03. April 2018 Lesezeit: ~4 Minuten

Anregung zur Achtsamkeit

Jede*r von uns hat eine eigene Sicht auf die Dinge. Wie betrachten wir eine Landschaft, was fällt uns auf, wie nehmen wir die Dinge wahr? Ein Fotoapparat als Begleiter leistet hier gute Dienste. Durch den Sucher oder über das Display legen wir Ausschnitte fest, wie wir die Dinge sehen, die uns wichtig sind. Schnell werden Bilder geschossen und geteilt.

Wir leben in einer Bilderflut, die tagtäglich auf uns einprasselt, sei es in gedruckter Form, über E-Papers, im Internet oder in einem der zahlreichen Social-Media-Kanäle, die wir benutzen. Wie viele Sekunden bekommt ein Bild heutzutage überhaupt noch Zeit, um es in Ruhe betrachten zu können? Klick, klick, im Sekundentakt geht es schon zu den nächsten Bildern, denn viele weitere Fotos warten schon darauf, gesehen zu werden.

Felder und ein Baum

Durch die kurze Zeitspanne, die wir mit einem einzelnen Bild verbringen, vergeben wir viele Chancen, dass uns Bilder auch in nachhaltiger Erinnerung bleiben. Viele Fotos werden nicht mehr „gemacht“, sondern nur mehr „geschossen“. Der digitalen Fotografie sei Dank, alles was man nicht braucht, kann ja umgehend gelöscht werden. Zu Zeiten der Analogfotografie machte man sich vor dem Betätigen des Auslösers mehr Gedanken. Filme waren teuer und die Entwicklung in guter Qualität ebenfalls.

Da wurden von einem Motiv – zumindest aus Sicht der Amateurfotograf*innen – keine 15 oder 20 Fotos „geschossen“. Heute schaffen das die guten Kameras in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und auch die Speicherkarten bieten immer mehr Platz für weniger Geld.

Felder von oben

Ein Foto zu „machen“, hat jedoch fast etwas Meditatives. Und da kommt für mich der Begriff „Achtsamkeit“ in Bezug auf das Fotografieren ins Spiel. Achtsamkeit, ein Begriff, der uns in diversen Medien, Büchern und Ähnlichem momentan sehr häufig begegnet. Google spuckt aktuell über sieben Millionen Artikel und Zitate mit diesem Begriff aus (Stand 03/18). Wie kann man „Achtsamkeit“ mit der Fotografie in Verbindung bringen?

„Achtsamkeit“ bedeutet für mich, dass ich den Moment, den ich gerade erlebe, bewusst wahrnehme. Ich bin im „Jetzt“ und „Hier“. Im Zusammenhang mit der Fotografie könnte man also sagen, dass ich dem Motiv, das ich gerade gefunden habe, das ich fotografisch festhalten möchte, meine ganze Aufmerksamkeit schenke. Es gilt, das Motiv einmal vorurteilsfrei mit einer neutralen Haltung in Ruhe zu betrachten und Ablenkungen von außen nicht zuzulassen.

Ein Weg

In weiterer Folge zu versuchen, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und mehrere Blickwinkel auszuprobieren. Die Lichtsituation kann sich einen Meter weiter stark verändert haben. Bodennahe Aufnahmen vom gleichen Motiv lassen es im Gegensatz zur Augen- oder Hüfthöhe ganz anders aussehen und auch nur wenige Schritte links oder rechts lassen vielleicht störende Elemente verschwinden.

Achtsames Fotografieren erspart auch jede Menge Zeit in der Nachbearbeitung am Computer. Achtsam durch die Gegend zu gehen, lässt eine*n auch unvermutet Neues im Bekannten entdecken. Diejenigen, die gern fotografieren, sind mit ihren geschulten Augen ohnehin meist bewusst, mal auch unbewusst auf der Suche nach lohnenswerten Motiven. Der Entdeckungsvielfalt sind da keine Grenzen gesetzt und bewusstes „Schauen“ lässt vieles, was interessant ist, finden, woran man sonst vielleicht achtlos vorbeigeht.

Baum auf einer Wiese

Darum sollte man auch Kindern früh die Möglichkeit geben, zu fotografieren. Eine Bilderreise durch unsere unmittelbare Umgebung, die mit Kinderaugen gemacht worden ist, lässt uns Erwachsene oft staunen. Um wieder bewusster unser unmittelbares Umfeld wahrzunehmen, bietet sich (zum Beispiel) an, täglich ein Foto zu machen. Konsequent. Und diese Fotos zu einem Fototagebuch zusammenzuführen. Eine einfache Achtsamkeitsübung, um wieder bewusster unsere Umgebung zu erleben, die wir tagtäglich durchstreifen.

Die Beschäftigung mit der Motivsuche hilft auch, Stress abzubauen. Jeden Tag ein Foto, das heißt auch, dass man die Gelegenheit bekommt, gleiche Motive (die einem etwa auf dem Weg zur Arbeit täglich begegnen) in unterschiedlichen wetterbedingten Lichtsituationen und Tageszeiten aufnehmen zu können.

Baum mit Huhn im Nebel

Bewusstes Fotografieren führt dazu, dass Bilder „gemacht“ werden, denen ein kreativer Entstehungsprozess vorausgeht und nicht nur einfach im Vorübergehen „geschossen“ werden, von denen in Folge eine Vielzahl wieder gelöscht werden (sowohl von der Festplatte, wie auch in unserem Gedächtnis). Mit der Kamera im Jetzt und Hier sein. Die Bilder, die daraus entstehen, werden uns lange Freude bereiten.

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