03. Juli 2018 Lesezeit: ~5 Minuten

In der Gitarrenwerkstatt: „Lutherie Schuetz“

Bei meiner letzten Reise in die Provence im Süden Frankreichs habe ich in einem kleinen Ort am Fuße des Mont Ventoux Christopher Schuetz kennengelernt. Seit mehr als 25 Jahren baut er – mittlerweile gemeinsam mit seinem Sohn Xavier – in seiner „Lutherie Schuetz“ Gitarren in echter Handwerksarbeit, vom jahrelang gelagerten Rohholz bis zur fertigen Gitarre. Bei ihrer Arbeit durfte ich den beiden mit der Kamera buchstäblich über die Schultern schauen.

In der Lutherie Schuetz werden akustische Gitarren, aber auch E-Gitarren und Mandolinen gebaut. Bekannt ist Christopher Schuetz aber besonders für seine Flamenco-Gitarren. Und so kommt ein großer Teil seiner Kundschaft nicht nur aus allen Teilen Frankreichs, sondern auch aus Spanien und anderen Ländern.

Gitarrenwerkstatt

Holz ist das wesentliche Material für den Bau von Gitarren und anderen Zupfinstrumenten. Zur Herrichtung des für den Bau verwendeten sogenannten Klangholzes kauft Christopher zunächst lange gelagertes und sorgfältig sortiertes Rohholz ein. Im Idealfall vergehen mindestens zehn Jahre vom Fällen des Baumes bis zur Verarbeitung für den Bau einer hochwertigen Gitarre.

Zunächst werden die rohen Holzbohlen auf der Bandsäge in gerade einmal 3 mm starke Bretter gesägt, die dann nach wiederum sorgfältiger Auswahl zu dem rund 1,5 mm starken Klangholz gehobelt und geschliffen werden. Mit allen Arbeiten nimmt der Bau einer hochwertigen Gitarre vom rohen Holz bis zum fertigen Instrument je nach Ausstattung 100 bis 150 Stunden sorgfältiger Handwerksarbeit in Anspruch.

Handwerker in einer Gitarrenwerkstatt

Die Holzart hat einen wesentlichen Einfluss auf den Klang einer Gitarre. An einem Instrument kommen in der Regel für die verschiedenen Komponenten wie Boden, Decke und Gitarrenhals verschiedene Hölzer zum Einsatz. Besonders gern verarbeitet Christopher Zypressenholz. Dieses Holz ist nicht nur für einen einzigartigen Klang der Gitarre verantwortlich, sondern ist auch besonders widerstandsfähig gegen Schädlinge.

Der weitaus größte Teil der im Hause Schuetz gebauten Gitarren sind Bestellungen, häufig erfahrener Gitarrist*innen. „Wenn ich eine Gitarre baue, wird mir schnell klar, dass es die beste Gitarre der Welt nicht gibt, aber es gibt die beste Gitarre der jeweiligen Musiker*innen“, erklärt Christopher.

Gitarrenwerkstatt mit Hund

So steht vor dem Bau einer Gitarre nicht nur eine umfangreiche Beratung für den jeweiligen Anwendungsfall, sondern auch eine intensive Abstimmung zu den häufig speziellen Wünschen der Kundschaft. Für jede Gitarre gibt es unendliche Kombinationsmöglichkeiten von Materialen und Konstruktionsmerkmalen bis hin zu Details beim Design des Instruments.

Die Liebe zur Musik wurde Christopher praktisch in die Wiege gelegt. Schon als Vierjähriger hatte er sein „musikalisches Erwachen“ und bekam ersten Musikunterricht, mit zehn Jahren den ersten Gitarrenunterricht. Fünf Jahre später sammelte er bereits Erfahrungen im Gitarrenbau mit seinem Bruder Sebastian, einem Orgelbauer. Später besuchte er die Gitarrenabteilung der Staatlichen Musikinstrumentenbauschule Mittenwald. In Folge hat er zunächst als angestellter Gitarrenbauer für verschiedene Instrumentenfirmen in Deutschland gearbeitet.

Handwerker in einer Gitarrenwerkstatt

Gleichzeitig konnte er seine musikalische Ausbildung bei namhaften Gitarrist*innen fortsetzen. Und eigene musikalische Erfahrungen sind in diesem Beruf von unschätzbarem Wert, erklärt Christopher: „Ich bin immer auch Musiker und versuche, meine eigenen technischen und musikalischen Erfahrungen und auch die Wünsche der Kundschaft beim Bau eines Instrumentes miteinander zu verbinden.“

Nach Frankreich zog es Christopher dann Mitte der 1990er Jahre, als er in Bédoin am Fuß des Mont Ventoux in der südfranzösischen Vaucluse seine erste Gitarrenbauwerkstatt eröffnete. Zwei Jahre später zog er dann weiter ins 10 km entfernte Villes-sur-Auzon, wo er nun seit mehr als 20 Jahren nicht nur Gitarren baut, sondern als anerkannter Handwerksmeister auch immer wieder angehende Instrumentenbauer*innen ausgebildet hat.

Gitarre

Seine fundierte Ausbildung macht ihn zu einem geschätzten Fachmann nicht nur für den Bau neuer Instrumente, sondern auch für die Restauration von alten, historischen Gitarren. Das beginnt dann schon einmal mit dem Erwerb eines solchen wertvollen Stückes bei einer Auktion. Vor einer wichtigen Versteigerung hat Christopher dann auch mal eine schlaflose Nacht. Und so kann er auch zum Erwerb historischer Instrumente die eine oder andere spannende Geschichte erzählen.

Vor fünf Jahren ist sein Sohn Xavier in das kleine Familienunternehmen eingetreten, hat dort das Handwerk des Gitarrenbaus erlernt und ist ebenfalls ein begabter Gitarrist. Vater und Sohn arbeiten nun gemeinsam mit Werkstatthund Isko in ihrer Lutherie Schuetz.

Zwei Männer spielen auf Gitarren

Zum Abschluss meines Besuchs gab es noch ein kleines Konzert auf der Werkbank. Wenn ich in die strahlenden Gesichter der beiden Musiker in Arbeitskleidung sah, lief es mir eiskalt den Rücken herunter. Und wenn ich die Augen schließe, denke ich an Al die Meola, John McLaughlin und Paco de Lucia, deren Kultplatte „Friday Night in San Francisco“ wir in den 1980er Jahren gehört haben.

Und noch etwas ist mir in bleibender Erinnerung geblieben und macht mir gleichzeitig die Grenzen des Mediums Fotografie bewusst: Dieser wunderbare Geruch von frischem Holz, den man mit keinem Bild transportieren kann. Beim Foto fehlt (manchmal) leider die olfaktorische Komponente.