20. November 2015 Lesezeit: ~2 Minuten

Neue Heimat

Hunderttausende Menschen strömen zurzeit nach Deutschland auf der Suche nach einer neuen Heimat. Viele Bewohner des Landes wähnen sich vor einem unlösbaren Problem. Es ist in Vergessenheit geraten, dass das Land schon einmal vor einer ähnlichen Herausforderung stand – und sie gemeistert hat, auch wenn das mediale Echo damals dem heutigen sehr ähnlich war.

In den 80er Jahren wuchs die Zahl der sogenannten Spätaussiedler, die selbst aus den entlegensten asiatischen Sowjetrepubliken in die alte Bundesrepublik strömten, von Jahr zu Jahr.

Kindre spielen Fußball

Tasche mit Schrift, Karl Schmidt

Kinder in roten Sachen stehen auf der Straße.

Ein Mann mit Koffern

Allein 1989 siedelten über eine halbe Million Menschen vor dem Fall der Mauer nach Westdeutschland um, darunter 400.000 Aussiedler aus der damaligen Sowjetunion.

Über Jahrzehnte war das Grenzdurchgangslager Friedland in der alten Bundesrepublik Inbegriff für Zuwanderung aus dem Osten. Ende der 80er Jahre entstanden weitere Grenzdurchgangslager, um die wachsende Zahl der Zuwanderer aufzunehmen, darunter auch in der ehemaligen Caprivikaserne in Osnabrück.

Ein Kind geht seines Weges.

Mann mit Hut und Koffer.

Ein Mann steht vor einer Wand.

Ein Mann geht an einem Eingang vorbei.

Hier entstanden im März 1989 die Fotos im Rahmen einer Recherche für einen Dokumentarfilm über Spätaussiedler. Der Film wurde nie realisiert: Wenige Monate nach der Aufnahme der Fotos fiel die Mauer und die ganze mediale Aufmerksamkeit galt dem Prozess der Wiedervereinigung.

Das Kasernengelände war die erste Station in der ersehnten neuen Heimat, erste Zuflucht. Im sowjetischen Fernsehen liefen zur Abschreckung Bilder von den Auffanglagern in Deutschland – doch die Zuwanderer hielten sie für Propaganda. Die wenigsten ahnten, was sie im Westen erwartet. Viele der „Russlanddeutsche“ genannten Spätaussiedler kamen in hohem Alter. Viele konnten kaum Deutsch.

KInder auf der Bank und Männer in Anzügen.

Kinder auf einem Karussell

Koffer, Koffer, Koffer, ganz viele Koffer.

Der Blick auf eine Wand und ein Wort "Eingang".

Sie kamen mit kleinem Gepäck. Eine Tasche, vielleicht zwei Koffer bargen ihre Habseligkeiten. Alles andere hatten sie zurückgelassen. Nun waren sie hier an einem fremden Ort – in der Hoffnung auf mehr als ein Zuhause. In der Hoffnung auf Heimat. Nach einer langen Reise fort von einem Lebensmittelpunkt, den sie als Heimat nie erlebt haben. Was würden sie hier finden?

Und – was ist Heimat?
Ein geografischer Ort?
Eine soziale Gemeinschaft?
Oder doch nur das von ein paar Habseligkeiten umhegte Ich?

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