Ein MIDI-Gerät von oben fotografiert.
06. November 2017 Lesezeit: ~7 Minuten

Bildbearbeitung in Lightroom mit MIDI-Geräten

Ich war schon immer anfällig für technische Geräte und Helferlein, die meine Arbeitsabläufe vereinfachen und automatisieren. Diese Vorliebe hat auch in der Fotografie nicht lange auf sich warten lassen und nachdem ich mich für viele Hochzeiten in Lightroom durch die Schieberegler geklickt hatte, keimte in mir der Gedanke auf, dass diese Mausarbeit doch eigentlich mit entsprechender Hardware stark beschleunigt werden könnte.

Nach einiger Recherche im Internet bin ich erst einmal auf VSCO-Keys gestoßen. Eine kleine Software der Presetschmiede VSCO mit der sich die Lightroom-Regler individuell auf die Tasten der Tastatur legen lassen. So kann beispielsweise mit der Taste F die Belichtung nach oben und mit der Taste D nach unten verstellt werden.

Im Prinzip ein fantastischer Ansatz, nur mein Computer schien etwas Probleme mit der Schnittstelle zu haben und jede Eingabe brauchte ein paar Sekunden für die Umsetzung. Außerdem verlor ich tatsächlich schnell die Übersicht über die Tastenbelegung.

Mein Optimierungswahn kannte hier natürlich keine Grenzen, ich beschäftigte mich weiter mit dem Thema und stieß auf unterschiedlichste Lösungen. In Internetforen und Facebook-Gruppen erzählten Nutzer davon, wie sie mit ihren Playstation- oder X-Box-Controllern Lightroom steuern und die Hardware-Lösung Palette Gear tauchte immer wieder auf.

Palette Gear ist ein modulares System, bei dem man selbst Dreh-, Schieberegler und Knöpfe zusammenstecken kann, um am Ende eine individuell zusammengestellte Oberfläche zu erhalten. Der Ansatz gefiel mir, die einzelnen Elemente waren aber so teuer, dass man für ein sinnvolles Gesamtpaket mehrere hundert Euro investieren musste.

Nahaufnahme eines MIDI-Gerätes mit Knöpfen und Drehreglern.

Vor etwa einem Jahr hörte ich dann zum ersten Mal von einem Crowdfunding-Projekt namens Loupedeck, das alle meine Wünsche zu erfüllen schien. Etwas kleiner als eine handelsübliche Tastatur ist Loupedeck eine Oberfläche, die speziell auf Lightroom angepasst ist und sämtliche Schieberegler und weitere Funktionen wie Sternbewertungen auf haptische Bedienelemente legt.

Der Preis war mit etwa 350 € allerdings auch nicht gerade ein Schnäppchen und ich ließ mich nicht von meiner anfänglichen Euphorie treiben, sondern wollte erst einmal auf die ersten Erfahrungsberichte warten, die sehr durchwachsen waren und vor allem die Verarbeitungsqualität kritisierten.

Meine Geduld wurde belohnt, denn im Zuge der Crowdfunding-Kampagne für Loupedeck wurde in der Facebook-Gruppe des Fotografie-Podcasts Uncle Bobcast eine Diskussion über die Steuerung von Lightroom mit externen Geräten losgetreten. Relativ schnell kristallisierte sich heraus, dass schon viele Nutzer*innen mit sogenannten MIDI-Controllern auf Lightroom zugreifen und das Behringer X-Touch Mini , das per USB mit einem Computer verbunden werden kann, wurde immer wieder als Geheimtipp genannt.

Ein MIDI-Gerät dass vor einem Computerbildschirm liegt.

Das Wort MIDI haben sicher die meisten von Euch schon einmal gehört, viele wissen aber vermutlich nicht wirklich, was dahinter steckt. Als ich vor etwa 15 Jahren anfing, Musik zu machen, war es in vielen Bands sehr modern, MIDI-Instrumente zu verwenden und für viele Jahre brannte sich das Wort MIDI in meinem Kopf als etwas ein, aus dem eben Musik herauskommt.

Erst in meinem Tontechnik-Studium realisierte ich, dass MIDI eigentlich gar keine Geräusche macht, sondern einfach nur Befehle weitergibt. Hat man zum Beispiel auf einem Computer kleine Musikdateien, sogenannte Samples, gespeichert, so können diese über einen MIDI-Controller per Knopfdruck ausgelöst oder sogar per Drehregler mit Effekten versehen und verändert werden. Das Wort MIDI beschreibt also vereinfacht gesagt lediglich die Schnittstelle zwischen einem physikalischen Bedienelement und einer Software.

In der Musikbranche gibt es schon lange riesige Mischpulte, mit deren Hilfe sich per MIDI komplizierte Aufnahme-Programme steuern lassen. Die Verwendung ist aber nicht auf Musiksoftware beschränkt. Auch Lichtshows auf Konzerten werden oft per MIDI gesteuert und genauso gut kann man statt der Schieberegler in einer Musiksoftware auch die Schieberegler in Lightroom steuern.

Genau hier kommt wieder das X-Touch Mini ins Spiel. Das 41 x 17 cm große Gerät besitzt einen Schiebregler, 16 Knöpfe und acht Drehregler, die in der Fachsprache auch Potentiometer oder kurz einfach nur Poti genannt werden. Diese Potis können sogar zusätzlich gedrückt werden, um weitere Aktionen auszulösen. Zudem können alle Knöpfe und Regler über zwei Ebenen doppelt belegt werden.

Der Aufbau dieser Oberfläche eignet sich ganz wunderbar für die Bildbearbeitung in Lightroom. Mit den Potis kann man die Werte der wichtigsten Einstellungen verändern. In meinem speziellen Fall regle ich damit von links nach rechts Belichtung, Kontraste, Lichter, Schatten, Weiß, Schwarz, Farbtemperatur und Farbton. So gut wie alle Bilder einer Hochzeitsreportage lassen sich mit dieser Belegung für mich perfekt anpassen.

Eine Person bedient ein MIDI-Gerät, dass vor einer Tastatur liegt.

Auf der zweiten Ebene verändert sich dann die Belegung der Potis und ich passe damit den Farbton und die Sättigung von Orange und Rot an, um etwas mehr Kontrolle über Hauttöne zu haben. Die Knöpfe übernehmen bei mir Funktionen wie zum Beispiel das Springen zum nächsten Bild, Sternbewertungen oder die Anwendung eines Presets auf ein Bild. Lediglich für den Schieberegler versuche ich noch, einen sinnvollen Einsatzzweck zu finden. Im Gegensatz zu den Potis ist dieser nicht relativ, sondern absolut.

Ein kleines Beispiel dafür: Drehe ich an einem der Potis, so erhält Lightroom zum Beispiel den Befehl „Erhöhe die Belichtung um +0,10“, der Schieberegler allerdings erteilt Lightroom den Befehl „Setze die Belichtung auf den Wert +1,50“. Jetzt ergibt sich die etwas seltsame Situation, dass der Schieebregler erst einmal auf die Position geschoben werden muss, auf der der Belichtungsregler steht, bis die Software darauf reagiert, was sich einfach unnatürlich anfühlt.

Die Knöpfe und Regler des X-Touch Mini können alle komplett individuell belegt werden und das ist nicht einmal kompliziert. Die kostenlose Software Midi2LR erfüllt exakt den Zweck, MIDI-Controller mit Lightroom zu verbinden. Die Installation und Einrichtung ist absolut selbsterklärend und es lassen sich alle nur erdenklichen Funktionen in Lightroom ansteuern.

Eine Software auf einem Computerbildschirm.

Das Schöne an der MIDI-Methode ist, dass Ihr nicht an das von mir vorgestellte X-Touch Mini gebunden seid. Ihr könnt problemlos auch große Mischpulte oder noch kleinere Geräte verwenden und so noch mehr Funktionen auf die Hardware auslagern oder noch mobilere Lösungen schaffen. Das X-Touch Mini erfreut sich deshalb so großer Beliebtheit, weil es mit 70 € ein vergleichsweise günstiges Gerät ist, das wunderbar funktioniert und durch seine Größe auch noch eine schöne Laptop-Ergänzung auf Reisen darstellt.

Die Steuerung von Lightroom per MIDI-Controller hat meine Bearbeitung stark beschleunigt und sogar verbessert. Früher habe ich tatsächlich oft abgewogen, ob es den Aufwand Wert ist, noch einmal in Lightroom nach unten zu scrollen und die richtigen Regler zu suchen, nur um kleine Veränderungen vorzunehmen und durch die physischen Bedienelemente wird der Aufwand für viele Anpassungen stark reduziert. Gerade bei großen Bildmengen wie einer Hochzeitsreportage ergibt sich am Ende eine große Zeitersparnis.

Ein MIDI-Gerät, das vor einem Laptop liegt.

Nachdem ich Euch nun von meinem langen Weg zu einem MIDI-Controller zählt habe, würde mich natürlich auch interessieren, ob Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt und vielleicht schon viel weiter seid als ich. Erzählt uns gern in den Kommentaren davon und gebt uns neue Inspiration für die Vereinfachung unserer Arbeitsabläufe.

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