Portrait eines Mannes mit nacktem Oberkörper vor einer strukturierten Tapete.
16. Januar 2017 Lesezeit: ~4 Minuten

Der Weg der Fotografie

Meine erste Kamera hielt ich dank meines Vaters in den Händen. Er, als ehemaliger Kameramann für Spielfilme, hatte stets Geschichten mit Erlebnissen von seinen damaligen Dreharbeiten zu erzählen und zudem etliches Equipment im Keller liegen.

Kind schaut mit Hilfe eines Erwachsenen durch eine Videokamera.

Nils Starkmeth, der als Kind durch die Kamera seines Vaters sieht.

Schon früh festigte sich bei mir der Wunsch, später selbst einmal im Filmbereich tätig zu sein und so wurde es zu meinem größten Hobby, Videos zu filmen und zu schneiden. In meiner Ausbildung zum Mediengestalter war ich dann erst einmal in einem Betrieb tätig, der sich vorwiegend mit Fotografie beschäftigte, was mich zunächst jedoch ein wenig enttäuschte.

Meinen Einstieg in die Fotografie fand ich neben der Ausbildung durch einen Freund und passionierten Fotografen: Leon Beu. Leon mag verlassene Orte. Die Schönheit des Verfalls. Die Geschichten, die verfaulende Tapeten einem erzählen. Er nahm mich mit auf seine Erkundungen. Bauernhäuser, Kongressgebäude, Brauereien und sogar einen Autofriedhof durfte ich mit Leon ablichten.

Ein heruntergekommenes Schlafzimmer mit einem Bett und einer Matratze in einem verlassenen Haus.

Der heruntergekommene Eingang eines verlassenen Gebäudes.

Ein Raum in einem verlassenen Gebäude mit Daunen auf dem Boden. Durch das Fenster dringt Tageslicht in den Raum.

Ein Mann sitzt in der Fahrertür eines heruntergekommenen Autos das auf einem anderen Auto auf einem alten Schrottplatz liegt.

Dieser Einfluss, und jener, der vom Bewegtbild kommt, prägten nach und nach meinen Bildstil. Denn auch wie bei meinen Videos wollte ich mit meinen Bildern Geschichten erzählen. Was mich beim Foto dabei so fasziniert, ist, dass es keine Rolle spielen muss, zu welchem Zeitpunkt der Geschichte das Bild entsteht.

Ein Bild hält einen Zeitpunkt für immer fest. Unendlich viel kann davor passiert sein, unendlich viel könnte danach noch passieren, doch dieser eine Moment ist es, der die Geschichte erzählen wird. Und alle Betrachter*innen werden ihre eigenen Geschichten sehen. Diese Freiheit fehlt beim Film – was ein Vorteil oder Nachteil sein kann.

Portrait eines Mannes mit nacktem Oberkörper vor einer strukturierten Tapete.

Der Unterarm einer Frau, auf den ein Kranich gezeichnet ist. Darum herum fliegen vier Papierkraniche.

Eine Frau in einem weißen Kleid auf einem Waldweg legt ihren Kopf auf ein Kissen, das in der Luft schwebt.

Zur analogen Fotografie kam ich durch einen Flohmarktfund. Ich stolperte über eine Polaroid SLR 680, deren Zustand ordentlich erschien. Die Kamera selbst war günstiger als die entsprechenden Filmkassetten und als es dazu kam, zum ersten Mal abzudrücken, wurde mir klar, dass mich jedes Foto Geld kosten würde. Dass es tatsächliches Filmmaterial verbraucht.

Der Schuss musste also sitzen und so setzte ich den Sucher oft ans Auge, ohne abzudrücken. Ich begann, die Umgebung in das ungewohnte, quadratische Format zu quetschen, um mögliche Motive für meine Polaroid zu finden.

Polaroid, auf dem eine Frau auf einem Gerüst vor einem Wolkenhimmel sitzt.Polaroid einer Frau die auf einem Hochsitz zwischen zwei Bäumen sitzt.
Gelbstichiges Polaroid, auf dem man die Silhouette eines Baumes sieht.Gelbstichiges Poloaroid eines gedeckten Tisches, auf dem statt eines Tellers eine Schallplatte mit dem Bild eines Bootes liegt.

Inzwischen bin ich in einer TV-Produktion in München tätig und filme und schneide meinem ursprünglichem Wunsch entsprechend Videos. Es gab also einen Rollentausch und ich betreibe nun das Fotografieren als mein Hobby weiter.

Dabei lasse ich meine digitale Spiegelreflexkamera immer öfter liegen: Das Fotografieren auf Film dient als Zuflucht vor dem digitalem Leben und ich begann, mit zwei alten Freunden meines Vaters zu knipsen: einer Canon A1 und einer Mamiya C3. Zu meinem analogen Repertoire zählten nun also neben Sofort- auch Kleinbild- und Mittelformatfilm.

Silhouette eines Mannes mit einer Zigarette in der Hand der auf sein Smartphone blickt und vor einem Blumengarten sitzt.

Portrait einer Frau im Gegenlicht.

Bild eines kleinen Baumes mit Orangen Blättern in einem Wald.

Die Möglichkeit, das Ergebnis perfekt zu beeinflussen und vorherzusagen, fehlt. Die sofortige Überprüfung des Fotos (mal abgesehen von Polaroids) ist ebenfalls nicht gegeben. Entwickelt man nicht selbst, halten sich auch die Bearbeitungsmöglichkeiten in Grenzen.

All das sind Dinge, die ich im kreativen Prozess nun genieße, da es dem Zufall genug Spielraum lässt, mitzumischen. Außerdem ist der Charme des echten Films nicht zu ersetzen. Entsättigt man beispielsweise ein digitales Bild, erreicht man niemals die Ästhetik eines echten Schwarzweißfilms.

Silhouette eines Mannes mit Hut auf einer Straße bei Nacht.

Erst kürzlich ist ein analoges Foto von mir in der „If You Leave Showcase“-Galerie in London gelandet. Den Juror*innen und auch vielen Betrachter*innen hat die Einteilung des Bildes in drei Sektoren am besten gefallen. Diese entstand durch Farbstreifen, die auf einen Lichteinfall zurückzuführen sind. Ich hatte darauf absolut keinen Einfluss, der Film war lange überlagert, abgelaufen, die Kamera undicht, das Ergebnis perfekt.

Eine Landschaft auf Film fotografiert mit Lichtstreifen auf dem Bild.

Hätte ich diese Landschaft digital fotografiert, hätte ich sie wohl in der späteren Auswahl nicht weiter beachtet. Auf Film zu belichten, wirkt der Massenproduktion von willkürlichen Schnappschüssen entgegen und sorgt wieder für Einzigartigkeit und Anmutung.

Nicht zuletzt dank meines kürzlichen Erfolgs bei der „If You Leave Showcase“-Galerie möchte ich in Zukunft immer mehr auf analoge Fotografie umsteigen. Doch auch der persönliche Anspruch und der unfehlbare Charme sind Gründe.


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