24. Juli 2017 Lesezeit: ~4 Minuten

Durch den Sucherschacht einer Mittelformatkamera

Digitale und analoge Grenzen verwischen, Gegensätze harmonieren und Zeit relativiert sich plötzlich. Beim Kunstprojekt „K∆nalog – [Inside The Box]“ werden alltägliche Szenen zu etwas ganz Besonderem: Wir haben eine analoge Mittelformatkamera mit einer modernen Digitalkamera gepaart.

Als junge Filmproduktion planen wir uns bewusst Zeit für die Umsetzung kreativer Projekte ein, um unsere eigenen Ideen zu verwirklichen, ohne Scheu neue Herangehensweisen zu testen und daran zu wachsen. Als ein solches freies Projekt wurde im Mai auch der Kurzfilm „K∆nalog – [Inside The Box]“ realisiert und im Rahmen einer großflächigen Projektion präsentiert. Er zeigt Karlsruhe und seine Bewohner*innen erstmals aus einer neuen, besonderen Perspektive, nämlich durch den Sucherschacht einer analogen Mittelformatkamera.

Hier gibt es den Film sowie das Making-of zu sehen!

 

Alltägliche Szenen werden einzigartig

Im Fokus lag dabei nicht Karlsruhe selbst, sondern seine Einwohner*innen. Wir nahmen die Rolle eines stillen Beobachters ein und filmten zufällig ausgewählte Menschen bei ihren alltäglichen Dingen – sei es beim Einkaufen, beim Sport im Park oder auf dem Flohmarkt. Alltägliche Aktionen wurden so durch den neuen Blickwinkel, aus dem sie festgehalten wurden, zu etwas ganz Einzigartigem.

Die Begegnungen mit den Menschen und die dabei gewonnene Nähe fingen wir ein, indem wir die Protagonisten zusätzlich fotografierten. Mit der analogen Mamiya C330 im 1:1-Format auf 120er Rollfilm, schwarzweiß, fern von Raum und Zeit, festgehalten für die Ewigkeit.

Eine Frau wird fotografiert

Ein Portrait durch den Lichtschachtsucher

Technische Kombination aus alt und neu, digital und analog

Ein selbstgebautes Gestell aus Edelstahlstreben verband eine digitale Sony A6300 mit der Mamiya C330. Befestigte Stativplatten ermöglichten das schnelle Trennen der beiden Kameras für den Transport zwischen verschiedenen Drehorten und für das Fotografieren mit der Mamiya.

Für die Aufnahme von Originalton wurde an der Sony zusätzlich ein kleines Richtmikrofon befestigt. Um verschiedene Blickwinkel darzustellen, wurden stets drei verschiedene Objektive für die Mamiya mitgeführt und je nach Situation eingesetzt: Ein 55-mm-Weitwinkelobjektiv, das Normalobjektiv mit 85 mm und ein Tele mit 180 mm Brennweite – Mittelformat natürlich.

Für unseren Kameramann Rico stellten die Dreharbeiten eine besondere Herausforderung dar: Um in den Sucher der Sony sehen zu können, musste er sich dicht über die Kamera beugen und durfte dennoch nicht die Hände von der rund 80 cm tiefer gelegenen Mamiya nehmen. Diese Haltung brachte ihm – und dem Gestell – den gerechtfertigten Spitznamen Quasimodo ein.

Drei Menschen mit Kamerakonstruktion

Um Bewegungen wie das Rollen einer Boulekugel oder die Fahrt eines Skaters festzuhalten, mussten wir natürlich mitschwenken. Gar nicht so einfach, denn durch die Spiegelverkehrtheit der Mamiya bewegte sich das Bild im Sucherschacht in die entgegengesetzte Richtung. Auch auftretende Reflexionen auf dem Sucherschacht mussten während des Drehs durch den ständigen Einsatz eines Reflektors (oder Regenschirms) vermieden werden.

Aus einem Handyfoto entsteht die Filmidee

Die Idee für das Projekt lag schon etwas länger zurück und entstand auf einer Afrikareise von NACONA-Mitgründer Julian. Die Mamiya als rund 50 Jahre altes Erbstück begleitete ihn schon auf vielen Reisen wie zum Beispiel im Hochgebirge oder eben auch nach Afrika. Weil er die analogen Fotografien auf die Schnelle digital verschicken wollte, fotografierte er den Sucherschacht ab und erkannte den außergewöhnlich ästhetischen Bildausschnitt.

Zurück im Hauptquartier im Alten Schlachthof in Karlsruhe überzeugte er ohne viel Aufwand Mitgründer Johannes von seiner Idee, den Sucherschacht der Mamiya nicht nur abzufotografieren, sondern auch abzufilmen. Es wurde also ein Gestell entwickelt, das die Mamiya mit einer Sony verbindet und erste Testaufnahmen gemacht. Im Mai wurde das Projekt schließlich durchgeführt und abgeschlossen.

Ein Baum durch einen Lichtsucherschacht

Ein Container wird zum gigantischen Sucherschacht

Die Premiere des Films fand im Rahmen einer riesigen Projektion im Perfekt Futur statt und band die charakteristischen Frachtcontainer ein, in denen normalerweise Unternehmen angesiedelt sind. Eine besondere Rolle spielte dabei der Eingang eines einzelnen Containers, der während der Projektion den Sucherschacht der Mamiya darstellte. Drei Beamer waren notwendig, um die Projektion wie gewünscht durchführen zu können.

Bilder an eine Wand projiziert

Eine Ausstellung

Die Kombination aus alt und neu, analog und digital sowie Film und Fotografie wurde durch eine Vernissage zur selben Zeit in Szene gesetzt. An mehreren Bauzäunen wurden die analogen Fotografien der Protagonisten befestigt und den Besucher*innen präsentiert.