Portrait eines schreienden Mannes
25. August 2016 Lesezeit: ~5 Minuten

Von der eigenen Existenz

Ich habe immer darum gekämpft, präzise ausdrücken zu können, was ich in bestimmten Momenten meines Lebens fühle. Es war mir nie ganz möglich, bis ich anfing, Bilder zu machen. Der Gedanke daran, eine ganze Geschichte erzählen und die ganze darin liegende Schönheit ausdrücken zu können, ohne etwas zu sagen, ist einfach faszinierend.

Eine Person steht auf einem nebeligen Feld.Eine Person steht unter einem Baum.

Fotografie hat mir, seit ich die Kunst mit 16 Jahren entdeckt habe, so viel gegeben, auf das ich mich im Leben freuen kann. Ich glaube, Schönheit liegt nicht nur in dem, was wir tun, sondern in der Leidenschaft, mit der wir es tun. Ich begann, jedes kleine Stück Natur zu fotografieren, das ich finden konnte. Von Wassertropfen auf einem Blatt bis hin zu Sonnenauf- und -untergang. Das Leben wurde gleich so viel schöner, als ich anfing, die Details zu schätzen.

Eigentlich sehe ich mich selbst nicht so sehr als Fotografen, weil ich die meiste Zeit mit schweren Gedanken zum Konzept eines Bildes verbringe. Mehr Zeit als ich letztendlich brauche, um das Bild umzusetzen. Die Ideen und Konzepte liegen manchmal Monate vorher bereits in meinen Gedanken. Wenn ich dann endlich daran gehe, das Bild zu machen, fängt mein Verstand an, zu rasen.

Nahaufnahme von Buchseiten.

Zwei Hände halten einen Stein.

Ich werde wahnsinnig aufgeregt und bin in diesem Moment einfach völlig zufrieden mit dem Leben. Ein Teil von mir fühlt sich verletzt, weil ich meine Gedanken loslassen muss, aber das ist es wert. Besonders, nachdem ich gedanklich so viel Zeit damit verbracht habe. Ich sehe den Schaffensprozess als das Zurücklassen von Teilen meines Herzens. So lebe ich weiter, auch wenn ich schon lange nicht mehr da bin, denn meine Arbeit kann weiterhin Menschen inspirieren.

Ich dachte immer, es gäbe gewisse Standards, was das Erschaffen von Bildern angeht. Aber ich habe realisiert, dass die einzigen Standards, die man erfüllen muss, die sind, die man sich selbst gesetzt hat. In der Fotografie passiert es so leicht, dass man von Regeln abgelenkt wird, die beeinflussen und verändern, was man eigentlich im Sinn hatte. Es ist interessant zu wissen, wie viel Schönheit auch in der Unvollkommenheit liegt.

Eine Person löst sich vor einem Wolkenhimmel auf.Eine Person tanzt auf einem nebeligen Feld.

Ein Foto kann so viel erzählen und so viele Emotionen transportieren. Ich versuche ständig, durch die Details in einem Bild Gefühle bei Betrachtern zu wecken. Egal, wie unscheinbar diese sein mögen. Es ist der Versuch, meine Bilder zeitlos zu machen.

Ich schätze den Raum, nicht den Weltraum, denn da kann ich nicht atmen. Ich schätze den Raum selbst, die Gegenwart von „nichts“. Nichts anderes hat mich je den Sinn der Fotografie spüren lassen. Wenn ich zurück schaue und Bilder sehe, die ich gemacht habe, bin ich beruhigt, dass ich nicht „nichts“ mit meinem Leben angestellt habe. In gewisser Weise komme ich so mit meinem jüngeren Selbst in Kontakt.

Portrait eines schreienden Mannes

Eine Person steht in dunkler Umgebung unter einem Licht.

Inspiration ist sehr vom Zufall abhängig. Ich kann nicht anders als Schönheit in den absurdesten Dingen des Lebens zu finden. Oft in Dingen, die banal wirken. Das Leben wird spannend, wenn es in weiten Teilen ungeplant verläuft. „Unwissenheit ist Glück“, möchte ich fast schlussfolgern.

Einmal habe ich ein Bild von einem Stein gemacht, den ich am Straßenrand gefunden hatte. Er hat mich fasziniert, weil er so geschimmert hat und auf einzigartige Weise wie ein Herz geformt war. Ich habe viel Zuneigung zu diesem Stein entwickelt und ihn behalten. Die Bilder nannte ich „Heart of Stone“, sie fühlten sich zart und stürmisch zugleich an. Die Geschichten hinter den Bildern sind das, worum es eigentlich geht, sie geben Fotografie einen Sinn.

Ein Auto steht auf einem nebeligen Feld.Eine Person steht im Wasser, Wolken spiegeln sich darin.

Programme wie Photoshop spielen eine wertvolle Rolle in meiner Fotografie, sie helfen mir, die Ideen aus meinem Kopf Realität werden zu lassen. Es ist eine Sache, sich surreale Szenarien vorzustellen, aber eine ganz andere, sie wirklich umzusetzen.

Das Gefühl bei der Umsetzung ist unvergleichlich. Man lässt Menschen in seine Gedanken, um Dinge aus der eigenen Perspektive zu sehen. Eine Sache, die die Wissenschaft noch erreichen will, Fotografie aber bereits erreicht hat. Danke, Adobe Photoshop.

Nahaufnahme gefalteter HändeEine Person steht auf einem Feld, anstatt eines Kopfes raucht sie aus dem Hals.

In vielen Momenten meines Lebens fühle ich den starken Drang nach Freiheit. Ich laufe dann lange ohne konkretes Ziel umher. Manchmal lande ich in verlassenen Häusern oder weiten, leeren Feldern, wo ich Selbstportraits mache. Ich spüre so, dass ich in dieser scheinbar unendlichen Welt existiere.

Dieser Artikel wurde von Chris Hieronimus für Euch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.