklärt den Impuls, aus dem heraus ihr Fotoprojekt entstand:

Diese scheinbar festgelegte Farbzuordnung stört mich. Ich möchte, dass die Menschen ihre Sehgewohnheiten hinterfragen und sie sensibilisieren, dass eine bloße Farbe noch lange nichts über das Geschlecht aussagt.

Ein Kind mit blauer Jacke und Mütze stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa Shirt und Rock stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.
Ein Kind mit blauem Shirt stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa Shirt und Jacke in schwarz sowie einer schwarzen Mütze, stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.
Ein Kind im Einteiler stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa Einteiler stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.
Ein Kind mit blauem Hemd stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa Hose und Shirt mit Rehkitz stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.
Ein Junge mit blauem Hemd stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Mädchen mit rosa Shirt und Tütü stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.

Die Bilder sind Ganzkörperportraits von zehn Kindern. Von jedem gibt es zwei Aufnahmen: einmal in rosafarbener Kleidung, einmal in blauer Kleidung. Rosa gekleidet zeigt sie die Kinder niedlich und zurückhaltend – Charakteristiken, die in der Regel Mädchen zugeschrieben werden –, blau gekleidet wild und draufgängerisch – das stereotype Bild der Gesellschaft von Jungen.

Die Idee dahinter: „Ich nutze die Klischees, um sie dann aufzubrechen“, sagt Tina Umlauf. Denn das Geschlecht des jeweiligen Kindes ist nicht eindeutig zu erkennen und wird auch an keiner Stelle aufgelöst – so bleibt es den Betrachter*innen überlassen, sich zu entscheiden oder zu fragen: Ist das wirklich wichtig?

„Im ersten Moment hatte ich das Gefühl, ertappt worden zu sein“, gesteht Beate Schölermann, Gleichstellungsbeauftragte des Max-Planck-Instituts für molekulare Physiologie in Dortmund. „Ein Gedanke war: Ist das nun ein Mädchen oder ein Junge?“ Den Prozess, gerade dieses formelhafte Denken aufzubrechen, sich zu reflektieren, rege die Ausstellung an, so die Gleichstellungsbeauftragte – „und das ohne erhobenen Zeigefinger, die Bilder sprechen für sich.“

Ein Kind mit Kamera und Mütze stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa Shirt stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.
Ein Kind mit rosa Shirt stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand, Hände vor dem Gesicht.Ein Kind mit blauem Shirt stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand. Es trägt eine Mütze und hält seine Hände vors Gesicht.
Ein Kind mit blauem Shirt stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa Shirt stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.
Ein Kind mit Latzhose stehend auf Holzfußboden vor weißer Wand.Ein Kind mit rosa gestreiftem Kleid und Mütze stehend auf einem Holzfußboden vor einer weißen Wand.

Wie festgefahren die Gesellschaft bereits in der Farbfalle steckt, erlebte Tina Umlauf bereits während der Aufnahme der Bilder: „Einige Eltern reagierten zögerlich auf das Outfit in der jeweils anderen Farbe. Ein Paar fragte ihren Sohn sogar mehrmals, ob es für ihn wirklich okay sei, die rosafarbene Kleidung anzuziehen.“ Das Verhalten der Erwachsenen habe sich schließlich auf die Kinder übertragen, sodass sie vor Ort erst einmal Überzeugungsarbeit habe leisten müssen – zum Glück mit Erfolg.

„Da war der Einfluss der Eltern besonders deutlich.“ Doch gerade das habe sie zusätzlich bestätigt: „Wenn ich künstlerisch arbeite, dann widme ich mich Themen, die mich faszinieren, mir am Herzen liegen oder die mich ärgern und die ich in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken möchte, um sie zu ändern.“

Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde für die Fotografin von Anna Hückelheim geschrieben. Tina Umlauf arbeitet aktiv weiter an diesem Projekt in verschiedenen Variationen.

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