09. Januar 2018 Lesezeit: ~8 Minuten

Glücksort Bodensee

Ich war gerade mit der Arbeit an einem Buch zur Landschaftsfotografie um den Bodensee beschäftigt, als mich der Droste-Verlag anfragte, ob ich nicht Interesse hätte, den Band „Bodensee“ für die Reihe „Glücksorte“ zu erstellen.

Beim Schreiben des Vorwortes überlegte ich, was für mich persönlich einen Glücksort am Bodensee ausmacht. Als leidenschaftlicher Natur- und Landschaftsfotograf fiel mir dazu ein, dass für mich ein Ort dann ein Glücksort ist, wenn ich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bin.

Boote im Hafen

Landschaftsfotografie besteht für mich zu etwa 80 % aus Planung und 20 % aus Glück. Ich bin geboren und aufgewachsen am Bodensee und hier lebe ich. So ergibt es sich von selbst, dass diese Landschaft mein gewöhnliches (doch nicht ausschließliches) Ziel für die Fotografie ist. Als „Eingeborener“ habe ich den Vorteil, dass ich das Wetter und die Bedingungen sehr gut interpretieren kann.

Ich weiß, wann was geht und wann nicht, wann es sich lohnt, früh aufzustehen und an welchen Tag man besser liegen bleibt. Es gibt so einige Wetterphänomene wie Föhn, Hochnebel, Gewitter und andere Besonderheiten am Bodensee.

Der Bodensee ist der drittgrößte See Mitteleuropas. Der Rhein, der Hauptzufluss, fließt am östlichen Ende bei Altenrhein in den Bodensee und verlässt ihn bei Konstanz am westlichen Ende. Dadurch ergeben sich auch die Schwankungen des Pegels im Verlauf eines Jahres, die etwa 1,50 m umfasst. Im Winter wird der größte Teil des Niederschlags in den Bergen als Schnee gebunden. Dadurch sind manche für Fotos besonders geeignete Orte nur zu bestimmten Jahreszeiten erreichbar oder interessant.

Landschaft im Nebel

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Das Ufer unterhalb von Schloss Kirchberg, zwischen Hagnau und Immenstaad, ist so ein typisches Beispiel: Im Sommer ist der Pegel zu hoch und es gibt an den dann wenigen trockenen Stellen zu viele Badegäste. Doch im Winterhalbjahr zeigen sich interessante Steine, ein tolles Ufer und als Fotograf*in hat man das ganze Ufer für sich allein.

Die quaderförmigen Steine, die dort am Ufer und im Wasser liegen, rühren von einer Uferbefestigung, die durch Umwelteinflüsse teilweise zerstört wurde. Damit ist das Motiv für den Vordergrund schnell gefunden. Ich könnte hier stundenlang am Ufer auf Entdeckungsreise gehen. Besonders schön ist dieser Ort zum Sonnenuntergang. Bei tollen Wolken am Himmel ist das ein Gefühl wie ein Sechser im Lotto. Für diese Art der Landschaftsfotografie verwende ich inzwischen sehr gern das Tamron 15–30 mm f/2.8 .

Steine in einem See

Der Bodensee im Winter

Auch im Winter lohnt es sich, den Bodensee zu besuchen. Gibt es längere Kälteperioden wie etwa im Winter 2016/2017, dann gefriert der Gnadensee recht schnell zu. Der Gnadensee ist ein Teil des Untersees. Er ist lediglich bis zu 20 m tief, daher gefriert dieser Teil des Bodensees zuerst.

Je nach vorausgegangenem Wetter findet sich eine ganz unterschiedliche Eisoberfläche. Das können dann kleine und größere „Eisschollen“ oder eine spiegelglatte Oberfläche sein. Ein guter Ausgangspunkt, um sich aufs Eis zu begeben, sind der Bereich zwischen Markelfingen und Allensbach sowie das Nordufer der Insel Reichenau.

Eis am Rand eines Sees

Wetterphänomene

Die Nähe zu den Alpen und die große Wasserfläche sorgen für einige Wetterphänomene: Typisch ist der Hochnebel im Spätherbst wie auf dem Bild oben. Dann hilft es nur, den Weg über die Nebeldecke zu suchen. Der 1064 m hohe Pfänder, oberhalb von Bregenz, scheint das naheliegende Ziel zu sein. Mein Tipp ist aber, Richtung der Ortschaft Eichenberg und dem dort liegenden Fesslerhof zu steuern. Dort ergeben sich viel schönere Blicke über den Nebel und in Richtung der Schweizer Alpen.

Im Frühsommer kommt es dann häufig zu Wärmegewittern. In der Regel ziehen diese von West nach Ost. Sehr gut lässt sich das auf der Webseite www.metradar.ch verfolgen.

Blitz über einem See

Die eigene Sicherheit geht vor! Wenn ich Gewitter verfolge, suche ich immer einen Ort, an dem ich ein „Dach über dem Kopf“ habe. Einige Schiffsanleger wie bei Iznang, Reichenau, Altnau oder Hagnau haben solche Häuschen, aus denen Gewitterjäger*innen geschützt aus dem Trockenen heraus fotografieren können.

Auch solche Aufnahmen wie oben sind wieder Glückssache. Ich mache dafür einfach einige Aufnahmen mit 10 s Belichtungszeit und ISO 400 hintereinander. „Ob ein Blitz drauf ist oder nicht, sagt Dir gleich das Licht“ ist das einfache Rezept.

Bei Sturm lohnt es sich, die Windrichtung zu beachten. Eine gute Adresse dafür ist www.windfinder.com. Kommt der Wind vornehmlich aus Westen, suche ich Orte am Nordufer wie zum Beispiel Meersburg oder Langenargen auf. Kommt der Wind jedoch aus Osten, was eher selten ist, suche ich geeignete Orte am Südufer wie Rorschach oder Romanshorn auf. Gibt es einen Föhnsturm, dann bläst er vor allem durch Rheintal Richtung Bodensee, also eignen sich auch wieder Orte am Nordufer. Im westlichen Bereich des Bodensees ist vom Föhnsturm nur noch wenig zu spüren.

Karte des Bodensees

kleine Wellen an einem See

Für Freund*innen der Langzeitbelichtung

Wer gern Langzeitbelichtungen macht, kommt am Bodensee natürlich auch auf die Kosten. Ziehende Wolken, die Wasseroberfläche glätten oder ein paar Wasserfälle sind die typischen Gelegenheiten, Graufilter einzusetzen. Nach sehr vielen Tests von LEE, Lensinghouse und anderen verwende ich hauptsächlich die ND-Filter von Haida als 150-mm-Steckfilter und die Verlaufsfilter von LEE.

Eine besondere Gelegenheit für Langzeitbelichtungen bietet die Fähre, die zwischen Meersburg und Konstanz verkehrt. Durch einen Fotofreund, der bei den Stadtwerken Konstanz arbeitete, wusste ich, dass sie ziemlich genau 15 Minuten für die Strecke benötigt. Den passenden Ort für diese extreme Langzeitbelichtung habe ich oberhalb des Anlegers in Meersburg am Droste-Hülshof-Weg gefunden.

Hier ist dann einfach etwas rechnen mit Blende, ISO und ND-Filter notwendig, um auf die Belichtungszeit von 15 Minuten zu kommen. In dem Moment hatte ich noch das Glück, dass gerade im Westen ein Gewitter aufzog und sich während der 15 Minuten Belichtungszeit ein Blitz am Horizont entlud.

Lichtspuren auf einem See

Warum der See verlandet

Der Rhein, der aus den Alpen kommt, ist der Hauptzufluss. Neben dem Wasser bringt er sehr viele Sedimente mit sich. Etwa 2,5 Millionen Kubikmeter Feststoffe werden jährlich durch die Zuflüsse in den Bodensee verfrachtet. In etwa 20.000 Jahren wird es den Bodensee nicht mehr geben.

Die Rheinebene wurde im Frühjahr mit dem einsetzenden Schmelzwasser immer wieder überschwemmt. Eine der schlimmsten Überschwemmungen ereignete sich 1868, als fast das gesamte Rheintal unter Wasser stand. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts einigten sich Österreich und die Schweiz zur Rheinregulierung: Es wurde ein Kanal gebaut und das Gefälle vergrößert. Es gibt aber im Rheindelta auch noch den Alten Rhein. Ein länderübergreifendes Naturschutzgebiet und ein Paradies für Fotograf*innen. Im Frühsommer, etwa im Juni, blühen dort Orchideen und sibirische Schwertlilien.

Violette Blumen

Blaue Blumen

Flora und Fauna

Eine besondere Rarität finden Freund*innen seltener Pflanzen am Campingplatz bei Hegne: das Bodensee-Vergissmeinnicht. Es ist eine typische Pflanze für Voralpenseen und benötigt gerade diesen schwankenden Wasserstand. Es blüht Anfang bis Ende April, bevor dann die Schneeschmelze einsetzt und die Pflanze mit dem steigenden Pegel vom Wasser geschluckt wird.

Da es schon um Orchideen geht: Natürlich kommen auch Freund*innen der Fauna hier auf ihre Kosten. Insbesondere wenn Interesse an (Wasser-)Vögeln besteht. Eisvögel finden sich für kundige und geduldige Fotograf*innen auch am Alten Rhein. „Auf die Schnelle“ lassen sich wesentlich einfacher die Haubentaucher mitnehmen. Ein guter Ort dafür ist die kleine Ortschaft Bodman am westlichen Ende des Sees. Im Frühsommer beginnt die Balz, bei der sich die Geschlechter gegenüberstehen und schnatternd nach oben schrauben. Dann sollten Tierfotograf*innen einfach früh morgens an der Uferpromenade unterwegs sein.

Wasservogel im See

Mit zunehmendem Betrieb am Ufer drängt es diese Wasservögel weg vom Ufer in das nahegelegene Naturschutzgebiet. Doch wer hier sein Motorboot nicht regelmäßig bewegt, muss damit rechnen, dass ein Nest auf der Badeplattform entsteht.

Der Bodensee und seine Umgebung haben zu jeder Jahreszeit ihren Reiz – Natur- oder Landschaftsfotograf*innen müssen nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

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