Ein Schwarzweissbild eines Olympiastadions.
16. Februar 2017 Lesezeit: ~5 Minuten

Die Kunst der Langzeitbelichtung

Fotografie war stets ein Bestandteil meines Lebens. In meiner Familie wurde schon immer viel fotografiert, meine Großmutter und mein Urgroßvater sind ausgebildete Fotograf*innen und auch sonst hatte immer irgendjemand eine Kamera griffbereit.

Im Jahr 2012 unternahm ich für gute sechs Monate eine Reise mit dem Rucksack. Ich bereiste Länder wie Neuseeland, Australien und Thailand und lebte für einen Monat auf Rarotonga, der Hauptinsel der Cookinseln im Südpazifik. Ich hatte schon immer den Traum, eine größere Reise zu machen, quasi als Selbstfindungstrip. Nachdem meine Ausbildung erfolgreich beendet war und ich einige Zeit im Beruf gearbeitet hatte, war es dann soweit.

Ein Steg der auf einen See hinausführt, der durch eine Langzeitbelichtung glatt wirkt.

Ein Leuchtturm vor einem See, dessen Wasser durch Langzeitbelichtung weich wirkt.

Vor Reiseantritt kaufte ich mir eine kleine Kompaktkamera von Canon, die mich begleiten sollte. Schnell bekam ich heraus, dass man die Belichtungszeit auf maximal 15 Sekunden stellen konnte. Der Effekt überraschte und begeisterte mich, so etwas hatte ich vorher nicht so häufig gesehen.

Ich besorgte mir unterwegs ein günstiges Stativ und begann, mit der Kamera meine Umgebung zu entdecken und Bilder zu komponieren. Ich fotografiere mit Vorliebe Architektur und Landschaften, einfach deshalb, weil diese für mich frei zugänglich waren. Ich war meistens nachts unterwegs, da die Langzeitbelichtungen am Tag natürlich nicht funktionierten.

Langzeitbelichtung eines Blickes nach oben entlang eines Hochhauses.

Minimalistische schwarzweiss Architekturaufnahme.

Als ich zurückkam, beschloss ich, mir eine Spiegelreflexkamera zu kaufen. Die Möglichkeiten, die sich nun im manuellen Modus ergaben, waren schier unerschöpflich und ich fotografierte, wann immer es ging. Ich fing an, mich in das Thema hineinzulesen und entdeckte andere Fotograf*innen und ihre Arbeiten, die für mich unerreichbar schienen.

Ein sehr guter Freund, der ebenfalls fotografiert, zeigte mir ein Foto von einer Langzeitbelichtung, die er am Tag aufgenommen hatte. Das faszinierte mich mindestens genauso sehr wie Langzeitbelichtungen in der Nacht. Plätze in der Stadt menschenleer darzustellen oder Wasser und Wolken weich wirken zu lassen und Bilder dadurch künstlerisch zu gestalten, so wollte ich immer fotografieren.

Ich kaufte mir mehrschichtvergütete Neutraldichtefilter in verschiedenen Stärken, damit ich die Verschlusszeit um unterschiedliche Blendenstufen verlängern konnte und begann, zu experimentieren. Ich wollte vor allem versuchen, Beugungsunschärfen durch stark geschlossene Blenden so gering wie möglich zu halten.

Ein Schwarzweissbild, das den Blick auf ein Hochhaus von unten herab zeigt.

Eine schwarzweiss Aufnahme von abstrakter Architektur.

Meine Art zu fotografieren änderte sich durch die Filter stark. Ein Foto wird, wie ich finde, stärker zelebriert, was natürlich mit dem Aufwand zusammen hängt, der sich durch den Einsatz der Filter ergibt.

Ich bin ein sehr konzeptioneller Fotograf. Ich streife gern allein mit der Kamera durch meine Umgebung und suche nach besonderen Gebäuden oder Szenerien. Ich baue mein Stativ auf, stelle die Parameter der Kamera ein, schraube Filter auf, experimentiere mit Blende, Belichtung, Schärfe und Bildausschnitten.

Anfangs betrachtete ich mich in einer Art selbst auferlegten Ausbildung und setzte mir zunächst das Ziel, drei Jahre lang durchzuhalten. Ich versuchte mich auch in anderen Stilrichtungen, zum Beispiel in der Reportagefotografie, fotografierte Hochzeiten und Veranstaltungen und stellte schnell fest, dass das nichts für mich war.

Ein Schwarzweissbild einer Häuserfassade vor einem Fluss.

Ich hatte bereits viele Hobbys in meinem Leben. Die meisten sind in dem Moment vorübergegangen, als es nötig wurde, mehr Aufwand zu betreiben als einem Hobby zuträglich ist. Das ist für mich mit der Fotografie anders geworden. Eine gewisse Sprunghaftigkeit, die ich bisweilen besitze, zeigt sich hier nicht. Ich versuche, weiter nach vorn zu gehen und begreife dabei das Fotografieren nicht als zunehmende Last, sondern als Teil meiner eigenen Kreativität.

Ich konzentriere mich auf den Teil der Fotografie, der mich wirklich begeistert. Das bedeutet nicht, dass ich nicht gelegentlich in ein kreatives Loch falle und dann wochenlang die Kamera nicht in die Hand nehme, aber mein Interesse an der Fotografie lässt dennoch nicht nach. In diesen Zeiten lese ich viel oder tausche mich mit anderen Fotograf*innen aus.

Als Autodidakt habe ich mir eigentlich alles, was ich über die Fotografie weiß, selbst beigebracht. Das ist nicht immer einfach, da man alle Informationen mal mehr und mal weniger aufwändig recherchieren muss. Die mir selbst auferlegten drei Jahre sind nun schon seit einiger Zeit vorbei und ich entwickle mich immer noch weiter und schaffe es, mich selbst zu begeistern.

Schwarzweissbild einer Skyline mit mehreren Wolkenkratzern.

Ein Schwarzweissbild eines Hochhauses, das von unten herab fotografiert wurde.

Zuhause sitze ich oft an der Bearbeitung, bei guter Musik und einem netten Getränk. Das ist für mich Meditation und gleichzeitig Ausgleich zum oft hektischen Alltag, dem ich sonst zu folgen habe. Dies spiegelt sich auch in meinen Fotos wider, die immer möglichst aufgeräumt sind und meistens minimalistisch einen zentralen Bildgegenstand in Szene setzen.

Wer sich meine Bilder an die Wand hängt, der hängt sich gleichzeitig einen Ruhepol an die Wand und kann beim Betrachten des Bildes den hektischen Alltag hoffentlich für einen kurzen Moment vergessen.

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