24. Mai 2018 Lesezeit: ~4 Minuten

Von der Suche nach Kreativität

Manchmal fühle ich mich, als würde ich in meiner fotografischen Entwicklung stillstehen. Als käme ich einfach nicht voran, obwohl ich stets damit beschäftigt bin, etwas Neues zu kreieren. Dann fällt mir auf, dass ich zwar laufe, jedoch auf der Stelle. Ich hänge viel zu sehr an dem, was andere von mir erwarten und habe Angst, etwas zu tun, was von eben diesem Erwartungsbild abweicht.

Doch wieso eigentlich? Könnte ich Kundschaft verlieren oder Follower verschrecken? Sind das wirklich Dinge, über die ich mir Gedanken machen sollte? Viel zu oft wurde mir gesagt, was ich wie machen soll, um erfolgreich zu sein. Ich denke, bei all den Ratschlägen, die ich mir zu Herzen nahm, verlor ich wichtigere Ziele aus den Augen.

Während ich also all diese wundervollen Portraits von wahrlich schönen Menschen anfertigte und mich über die Ergebnisse freute, die auch anderen Menschen gefielen, vermisste ich irgendetwas. Eine Sache, die grundlegend vorhanden sein sollte und mir zu einem vergangenen Zeitpunkt bereits vertraut war. Mir fehlte es, kreativ zu sein und ganz frei zu agieren. Mir fehlte es, mich auszuprobieren und experimentierfreudig zu sein. Weshalb war das so?

Frauenportrait

Erst kürzlich hatte ich einen für mich wichtigen Erkenntniszuwachs. Während eines Shootings mit der bezaubernden Stephanie fiel mir auf, dass ich mich einfach nicht traute. Es ging nicht ausschließlich um die potentiellen Betrachtenden der Ergebnisse, sondern ganz besonders um meine Modelle. Ich wollte sie nicht enttäuschen und ihnen genau die Bilder bieten, die sie sich wünschten.

Meine schüchterne und zurückhaltende Art hinderte mich daran, den Schritt zu gehen, den ich mir zu gehen wünschte und mehr Kunst als Fotografie zu schaffen. Doch Stephanie gab mir das Gefühl, mich frei bewegen zu können. Sie ließ mich verschiedene Techniken ausprobieren und strahlte Ruhe und Entspannung aus. Ich hatte während des Shootings einige Zeit zum Experimentieren, die ich mit viel Freude nutze.

FrauenportraitGeisterbild einer Frau

Bis zu dem Punkt, an dem ich mich daran erinnerte, dass mein Modell derlei Resultate vielleicht gar nicht erwartete. An diesem Punkt spürte ich eine Art Unruhe in mir aufkommen. Ich hatte das Gefühl, Stephanie zu lange warten zu lassen, da ich während meiner Experimentierphase im Prozess versunken war und der Fotografie zuweilen mehr Zuwendung schenkte, als ihr.

Da war es, das Gewissen! Es riss mich aus meiner Kreativität und holte mich zurück in die Realität der Erwartungen. Es zeigte mir aber auch, dass ich nicht allein fotografierte, sondern gemeinsam mit einer fühlenden und denkenden Person vor Ort war. Im letzteren Punkt ist das Gewissen meiner Meinung nach absolut angebracht. Die Kreativität allerdings sollte es mir nicht rauben.

Surreales Portrait

Surreales Portrait

Doch jetzt, da ich die Ursache meiner Blockaden kenne, habe ich die Möglichkeit zu lernen, wie ich bestmöglich mit ihr umgehen kann. Ich will nicht mehr auf der Stelle laufen, doch auch keine zu großen Schritte wagen. Mein Vorhaben ist es zunächst, eine Art Mittelweg zu finden, sodass ich mich einerseits langsam vom Erwartungsdruck lösen und andererseits zunehmend das kreieren kann, was in meinem Inneren darauf wartet, nach außen getragen zu werden.

Allen, denen ein ähnlicher Entwicklungsstillstand das Leben erschwert, möchte ich ans Herz legen, in sich zu gehen und sich mit den eigenen Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Was nützt es schon, Erwartungen zu erfüllen, wenn dabei das eigene Herz nach mehr verlangt und die kreative Ader still verkümmert? Was bringen tausende Follower, wenn man selbst keine Erfüllung mehr in den eigenen Werken findet? Ist es wahrlich von Bedeutung, einen besonderen Stil aufzuweisen, wenn dieser dem persönlichen Fortschritt Steine in den Weg legt?

Frau in surrealer Umgebung

Tut das, was Euch erfüllt und geht den Weg, den Ihr als den richtigen empfindet. Denn was wirklich zählt, ist, dass Ihr nicht stehen bleibt, wenn Ihr das Verlangen habt, mehr zu entdecken.

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