26. Oktober 2016 Lesezeit: ~11 Minuten

Einstieg in die Pferdefotografie

Es ist kein Geheimnis, dass Pferde zu den prächtigsten Tieren unseres Planeten gehören. Zumindest, wenn man einen Pferdemenschen fragt. Die pure Kraft, die eleganten Bewegungen, die seidigen Mähnen und Schweife und der sanftmütige Geist sind es, weswegen wir uns so leicht in unsere vierbeinigen Gefährten verlieben. Wenn es jedoch darum geht, ein rasant galoppierendes Pferd oder ein einfaches Portrait des hübschen Köpfchens zu fotografieren, kann sich der anmutige Anblick dieser Tiere schnell in nilpferd- oder giraffenartige Figuren verwandeln.

Es gibt jedoch einige gute Tipps und Tricks für den Einstieg in die Pferdefotografie, denen man Beachtung schenken kann. Ich möchte heute ein bisschen aus meinem Erfahrungsschatz plaudern.

 

Die Ausrüstung

Das Wichtigste für ein gelungenes Pferdebild ist die Wahl der richtigen Brennweite. Ich empfehle dazu ein Teleobjektiv ab 135 mm aufwärts. Die Stauchung, die Teleobjektive ab dieser Brennweite erzeugen, lassen den recht lang gezogenen Pferdekörper sehr harmonisch wirken. Das Pferd sieht durch diesen optischen Effekt kompakter und eleganter aus.

Ideal sind 200 mm. Die optische Wirkung auf das Motiv ist perfekt, die Freistellung ergibt sich durch die Brennweite fast automatisch und auf den meisten heimischen Koppeln hat man mit dieser Brennweite genügend Spielraum, um sich zu bewegen und nicht allzuweit vom Motiv entfernt zu sein.

Ein Pferd im Galopp

Mein Equipment

Canon 135 mm f/2.0 : Ich nutze diese Linse vor allem für größere Motive, also wenn sich neben dem Pferd auch ein menschliches Modell im Bild befindet. Die Linse ist messerscharf und erzeugt ein superschickes Bokeh.

Canon 70–200 mm f/2.8 : Meine absolute Arbeitslinse und quasi das „Immerdrauf“. Gerade für Bewegungsaufnahmen von Pferden bringt der Zoom genügend Flexibilität. Aber Achtung: Unter 135 mm geht der schöne Stauchungseffekt schon wieder verloren!

Canon 1Dx : Für professionelle Berufsfotograf*innen ist der Kamerabody genauso wichtig wie die Sahnelinsen. Für eine professionelle Fotosession mit Pferd brauchst Du vor allem eine schnelle Kamera, ein gutes Rauschverhalten (besonders für Actionaufnahmen dunkler Pferde bei schlechtem Wetter) und natürlich einen guten Sensor für qualitativ hochwertige Endergebnisse.

Tipp: Wenn Du Dich zwischen einer richtig schnellen Cropkamera und einer langsameren Vollformatkamera entscheiden musst, empfehle ich Dir in jedem Fall, Dich für den besseren Sensor statt für die höhere Geschwindigkeit zu entscheiden. Du kannst lernen, wann Du den Auslöser am besten drückst, aber Du kannst keinen schlechten Sensor verbessern.

zwei Pferde scheinen sich zu umarmen

Vorbereitung ist die halbe Miete

Ein Pferd richtig für eine Fotosession vorzubereiten, ist eine Aufgabe, die man weder unterschätzen noch vernachlässigen sollte. Ich empfehle, sich im Vorfeld über die zu fotografierende Rasse bzw. den Reitstil zu informieren. Schau im Netz und in Pferdefachbüchern nach Informationen zu den Besonderheiten einer bestimmten Zuchtrichtung. Auf welche Merkmale legt der Zuchtverband besonderen Wert? Ist es wichtig, viel Hals oder eher die Bemuskelung der Brust und Hinterhand zu zeigen? Wird das Pferd offen oder geschlossen aufgestellt?

Für die Pferdefotografie musst Du Dir einige Fachbegriffe aneignen und im Zweifel sogar mehr über die korrekte Inszenierung Deines Modells setzen als die Besitzer*innen selbst. Du kannst auch die nach typischem Zaumzeug fragen. Langhaar und Fell vor der Fotosession zu waschen, gehört unabhängig von der Rasse zu jeder Vorbereitung dazu. Vergiss nicht, auch das Zaumzeug putzen zu lassen, sofern Du eine schicke Trense oder ein Halfter für die Fotosession verwenden möchtest.

Wenn auch Personen mit auf das Bild möchten, achte auf zum Pferd passende Kleidung des Menschen. Naturtöne und entsättigte Farben passen zu fast jedem Fell. Ein knalliges Türkis hingegen bildet einen tollen Komplementärkontrast zu einem fuchsroten Haarkleid.

Ein Pferd rennt durch ein Mohnfeld

Das Studioset

Wenn Du ein Pferd im Studio fotografieren möchtest, ist es am besten, wenn Du das Studio zum Stall bringst, anstatt das Pferd in Dein (vielleicht viel zu kleines) Studio. In den meisten Ställen gibt es eine Reithalle oder zumindest einen ausreichend großen Lagerraum, die Du als Studio umfunktionieren kannst. So erleichterst Du auch dem Pferd die Fotosession: Einige Tiere lassen sich nicht verladen oder sind an neuen Orten viel unruhiger.

Eine Fotosession direkt am Stall hilft dem Pferd, sich schnell an den unbekannten Aufbau in der heimischen Umgebung zu gewöhnen. Ein mobiles Hintergrundsystem sowie eine große, schwarze Decke (am besten ein schwerer, lichtschluckender Moltonstoff) sind ein perfekter Hintergrund. Leider ist es auf Reiterhöfen oft schwierig, Papierhintergründe zu verwenden, denn die Feuchtigkeit des sandigen Bodens einer Reithalle macht dem Material zu schaffen.

Du kannst im Prinzip jeden Dir bekannten Lichtaufbau aus der Portraitfotografie auch für Deine Pferdefotos aufbauen. Achte darauf, dass die Lichtformer entsprechend größer sind, denn ein Pferd hat einfach mehr Körpervolumen als ein Mensch. Ebenso wichtig ist genug Platz zwischen den Lampen, damit das Pferd sicher treten kann. Vorsicht mit den Kabeln! Ich lege meine Stromkabel möglichst dicht an die Hallenwand, damit sich kein Pferd darin verfangen kann.

Freiliegende Kabel kann man gut mit kleinen Sprunghindernissen (Cavalettis) kenntlich machen. Auch Assistent*innen können sich an potentiellen Gefahrenstellen platzieren, um im Notfall das Pferd in eine andere Richtung zu lenken bzw. die Technik schnell aus dem Weg zu räumen.

Die vierbeinigen Modelle brauchen nach meiner Erfahrungen nach etwa zehn bis 15 Minuten, um sich an den Aufbau und die Blitze zu gewöhnen. Gib dem Pferd die Zeit, die es braucht, um sich sicher zu fühlen. Ich bitte die Pferdebesitzer*innen darum, ihren Tieren alle Lampen und Stative an Strick und Halfter zu zeigen. Pferde sind wie Kinder: Dinge, die sie mit ihren Nüstern erfühlen und riechen können, werden schneller in ihrer Wahrnehmung verarbeitet.

PferdeportraitPferdeportrait

Aufmerksamkeit, bitte!

Spannung im Körper ist der Schlüssel zu gelungenen Pferdeportraits. Versuche, Dein Model zum Anspannen und Biegen des Halses zu animieren. Das verleiht ihm einen eleganten Ausdruck. Assistent*innen können dafür zum Beispiel mit knisternden Tüten, Leckerlies, Regenschirmen, Reflektoren oder Tiergeräuschen vom Handy die Aufmerksamkeit des Pferdes erlangen und es so in die gewünschte Richtung schauen lassen.

Bevor Du Dich für eine Methode aus der Trickkiste entscheidest, lerne erst den Charakter Deines Modells besser kennen: Einige Pferde sind einfach coole Socken und durch fast nichts zu beeindrucken. Andere hingegen sind sehr sensibel und bei kleinsten Bewegungen und Geräuschen schnell aufgebracht. Ein gestresstes Pferd ist aber kein gutes Modell. Daher: Weniger ist mehr. Versuche, so wenig Reize einzusetzen, wie nötig sind und erschrick Dein Modell nicht!

Ebenso wichtig ist die klare Kommunikation mit den Pferdehalter*innen. Du musst genaue Anweisungen geben, damit sie ihre Pferde genau vor Deinen gewünschten Hintergrund positionieren können.

Pferdeportrait

Draußen fotografieren

Vorbereitungen sind wirklich wichtig für eine Tierfotosession und sparen Dir eine Menge Zeit bei der Nachbearbeitung. Eine kleine Erinnerung: Pferde „funktionieren“ nicht wie Hunde. In den meisten Fällen kannst Du Dein Pferdemodell nicht einfach auf eine grüne Wiese stellen und dann zu Dir hin abrufen wie bei einem Hund.

Aus diesem Grund sind Weiden nahezu endloser Größe nicht der allerbeste Ort für Fotos. Zumindest nicht, wenn man sie nicht vorbereitet. Auf großen Flächen hat das Pferd viel Platz zum Toben und ist in der Regel sehr viel schneller als Du. Du musst also weite Strecken laufen und Du verpasst wahrscheinlich ausgerechnet die besten Momente. Aber keine Sorge: Es ist viel leichter, eine große Weide mit einfachen Koppelstäben und einer Litze zu teilen als einen viel zu kleinen Paddock vergrößern zu wollen.

Der Ort für Deine Fotos sollte so groß sein, dass Du Deine 200 mm ausreizen kannst und das Pferd nicht direkt an der Hecke hinter dem Zaun „klebt“. Du brauchst für eine tolle Freistellung genug Abstand zwischen Pferd und Hintergrund. Vermeide störende Hintergrundelemente wie Häuser und Strommasten, um Dir die Retuschearbeit zu sparen. Falls Du die Weide mit einem Zaun teilst, lass das Pferd zunächst an der neuen Litze entlangführen, damit es diese wahrnimmt und beim Fotografieren nicht versehentlich durch den Zaun rennt.

Fohlen mit anderen Pferden

Das Pferd lenken

Wenn Dein Ort sowie Dein Modell bereit sind, gilt es, dem Pferd zu erklären, wo es laufen soll. Pferde sind Herdentiere. Es wird sich vermutlich an seinen Weidekumpels orientieren und die Richtung einschlagen, in der es zu seinen Freund*innen zurückgelangt. Wenn beispielsweise andere Pferde an einer angrenzenden Koppel grasen, nutze ich diese Richtung gern als „Zielpunkt“. Ich möchte damit verhindern, dass das Pferd endlose Zirkel rennt und schnell ausgepowert ist. Viel genauer kann man arbeiten, indem das Pferd am Zielpunkt immer wieder eingesammelt wird, gern auch mit einer Belohnung und zum Startpunkt der Fotolaufbahn geführt wird. Weitere Helfer*innen können das Pferd zudem auf der richtigen Spur halten.

Ein Pferd vor einer Pyramide

Die Phasen lernen

Wenn es Dir nicht gelingt, die fotogenen Phasen im Trab und Galopp zu treffen, dann trainiere Dein Auge. Du kannst Dir dafür zum Beispiel Youtube-Videos von rennenden Pferden anschauen und dieses in dem Moment pausieren, in dem Du auch auf den Auslöser gedrückt hättest. Das wird Dich auch vor einer Datenflut schützen, die Du beim unkontrollierten Durchrauschen des Serienmodus erzeugen würdest.

Zwei Pferde kämpfen

Die Perspektive

In den meisten Fällen ist die Normal- oder Froschperspektive die am besten geeignete Position. Das heißt: Geh runter auf Deine Knie. Das hat einen eindrucksvolleren Bildeffekt. Und zur Erinnerung: Reize Dein Telezoom möglichst auf 200 mm aus. Bei Fotosessions in der Natur nutze ich immer die Offenblende (also f/2.8 oder f/2.0), um den besten Freistellungseffekt vom Hintergrund zu erhalten. Im Studio hingegen möchte ich eine höhere Tiefenschärfe erzielen und nutze Blenden um f/11.

Auch wenn Dein Ort perfekt eingerichtet ist, bleib flexibel! Tiere wählen auch mal ganz andere Wege, an die Du Dich anpassen musst, statt auf den Zufall zu warten, dass Dein Model doch genau Deinem Plan folgt.

 

Geduld

Der einfachste und effektivste Tipp, den ich Dir geben kann, ist: Sei immer geduldig mit Deinem tierischen Modell. Schau genau hin und lern Dein Modell besser kennen, um spontan zu reagieren, wenn es Dir eine Pose anbietet.

 

Retusche

Bei guter Vorbereitung Deine Fotosession sparst Du Dir einige Retuschearbeiten. Ich selbst nutze Lightroom und Photoshop, um Belichtung, Kontrast, Sättigung und Farben zu verfeinern. In Photoshop retuschiere ich Halfter und Stricke, falls gewünscht, sowie ggf. unfotogene Zäune und Litzen. Entferne kein Zaumzeug am Pferd, das in gezeigter Situation aktiv im Einsatz ist wie etwa Zügel oder Stellen am Sattel, wenn das Pferd gerade geritten wird.