Hinterkopf eines jungen mit Tablett im Wald und Kinder die etwas auf einer Hand fotografieren.
31. Oktober 2016 Lesezeit: ~5 Minuten

Nachwuchsfotograf*innen gesucht – und gefunden!

Gleich zwei Mal hatte ich vor Kurzem die Ehre, mit den Fotograf*innen von morgen zusammen zu arbeiten. Als Nebenbei-Kinderkunstkursdozentin habe ich die Möglichkeit, mir selbst Kursinhalte zu überlegen und Kurse anzubieten – welch ein Privileg, das möchte genutzt werden! Also startete ich vor Kurzem den Kurs „Nachwuchsfotograf*innen gesucht!“ an meinem Arbeitsplatz PINX als Ferienangebot.

Zettel mit Skizze von Ball und Haus.Ahornblatt mit Wassertropfen auf A4 Papier in weiß.

Der Kurs war offen für Kinder zwischen 6 und 17 Jahren, wobei ich da ziemlich flexibel bin, der jüngste Teilnehmer war somit 4,5 Jahre jung. Da meine Kursangebote mit Einwegkameras leider nicht den Zuspruch fanden, den ich mir erhofft hatte, war ich dieses Mal auf einfache Digitalkameras umgestiegen.

Angefangen haben wir mit ein paar simplen Beispielen, die ich gezeigt habe oder in den Raum warf – aber nicht als Fotografien, da ich keine Nachahmung initiieren wollte, sondern als kleine Fragespiele: „Rollt die Kugel rauf oder runter? – An was erinnert Ihr Euch für ein Foto und bis zu welchem Detail könnt Ihr es beschreiben?“ Übrigens Fragen, die man sich selbst teilweise auch mal wieder stellen darf so als „Großer“: Wie genau man seine eigene Bilder tatsächlich kennt oder beschreiben kann.

Gelbes Gläschen neben gelben Teller auf Gelber Unterlage.Schatten auf Waldboden von 2 Frauen.
Eine Kinderhand mit Farbflecken vor Waldboden.Verschwommene Darstellung eines geknüllten Papiere

Viele der Kinder durften zum ersten Mal wirklich ganz allein eine Kamera halten und benutzen, ohne dass andauernd jemand aufpasst oder beobachtet. Bei unseren Kameras wäre ein Fall aus kleiner Höhe zum Glück auch nicht dramatisch gewesen.

Einige der Kinder erzählten jedoch, dass Mama oder Papa das mit dem Smartphone nicht gestatten würden – ein Plädoyer für günstige Kameras, denn umso früher man das Auge schult, desto besser lernt man das Sehen. Dabei kommt es nicht auf das „perfekte Bild“ an, sondern wie ich finde, geht es in erster Linie darum, Spaß an der Sache zu entwickeln.

Ansammlung blauer Gegenstände, Plastikband, Pinsel, Stuhlunterseite und Farbtuben.

Und genau das haben wir in diesen Kursen gemacht: Sehen, beobachten, Perspektiven wechseln, sich auch mal auf den Boden legen oder die Kamera wild schütteln, während man fotografiert, um dann direkt auf dem Display das Resultat anschauen zu können und so Handlung und Ergebnis in eine Verbindung miteinander zu setzen.

Meine Aufgabe war es, mich größtenteils zurückzunehmen und nicht direkt Verbesserungsvorschläge zu machen oder gar einzugreifen und etwas mit „richtig“ oder „falsch“ zu beurteilen. Eine auch nicht so einfache Übung. Es zeigte sich jedoch schnell, dass wenn ein Kind ein Bild gemacht hatte, das es sich nicht so recht erklären konnte, es mich fragte, wie die Kamera das gemacht hat.

Also durften die Kinder selbst die fotografische Erfahrung machen und ihnen war es freigestellt, ob sie es verstehen wollten – vielleicht muss man ja auch zuallererst einmal nur genießen. Genießen, dass man nun die Macht hat, die Zeit anzuhalten. Als wir zum Beispiel Wasser umgeschüttet und den Wasserstrahl dabei fotografiert haben, wurde dies besonders deutlich.

Schmetterling aus Papier in bunt fliegend mit 2 Neonröhren.

Es gab drei Stationen (namens „Stillleben“, „Portrait“, „Die Grundfarben“) drinnen und einen gemeinsamen Waldspaziergang. Wobei natürlich eigentlich die ganze Zeit in alle Richtungen fotografiert wurde, die Freiheit habe ich natürlich auch niemandem genommen. Bei der Stilleben-Station wurden eigene Zusammenstellungen von Gegenständen aus der Kunstschule im Bild erprobt.

Bei den Portraits (die wir hier aus Rücksichtnahme auf die Kinder nicht zeigen) haben sich die Kinder gegenseitig fotografiert. So konnte direkt gespürt werden, wie sich das so vor einer Kamera anfühlt und wie dahinter. Es war gar nicht so einfach, denn es kannten sich ja auch gar nicht alle Kinder untereinander, zeigte also auch die Herausforderungen, vor der etwa die Schulfotograf*innen stehen.

Die dritte Station „Die Grundfarben“ war ein Experimentierfeld, das sich mit den Grundfarben Rot, Gelb und Blau beschäftigte. Übrigens gab es auch ganz viele Selfies! Auch dieses Phänomen ist schon bei den Jüngsten präsent.

Waldboden aus der FroschperspektiveVerwackelte Ansicht eines Baumstammes mit viel grün drumherum.
Rote Farbfläche mit BokehAbstrakte Ansicht von kleinen Perlen und Blumen in Spiegelecke.

Mit dem Waldspaziergang haben wir dann sogar noch eine zweite Lichtstimmung abgedeckt und somit also Kunstlicht und Tageslicht kennengelernt. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass wir einiges herausgefunden und kennengelernt haben: Den Unterschied von Bildern mit Blitz und ohne Blitz, was mit Dingen passiert, wenn man mit der Kamera ganz nah herangeht (Verzerrungen und Unschärfen), dass man sich ja auch in seinem Schatten fotografieren kann, wie viel man entdeckt, wenn man einen Schmetterlingsflügel mal genau anschaut, dass Licht sich im Wasser spiegelt, ein Hundehaufen auch ein Stillleben sein kann … und vieles mehr. Natürlich können nicht alle Bilder hier gezeigt werden, jedoch eine Auswahl.

Nahaufnahme in Farbe von einem grünen Zweig.Nahaufnahme in Farbe von einem grünen Zweig.
Verschwommene Abbildung des Buchstaben MAufnahme von einem roten Farbfleck.

Für mich waren beide Kurse jedenfalls eine große Bereicherung, da man doch schnell seine Wahrnehmung so trainiert, dass sie Bekanntes und Gemochtes präferiert und viele andere Dinge einfach in der Wahrnehmung hinten herunterfallen und verschwinden. Wer also mal die Gelegenheit hat, mit Kindern bewusst fotografieren zu gehen und über das Sehen zu sprechen, sollte es auf jeden Fall als Chance begreifen!