26. Januar 2016 Lesezeit: ~9 Minuten

Leica M5 – Ein Erfahrungsbericht

Ich fotografiere seit Längerem wieder analog und habe aus Interesse an der Messsuchertechnik nach einer Phase des Einlesens eine Leica M2 gekauft und damit im letzten Italienurlaub fotografiert. Ich finde das Fotografieren mit einem externen Belichtungsmesser etwas schwerfällig und entschloss mich daher vor einigen Wochen, eine Leica M5 zu kaufen – die erste in der M-Serie, die über einen internen Belichtungsmesser verfügt.

Im Internet ist über dieses Leica-Modell vor allem auf der Seite von Peter Lausch einiges Interessantes zu erfahren. Die meisten Berichte aus der Praxis sind allerdings auf Englisch verfasst und die Anleitung zur M5 gibt es auch nur auf Englisch als PDF. Daher möchte ich von meinen ersten Erfahrungen mit diesem Modell berichten:

Die M5 wurde von 1971 bis 1979 produziert. Im Allgemeinen wird sie von Sammlern und Leica-Freunden ignoriert, da die Kamera etwas aus den Rahmen der Leica-M-Serie fällt. Zum einen, weil sie größer und schwerer als die Vorgängerkameras ist und weil sie in ihrer Formgebung von dem abweicht, was bis dahin als typisch für Leica M wahrgenommen wurde und bis heute wird.

Zwei Leica Kameras im Vergleich

Die Leica M2 im Vergleich mit der M5, bestückt mit 35-mm- an der M2 und 50-mm-Objektiv an der M5.

Die Ösen des Kameragurtes waren auf einer Seite angebracht, was Leica-M-Freunde kritisierten, da die Kamera nicht wie gewohnt vor dem Bauch zu tragen war. Zwar wurde das noch korrigiert (die älteren Leica M5 haben nur die zwei Ösen, neuere Modelle erkennt man an drei Ösen), aber so richtig beliebt wurde die M5 nicht mehr. Das alles führte zu geringen Stückzahlen und dazu, dass die M5 heute relativ günstig auf dem Gebrauchtmarkt zu haben ist.

Die Belichtungsmessung hinter dem Objektiv (TTL) war für Messsucherkameras neu, in der Produktion von SLR-Kameras gab es das schon seit Anfang der 1960er Jahre. Dieser Neuerung war auch die Änderung der Form und des Gewichts zu verdanken, da die neue Technik mehr Raum beanspruchte.

Anders als bei den nachfolgenden M-Modellen kann bei der M5 am unteren Rand des Suchers die gewählte Zeit abgelesen werden, sodass die Einstellungen von Blende und Zeit über den Sucher kontrolliert werden können, die Kamera muss dafür nicht vom Auge genommen werden. Diese Ausstattung taucht erst bei der M7 wieder auf. Da der Leuchtrahmensucher durch ein kleines Fenster über dem Sucher beleuchtet wird, wird das Ablesen der Werte mit schlechter werdenden Lichtverhältnissen auch schwieriger.

Die Belichtungsmessung wird mit einen kleinen Sensor (Ø8,5mm) vorgenommen, der mittig auf der Bildfläche misst, aus diesem Umstand ergibt sich für die Brennweiten 35 und 50 mm eine Art Spotmessung. Das Messfeld des Lichtsensors kann anhand der eingespiegelten Rahmen im Sucher abgeschätzt werden.

Eingestellt wird die Blende-Zeit-Kombination über eine Messleiste mit Messnadel, Nachführzeiger und Messlineal. Durch Verstellen der Zeit und Blende (ein Halbkreis links am Ende des Lineals und rechts am Ende zeigen eine größere oder kleinere Blendenöffnung an), bringt der Fotograf den Zeiger und die Nadel auf dem Lineal zur Kreuzung. Sind die Zeiger gekreuzt, ist eine richtige Blende-Zeit-Kombination gefunden.

Der Sensor liegt vor dem Verschlusstuch und wird über einen kleinen Arm mit dem Aufziehen des Verschlusses eingeschwenkt, begleitet von einem netten leisen Geräusch, das durch das Nachschwingen des Arms verursacht wird.

Alle Zeiten zwischen 1/1000 und 1/2 s sind direkt anwählbar und laufen auch ab. Längere Zeiten sind mit dem Belichtungsmesser (bis 30 s) messbar und mit dem Zeitwählrad einstellbar, laufen aber nur manuell im B-Modus ab.

Der Belichtungsmesser benötigt eine Knopfzelle mit 1,35 V. Zur Zeit der Produktion waren das Quecksilber-Batterien, die mittlerweile verboten sind. Ich habe eine Weincell-Knopfzelle eingesetzt, mit der die Messung zuverlässig durchgeführt werden kann.

Das Einlegen des Films ist mit dem Schnellladesystem sehr einfach: Das Filmende wird von unten her in eine der drei Nuten der Spule eingeführt und dann aufgezogen, das funktioniert zuverlässig und ist ein Fortschritt zu den vorher üblichen herausnehmbaren Spulen.

Die M5 verfügt über einen Parallaxeausgleich, das heißt beim Verstellen des Fokus verschiebt sich der Sucherrahmen entsprechend des Bildausschnittes mit. Im Sucher wird das Bildfeld für die Brennweiten 35, 50, 90 und 135 mm vermittels eines Leuchtrahmens angezeigt.

„Meine“ M5 habe ich bei Meister Camera in Hamburg gekauft. Sie kam mit einem Halfcase und Bereitschaftstasche und ich habe die Kamera auf meine gewohnten Wege mitgenommen. Meistens gehe ich zu Fuß einkaufen und habe die Kamera stets dabei, für den Fall, dass ich etwas sehe, was ich für fotografierenswert halte. Gern mache ich meine Fotos auf der Straße und in Parks und wenn ich in fremden Städten bin, suche ich immer auch nach interessanten Motiven.

Gerade für das Fotografieren auf der Straße oder in Städten ist es praktisch, eine Kamera mit Belichtungsmesser zu haben. Die M5 schwenke ich für die Belichtungsmessung auf das Hauptmotiv, gern auch auf den Asphalt, danach fokussiere ich und lege den Ausschnitt fest. Da die Leica M5 sehr vibrationsarm auslöst, ist es mir möglich, mit dem 35-mm-Objektiv Fotos bis 1/15 s aus der Hand zu machen.

Ein paar Häuser und Bäume

Obwohl die M5 schwerer und größer als alle anderen M-Kameras ist, kann ich sie gut bei mir tragen, ohne dass sie mir zur Last wird. Meist habe ich das 35-mm-Objektiv auf der Kamera und ein 50-mm- in der Tasche (ein Nah-Summicron mit Brille). Bisher ist das eine gute Kombination. Ein 90-mm-Objektiv habe ich auch, da ich aber vor allem Landschaften und Architektur fotografiere, nutze ich es kaum.

Der Blitzschuh der Leica M5 ist mit einem Mittenkontakt ausgestattet, was das Blitzen erleichtert. Für den Blitzmodus steht nur eine feste Belichtungszeit von 1/50 s zur Verfügung. Ich habe einen Metz AF-52, einen modernen Computerblitz, der sich im Automatikmodus gut mit der Leica M verwenden lässt.
Zubehör, das für andere M-Modelle angeboten wird, steht für die M5 nicht zur Verfügung, das betrifft den adaptierbaren Handgriff und einen Objektivträger, für den Handgriff gibt es aber eine Bastelanleitung im Internet.

Im Prinzip sind alle Objektive mit M-Bajonett an der Kamera verwendbar, bei versenkbaren Objektiven muss das Versenken jedoch durch ein Schutzband auf das zulässige Maß beschränkt werden. Zum Verwenden des Angulon 21 mm und des Elmarit 28 mm müssen Anpassungen vorgenommen werden, um eine Beschädigung des Messsensors zu verhindern.

Bei Objektiven mit Brillenvorsatz (wie dem Nah-Summicron) muss ein kleiner Stift abgeschraubt werden, damit die Brille nicht an die Deckkappe stößt. (Weitere Hinweise siehe PDF-Anleitung unten.)

Brillenträgern empfehle ich, im Internet nach einer passenden Korrekturlinse zu suchen, die in die Sucheröffnung eingeschraubt werden kann. Ich finde das Fotografieren mit Brille lästig, zum einen weil ich befürchte, dass das Brillenglas zerkratzt und zum anderen, weil ich mit Brille erst ab 50 mm Brennweite in vollem Umfang den Bildausschnitt überblicken kann. Beim Kauf sollte man bedenken, dass der Sucher bereits um -0,5 dpt. ausgeglichen ist.

Um die Weihnachtszeit herum habe ich vor allem Fotos in schlecht ausgeleuchteten Räumen gemacht. Ich habe für diese Fotos den Kodak Tri-X 400 verwendet – einmal auf 3200 ASA belichtet und mit Spur HRX VarioSpeed entwickelt, der zweite Versuch ist auf 1600 ASA belichtet und in Spürsinn HCD 80/50 entwickelt.

Äste in der DämmerngEngel im Licht

Die Fotos bei Tageslicht sind mit dem Ilford Delta 100 auf 80 ASA belichtet und in Spur Acurol-n entwickelt, meiner Standardkombination.

Mit dem Belichtungsmesser bin ich zufrieden, er misst zuverlässig, nimmt dem Fotografen aber nicht das Mitdenken ab. Die M5 verfügt über keinerlei Programmautomatik, ich muss also vor dem Auslösen überlegen, was ich eigentlich fotografieren will und somit ausreichend belichtet haben möchte. Das macht für mich aber auch den Reiz des analogen Fotografierens aus.

Leider hat der Schnellladehebel mit dem Ende des vierten Films blockiert: Das 37. Foto konnte ich nicht mehr aufziehen und der Film verhinderte ein Durchziehen des Aufzugs. Ich konnte den Film noch zurückspulen und entwickeln, aber der Aufzug blockierte seitdem.

Meister Camera hat auf meine Bitte um Hilfe schnell reagiert und den Aufzug wieder gelöst. Der Reparateur hat mir geraten, den Film nicht bis zum 37. Foto auszureizen und den Aufzug gleichmäßig und möglichst ohne Kraft zu betätigen. Ansonsten ist wohl nichts kaputt gegangen.

Ich bin mit der Kamera sehr zufrieden und kann das Modell empfehlen. Das Material und die Verarbeitung ist darauf ausgelegt, die Kamera noch lange nutzen zu können. Die Verschlusszeiten laufen voll mechanisch ab und mit externem Belichtungsmesser kann man unabhängig von der Batterie fotografieren. Wer sich für die Anleitung zur M5 interessiert, kann diese hier herunterladen.

Ähnliche Artikel